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Beziehungskompetenz

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
230 Seiten
Deutsch
Kohlhammer Verlagerschienen am01.02.20231. Auflage
Die Grundlagen bzw. die Funktionsweisen der Ökonomie sind nicht voraussetzungslos, sondern vielmehr sozialer Natur: Der Wirtschaftskreislauf, die durch ihn konstituierten Geld- und Güterflüsse sowie die ökonomischen Institutionen insgesamt basieren auf Beziehungen, über die sich auch Erwartungs-, Regel- und Vertrauensbildung sowie andere ökonomische Zusammenhänge erklären lassen. Die Kenntnis der Wirkungsweisen sowie der soziologischen, psychologischen und ökonomischen Implikationen von Beziehungen ist damit zentral für das Verständnis einer Ökonomie; darum dreht sich dieses interdisziplinäre Einführungswerk und thematisiert dabei, wie Digitalisierung, Pandemie und sonstige gesellschaftliche Krisen auf das Eingehen und Aufrechterhalten von Beziehungen zurückwirken.

Prof. Dr. Peter Witt ist Inhaber des Lehrstuhls für Technologie- und Innovationsmanagement an der Bergischen Universität Wuppertal.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR32,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR28,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR28,99

Produkt

KlappentextDie Grundlagen bzw. die Funktionsweisen der Ökonomie sind nicht voraussetzungslos, sondern vielmehr sozialer Natur: Der Wirtschaftskreislauf, die durch ihn konstituierten Geld- und Güterflüsse sowie die ökonomischen Institutionen insgesamt basieren auf Beziehungen, über die sich auch Erwartungs-, Regel- und Vertrauensbildung sowie andere ökonomische Zusammenhänge erklären lassen. Die Kenntnis der Wirkungsweisen sowie der soziologischen, psychologischen und ökonomischen Implikationen von Beziehungen ist damit zentral für das Verständnis einer Ökonomie; darum dreht sich dieses interdisziplinäre Einführungswerk und thematisiert dabei, wie Digitalisierung, Pandemie und sonstige gesellschaftliche Krisen auf das Eingehen und Aufrechterhalten von Beziehungen zurückwirken.

Prof. Dr. Peter Witt ist Inhaber des Lehrstuhls für Technologie- und Innovationsmanagement an der Bergischen Universität Wuppertal.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783170433700
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.02.2023
Auflage1. Auflage
Seiten230 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3174 Kbytes
Artikel-Nr.11004270
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2         Der Mensch als emotionales Wesen
Ohne emotionale Intelligenz keine soziale Intelligenz

Unser Glück hängt nicht primär von der Anzahl unserer sozialen Beziehungen ab, sondern von deren Qualität. Und die Qualität einer Beziehung wird emotional erfasst. Eine wesentliche Voraussetzung für gelingende Beziehungen zu anderen Menschen ist folglich das, was Daniel Goleman »emotionale Intelligenz« genannt hat (Goleman 2005). Wir müssen in der Lage sein, unsere eigenen Gefühle zu erkennen, wenn sie auftreten. Wir müssen unsere Gefühle regulieren und beherrschen können. Eine weitere wichtige Fähigkeit besteht darin, die Gefühle anderer Menschen wahrnehmen und verstehen zu können. Idealerweise sind wir auch in der Lage, mit den Gefühlen unserer Mitmenschen geeignet umzugehen. Diese Fähigkeit wird dann als »soziale Intelligenz« bezeichnet (Goleman 2008). Es ist aus meiner Sicht sehr wichtig, den kausalen Zusammenhang zwischen diesen beiden Fähigkeiten zu verstehen. Ohne emotionale Intelligenz kann ein Mensch nicht sozial intelligent sein. Ohne zu wissen, was genau Emotionen sind und welche Auswirkungen sie auf das menschliche Verhalten haben, können wir unsere sozialen Beziehungen nicht gut steuern. Wenden wir uns also zunächst der Frage zu, wie unsere Emotionen entstehen und was es genau bedeutet, emotional intelligent zu sein.

Emotionen entstehen in unserem Gehirn. In ihm vollziehen sich alle Vorgänge unseres bewussten Fühlens, Handelns und Denkens. Unser Gehirn ist die Steuer-, Entscheidungs- und Informationszentrale, es beeinflusst direkt oder indirekt alle Vorgänge in unserem Körper und alle unsere Reaktionen auf die Umwelt. Es ist mit etwa 100 Milliarden Nervenzellen bzw. Neuronen ausgerüstet. Die hohe Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns liegt nicht nur an der großen Anzahl der Neuronen, sondern an der ungleich höheren Anzahl ihrer Verknüpfungen untereinander. Die Anzahl der vom Gehirn genutzten Verknüpfungen, der Synapsen, wird auf etwa 7 Billionen geschätzt. Das Gehirn wiegt ungefähr 1,5 Kilogramm, das entspricht etwa 2 Prozent unseres Gesamtgewichts. Allerdings ist es für 20 Prozent unseres Energiebedarfs verantwortlich. Bei Säuglingen und Kleinkindern finden sogar 50 Prozent des Energieverbrauchs im Gehirn statt. Benötigt werden vor allem Sauerstoff und Zucker bzw. Glucose. Das menschliche Gehirn kann nur sehr kurz ohne externe Energiezufuhr auskommen, es verfügt über keinen nennenswerten Energiespeicher. Bei einem Ausfall der Sauerstoffzufuhr entstehen schon nach wenigen Minuten bleibende Hirnschäden.

Für unsere Emotionen ist in erster Linie das limbische System zuständig. Es befindet sich unter dem Großhirn, wo es den Hirnstamm wie einen Saum umschließt. Es besteht aus mehreren Untereinheiten, die entscheidend an der Verarbeitung von Gefühlen sowie an Lernprozessen beteiligt sind. Das limbische System wird auch als das »emotionale Gehirn« des Menschen bezeichnet (Goleman 2008, S. 19). Ein Teil des limbischen Systems ist der Hippocampus. Er ist die Schaltstelle zwischen Kurz- und Langzeitgedächtnis. Im Hippocampus sitzt der Orientierungssinn. Die größte Bedeutung für unsere Emotionen hat jedoch ein mandelförmiger Teil des limbischen Systems, die Amygdala bzw. der Mandelkern. Er ist beim Menschen im Vergleich zu anderen Primaten auffallend groß. Der Mandelkern ist das Angstzentrum des Gehirns. Er speichert emotionale Erinnerungen und Erfahrungen, die später bei ähnlichen Sinnesreizen immer wieder und sehr schnell aufgerufen werden können. Bei Menschen mit Angststörungen lässt sich eine Vergrößerung der Amygdala feststellen. Ein Vorteil des Mandelkerns gegenüber dem Neokortex ist seine direkte Verbindung zum Thalamus. Der Thalamus ist der Teil des Zwischenhirns, der entscheidet, welche Sinneseindrücke aus der Umwelt und dem eigenen Körper ins Bewusstsein gelangen. Die direkte Verbindung zwischen Mandelkern und Thalamus hat zur Folge, dass das Angstzentrum auf externe Sinnesreize viel schneller reagieren kann als andere Teile des Gehirns. Als Reaktionen auf diese Reize entstehen Emotionen, lange bevor deren Auslöser bewusst wahrgenommen und gedeutet werden können.

Zum Überleben in der Frühzeit war eine schnelle, emotionale Reaktion auf eingehende Reize sicherlich hilfreich. Wir brauchten als Urmenschen bei der Begegnung mit einem Tier oder einen anderen Menschen nicht erst lange rational abzuwägen, was zu tun ist. Wir brauchten auch nicht zu wissen, um was für eine Spezies es sich genau handelt. Es reichte aus, zu wissen, dass ein bestimmtes Tier entweder essbar oder nicht essbar oder sogar gefährlich ist. Und es war besser, einmal zu viel mit Flucht zu reagieren als einmal zu wenig. Auch als Säugling bzw. Kleinkind sind schnelle Reaktionen des Mandelkerns überlebenswichtig. Ein Baby wägt nicht erst ab, was zu tun ist. Wenn es sich unwohl fühlt, schreit es. Für Erwachsene in der heutigen Zeit ist rein emotional gesteuertes Verhalten vor allem in sozialen Beziehungen allerdings nicht immer günstig. Hier können instinktiv gesteuerte Reaktionen wie kämpfen, fliehen oder sich-tot-stellen eher Schaden anrichten als nützen. Und sehr gefühlsbetonte, emotionale Verhaltensweisen verbessern unsere sozialen Beziehungen auch nicht zwangsläufig.
Zwei verschiedene Systeme prägen unser Verhalten

Soziale Intelligenz beinhaltet die Fähigkeit, eigene Emotionen sowie die unserer Mitmenschen zu verstehen und zu steuern. Das setzt eine rationale Verhaltenskomponente voraus. Auch dafür ist unser Gehirn gut ausgerüstet. Das berühmte Buch »Thinking Fast and Slow« des Psychologen Daniel Kahneman zeigt anschaulich, dass jeder Mensch über zwei Systeme der Verhaltenssteuerung verfügt. Sie sind sehr unterschiedlich. Jedes System hat seine Stärken und seine Schwächen. Das eine System ist langsam und rational, es wird vom Neokortex gesteuert. Das andere System ist schnell und emotional, hier sitzt das limbische System am Steuer. Daniel Kahneman bezeichnet die beiden menschlichen Entscheidungssysteme als System 1 und System 2. System 2 kann man mit den Begriffen »Kopf«, »Verstand«, rationales Denken« oder »bewusstes Entscheiden« umschreiben. Wir Menschen glauben, dass wir unser Leben und insbesondere unsere sozialen Beziehungen mit diesem System steuern, dass wir also überwiegend rational vorgehen. Aber leider irren wir uns. Wenn es nicht zwingend erforderlich erscheint, dann schaltet unser Gehirn den Teil, der für rationales Denken zuständig ist, einfach ab. Dann werden wir rein emotional gesteuert. Und das geschieht viel häufiger als uns bewusst ist.

Die Dominanz emotionalen Verhaltens liegt zum einen daran, dass System 2 zu langsam agiert. Wir erleben tagtäglich viele Situationen, in denen einfach keine Zeit zum längeren Nachdenken und zum rationalen Abwägen von Alternativen bleibt. Die zweite Besonderheit von System 2 ist sein enorm hoher Energieverbrauch. Unser Gehirn ist zwar ein recht kleines Organ, aber es verbraucht unverhältnismäßig viel Energie. Jede Nutzung des Verstands, jedes rationale Eingreifen des Neokortex, jede sogenannte Selbstregulation durch System 2 kostet den Menschen mentale Kraft. Je mehr der Energievorrat des Gehirns zur Neige geht, desto seltener nutzen wir System 2. Psychologen bezeichnen dieses Phänomen als »Erschöpfung der Selbstregulation« oder als »Ego Depletion« (vgl. Notebaert/Creutzfeldt 2015, S. 70-71). Die dritte große Schwäche von System 2 besteht in seinen beschränkten Rechen- und Denkfähigkeiten. Selbst wenn wir vollständige Daten zur Lösung eines Problems vorliegen haben, machen wir doch oft Fehler. Wir nehmen diese Daten verzerrt oder nur selektiv wahr. Wir machen Rechen- und Analysefehler. Wir haben Schwierigkeiten bei der Anwendung von Grundprinzipien der Statistik. Weil System 2 den genannten Beschränkungen unterliegt und immer wieder für längere Zeiten abgeschaltet wird, gibt es System 1. Es ist, wie bereits erwähnt, in den älteren Teilen unseres Gehirns untergebracht, im limbischen System, und funktioniert radikal anders als der Neokortex. Es wird mit Begriffen wie »emotionales Gehirn«, »Intuition«, oder »Bauchgefühl« bezeichnet (vgl. Gigerenzer 2008, S. 25; Kahneman 2012, S. 20-21). System 1 ist der eigentliche Gestalter unseres Lebens, insbesondere wenn es um Beziehungen zu anderen Menschen geht.

Das limbische System hat einen großen Vorteil. Es verbraucht keine Energie. Es kann daher angeschaltet bleiben und steht immer zur Verfügung. In ihm sind alle Erfahrungen abgespeichert. Es kann unbewusst auch sehr komplizierte Aufgaben abarbeiten. Es ist sehr schnell. Diese Schnelligkeit erlaubt es uns, instinktiv zu reagieren, bevor wir eine Situation richtig verstehen und bewerten können. Die beruhigende Botschaft ist,...
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