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Wie man einen Traum aufgibt, um ein Leben zu gewinnen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Christian Brandstätter Verlagerschienen am16.01.20231. Auflage
Du musst wieder gehen können: Mit dieser Maxime ist Nico Langmann aufgewachsen. Seit einem Autounfall im Alter von zwei Jahren ist er querschnittsgelähmt - was seine Eltern nicht akzeptieren wollten. Jahrelang kämpfte er gegen den Rollstuhl, in russischen Reha-Zentren ebenso wie bei brasilianischen 'Wunderheilern': ein Kampf, den er nicht gewinnen konnte. Heute ist Langmann nicht nur einer der besten Tennisspieler der Welt, sondern auch ein Mutmacher - trotz eines zweiten Schicksalsschlages in seiner Jugend, trotz einer Welt, die nicht für Menschen wie ihn gebaut und in der Diskriminierung Alltag ist. Nicos Geschichte ist Inspiration für uns alle. Sein Credo: 'Du musst keine Grenzen akzeptieren, die dir jemand anderes auferlegt. Du kannst deinen eigenen Weg finden, über all die Hürden hinweg - oder unter ihnen hindurch oder an ihnen vorbei.'

Nico Langmann, geboren 1997, ist Tennisprofi. Im Rollstuhl. Aktuell steht er auf Platz 15 der Weltrangliste. Durch einen Autounfall ist er seit dem Alter von zwei Jahren querschnittsgelähmt. Aus einem Hobby heraus entstand eine Tennisprofi-Karriere, die ihn unter anderem zu den Paralympics nach Rio de Janeiro und nach Tokio führte. Im Herbst 2022 gründete er die Nico Langmann Foundation, um Kindern mit Behinderung Sportgeräte zur Verfügung stellen zu können. Er ist gefragter Vortragsredner und Ansprechpartner der Medien weit über den Sport heraus.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextDu musst wieder gehen können: Mit dieser Maxime ist Nico Langmann aufgewachsen. Seit einem Autounfall im Alter von zwei Jahren ist er querschnittsgelähmt - was seine Eltern nicht akzeptieren wollten. Jahrelang kämpfte er gegen den Rollstuhl, in russischen Reha-Zentren ebenso wie bei brasilianischen 'Wunderheilern': ein Kampf, den er nicht gewinnen konnte. Heute ist Langmann nicht nur einer der besten Tennisspieler der Welt, sondern auch ein Mutmacher - trotz eines zweiten Schicksalsschlages in seiner Jugend, trotz einer Welt, die nicht für Menschen wie ihn gebaut und in der Diskriminierung Alltag ist. Nicos Geschichte ist Inspiration für uns alle. Sein Credo: 'Du musst keine Grenzen akzeptieren, die dir jemand anderes auferlegt. Du kannst deinen eigenen Weg finden, über all die Hürden hinweg - oder unter ihnen hindurch oder an ihnen vorbei.'

Nico Langmann, geboren 1997, ist Tennisprofi. Im Rollstuhl. Aktuell steht er auf Platz 15 der Weltrangliste. Durch einen Autounfall ist er seit dem Alter von zwei Jahren querschnittsgelähmt. Aus einem Hobby heraus entstand eine Tennisprofi-Karriere, die ihn unter anderem zu den Paralympics nach Rio de Janeiro und nach Tokio führte. Im Herbst 2022 gründete er die Nico Langmann Foundation, um Kindern mit Behinderung Sportgeräte zur Verfügung stellen zu können. Er ist gefragter Vortragsredner und Ansprechpartner der Medien weit über den Sport heraus.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783710607219
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum16.01.2023
Auflage1. Auflage
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4738 Kbytes
Artikel-Nr.10745064
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Einleitung

1. Kapitel: Eine Kindheit, ein Ziel

2. Kapitel: Anders als die Anderen

3. Kapitel: Neustart

4. Kapitel: Eine unerwartete Reise

5. Kapitel: Mehr als "nur" ein Sport(ler)

6. Kapitel: Unter der Gürtellinie

7. Kapitel: Ein Leben nach dem Sport
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Leseprobe

EINLEITUNG

ICH HATTE EINEN TRAUM, und es fühlte sich schrecklich an.

Ich wache im Bett meiner Großmutter auf. Ich muss so zehn Jahre alt sein, wie so oft verbringen wir in den Sommerferien einige Wochen in Schwaz, der Heimatstadt meiner Mutter. Unten in der Küche läuft Radio U1 Tirol, mein Bruder und meine Oma sind also schon aufgestanden, bestimmt gibt es gleich Frühstück. Ich wuchte mich aus dem Bett und krieche am Badezimmer vorbei zur Treppe. Ganz vorsichtig, damit ich den Teppich nicht verrutsche, sonst schimpft Oma.

Die Treppe ist perfekt zum Klettern: runde Stufen, ohne harte Kanten, mit Filz überzogen. Ich werfe meine Beine nach vorn, ziehe den Hintern nach und plumpse nach unten. Beine, Hintern. Beine, Hintern. Elf Stufen sind es, dann kommt ein Plateau, zum Abschluss noch einmal fünf Stufen. Hunderte Male habe ich sie schon mitgezählt, Hunderte Male bin ich diese Treppe runter und wieder rauf gekrabbelt. Beine, Hintern. Beine, Hintern.

Mit zwei Jahren hatte ich einen Autounfall, seitdem bin ich ab dem achten Brustwirbel abwärts querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. Hier bei meiner Oma steht er draußen im Treppenhaus neben der Haustür. Ein ungeschriebenes Gesetz in meiner Familie: Der Rollstuhl kommt nicht in die Wohnung. Nico soll sich gar nicht erst an das Ding gewöhnen.

Nach dem Unfall haben die Ärzte meinen Eltern gesagt, dass ich nie wieder gehen würde. Weder mein Vater noch meine Mutter haben diese Diagnose akzeptiert. Ihr Leben und damit auch mein Leben kennen seit diesem Moment nur noch ein Ziel: Du musst wieder gehen können. Das ist meine einzige Aufgabe, der einzige Traum, den ich haben soll.

Mein Vater erzählt mir oft, dass wir eine große Feier veranstalten, wenn ich es geschafft habe, wer alles eingeladen sein würde, wie wir dann alle zusammen sein Lieblingslied singen würden, »We Are the World« von Michael Jackson. Unsere Familie, unser Freundeskreis, einfach alle wissen: Der Nico wird wieder gehen können. Niemand hinterfragt das. Auch ich nicht. Wenn ich Bilder von unserer Familie male, zeichne ich mich wie meine Eltern und meinen Bruder auch: stehend. In meinen Träumen gehe ich aufrecht, auf meinen eigenen zwei Beinen.

Bis heute Nacht.

Eigentlich passiert in diesem Traum nicht viel: Ich spaziere eine Gasse entlang mit meinem Bruder und einigen Freunden. Als meine Blicke runter auf den Asphalt wandern, sehe ich meine Beine - im Rollstuhl, in dem roten Rollstuhl, der bei meiner Oma im Treppenhaus steht. Der verbannt wird aus meinem Leben, wann immer es geht. Und der jetzt plötzlich zum ersten Mal in meinen Träumen auftaucht.

Beim Frühstück sage ich kein Wort. Eigentlich bin ich ein aufgewecktes kleines Kind, aber an diesem Morgen plagt mich ein furchtbar schlechtes Gewissen: Wenn ich mich jetzt schon im Traum im Rollstuhl sehe, verfestigt sich der Gedanke in meinem Kopf. Ich verliere den Kampf.

Der Kopf, das hatten meine Eltern mir immer eingebläut, ist das Wichtigste: Mit der Kraft der Gedanken kann ich alles schaffen. Wenn ich nur fest daran glaube, werde ich irgendwann wieder gehen können. Nur glaubt mein Kopf offenbar nicht mehr daran. Ich muss gegensteuern. Oder meine Eltern werden böse auf mich sein.

Was an diesem Sommermorgen am Frühstückstisch meiner Oma in mir tobt, ist das prägende Gefühl meiner Kindheit: die Angst, nicht genug zu tun für mein großes Ziel. Die Angst, zu versagen. Die Angst, meine Familie zu enttäuschen.

In diesen Jahren lebe ich im Takt der Therapien: dreimal die Woche drei Stunden Physiotherapie. Einmal die Woche Akupunktur, einmal Hypnose, einmal Akupressur. Dazu Übungen an einem der Dutzenden Geräte, die meine Eltern gekauft haben: die Maschine, in der meine Beine an Kurbeln angeschnallt werden, die ich mit dem Rudern meiner Arme in Gang setze, sodass die Beine sich mitbewegen und besser durchblutet werden. Geräte, die Stromschläge verteilen. Laser. Klangschalen.

Die Wochenenden und die Ferien gehören oft den Heilern, oder, wie sich die meisten selbst bezeichnen: den Heilpraktikern. Heute nenne ich sie anders: Scharlatane. Sie verleihen ihren Methoden weihevolle Namen, machen Energie- oder Meridianarbeit - in Wahrheit nichts anderes als Handauflegen. Meine Eltern glauben trotzdem daran.

Sie hoffen auf ein Wunder, und sie folgen jedem, der es ihnen verspricht. Egal wohin: Sie fliegen mit mir zu Elektro-Therapien nach Russland, zu einer Ayurveda-Kur nach Indien, sogar zu einem Guru nach Brasilien, der mittlerweile im Gefängnis sitzt.

Was mir das alles bringt? Druck, der immer größer wird, verstärkt von den bohrenden Fragen meiner Eltern: Wann kommt der nächste Fortschritt? Arbeitest du wirklich hart genug? Warum ist so lange nichts mehr passiert?

Wie alle Kinder spüre ich natürlich genau, was von mir erwartet wird. Ich weiß: Meine Eltern wollen unbedingt, dass ich wieder laufen kann. Und ich will ihnen diesen Wunsch erfüllen.

Ich erinnere mich gut an einen Besuch bei einem Heiler in Tirol, bei dem wir Stammgäste sind. »Der Köck«, wie wir ihn nennen, lebt in Igls, eine halbe Stunde von meiner Oma entfernt, im ersten Stock eines alten Bauernhauses in Hanglage.

Als ich noch leichter war, konnte meine Mutter mich einfach die Treppe nach oben tragen, mittlerweile muss sie mich an den Hinterfüßen packen, während ich mit den Oberarmen nach oben klettere, wie beim Schubkarre-Spielen.

Das Wartezimmer ist eines dieser Portale in eine andere Welt, in der ich mich so gar nicht wohlfühle. Diese Räume sehen überall gleich aus: dunkel, schwere Polster liegen auf Couches, der Geruch von Räucherstäbchen wabert durch die Luft. Beim Köck hängen Porträtbilder an der Wand von Menschen, deren Köpfe von bunten Lichtkegeln umgeben sind - ihrer »Aura«. Mit einem Tiroler Bauernhaus hat das nichts zu tun, eher mit einem indischen Ashram.

Es gibt einen zweiten Grund, warum ich mich nicht wohlfühle: Ich weiß, was mir bevorsteht. Mindestens zwei, manchmal drei Stunden Therapie. Den Anfang macht auch heute wieder die Goldbürste. Der Köck, ein kleiner, kerniger Tiroler, über 80 Jahre alt, bürstet mich damit ab, um meinen »Energiefluss« ins Laufen zu bringen. Eine Prozedur, die meine Mutter in unseren Alltag übernommen hat: Jahrelang sitzt sie am Abend an meinem Bett und massiert mich mit der Goldbürste, von den Armen über den Oberkörper bis in die Beine.

Der Köck gehört zu den Heilern, die immer wieder nach neuen Methoden suchen, um den Patienten zu helfen. Mal lasert er meine Stirn, um mein »drittes Auge« zu stimulieren, mal hält er eine Lampe an jedes meiner sieben Chakren - angefangen beim Penisansatz. Dieses Mal fährt er mit spitzen Stäben an meinem Körper entlang, was fürchterlich wehtut. An meinen Beinen angelangt, sticht er so tief hinein, dass sie zucken - ein gutes Zeichen, behauptet der Köck. Das ist völliger Quatsch: Unkontrollierte Muskelkrämpfe sind die Art, wie mir mein gelähmter Unterkörper Schmerzen signalisiert. Ich behalte es für mich.

Als Nächstes muss ich mich auf eine Liege legen, über die der Köck einen riesigen Glasdeckel stülpt. Es sieht aus wie eine Art gläserner Sarg, in den per Lautsprecher Schwingungen übertragen werden, die nach Meditationsmusik klingen. Am Glas sind durchsichtige Kristalle angebracht, fünf davon so geschliffen, dass sie auf mich zeigen, wie ein umgekehrtes Nagelbett. Ich bin schon so an solche abstrusen Geräte gewöhnt, dass ich mich nicht weiter wundere. Ich langweile mich einfach nur schrecklich. Allein in einem Glassarg - nicht einmal plaudern kann ich mit dem Köck. Immerhin: Das ist der letzte Teil der Therapie für heute.

Nach der Behandlung führt mich der Köck für einen Test in sein Wohnzimmer. Bäuchlings liege ich auf einer Liege - glücklicherweise genau so, dass ich seinen Fernseher gut sehen kann, einen großen alten Röhrenbildschirm, der stark reflektiert. Den Kopf im richtigen Winkel nach rechts gedreht, schon habe ich meinen ganzen Körper im Blick. Ein versteckter Spiegel, die perfekte Hilfe für meinen Taschenspielertrick.

»Und, Nico, wo drücke ich jetzt?«

»Am linken Oberschenkel.«

»Sehr gut!«

Ich schaue zu meiner Mutter hinüber, die während der ganzen Therapie nicht von meiner Seite gewichen ist. Sie lächelt. Ich weiß: Das wird eine angenehme halbe Stunde zurück zu meiner Großmutter. Die Stimmung im Auto hängt immer davon ab, ob die Therapiesitzungen gut laufen oder nicht. Heute hat es mal wieder einen Fortschritt gegeben. Heute ist Mama zufrieden. Und ich bin zufrieden, weil sie zufrieden ist.

Ich muss eine Entscheidung treffen, die jahrelang gereift ist. Eine Entscheidung, die meine Eltern enttäuschen wird, ein letztes Mal. Eine Entscheidung, die...
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Nico Langmann, geboren 1997, ist Tennisprofi. Im Rollstuhl. Aktuell steht er auf Platz 15 der Weltrangliste. Durch einen Autounfall ist er seit dem Alter von zwei Jahren querschnittsgelähmt. Aus einem Hobby heraus entstand eine Tennisprofi-Karriere, die ihn unter anderem zu den Paralympics nach Rio de Janeiro und nach Tokio führte. Im Herbst 2022 gründete er die Nico Langmann Foundation, um Kindern mit Behinderung Sportgeräte zur Verfügung stellen zu können. Er ist gefragter Vortragsredner und Ansprechpartner der Medien weit über den Sport heraus.
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