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Die kosmische Hintertreppe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
355 Seiten
Deutsch
Langen - Mueller Verlagerschienen am20.01.2023
Der bestirnte Himmel hat die Menschen schon immer fasziniert. Ohne Fernrohr fing es an, mit Sternbildern und Himmelssphären. Vor 400 Jahren richtete Galilei dann das erste Fernrohr zum Himmel und entdeckte eine bis dahin unbekannte Welt. Mit Riesenteleskopen wurden danach Galaxien erkundet - bis hin zu Einsteins endlichem Universum, das keine Grenze zu haben scheint. Ernst Peter Fischer erzählt die Geschichte der wichtigsten Himmelsforscher. Über ihr Leben bekommen wir Zugang zu ihren Einsichten und das spannende Abenteuer der Erforschung des Weltalls von den Anfängen bis heute breitet sich vor uns aus. 'Der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer bringt die wahre Qualität naturwissenschaftlichen Denkens in Erinnerung.' (Die Zeit)mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextDer bestirnte Himmel hat die Menschen schon immer fasziniert. Ohne Fernrohr fing es an, mit Sternbildern und Himmelssphären. Vor 400 Jahren richtete Galilei dann das erste Fernrohr zum Himmel und entdeckte eine bis dahin unbekannte Welt. Mit Riesenteleskopen wurden danach Galaxien erkundet - bis hin zu Einsteins endlichem Universum, das keine Grenze zu haben scheint. Ernst Peter Fischer erzählt die Geschichte der wichtigsten Himmelsforscher. Über ihr Leben bekommen wir Zugang zu ihren Einsichten und das spannende Abenteuer der Erforschung des Weltalls von den Anfängen bis heute breitet sich vor uns aus. 'Der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer bringt die wahre Qualität naturwissenschaftlichen Denkens in Erinnerung.' (Die Zeit)
Details
Weitere ISBN/GTIN9783784484532
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum20.01.2023
Seiten355 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.10896664
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



»Der bestirnte Himmel über mir«

»Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.«

Mit diesen schwärmerischen Worten aus der Kritik der praktischen Vernunft drückt Immanuel Kant aus Königsberg, der sonst eher rational wirkende und preußisch geprägte Philosoph der Aufklärung im 18. Jahrhundert, ein großes Bedürfnis aus - nämlich das Bedürfnis, den Himmel mit seinen Sternen zu verstehen. Er spannt sich wie ein funkelndes Zeltdach über ihn (und uns) und verleiht seiner (und unserer) Existenz dabei nicht nur ein eindrucksvolles Gewölbe, sondern ermöglicht darüber hinaus dem Menschen durch die nächtliche Sternenpracht das interesselose Erlebnis am Schönen der Natur. Kant spürt bei seinem ästhetischen Wahrnehmen der himmlischen Herrlichkeit, dass von diesem emotionalen Erleben offenbar direkt ein Weg zum moralischen Verhalten von Menschen führt. Der Betrachter der Sterne nimmt wahr, dass die Ästhetik die Mutter der Ethik ist, wie es der Dichter Joseph Brodsky im 20. Jahrhundert formuliert hat und wie wir uns im Verlaufe dieses Buches zu Gemüte führen wollen. Wir werden dann mehr über die wahrhaft immense Größe des Universums wissen, das sich nicht nur nach wie vor ausweitet, sondern dies mit zunehmender Dynamik tut und der Wissenschaft beinahe täglich überraschende neue Erkenntnisse beschert.

Einsichten dieser Art lassen jeden Menschen leicht zu »einem bloßen Punkt im Weltall« schrumpfen, wie es bereits bei Kant im Anschluss an die zitierten Sätze heißt. Der Philosoph stellt dort - wahrscheinlich mit tiefem Bedauern im Herzen - fest, dass die wissenschaftlichen Einsichten in den Kosmos mit der sich dort findenden ungeheuren »Weltmenge« dazu führen, die »Wichtigkeit« einzelner Beobachter zu »vernichten«, was natürlich auch bedeutet, dass sie selbst einen überragenden Philosophen zu einer »Winzigkeit« werden lassen - auch wenn dies niemanden vom Kaliber eines Immanuel Kant von seinen Bemühungen abhält, mehr über das Universum zu erfahren.

Die Freude und das Wissen

Kants ästhetisches Vergnügen am hohen Himmel mit seinen durchziehenden Planeten und funkelnd formierten Sternen erlaubt den Hinweis auf einen der Gründe, aus dem Menschen Wissenschaft treiben bzw. Wissen über die Weiten und Weisen des Wirklichen erwerben wollen. Sie tun dies - dem griechischen Philosophen Aristoteles zufolge -, weil sie Vergnügen an der Wahrnehmung der sinnlich zugänglichen Dinge in der Welt haben, und zu dem Schönsten, das uns dabei geboten wird, gehört die nächtliche Sternenpracht. Es ist keine Frage, dass es zu den primären Freuden der Menschen zu allen Zeiten gehört haben muss, den sichtbaren Nachthimmel mit seinen prächtigen Konstellationen - den Sternbildern - zu genießen und ihnen nachzusinnen. Und wer sich einmal in unseren Tagen dieses Vergnügen gönnt - was in den Städten mit ihrer Straßenbeleuchtung kaum noch möglich ist, im Gebirge aber eindrucksvoll gelingen kann, wenn man keine Angst vor der einen unmittelbar umgebenden Dunkelheit hat - und dabei zum Beispiel Mondphasen registriert oder den Abendstern bemerkt, bevor sich die ganze Pracht der Milchstraße mit ihrer immensen Sternendichte zeigt, wird sofort sich selbst oder seine Begleiter fragen, was da warum zu sehen ist und auf welche Weise es zustande kommt. Man hat unmittelbar das Gefühl, dass uns da Signale gegeben werden, und dieser Eindruck schlägt sich seit Jahrtausenden in den Bemühungen von Astrologen nieder, die sie verstehen und deuten möchten.

Wer jetzt mehr wissen will und sich - etwa in den Ferien - sogar mehrere Tage bzw. Nächte darauf einlässt, den Blick nicht nur dankbar, sondern neugierig auf den Himmel zu richten, und dabei bemerkt, wie sich zum Beispiel der Mondaufgang zwar verschiebt (ebenso wie das Erscheinen der Sterne), dass wir zum anderen aber den Erdtrabanten immer von derselben Seite sehen, der wird sich sofort Gedanken und Vorstellungen über die Bahnverläufe und Drehungen machen, die am Himmel nötig sind, um das gesamte Geschehen so zu orchestrieren, wie wir es wohlgefällig wahrnehmen und sogar einen Mann im Mond erkennen können.

Tatsächlich lassen sich bei den kosmischen Körpern sofort und problemlos zahlreiche Regelmäßigkeiten und Zusammenhänge erkennen, die viele räumliche und zeitliche Muster ergeben, die sich bei den Bewegungen von Sonne, Mond und Sternen zeigen. Und so braucht es wenig Fantasie, um das erste Aufkommen einer Wissenschaft - die Anfänge eines systematischen Sammelns von Beobachtungsdaten - an dieser Stelle zu verorten. Tatsächlich haben bereits die frühen Kulturen sich um das bemüht, was auf Deutsch »Sternenkunde« genannt werden kann und mit griechischen Wortstämmen als »Astronomie« bekannt ist. Man notierte, wann die Sonne aufging und wie sich dies im Laufe der Zeit veränderte. Und man registrierte, wenn auf der Erde aus dem Frühjahr der Sommer wurde, dem die anderen Jahreszeiten nachfolgten, wie wir heute sagen. Bekanntlich kann man in unseren Breiten auch ohne Blick an den Himmel zumeist problemlos erkennen bzw. spüren, ob es Herbst oder Winter ist, aber definiert werden die aufeinanderfolgenden vier Jahreszeiten über den sichtbaren Lauf der Sonne und die damit feststellbaren Längen von Tag und Nacht. Wir benutzen heute noch das (schöne) Wort von der Tagundnachtgleiche, um die Zeitpunkte im Frühjahr und Herbst zu bezeichnen, zwischen denen ein Jahr ablaufen und sich vollenden kann.

Wir wollen hier aber nicht auf die Anfertigung von Kalendern eingehen, deren grobe Einteilungen sich an zwei periodischen Bewegungen orientieren - zum einen an der des Mondes um die Erde, was zu den dazugehörigen Monaten führt, und zum anderen an der Drehung unseres Planeten um seine Achse, was den Rhythmus von Tag und Nacht hervorbringt. Wir wollen vielmehr erkunden, wie unser Verstehen der Abläufe am Himmel und unsere Einsichten in kosmische Dimensionen zustande gekommen sind und welche Personen dabei zu welcher Zeit ihren Beitrag geliefert haben. Es geht um eine kosmische Hintertreppe, deren Aufstieg wir bei dem schon zitierten Aristoteles mit seinen Betrachtungen über den Himmel beginnen lassen wollen und die uns zuletzt in die Höhen führen soll, die Albert Einstein mit seiner Kosmologie in Form einer Allgemeinen Relativitätstheorie ermöglicht hat und zu deren Stabilisierung zahlreiche Physiker beitragen, von denen einer der (merkwürdigerweise) weniger bekannten Fritz Zwicky heißt, was uns zu sagen erlaubt, dass wir das Weltall aufsteigend von A bis Z erkunden.

Wenn wir bei Aristoteles beginnen, übergehen wir die Astronomie bzw. Himmelskunde, die sich zum Beispiel in uralten Hügelgräbern oder anderen Anlagen niederschlägt. In ihnen zeigen verlängerte Erdwälle eine Richtung, die sich moderner Einschätzung zufolge an Punkten orientiert, an denen helle Sterne auf- und untergehen. Wir lassen auch kreisförmige Monumente wie die im britischen Stonehenge (aus dem 2. Jahrtausend v. Chr.) unbeachtet, die offenbar Umkehrpositionen der Sonne - die Sommer- und Wintersonnenwende - markieren, die dann vermutlich den Lebensrhythmus der Erbauer prägten. Wir überspringen weiter die Bemühungen der alten Ägypter, die vor allem an der Perfektionierung ihrer Kalender arbeiteten, um auf die überlebenswichtigen Nilhochwasser vorbereitet zu sein. Merkwürdigerweise wird bei diesem Tun für unseren Blick nicht das Verlangen erkennbar, das umfassend Beobachtete in einem System - mit einer Theorie - erklärbar und begreifbar zu machen. Unabhängig davon wollen wir aber nicht übersehen, dass die Ägypter den aus zwölf Konfigurationen bestehenden Tierkreis aus dem damals bereits als alt geltenden Babylon in ihre Astronomie einführten, und sie unternahmen dies, nachdem Alexander der Große das Land der Pyramiden erobert hatte. Das heißt, die Ägypter übernahmen von den Griechen, was deren Astronomen wiederum bei den Babyloniern vorgefunden hatten und was bis heute viele Menschen interessiert und fasziniert, nämlich die Sternbilder am Himmel - wobei wir genauer sagen müssen: die Sternbilder an dem Teil des Himmels, der von der Nordhalbkugel der Erde aus sichtbar wird, die wir bewohnen.

Wer in unseren Tagen lieber Sternbilder deutet und sich weniger um Sternphysik kümmert, betreibt das, was man damals wie heute Astrologie nennt. Bei diesem Bemühen geht es mehr um den Sinn (Logos) der Sterne - um das, was sie uns sagen - und weniger um die Gesetze (Nomos), die ihre Entstehung und Bewegung bedingen. Es ist verständlich, dass die Astrologie mit ihren einfachen Bildern sehr beliebt ist und bleibt, und es gilt ernst zu nehmen, dass sie uns Menschen schon seit Jahrtausenden beschäftigt und nach wie vor ihre Anhänger hat und zufriedenstellt. Es gilt aber ebenso deutlich zu betonen, dass viele Ansprüche von aktuell tätigen Astrologen - etwa zur Vorhersage der Zukunft - unsinnig sind und man bereits zu Goethes Zeiten von dem ewig gleichen und meist unverbindlichen Gemurmel der astrologischen Zunft gelangweilt war. Vermutlich sagen die Sterne uns auf direktem Wege gar nichts, selbst wenn uns mit großem Werbeaufwand in Horoskopen das Gegenteil vorgegaukelt wird. (Die Sterne kennen uns wahrscheinlich gar nicht und wir sind ihnen vollkommen gleichgültig.) Wenn überhaupt, dann sagen uns die Sterne indirekt etwas über die dramatische Dynamik einer weiten Welt, die an mindestens einem winzigen Punkt menschliches Leben ermöglicht und...

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