Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Soziologie für die Soziale Arbeit

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
234 Seiten
Deutsch
Kohlhammer Verlagerschienen am11.01.20231. Auflage
Soziologie gehört zu den zentralen Bezugswissenschaften der Sozialen Arbeit. Soziologische Theorien liefern Erklärungs- und Reflexionswissen zu sozialer Ungleichheit und gesellschaftlichen Problemfeldern, in denen wichtige Arbeitsgebiete der Sozialen Arbeit verortet sind. Das Lehrbuch stellt für die Soziale Arbeit relevante Theorien der Soziologie zusammen und bezieht diese auf Handlungsfelder und die Praxis der Sozialen Arbeit. Dabei besticht es durch eine stringente und schlüssige Systematik, die es Studierenden erlaubt, auch nur einzelne Kapitel zu lesen und das Buch auf diese Weise in themenspezifischen Seminaren im Rahmen des Studiums zu nutzen.

Prof. Dr. Andrea Janßen lehrt Soziologie für die Soziale Arbeit an der Hochschule Esslingen. Prof. Dr. Monika Götsch lehrt dort Soziologie mit dem Schwerpunkt Gender und Familie. Prof. Dr. Jörg Dittmann lehrt Soziologie mit den Schwerpunkten Armut und Sozialplanung an der Fachhochschule Nordwestschweiz.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR34,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR30,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR30,99

Produkt

KlappentextSoziologie gehört zu den zentralen Bezugswissenschaften der Sozialen Arbeit. Soziologische Theorien liefern Erklärungs- und Reflexionswissen zu sozialer Ungleichheit und gesellschaftlichen Problemfeldern, in denen wichtige Arbeitsgebiete der Sozialen Arbeit verortet sind. Das Lehrbuch stellt für die Soziale Arbeit relevante Theorien der Soziologie zusammen und bezieht diese auf Handlungsfelder und die Praxis der Sozialen Arbeit. Dabei besticht es durch eine stringente und schlüssige Systematik, die es Studierenden erlaubt, auch nur einzelne Kapitel zu lesen und das Buch auf diese Weise in themenspezifischen Seminaren im Rahmen des Studiums zu nutzen.

Prof. Dr. Andrea Janßen lehrt Soziologie für die Soziale Arbeit an der Hochschule Esslingen. Prof. Dr. Monika Götsch lehrt dort Soziologie mit dem Schwerpunkt Gender und Familie. Prof. Dr. Jörg Dittmann lehrt Soziologie mit den Schwerpunkten Armut und Sozialplanung an der Fachhochschule Nordwestschweiz.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783170372443
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum11.01.2023
Auflage1. Auflage
Seiten234 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4517 Kbytes
Artikel-Nr.10721580
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1âSozialisation und Habitus

Monika Götsch


T In diesem Kapitel lernen Sie
·
zentrale Konzepte von Sozialisation kennen,

·
dass und wie Menschen zu Gesellschaftsmitgliedern werden und sich Identitätâ(en) herausbilden,

·
dass auch der Körper für die soziale Position von Menschen relevant ist.



Mit dem Begriff der Sozialisation beschreibt die Soziologie den Prozess, wie Individuen Mitglieder einer Gesellschaft werden und bleiben, wie sie zu gesellschaftlich kompetenten Subjekten bzw. zu mehr oder weniger angepassten Gesellschaftsmitgliedern und zugleich zu einer individuellen Persönlichkeit werden. Gefragt wird danach, inwieweit und wie Subjekte eine individuelle Persönlichkeit ausbilden und inwieweit die Persönlichkeiten der Einzelnen von gesellschaftlichen Bedingungen beeinflusst und abhängig sind. Es geht um das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, um den Einfluss von Gesellschaft auf die Individuen und umgekehrt um die Einflussmöglichkeiten der Individuen auf die Gesellschaft. Verbunden ist damit die Frage, wie Identitätâ(en) hergestellt werden. Identitätâ(en) bezeichnet das Verhältnis eines Individuums zu sich selbst und die Identifikation mit einer Gruppe bzw. die Zuschreibung von außen, Mitglied einer bestimmten Gruppe (z.âB. Frauen*) zu sein - häufig in Abgrenzung zu (vermeintlich) Anderen (z.âB. zu Männern*).


Mit dem Konzept der Sozialisation wird die Annahme einer natur- oder gottgegebenen sozialen Position zurückgewiesen und das gesellschaftlich bedingte Geworden-Sein von Individuen und sozialen Gruppen sowie die Kontingenz (unterschiedliche Wahrnehmbarkeit und Veränderlichkeit) von Gesellschaft betont.

1.1âStrukturfunktionalismus - von Institutionen und Rollen: Talcott Parsons

Der US-amerikanische Soziologe Talcott Parsons (1902â-â1979) hebt als Begründer des Strukturfunktionalismus die strukturellen Bedingungen von Sozialisation hervor. Parsons (2012, 1975, 1972) fokussiert, wie sich Gesellschaften bzw. soziale Ordnungen, d.âh. Strukturen erhalten, welche generellen Voraussetzungen die Stabilität von sog. modernen Gesellschaften bedingen.

Dies geschieht, indem Gesellschaftsmitglieder durch die Sozialisation vor allem in der Kindheit und Jugend soziale Rollen erlernen.


Durch Sozialisation werden Menschen zu gesellschaftlich kompetenten Subjekten, die für die Gesellschaft funktionale Rollen erlernt haben und sich durch ihre Rollen der Gesellschaft entsprechend anpassen. Effekte von als gelungen bewerteter Sozialisation sind demnach eine gesellschaftlich akzeptierte und die gesellschaftliche Ordnung erhaltende Rollenübernahme sowie die damit verbundene Akzeptanz gesellschaftlicher Werte und Normen.


Die Identifikation mit Rollen und Normen benötigt die Einbindung in und Identifikation mit der Gesellschaft. Indem die Rollen normenkonform erlernt werden und entsprechend gehandelt wird, wird die soziale Ordnung erhalten: Jungen* werden männlich* geprägt und übernehmen in der Folge die Rolle männlicher* Schüler* (in Vorbereitung auf die Rollen als Männer*) und verhalten sich entsprechend (bspw. laut, dominant und aggressiv) - ebenso werden Mädchen* weiblich* geprägt und verhalten sich entsprechend (bspw. sozial und empathisch). Damit wird gewährleistet, dass die (Geschlechter-)âOrdnung zwischen Schülern und Schülerinnen wie auch die Generationen-Ordnung zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen oder Eltern erhalten bleiben (Parsons 2012). Parsons vertritt damit die Annahme, dass Rollen determiniert, d.âh. vorherbestimmt und nicht oder kaum veränderbar sind. Kritisch ist bezüglich eines solchen Determinismus anzumerken, dass damit gesellschaftlicher Wandel wie bspw. der Wandel und die Ausdifferenzierung von Geschlechterrollen nicht erklärt werden kann. Zugleich kann mit Parsons aber gezeigt werden, dass Gesellschaft und gesellschaftliche Normen relativ träge sind und sich nur sehr langsam verändern.

Bezugnehmend auf den Behaviorismus und auf Sigmund Freud konzipiert Parsons Sozialisation als Anpassung an gesellschaftliche Erwartungen und Erfordernisse. Der Behaviorismus erklärt menschliches Verhalten als kausal durch Belohnung und Sanktionen konditioniert. Daraus lässt sich nach Parsons das Erlernen von Rollen ableiten. Sigmund Freud gilt als Begründer der Psychoanalyse. Parsons bezieht sich u.âa. auf Freuds Überlegungen zum Über-Ich und leitet daraus »die Verinnerlichung von Elementen der normativen Kultur der Gesellschaft« (Parsons 1977, 101) ab, z.âB. von Werten und Verhaltensnormen.

Das Rollenlernen geschieht über Sanktionen von Fehlverhalten und Anerkennung von angemessenem Verhalten. Die erfolgreiche Rollenübernahme wird schließlich als befriedigend erlebt. Erlernt werden die Rollen in den sog. Sozialisationsinstanzen wie der Familie, aber auch in speziell für die Sozialisation geschaffenen Institutionen wie der Schule. Angelehnt an Parsons wird auch heute noch häufig von Sozialisationsinstanzen gesprochen, gemeint sind damit zumeist die Familie (als primäre Sozialisationsinstanz, vgl. Hurrelmann 2002, 127âff.) sowie Schule, Peers und die Medien.
1.2âHandlungstheorien - von Interaktionen und Sprache: George Herbert Mead, Peter L. Berger und Thomas Luckmann

Anders als Parsons rücken George Herbert Mead bezüglich Sozialisation in seiner Theorie des symbolischen Interaktionismus wie auch Peter L. Berger und Thomas Luckmann in Anschluss daran die alltäglichen Handlungen und Interaktionen von Menschen in den Vordergrund. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die Sprache ein. Demnach wird die Welt von Menschen nicht einfach erkannt und wahrgenommen, sondern interpretiert und mit Bedeutung versehen. Diese Bedeutungen und Interpretationen werden kollektiv geteilt, so dass ein interaktives Verstehen über Sprache möglich wird. Mead wie auch Berger und Luckmann fragen danach, wie Menschen zu einer gemeinsamen Sprache und Symbolik und dadurch zu einem entsprechend gemeinsamen Bedeutungs- und Interpretationswissen kommen.

George Herbert Mead geht in der Folge davon aus, dass Rollenidentitäten in Interaktionen, d.âh. interaktiven Handlungen zwischen zwei oder mehreren Menschen entstehen: »Nur während wir handeln sind wir uns unserer selbst bewußt« (Mead 1973, 217). Demnach interpretieren Menschen in sozialen Interaktionen wechselseitig ihr Handeln und beeinflussen es dadurch zugleich, wobei immer auch die angenommene Position der Anderen , des* Gegenübers mitgedacht wird. Persönlichkeit und Identität bildet sich einerseits darüber aus, dass antizipiert wird, wie die Anderen mich sehen. Mead bezeichnet dies als »Me« und meint damit »das sich selbst als Objekt erfahrende Ich« (ebd., 216). Andererseits gehört zur Identität auch ein impulsives Ich, das »I«, das unabhängig von der Position der Anderen ausagiert. Nach Mead beinhaltet Identität immer beides: »Me« und »I«, d.âh., Menschen sind immer von gesellschaftlichen Werten und Normen beeinflusst und relativ eigenwillig zugleich.


Mead versucht damit zu erklären, dass Menschen durch Sozialisation nicht einfach gesellschaftliche Normen übernehmen, sondern auch eigensinnig und (selbst-)âbewusst mit Normen umgehen.


Wenn der Fokus von Sozialisation auf die wechselseitig bezogen handelnden Menschen gelenkt wird, dann geht es weniger um die Effekte von Sozialisation (wie bei Parsons), sondern vielmehr um den Prozess der Sozialisation.

Mead zeigt darüber hinaus auf, wie Sozialisation und Identitätsausbildung in der Kindheit beginnen. Zunächst fangen Kinder mit einfachen Rollenspielen an, die Mead als »play« bezeichnet. In diesen ersten Rollenspielen handeln die Kinder abwechselnd in ihrer eigenen Rolle und in der Rolle einer anderen Person, d.âh. vom Standpunkt der* Anderen aus, oder wie Mead dies bezeichnet der* »signifikanten Anderen«. In dieser Phase bilden Kinder zunächst ein Gefühl für einzelne* Andere und für sich selbst aus und eignen sich damit ihre Identität und die soziale Welt, die sie unmittelbar umgibt, an, indem sie bspw. den Vater oder die große Schwester spielen. Die Rollenspiele der Kinder werden immer komplexer und die gemeinsam spielende Gruppe verfolgt zugleich ein gemeinsames Ziel. Dies bezeichnet Mead als »game«. Ein Beispiel hierfür wäre das Spielen von Familie, in dem alle beteiligten Kinder eine »organisierte« (Mead 1973, 194) Rolle übernehmen. Notwendig ist hierfür die Fähigkeit, das eigene Verhalten und seine Konsequenzen ebenso wie das Verhalten der verschiedenen im »game« Interagierenden sowie die Konsequenzen ihres Verhaltens und ihrer Interaktionen einschätzen zu können und das eigene Handeln entsprechend abzustimmen. Identität wird dann über dieses Ins-Verhältnis-Setzen der unterschiedlichen Handlungen einer Gruppe, über das »verallgemeinerte Andere«...
mehr

Autor

Prof. Dr. Andrea Janßen lehrt Soziologie für die Soziale Arbeit an der Hochschule Esslingen. Prof. Dr. Monika Götsch lehrt dort Soziologie mit dem Schwerpunkt Gender und Familie. Prof. Dr. Jörg Dittmann lehrt Soziologie mit den Schwerpunkten Armut und Sozialplanung an der Fachhochschule Nordwestschweiz.