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Hasenherz. Held aus Versehen

5
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Verlag Friedrich Oetingererschienen am04.08.2023
Als der schüchterne Fridi die Pfadfinder-Ausfahrt vor lauter Angst vor deren Prüfungen sausen lässt, trifft er seine Schulfreund*innen. Mit ihnen erlebt Fridi einen Roadtrip der besonderen Art am Stadtrand von Berlin, bei dem er auf einmal merkt, wie viel doch in ihm steckt. Und so wird er zum Helden, wenn auch eigentlich aus Versehen.

Julia Blesken, 1976 in Berlin geboren, erhielt 2020 für Mission Kolomoro den Kirsten-Boie-Preis der Hamburger Literaturstiftung. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAls der schüchterne Fridi die Pfadfinder-Ausfahrt vor lauter Angst vor deren Prüfungen sausen lässt, trifft er seine Schulfreund*innen. Mit ihnen erlebt Fridi einen Roadtrip der besonderen Art am Stadtrand von Berlin, bei dem er auf einmal merkt, wie viel doch in ihm steckt. Und so wird er zum Helden, wenn auch eigentlich aus Versehen.

Julia Blesken, 1976 in Berlin geboren, erhielt 2020 für Mission Kolomoro den Kirsten-Boie-Preis der Hamburger Literaturstiftung. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960523291
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum04.08.2023
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11140260
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Es geht los!

»FRIDI!«

Fridi sitzt auf dem Teppich im Kinderzimmer und hört nichts. Er ist viel zu beschäftigt.

»Der Fuchs kommt aus dem Loch, um den Baum herum und wieder zurück ins Loch«, murmelt er, aber im selben Moment ist das Seil in seinen Händen auch schon vollkommen verknotet, und er hat nicht die leiseste Ahnung, welches Ende man wo durchfädeln muss. Mist!

Fridi hält sein altes Springseil in der Hand. Es ist hoffnungslos. Dabei hat er sich mindestens siebzehn Mal auf YouTube angeguckt, wie man so einen Knoten richtig macht. Den Palstek kriegt er nie im Leben hin! Das ist der schwierigste Knoten von allen. Den Webleinstek und den Achter aber garantiert auch nicht. Vergiss es, Fridi Schulze. Absolut keine Chance! Es ist â¦

»FRIDI!«

⦠als ob seine Finger immer automatisch was anderes machen.

»Fridolin, das Frühstück ist fertig!«

Seufzend erhebt er sich, trottet in die Küche, lässt sich auf einen Stuhl plumpsen und â¦

»WAS IST DAS?«

»Schnurzelchen, das ist Haferbrei«, sagt Mama und lächelt.

Vor Fridi auf dem Tisch steht eine Schüssel mit â¦ Ja, so genau ist das eigentlich nicht zu erkennen. Es ist grau und schleimig. Sieht fast ein bisschen aus wie â¦ wie Kotze. Sofort überkommt ihn ein Gefühl größter Übelkeit. Seine Kehle wird ganz trocken, die Zunge klebt im Mund wie Esspapier.

»Iss doch, mein Hase!« Mama steht in einem dottergelben Pullover am Herd und wirft ihm einen aufmunternden Blick zu.

Fridi starrt auf den Haferbrei. Er sitzt ganz steif da. Wie ein paralysiertes Kaninchen. Ihm ist heiß und kalt gleichzeitig. Klarer Fall von Schockstarre. Die kann durch alles Mögliche ausgelöst werden, wenn ihn ein Lehrer ausschimpft, zum Beispiel, weil er sein Bonbonpapier einfach auf der Treppe hat fallen lassen, obwohl er versucht hat, es ganz heimlich und unauffällig zu Boden gleiten zu lassen, oder wenn einer ankommt und was Blödes zu ihm sagt, Stinkmorchel oder Mistmade oder Pupskopf. Oder durch Haferbrei, der aussieht wie Kotze.

»Haferbrei ist sehr gesund.« Mama strubbelt Fridi durch die Haare. Die stehen sofort in alle Richtungen ab, wie elektrisch.

Seine Haare, das ist sowieso ein Thema für sich.

Er lässt sie grad wachsen. Aber so eine coole Frisur geht bei ihm nicht. Das Blöde ist nämlich, dass seine Haare nicht nur sehr hell, sondern auch ziemlich dünn sind. Sie hängen an den Seiten runter wie Strippen, und wenn er rennt, flattern sie im Wind. Zum Glück kleben sie an der Kopfhaut fest und können nicht wegfliegen.

Die Sache ist die: Er braucht seine Haare zur Tarnung. Fridi hat nämlich leider auch ziemlich abstehende Ohren, richtige Segelohren, und immer, wenn ihm etwas unangenehm ist, was ziemlich oft vorkommt, dann färben sie sich knallrot und beginnen an den Rändern mordsmäßig zu glühen, und das sieht so außerirdisch aus, dass alle anfangen zu lachen und so Sachen rufen wie: »Ey, deine Segel brennen!« Früher hat er seine Ohren probehalber mal mit Tesakrepp am Kopf festgeklebt, hat aber nicht so gut gehalten.

Es ist natürlich ziemliches Pech, dass er abstehende Ohren und dann noch solche Haare abgekriegt hat, weil: Alles, was auffällt, ist riskant. Es ist besser, ungefähr so unauffällig wie ein Borkenkäfer zu sein, der sitzt auf der Rinde eines Baumes, unsichtbar, du siehst ihn nicht. So fühlt sich der Borkenkäfer am wohlsten. Ich mich auch.

Fridi sitzt da und starrt auf den Haferbrei.

»Du brauchst doch Kraft für die Fahrt«, sagt seine Mama und streicht ihm über die Wange.

Fridi zuckt zusammen. Oh, mein Gott! Heute geht es los. Er hat sich so lange davor gefürchtet, und jetzt ist es so weit. Im Flur steht schon sein Rucksack, ein riesiger Rucksack. Fridi hasst den Rucksack. Er hasst auch die Pfadfinder und das Wandern und überhaupt diese ganze blöde Fahrt. Dass er die Sache mit den Knoten nicht hinkriegt, ist sowieso schon klar. Knoten, die hasst er auch. Sollte er aber können, denn am letzten Abend findet so eine Prüfung statt: das große Ankerkreuz. Da geht man in kleinen Gruppen von Station zu Station und muss Aufgaben lösen: Knoten binden, ein Feuer mit möglichst wenig Streichhölzern entzünden, zu zweit eine Kothe aufbauen, das ist so was wie ein Zelt aus vier großen Stoffbahnen, die man aneinanderknüpfen muss, einen Flicken aufnähen und ein Lied singen.

Echt, ein Lied! Ich kann überhaupt nicht singen. Das Schlimmste ist aber, dass alle um einen rumstehen, während man diese Dinge tut, die man noch nie in seinem Leben getan hat, denn, mal ehrlich, wann versucht man schon mal ein Feuer mit Streichhölzern in Gang zu bringen oder einen superfesten Knoten zu machen oder einen Flicken aufzunähen? Und wann, verdammt noch mal, singt man bitte schön ein Lied?

Während Fridi auf den Haferbrei starrt, fallen ihm noch mehr Dinge ein, die er hasst.

In seiner Pfadfinder-Horte, da ist zum Beispiel so ein Junge namens Knall. Ist natürlich nur sein Spitzname, klar. Aber der hat auch echt einen Knall, und was für einen. Einmal hat der ihm eine Kröte in den Schlafsack gesteckt. Das muss man sich mal vorstellen. Hat schon mal einer eine Kröte angefasst? Das ist eklig! Also, angefasst hat Fridi die natürlich nicht, er hat nur den Schlafsack aufgemacht, und da ist sie zum Glück von ganz alleine rausgehüpft.

Und plötzlich fällt ihm auch noch das Allerschrecklichste ein: Auf der Fahrt kriegt jeder einen Spitznamen. Für ihn gibt es da, klar, eine ganze Menge möglicher Namen: Tomatenohr. Segelschiff. Feuermelder â¦ Seine Ohren fühlen sich schon ganz heiß an.

Das Einzige, was vielleicht noch furchtbarer ist, als auf Fahrt zu gehen, ist zu haiken. Da wandert man mit seinem Gepäck einfach drauflos. Gekocht wird überm Feuer, geschlafen in der Kothe, und du weißt nicht, wo du ankommst â¦

»Jetzt iss doch endlich«, sagt Mama und nickt mit dem Kopf in Richtung Brei.

Oh Mann, da kann man sich gar nicht entscheiden, was grad am schlimmsten ist. Sogar das Kaninchen hat sich wieder verkrochen und wartet erst mal ab. Das Kaninchen ist eigentlich immer irgendwo in ihm drin, es kann sich ganz klein machen, und manchmal vergisst er es sogar, aber wenn die Angst besonders schlimm ist, BÄM, springt es hervor! Dann kann Fridi nichts mehr machen. Dieser Schockzustand dauert manchmal nur ein paar Sekunden und manchmal eine Ewigkeit, also gefühlt.

Der Haferbrei riecht komisch, irgendwie muffig. Und dieser Geruch, das spürt Fridi ganz genau, lockt das Kaninchen hervor. So eine Mischung aus geronnener Milch, Spülschwamm und Staubsaugerbeutel.

In dem Moment, als er seiner Mama gerade sagen will, dass er den Brei hier unmöglich essen kann, kommt sein Papa in die Küche und setzt sich ihm gegenüber. Er ist richtig aufgekratzt und trommelt mit den Fäusten auf den Tisch. Seine rotblonden Haarsträhnen wippen. Ansonsten hat Papa nicht mehr so viele Haare, also, hinten zum Beispiel und an den Seiten. Deshalb ist er auch sehr stolz auf seine neueste Errungenschaft, Streuhaare. Die sind in einer kleinen runden Dose, die aussieht wie für Gewürze, nur dass eben nicht Gewürze drin sind, sondern Haare, keine echten natürlich. Sondern künstliche. Die schüttet sich sein Papa jetzt voller Begeisterung über den Kopf, damit niemand sieht, dass er eigentlich eine Glatze hat, also fast.

So oder so: Ich würde mal sagen, Papas Frisur ist noch außerirdischer als meine!

Ein Glück, dass er nicht noch so einen Westernhut aufsetzt, weil sein Papa liebt Western. Ich mein, das wär echt oberpeinlich!

»Heute geht es los, mein Junge.« Papa rüttelt ihn an der Schulter. Er freut sich, dass sein Sohn heute auf Fahrt geht. Das ist deutlich zu sehen. Papa war früher auch mal Pfadfinder, und das war die schönste Zeit seines Lebens, sagt er.

»Das wird top! Den ganzen Tag wandern«, schwärmt Papa. »Den ganzen Tag an der frischen Luft und in der Natur!« Er trommelt so doll auf den Tisch, dass der Breilöffel kleine Hüpfer macht. »Zelten, ein Traum!«

Fridi schluckt. Den ganzen Tag wandern! Natur und frische Luft! Zelten! Was für ein Albtraum! Da würde er ja schon lieber mit seiner Mama zum Friedhof gehen und seiner Oma Chrysanthemen aufs Grab pflanzen.

»Fridi, ich pack dir noch das Nähzeug ein«, sagt Mama. Fridi geht im Kopf blitzschnell die Packliste durch. Auf der Packliste steht, was sie alles mitnehmen dürfen, und nur das, wirklich nur das, darf in den Rucksack rein. Fridi hat die Liste so oft angestarrt, dass er sie schon auswendig kennt.

Punkt zwölf: Nähzeug, okay!

Ist natürlich alles andere als okay! Erstens kann ich nicht nähen, und zweitens komm ich mir dabei, na ja, auch irgendwie blöde vor.

Warum kann ich nicht einfach zu Hause bleiben? Ich würde viel lieber drei Tage in meinem Zimmer verbringen, als auf Fahrt zu gehen. Ich mag mein Zimmer. Mama hat es gelb gestrichen, und wir haben ganz viele Fotos an die Wand geklebt, lauter Erinnerungen an Sachen, die ich mal gut fand, zum Beispiel meine früheren Lieblings-Pokémons, Pikachu, Reitschu, Evoli und Glurak (also eigentlich mag ich die immer noch).

Fridi stochert ein bisschen im Haferbrei herum. Wie Kotze, ehrlich!

Da klingelt das Telefon. »Alle leise!«, ruft Papa. Er springt vom Stuhl, wirft einen schnellen Blick in den Spiegel, alles top!, schiebt sich mit einer Hand die Haare zurecht und lächelt. Dann öffnet er schwungvoll die Tür zur...
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