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Die Deutsche Mark

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
360 Seiten
Deutsch
Finanzbuch Verlagerschienen am23.04.2023
Der grüne Zwanziger, der braune Fünfziger, der blaue Hunderter - Millionen Deutschen sind die Banknoten aus D-Mark-Zeiten noch gut in Erinnerung. Es war das Geld, mit dem sie groß wurden, mit dem sie einen gewissen Wohlstand erreichten. Aber die D-Mark ist nicht nur in der individuellen Rückschau positiv besetzt, sie hatte auch für die Gesellschaft eine wichtige Funktion: Endlich hatten die Deutschen wieder etwas, auf das sie stolz sein konnten. Die D-Mark war weltweit berühmt für ihre Stabilität und entwickelte sich international zur wichtigsten Währung nach dem Dollar. Sie trug wesentlich dazu bei, dass die Deutschen nach den Verheerungen, die zwei Weltkriege und die NS-Diktatur mit sich gebracht hatten, wieder wirtschaftlichen Aufschwung genießen konnten und im Ausland respektiert wurden. Frank Stocker nimmt Sie mit auf eine spannende Reise in die deutsche Nachkriegsgeschichte. Dabei beschreibt er nicht nur historische Ereignisse und erklärt finanz- und währungspolitische Entscheidungen, sondern es gelingt ihm auch, das gesellschaftliche Klima zu erfassen und dem Mythos nachzuspüren, der sich um die D-Mark rankt. Denn die Deutsche Mark war schon immer mehr als ein Zahlungsmittel: Zum Zeitpunkt ihrer Einführung war sie ein Symbol der Hoffnung und des Neuanfangs, heute steht sie für den märchenhaften Wiederaufstieg Deutschlands - und ist zu einem Sehnsuchtsort vieler Deutscher geworden.

Frank Stocker ist Wirtschaftsexperte und Historiker. Er hat Politik und Geschichte in Freiburg und Heidelberg studiert und arbeitet seit 20 Jahren als Wirtschafts- und Finanzredakteur bei WELT und WELT AM SONNTAG. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. 2012 mit dem Deutschen Journalistenpreis.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR27,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR22,99

Produkt

KlappentextDer grüne Zwanziger, der braune Fünfziger, der blaue Hunderter - Millionen Deutschen sind die Banknoten aus D-Mark-Zeiten noch gut in Erinnerung. Es war das Geld, mit dem sie groß wurden, mit dem sie einen gewissen Wohlstand erreichten. Aber die D-Mark ist nicht nur in der individuellen Rückschau positiv besetzt, sie hatte auch für die Gesellschaft eine wichtige Funktion: Endlich hatten die Deutschen wieder etwas, auf das sie stolz sein konnten. Die D-Mark war weltweit berühmt für ihre Stabilität und entwickelte sich international zur wichtigsten Währung nach dem Dollar. Sie trug wesentlich dazu bei, dass die Deutschen nach den Verheerungen, die zwei Weltkriege und die NS-Diktatur mit sich gebracht hatten, wieder wirtschaftlichen Aufschwung genießen konnten und im Ausland respektiert wurden. Frank Stocker nimmt Sie mit auf eine spannende Reise in die deutsche Nachkriegsgeschichte. Dabei beschreibt er nicht nur historische Ereignisse und erklärt finanz- und währungspolitische Entscheidungen, sondern es gelingt ihm auch, das gesellschaftliche Klima zu erfassen und dem Mythos nachzuspüren, der sich um die D-Mark rankt. Denn die Deutsche Mark war schon immer mehr als ein Zahlungsmittel: Zum Zeitpunkt ihrer Einführung war sie ein Symbol der Hoffnung und des Neuanfangs, heute steht sie für den märchenhaften Wiederaufstieg Deutschlands - und ist zu einem Sehnsuchtsort vieler Deutscher geworden.

Frank Stocker ist Wirtschaftsexperte und Historiker. Er hat Politik und Geschichte in Freiburg und Heidelberg studiert und arbeitet seit 20 Jahren als Wirtschafts- und Finanzredakteur bei WELT und WELT AM SONNTAG. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. 2012 mit dem Deutschen Journalistenpreis.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783986091644
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum23.04.2023
Seiten360 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse11257 Kbytes
Artikel-Nr.11062294
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1
Die Stunde Null, die keine war
Mai 1945

Es war weit nach Mitternacht, 2:29 Uhr am Morgen des 7. Mai 1945, als die ersten Vertreter der Alliierten den Raum betraten. An den hellblauen Wänden hingen Landkarten, die die Lage an den Fronten des Zweiten Weltkriegs dokumentierten. Graphiken zeigten die Fortschritte bei den Luftschlägen gegen Deutschland. Eine Art »Thermometer« auf einem Hakenkreuz veranschaulichte den Anstieg der Zahl der deutschen Kriegsgefangenen. Die Szene spielte sich in einer alten Mittelschule in der Rue JolicÅur im nordfranzösischen Reims ab. Hier residierte das Oberste Hauptquartier der Alliierten Expeditionsstreitkräfte und hier sollte der Schlusspunkt unter den grauenhaftesten Krieg der Geschichte gesetzt werden. Hier sollten die Vertreter der deutschen Wehrmacht ihre bedingungslose Kapitulation erklären.

Um 2:34 Uhr gesellte sich auch General Walter Bedell Smith, Stabschef des Alliierten Oberkommandeurs Dwight D. Eisenhower, zu den bereits versammelten Militärs, unterhielt sich ein wenig mit ihnen, bevor fünf Minuten später schließlich der deutsche Generaloberst Alfred Jodl, dessen Adjutant Wilhelm Oxenius sowie Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg hereingeführt wurden. Sie begaben sich zu einem rund sechs Meter langen Tisch in der Mitte des Raums, Jodl und Oxenius in der grauen Uniform des Heeres, Friedeburg im Blau der Marine. Sie machten eine leichte Verbeugung in Richtung der Vertreter der Alliierten, dann setzten sie sich auf helle Stühle aus billigem Holz. Vor jedem stand ein Namensschild, in der Mitte des Tisches befand sich ein großes Mikrophon, das alle Äußerungen aufnehmen sollte. Einige Aschenbecher standen herum, aber rauchen wollte niemand.

Die Stimme von General Smith durchbrach die Stille. Vor ihnen lägen die Dokumente zur bedingungslosen Kapitulation. »Sind Sie bereit zur Unterzeichnung?«, fragte er. Jodl nickte, nahm einen braunen Füller mit goldener Kappe und unterschrieb um 2:41 Uhr. Für die Alliierten setzten daraufhin US-General Smith und der sowjetische General Iwan Susloparow ihren Namen unter das Dokument sowie als Zeuge François Sevez, Generalmajor der französischen Armee.

Der Korrespondent der New York Times schilderte die folgenden Momente:

»Dann stand Jodl mit seinen arroganten, vor Anstrengung glasigen Augen steif und stramm, und das grelle Licht ließ die abgenutzten Stellen seiner grauen Uniform sichtbar werden. Ich möchte ein Wort sagen , sprach er zu General Smith auf Englisch. Dann redete er auf Deutsch weiter:

General! Mit dieser Unterschrift haben sich das deutsche Volk und die Wehrmacht auf Gnade und Ungnade dem Sieger ausgeliefert. Beide haben in diesen über fünf Jahren Krieg mehr erduldet und mehr geleistet als vielleicht je ein Volk auf der Erde. Ich kann jetzt in dieser Stunde nur die Bitte aussprechen, dass ihm die Sieger gnädig sein mögen.

General Smith, dessen Gesicht von Müdigkeit gezeichnet war, sah ihn an. Er gab keine Antwort.«2

Auf sowjetischen Wunsch wurde die Ratifikation zwei Tage später wiederholt. Am 9. Mai um 0:16 Uhr unterzeichneten Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel für das deutsche Heer, Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg für die Kriegsmarine und Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff für die Luftwaffe am Sitz des Oberkommandierenden der Roten Armee in Deutschland, Marschall Georgi Konstantinowitsch Schukow, in Berlin-Karlshorst erneut die Kapitulation, rückwirkend zum 8. Mai, 23:01 Uhr mitteleuropäischer Zeit beziehungsweise 00:01 Uhr des 9. Mai nach geltender deutscher Sommerzeit.

Damit schwiegen die Waffen.

Der Zweite Weltkrieg, der mehr Menschenleben gekostet hatte als je ein Krieg zuvor, war zumindest in Europa beendet, das mörderischste Regime, das die Welt je gesehen hatte, war erledigt, die schlimmsten Verbrechen aller Zeiten fanden ein Ende. Deutschland lag am Boden, war besiegt, stand vor dem Nichts. Die Städte waren zertrümmert, die Industrie zerbombt, die Infrastruktur zerstört. Politisch, moralisch, kulturell und wirtschaftlich erfuhr das Land seine »Stunde Null«.

Zumindest sahen das damals viele so. Die Metapher gelangte in den allgemeinen Sprachgebrauch, wurde in zeitgenössischen Berichten gerne zitiert. Sie traf das Empfinden der Zeitgenossen auf das Genaueste, wie der Historiker Heinrich August Winkler feststellte: »Nie war die Zukunft in Deutschland so wenig vorhersehbar, nie das Chaos so allgegenwärtig wie im Frühjahr 1945.«3

Der Schrecken der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft war vorüber, die Verfolgung und Ermordung Andersdenkender, von Juden und anderen Minderheiten war beendet, das Gemetzel des Krieges vorbei. Beseitigt war auch das politische System, das Kommando hatten die Alliierten übernommen, die Nazi-Schergen waren auf der Flucht, festgenommen oder untergetaucht.

Und doch gab es diese »Stunde Null« nicht, wie Winkler betont und wie Bundespräsident Richard von Weizsäcker das in seiner berühmten Rede anlässlich des 40. Jahrestags der Kapitulation im Jahr 1985 dargelegt hatte. Es war nicht auf einmal alles Alte verschwunden, es gab kein leeres Feld, auf dem neu aufgebaut wurde. 65 Millionen Deutsche waren am 8. Mai keine anderen Menschen als am 7. Mai 1945. Ihre Ansichten, ihre Einstellungen, ihre Gedanken veränderten sich nicht über Nacht.

Unverändert war insbesondere auch das wirtschaftliche System. Landwirtschaft, Industrie und Dienstleister arbeiteten weiter wie gehabt. Bauern molken ihre Kühe, bestellten ihre Felder, ernteten die ersten Früchte. Züge fuhren, wo die Gleise noch vorhanden waren, Fabriken arbeiteten, wo sie nicht zerstört waren, Geschäfte verkauften das wenige, das sie hatten, und sie erhielten dafür die gleichen Reichsmark-Banknoten wie all die Jahre davor. Eine wirtschaftliche Stunde Null gab es nicht.

Auch die wirtschaftlichen Grundlagen waren weit weniger zerstört als oft vermutet. Die Bilder von totaler Vernichtung aus Berlin, Dresden, Hamburg oder Frankfurt am Main, die jeder kennt, dürfen nicht auf das ganze Land übertragen werden. Zwar waren von 18,8 Millionen Wohnungen 4,8 Millionen zerstört oder beschädigt,4 14 Millionen waren aber unversehrt. In den Dörfern, wo ein Drittel der Menschen lebte,5 war die Infrastruktur in Takt, Ähnliches galt für die meisten Kleinstädte. Selbst in den Großstädten gab es durchaus Viertel, die wenig zerstört waren. Aber vor allem war die deutsche Industrie weniger von den alliierten Bombardements beeinträchtigt worden als gedacht.

Dies hatte eine Gruppe amerikanischer Ökonomen schon 1945 festgestellt. Sie waren von der US-Luftwaffe beauftragt worden zu ergründen, wie wirksam die Bombardements im Hinblick auf die Zerstörung der deutschen Kriegswirtschaft waren. Ihr Abschlussbericht zeigte, dass es nur in geringem Maße gelungen war, die Produktion zu beeinträchtigen.6 Der Zusammenbruch der Kriegswirtschaft geschah vielmehr erst, als die Transportwege zerstört wurden.

Die Produktionsanlagen waren folglich zu einem beträchtlichen Teil noch vorhanden. Das zeigen auch Berechnungen des Wirtschaftshistorikers Werner Abelshauser. Demnach war das Brutto-Anlagevermögen der deutschen Industrie im Mai 1945 sogar 20 Prozent größer als 1936. »Westdeutschland war noch immer eines der am höchsten entwickelten Länder der Welt und nicht so stark zerstört, wie viele noch heute glauben«, stellte er fest.7

Deutschland lebte. 65 Millionen Deutsche lebten. Die deutsche Wirtschaft lebte. Menschen kauften und verkauften Dinge, es wurde gehandelt, es wurde produziert. Und all das fand in jenem wirtschaftlichen und geldpolitischen Rahmen statt, den die Nationalsozialisten seit 1933 geschaffen hatten. Auch hieran änderte der 8. Mai 1945 nichts. Denn dieser Rahmen wurde von der Militärverwaltung der Alliierten unverändert übernommen.

Die deutsche Währung war nach wie vor die Reichsmark, die seit Herbst 1924 von der Reichsbank herausgegeben wurde. Die Notenbank war damals durch das Bankgesetz vom 30. August 1924 neu organisiert worden,8 was als Schlusspunkt der Phase der Hyperinflation betrachtet werden kann.9 Das Bankgesetz hatte insbesondere die Unabhängigkeit der Notenbank garantiert, und ein Generalrat war eingesetzt worden, um ihre Arbeit zu überwachen.

Dieses stabile Fundament der deutschen Währung untergruben die Nationalsozialisten direkt, nachdem ihnen die Macht übergeben worden war. Das Gesetz zur Änderung des Bankgesetzes vom 27. Oktober 1933 schaffte den Generalrat und damit die unabhängige Aufsicht über die Notenbankpolitik ab.10 Im Februar 1937 wurde das Reichsbankdirektorium sogar direkt dem »Führer und Reichskanzler« unterstellt.11

Parallel dazu begann die Notenbank wieder, die Staatsausgaben zu finanzieren, wie schon während der Hyperinflation zehn Jahre zuvor, diesmal jedoch zunächst in verschleierter Form. Das geschah über sogenannte Mefo-Wechsel. Hinter dem Kürzel verbarg sich die Metallurgische Forschungsgesellschaft m.b.H. (Mefo), ein Scheinunternehmen, das im...
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