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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
237 Seiten
Deutsch
Hogrefe Verlag GmbH & Co. KGerschienen am11.02.20141. Auflage 2014
Die uralte Beziehung zwischen Mensch und Tier hat in jüngerer Zeit durch den Einsatz von Tieren in Therapie und Pädagogik neues Interesse geweckt. Tiergestützte Interventionen nutzen die Beziehung zwischen Mensch und Tier, um psychische Gesundheit zu fördern und die soziale, emotionale und sogar kognitive Entwicklung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu unterstützen. Aber warum sind Menschen und Tiere überhaupt in der Lage, Beziehungen einzugehen? Warum kann diese Beziehung einen therapeutischen Effekt haben? Und wie lässt sich dieses Wissen für die Praxis tiergestützter Interventionen nutzen? In diesem einzigartigen Buch haben führende Fachleute aus Psychologie, Neurobiologie und Evolutionsbiologie aktuelle Wissensbestände ihrer Fachrichtungen integriert, um diese Fragen zu beantworten. Zusammen haben sie ein wissenschaftliches Erklärungsmodell entwickelt, das die bisherigen Daten erklärbar macht und die weitere Entwicklung, Implementation und Evaluation effektiver, tiergestützter Interventionen ermöglicht.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR29,95
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR26,99

Produkt

KlappentextDie uralte Beziehung zwischen Mensch und Tier hat in jüngerer Zeit durch den Einsatz von Tieren in Therapie und Pädagogik neues Interesse geweckt. Tiergestützte Interventionen nutzen die Beziehung zwischen Mensch und Tier, um psychische Gesundheit zu fördern und die soziale, emotionale und sogar kognitive Entwicklung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu unterstützen. Aber warum sind Menschen und Tiere überhaupt in der Lage, Beziehungen einzugehen? Warum kann diese Beziehung einen therapeutischen Effekt haben? Und wie lässt sich dieses Wissen für die Praxis tiergestützter Interventionen nutzen? In diesem einzigartigen Buch haben führende Fachleute aus Psychologie, Neurobiologie und Evolutionsbiologie aktuelle Wissensbestände ihrer Fachrichtungen integriert, um diese Fragen zu beantworten. Zusammen haben sie ein wissenschaftliches Erklärungsmodell entwickelt, das die bisherigen Daten erklärbar macht und die weitere Entwicklung, Implementation und Evaluation effektiver, tiergestützter Interventionen ermöglicht.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783840924941
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatPDF
Format Hinweis1 - PDF Watermark
FormatE107
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum11.02.2014
Auflage1. Auflage 2014
Seiten237 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3497 Kbytes
Artikel-Nr.10897019
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Vorwort/Inhaltsverzeichnis;7
1.1;Inhaltsverzeichnis;11
2;1 Die rätselhafte Beziehung zwischen Menschen und Tieren;15
3;2 Warum Menschen willens und fähig sind, Beziehungen zu Tieren aufzunehmen: Die evolutionäre Werkzeugkiste;22
4;3 Psychische und physiologische Effekte von Mensch-Tier-Interaktionen;55
5;4 Physiologie der Beziehung: Die integrative Funktion von Oxytocin3;85
6;5 Zwischenmenschliche Beziehungen: Bindung und Fürsorge;108
7;6 Die physiologische Basis von Bindung und Fürsorge;137
8;7 Mensch-Tier-Beziehungen: Bindung und Fürsorge;166
9;8 Die Stränge kommen zusammen: Physiologie der Bindung und Fürsorge in der Mensch-Tier-Beziehung;179
10;9 Praktische Implikationen;186
11;Literatur/Sachregister;199
11.1;Sachregister;235
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Leseprobe
Immer mehr Ergebnisse weisen darauf hin, dass das Oxytocin-System als neurobiologische Basis von Bindung und Fürsorge eine zentrale Rolle spielt. Diesem Zusammenhang ist das sechste Kapitel gewidmet. Durch den engen Körperkontakt wird sowohl beim Baby als auch bei der Mutter Oxytocin freigesetzt, wodurch Angst und Stress reduziert, sowie soziale Interaktionen zwischen Mutter und Kind angebahnt und erleichtert werden. Es ist anzunehmen, dass im Verlauf der weiteren Entwicklung eines Kindes Oxytocin nicht nur in der Gegenwart und durch den Kontakt zur primären Bindungsfigur freigesetzt wird, sondern potenziell auch zu anderen Fürsorgepersonen, wie z. B. Lehrern oder Kindergärtnerinnen.

Sicher gebundene Kinder entwickeln deshalb wahrscheinlich einen guten Tonus bzw. eine adaptive Regulation ihres Oxytocin-Systems. Komplementär scheinen Bindungsfiguren, die adäquates Fürsorgeverhalten zeigen, ebenfalls über eine gute Regulation ihres Oxytocin-Tonus zu verfügen, während maladaptives Fürsorgeverhalten wahrscheinlich mit einem Ungleichgewicht im Oxytocin-System einhergeht.

Bei unsicher gebundenen Kindern löst die Bindungsfigur keine adäquate Freisetzung von Oxytocin aus. Auch deshalb wird sie eher nicht in der Lage sein, das Kind zu beruhigen und dessen Stress zu reduzieren. Bindungsfiguren von desorganisierten Kindern können selbst zur Stressquelle für ihre Kinder werden, da sie häufig misshandelnd oder vernachlässigend sind. Solche Bindungsfiguren sind nicht nur unfähig, Angst und Stress beim Kind zu reduzieren, sie aktivieren stattdessen die entgegengesetzten, neurobiologischen Systeme (d. h. die Stresssysteme). Aus der Perspektive des Kindes ist dies hochgradig adaptiv, da die Stress-Systeme das Kind in Alarmbereitschaft versetzen und es auf potenzielle Gefahren vorbereiten. Zudem macht es Sinn, dass betroffene Kinder Angst vor ihren Bindungsfiguren entwickeln und ihnen nicht mehr vertrauen, was sich neurobiologisch in einem niedrigen Oxytocin-Niveau widerspiegeln dürfte. Sowohl das Bindungsverhalten als auch die darunter liegenden, neurobiologischen Systeme würden sich somit an die potenziell pathogenen Bedingungen elterlicher Vernachlässigung und Gewalt anpassen. Diese Adaptation sichert das psychische Überleben des Kindes, welches so das Beste aus einer schlechten Situation macht. Dies ist allerdings eine teuer bezahlte Anpassung. Denn ein Kind, das seine primären Bindungsfiguren mit Zurückweisung oder gar Gefahr assoziiert, wird sich in emotional belastenden Situationen auch kaum an alternative, sensitive und vertrauenswürdige Fürsorgepersonen wenden. Damit besteht ein hohes Risiko für die weitere psychische Entwicklung eines Kindes.

Da Bindung und Fürsorge offenbar eng mit dem Oxytocin-System verknüpft sind, und die positiven Effekte von Oxytocin mit den vermuteten, positiven Effekten von Mensch-Tier-Beziehungen überlappen, diskutieren wir im siebten Kapitel, ob sich Mensch-Tier-Beziehungen auch als Bindungsund Fürsorgebeziehungen konzeptualisieren lassen.

Zwar ist das Bindungsals auch das Fürsorgekonzept für den Geltungsbereich zwischenmenschlicher Beziehungen entwickelt worden. Legt man jedoch die Kriterien zugrunde, die eine Beziehung als Bindungsoder als Fürsorgebeziehung qualifizieren, so lässt sich daraus ableiten, dass Menschen auch Bindungsund Fürsorgebeziehungen zu Tieren eingehen können. Tatsächlich stützen erste empirische Daten diese Annahme. Weiterhin weisen die bisherigen Untersuchungen darauf hin, dass unsichere Bindungsund Fürsorgemuster, die in zwischenmenschlichen Beziehungen gründen, nicht unbedingt mit den Bindungsund Fürsorgemustern korrespondieren, die Menschen zu ihren Haustieren entwickeln. In Risikostichproben mit einer Quote von nur 20 % sicher gebundenen Menschen ist beispielsweise die Prävalenz sicherer Bindung und Fürsorge gegenüber einem Haustier bis zu viermal höher als gegenüber Menschen. Die unsicheren Bindungsund Fürsorgemuster, die in zwischenmenschlichen Beziehungen erworben wurden, scheinen also in der Beziehung zu einem Haustier kaum aktiviert zu werden. Das ist von großer Bedeutung, werden doch sowohl Bindungsals auch Fürsorgemuster normalerweise auf neue, zwischenmenschliche Beziehungen übertragen. Insbesondere für desorganisiert gebundene Kinder ist das tragisch, da das Persistieren dieses Bindungsmusters ihre weitere, psychische Entwicklung stark einzuschränken vermag.

Wenn Menschen relativ unabhängig von ihren zwischenmenschlichen Bindungsmustern, sichere Bindungsund Fürsorgebeziehungen zu Tieren eingehen können, dann kann man annehmen, dass solche Mensch-Tier-Beziehungen sich auch in einem verbesserten Tonus bzw. einer adaptiven Funktion des Oxytocin-Systems einschließlich der damit einhergehenden, positiven Effekte, widerspiegeln. Empirische Evidenzen für diese Annahmen werden im achten Kapitel vorgestellt und diskutiert.

Die neuroendokrinologischen Effekte, die mit Mensch-Tier-Beziehungen einhergehen, fördern Annäherungsverhalten und Vertrauen in andere, während Stress und soziale Ängstlichkeit reduziert werden. Die Mensch-Tier-Interaktion birgt somit ein großes therapeutisches und pädagogisches Potenzial, und zwar insbesondere für jene Menschen, die ein primär unsicheres oder desorganisiertes Bindungsmuster aufweisen. Unsicher und desorganisiert gebundenen Menschen dürfte es während der Interaktion mit einem Therapietier wesentlich leichter fallen, bzw. erst möglich werden, sichere Bindungsangebote von Pädagogen oder Therapeuten anzunehmen und in ein neues, sicheres Arbeitsmodell von Bindung zu integrieren.

Dies ist von großer pädagogischer und therapeutischer Bedeutung, da der Aufbau einer sicheren Bindung einer der wohl wirksamsten, protektiven Faktoren für die weitere soziale, emotionale und kognitive Entwicklung eines unsicheren oder desorganisiert gebundenen Individuums ist. Im neunten Kapitel diskutieren wir diese pädagogischen und therapeutischen Implikationen der Mensch-Tier-Beziehung. Neu ist das Wissen um das therapeutische Potenzial von Tieren nicht. So setzten bereits Sigmund Freud und C. G. Jung ihre Hunde im Falle schwieriger Patienten ein; und Boris Lewinson schrieb schon in den 1960er Jahren eindrucksvoll über den Einsatz von Hunden in der Therapiearbeit mit Kindern. Aber die grundlegende theoretische Fundierung fehlte bislang. Diese Lücke wollen wir mit diesem Buch schließen.

Da im vorliegenden Buch Wissensbestände aus Psychologie, Verhaltensbiologie und Neuroendokrinologie integriert werden, haben wir Kästen in jedes Kapitel eingefügt, in denen die zentralen Konzepte der jeweiligen Disziplinen, soweit zum Verständnis wichtig, vorgestellt werden.

2 Warum Menschen willens und fähig sind, Beziehungen zu Tieren aufzunehmen: Die evolutionäre Werkzeugkiste

In diesem Kapitel wollen wir auf Basis evolutionärer Gegebenheiten Antworten auf die Fragen bieten, warum Menschen interessiert daran sind, mit Kumpantieren1 zu leben und dies auf der Beziehungsebene tatsächlich auch können. Der artvergleichende Ansatz der organismischen Biologie zeigte eine Reihe grundlegender Strukturen und Funktionen des Verhaltens, der Physiologie und des Gehirns, die von Menschen mit anderen Tieren geteilt werden und deshalb im zwischenartlichen Kontext, insbesondere in den sozialen Beziehungen relevant sind. Zu den herkunftsgleichen sozialen Hirnteilen zählt das Soziale Netzwerk des Gehirns , welches aus einer Handvoll von Kerngebieten besteht und für die grundlegende Steuerung des sozio-sexuellen Verhaltens zuständig ist; es enthält etwa das Bindungssystem und Teile der Emotionssysteme. Die gemeinsamen Stresssysteme und gleichartige Prinzipien der Individualentwicklung und der Variabilität von Persönlichkeit bei den unterschiedlichsten Tierarten, einschließlich des Menschen, sind weitere Faktoren, welche die Kommunikation und sogar das Sozialisieren zwischen den Arten ermöglichen. Dies bedeutet auch, dass eminent psychologische Phänomene, wie Bindung, Fürsorgeverhalten und ganz generell, die Werkzeuge für das Sozialverhalten biologisch grundgelegt sind. Diese bio-psychologischen Systeme und Verhaltenssysteme entstanden evolutionär in einem bestimmten sozialen Funktionskontext; sie bleiben aber dennoch flexibel, um sich an die jeweiligen konkreten Bedingungen anpassen zu können, unter denen Individuen aufwachsen und leben. Das Kapitel endet mit einer Diskussion zur Frage, warum Menschen bestimmte Kumpantiere bevorzugen und mit einem Plädoyer, dass domestizierte Tiere als Bezugstiere zahmen Wildtieren vorzuziehen sind.

2.1 Der Ansatz der vergleichenden Biologie

Die Beispiele im Kapitel 1 dieses Buches zeigen, dass Menschen willens und fähig sind, sich ähnlich zu anderen Tieren zu verhalten wie zu ihren menschlichen Sozialpartnern. Dabei scheint es sich aber nicht bloß um eine oberflächliche Ähnlichkeit zu handeln. Tatsächlich sind zwischenartlich höchst ähnliche und grundlegende Verhaltens-, neurobiologische und physiologische Mechanismen involviert. Und zwar dieselben, die auch in den Interaktionen zwischen Menschen genutzt werden. Gewöhnlich sind unsere wichtigsten Kumpantiere, wie z. B. Hunde, Katzen und Pferde, nicht nur passive Empfänger der menschlichen sozialen Aufmerksamkeit oder gar reine Projektionsflächen unserer sozialen Bedürfnisse, sondern sie reagieren sozial und können somit zu echten Sozialpartnern werden. Wir versuchen in diesem Buch die Mechanismen und die theoretischen Grundlagen der Mensch-Tier-Beziehung zusammenzufassen, und das naturgemäß aus menschlicher Perspektive.
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