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Verschieden

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
196 Seiten
Deutsch
BoD - Books on Demanderschienen am20.02.20232. Auflage
Alle Welt schaut Krimis. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, einem Tötungsdelikt zum Opfer zu fallen, nicht sonderlich hoch. Zumindest nicht in Deutschland. Hier stirbt es sich eher an einem Herzinfarkt oder an einem Schlaganfall. Oder an einer Unachtsamkeit, einem Kuss oder an der Tatsache, dass man die falsche Hose oder sogar einen Reifrock anhat. Die Geschichten in diesem Buch wurden wahren Begebenheiten nacherzählt, sie faszinieren, sie ängstigen und sie verblüffen. Speckstein - Samurai - Wanted: Dr. House - Reverend Ralph Wilde schreibt an Sir William Wilde - Fisch - Der Brief - Keine Chance - Der Kuss - Das Horoskop - XXL: Zehn hochgradig spannende Geschichten um die natürlichste Sache der Welt - wie das Leben sie schrieb.

Brigitte van Hattem ist Autorin und Medizinjournalistin. Wenn sie nicht gerade Frauenromane oder kriminelle Kurzgeschichten schreibt, sammelt sie verzwickte Diagnosen und ungewöhnliche Todesfälle.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR5,99

Produkt

KlappentextAlle Welt schaut Krimis. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, einem Tötungsdelikt zum Opfer zu fallen, nicht sonderlich hoch. Zumindest nicht in Deutschland. Hier stirbt es sich eher an einem Herzinfarkt oder an einem Schlaganfall. Oder an einer Unachtsamkeit, einem Kuss oder an der Tatsache, dass man die falsche Hose oder sogar einen Reifrock anhat. Die Geschichten in diesem Buch wurden wahren Begebenheiten nacherzählt, sie faszinieren, sie ängstigen und sie verblüffen. Speckstein - Samurai - Wanted: Dr. House - Reverend Ralph Wilde schreibt an Sir William Wilde - Fisch - Der Brief - Keine Chance - Der Kuss - Das Horoskop - XXL: Zehn hochgradig spannende Geschichten um die natürlichste Sache der Welt - wie das Leben sie schrieb.

Brigitte van Hattem ist Autorin und Medizinjournalistin. Wenn sie nicht gerade Frauenromane oder kriminelle Kurzgeschichten schreibt, sammelt sie verzwickte Diagnosen und ungewöhnliche Todesfälle.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757832438
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum20.02.2023
Auflage2. Auflage
Seiten196 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse212 Kbytes
Artikel-Nr.11102059
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

DER KUSS

Wer bist du? , flüsterte Alejandro Carlos, schlief mit dieser Frage ein und wachte mit ihr wieder auf. Dazwischen lag mehr als nur ein feuchter Traum und mehr als nur Sehnsucht und Begehren. Alejandro ahnte, dass das die Liebe sein musste, die ihn wie eine Sommergrippe erwischt hatte und die ihn so verwirrte, dass er Angst bekam. Wer bist du? , wiederholte er noch einmal in Gedanken und ließ sich wieder zurück in seinen Traum fallen, wo er mit der Schönheit und Anmut der fremden Frau verschmolz. Das Klopfen an der Tür hörte er nicht.

***

Rosalia Alexandra Garcia Hernández machte sich Sorgen um ihren Ältesten, und das nicht nur, weil er auf ihr morgendliches Klopfen nicht reagierte. Alejandro Carlos war immer ein hübscher, zarter Junge gewesen, aber der Gestank von Schweiß und Testosteron, der seit einigen Wochen durch seine Zimmertür quoll, sagte ihr, dass er nun unwiderruflich zum Mann reifte. Es war an der Zeit, dass jemand mit ihm über all die Dinge sprach, die nun auf ihn zukamen, insbesondere über ... Sie wagte selbst kaum, an Sexualität zu denken und es stand ihr auch nicht zu, darüber mit ihrem Jungen zu sprechen. Das wäre die Aufgabe seines Paten gewesen, aber José Luis war tot, gestorben an der Neuen Grippe, die 2014 in Mexiko City gewütet hatte.

Rosalia Alexandra hatte ihren Mann längst gebeten, dieses eine, wichtige Gespräch mit Alejandro zu führen, aber Juan Carlos fand immer wieder andere Gründe, es nicht zu tun. Einmal meinte er, die Zeit dafür wäre noch nicht gekommen, dann wieder behauptete er, dieses Internet hätte Alejandro sicher längst aufgeklärt. Vermutlich weiß er bereits mehr als ich , sagte Juan Carlos bei dieser Gelegenheit und tätschelte Rosalias Hand.

Sie war wütend gewesen. Du willst dich nur drücken! , hatte sie ihm vorgeworfen, aber daraufhin hatte er sie so böse angesehen, dass sie lieber wieder still war. Noch war Mexiko das Land der Machos und selbst in Mexiko-Stadt wurde noch nach traditionellen Mustern gelebt. Rosalia Alexandra hatte sich zuhause um die Mahlzeiten und um die Kinder zu kümmern, Juan Carlos war für die Finanzen zuständig. Lief es gut, konnte er recht gönnerhaft sein, aber wenn es Probleme gab, war er muy macho.

Rosalia Alexandra klopfte erneut an die Tür Alejandros. Langsam verlor sie die Geduld. Sie hatte die Chilaquiles bereits zubereitet: die frittierten Tortillas mit roter Mole übergossen und anschließend in einer Pfanne leicht aufgekocht. Sie würden kalt werden, wenn Alejandro nicht bald am Frühstückstisch erschien. Aber Rosalia wagte es auch nicht, die Tür einfach aufzumachen. Er mochte noch kein Mann sein, aber ein Kind war er schließlich auch nicht mehr. Alejandro, aufstehen, du musst in die Schule , rief sie mit einem letzten Klopfen durch die Tür, dann drehte sie sich um und ging zurück in die Küche. Ihr Sohn hatte zwei Vornamen, zwei Nachnamen, fünf Finger an jeder Hand und fünf Zehen an jedem Fuß, ganz so, wie es sich gehörte. Es würde schon alles gut gehen mit ihm, was machte sie sich nur für unnötige Sorgen!

***

Nach der Schule - er hatte es gerade noch geschafft, nicht allzu spät zu kommen - ging Alejandro Carlos in den Palacio de bellas artes. Er war nur wenige hundert Meter von seiner Schule entfernt und für Schüler war der Eintritt frei. Vor etwas über zwei Jahren hatte ihn José Luis, sein mittlerweile verstorbener Pate, mit in diesen Palast der Schönen Künste genommen und ihm vor allem die Gemälde nähergebracht. Alejandro gefielen besonders die Werke von Diego Rivera und José Clemente Orozco: Sie waren wie mit Feuer gemalt und so riesig, so eindrücklich!

Alejandro war auch nach Josés Tod immer wieder in das Museum gekommen, hatte die eine oder andere Stunde vor den Bildern gesessen und sich die einzelnen Bildszenen eingeprägt. Sie hatten seine Fantasie beflügelt - in letzter Zeit zugegebenermaßen vor allem seine sexuelle Fantasie. Es waren die nackten Frauenleiber, die es Alejandro angetan hatten, ihre prallen Brüste, die runden Schenkel. Natürlich hatte sein Vater recht, wenn er dachte, dieses Internet hätte ihn längst aufgeklärt. Aber es hatte Alejandro nur Worte und Fakten gebracht, keine Poesie und keine Romantik. Und schon gar nicht die Wucht und die Lebendigkeit dieser Gemälde!

So sehr ihn diese Bilder auch faszinierten, seit einigen Tagen war Alejandro abgelenkt. Er hatte hinter der Touristenkasse ein Frau entdeckt, die alle Gemälde dieses Hauses in sich zu vereinen schien. Alejandro hatte sie angestarrt wie ein hungriger Teenager und musste sich später eingestehen, dass er schließlich auch nichts anderes war. Aber so wollte er nicht sein. Er war ein Mann, ein Macho, wie alle anderen auch!

Als er das nächste Mal in den Palacio de bellas artes kam, richtete sich Alejandro auf, strich sich sein pechschwarzes Haar aus der Stirn und sah sie an, als wären sie auf einer Auktion und als wäre sie ein Pferd, das zu verkaufen war und er derjenige, der es vielleicht kaufen wollte. Ganz konnte er die Bewunderung nicht aus seinem Blick nehmen und in seinem Kopf formte sich nur eine Frage: Wer bist du? , und dieses echte Interesse an ihr verriet ihn.

Er war kein Macho, das sah Daniela Mariana auf den ersten Blick, zumindest noch nicht. Aber er war hübsch, sehr attraktiv. Jung noch, ein wenig zu jung. Daniela sah ihm direkt in die Augen und lächelte. Statt sich hochnäsig abzuwenden, lächelte Alejandro beglückt und ein wenig schüchtern zurück.

Das war vor vier Tagen gewesen und seither war kein Tag vergangen, an dem er nicht hierhergekommen war. Meist setzte er sich vor die Bilder Riveras, fand dort aber keine Ruhe. Immer wieder stand er auf und ging in die Nähe der Touristenkasse. Er wollte sie sehen, aber er wollte auch von ihr gesehen werden.

Daniela Mariana sah ihn tatsächlich. Was Alejandro nicht ahnte: Sie erwartete ihn sogar. Daniela Mariana sah auch, wie sich der junge Mann von Tag zu Tag veränderte. War er am ersten Tag noch jungenhaft und nachlässig erschienen, so war er jetzt immer sorgsam gekleidet und frisiert. Meist trug er ein bis zur Brust geöffnetes weißes Hemd, eine hautenge, schwarze Hose und dazu glänzende, landestypische Stiefeletten. Wie ein Torero sah er aus, ein kleiner, zierlicher Torero. Und immer musste Daniela Mariana lächeln, wenn sie ihn sah und immer, wirklich immer, lächelte Alejandro zurück. Macho hin oder her, er musste sie einfach anlächeln.

Aber nicht an diesem Tag. Als er in den Palacio de bellas artes kam, stand hinter dem Touristenschalter eine andere Frau. Auch sie war schön, zweifellos, doch es war nicht seine schöne Unbekannte. Alejandro war von einem Moment auf den anderen in heller Panik. Doch was hatte er erwartet? Er war sich so sicher gewesen, seine Angebetete hier anzutreffen, dass er an keinen Plan B gedacht hatte. Verzweifelt drehte sich Alejandro um. Wo war sie? Ein Anflug von Machismo ließ ihn wütend werden: Wie konnte sie es wagen, ihn hier sitzen zu lassen?! Aber es war nicht viel dahinter, mit dem nächsten Atemzug war der Dampf verpufft.

Unruhig streifte Alejandro durch die Räume, doch er konnte sie nirgends entdecken. Entmutigt, fast schon verzweifelt, ließ er sich auf der Bank vor seinem Lieblingsbild Katharsis von Orozco nieder. Das gewaltige Durcheinander von Leibern auf der Leinwand entsprach seinen Gefühlen, die sich wie eigenständige Wesen in seinem Inneren zu winden schienen. Wieso war sie nicht hier? War sie ganz weg? Für immer? Vielleicht, so keimte plötzlich ein Gedanke in ihm auf, hatte sie einfach nur einen Tag frei? Vielleicht hatte sie am Sonntag gearbeitet und durfte daher heute zuhause bleiben? Er würde also morgen wiederkommen. Dann wäre sie wieder da. Bestimmt. Alejandro seufzte erleichtert auf.

¡Hola , sagte plötzlich eine weiche Stimme hinter ihm. Alejandro drehte sich langsam um und seine eben noch so sorgenvolle Miene wich einem Strahlen. Da stand sie, seine Unbekannte, hübscher noch, als er sie in Erinnerung hatte. Statt der blauen Museumsuniform trug sie ein helles Kleid, das über und über mit bunten Blumen bestickt war. Eine weitere Blume steckte in ihrem dunklen Haar, das heute nicht zu einem Knoten im Nacken gebunden war, sondern in weichen Wellen über ihre Schultern fiel.

¡Hola , antwortete er, wobei ihm das kurze Wort fast im Hals stecken blieb. Er war so erleichtert, sie zu sehen, dass er fast geweint hätte.

***

Daniela Mariana war mit ihren vierundzwanzig Jahren sieben Jahre älter als Alejandro. Sie studierte Spanisch an einer privaten Hochschule in Mexiko-Stadt und arbeitete nur aushilfsweise im Museum, daher war sie Alejandro früher niemals aufgefallen. Als moderne Frau, die sich die teuren Hochschulgebühren erarbeitete, fand sie den in ihrem Land gängigen Machismo lachhaft. Dieser wunderschöne Jüngling hingegen, der nicht mehr Kind aber auch noch kein Mann, geschweige denn ein Macho war, faszinierte sie und seine Bewunderung schmeichelte...
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