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Der Gemeine Lumpfisch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Verlagsbuchhandlung Liebeskinderschienen am13.03.2023Deutsche Erstausgabe
Mark Halyard arbeitet als Umweltverträglichkeitskoordinator bei der Brahmasamudram Mining Company, die im Tiefseebergbau tätig ist und versehentlich den Lebensraum eines wenig bekannten Putzerfischs, des Gemeinen Lumpfischs, vernichtet hat. Um die Zerstörung des Planeten einzudämmen, sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, für viel Geld Auslöschungszertifikate zu erwerben, falls sie an der Ausrottung einer Spezies mitwirken. Allerdings hat sich Halyard mit Leerverkäufen von Lumpfisch-Zertifikaten verspekuliert. Nachdem er auf fallende Preise gewettet hat, stellt ein mysteriöser Hackerangriff auf diverse Biobanken, in denen Gewebeproben und Genomdaten gefährdeter Arten gespeichert werden, das System auf den Kopf. Alle Back-ups für den Gemeinen Lumpfisch sind futsch, und der Preis für Lumpfisch-Zertifikate geht durch die Decke. Halyards einzige Hoffnung ist, mithilfe der Lumpfisch-Expertin Karin Resaint irgendwo ein Exemplar des Fischs aufzutreiben, damit die Spezies nicht als ausgerottet gilt ... Ned Beaumans neuer Roman ist Literatur mit hohem Drehmoment, ein Buch voller Kapriolen, rasant und mit großer Fabulierfreude erzählt. Noch nie wurden die wichtigen Themen unserer Zeit so humorvoll auf den Punkt gebracht wie hier.

Ned Beauman wurde 1985 in London geboren. Er studierte Philosophie in Cambridge und arbeitete als Redakteur für verschiedene Magazine. 2010 erschien sein Debütroman »Flieg, Hitler, flieg!«, 2013 war sein Roman »Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beförderung eines Menschen von Ort zu Ort« für den Booker Prize nominiert. Ned Beauman wurde u.a. mit dem Encore Award und dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet und steht auf der Granta-Liste der »Best of Young British Novelists«.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextMark Halyard arbeitet als Umweltverträglichkeitskoordinator bei der Brahmasamudram Mining Company, die im Tiefseebergbau tätig ist und versehentlich den Lebensraum eines wenig bekannten Putzerfischs, des Gemeinen Lumpfischs, vernichtet hat. Um die Zerstörung des Planeten einzudämmen, sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, für viel Geld Auslöschungszertifikate zu erwerben, falls sie an der Ausrottung einer Spezies mitwirken. Allerdings hat sich Halyard mit Leerverkäufen von Lumpfisch-Zertifikaten verspekuliert. Nachdem er auf fallende Preise gewettet hat, stellt ein mysteriöser Hackerangriff auf diverse Biobanken, in denen Gewebeproben und Genomdaten gefährdeter Arten gespeichert werden, das System auf den Kopf. Alle Back-ups für den Gemeinen Lumpfisch sind futsch, und der Preis für Lumpfisch-Zertifikate geht durch die Decke. Halyards einzige Hoffnung ist, mithilfe der Lumpfisch-Expertin Karin Resaint irgendwo ein Exemplar des Fischs aufzutreiben, damit die Spezies nicht als ausgerottet gilt ... Ned Beaumans neuer Roman ist Literatur mit hohem Drehmoment, ein Buch voller Kapriolen, rasant und mit großer Fabulierfreude erzählt. Noch nie wurden die wichtigen Themen unserer Zeit so humorvoll auf den Punkt gebracht wie hier.

Ned Beauman wurde 1985 in London geboren. Er studierte Philosophie in Cambridge und arbeitete als Redakteur für verschiedene Magazine. 2010 erschien sein Debütroman »Flieg, Hitler, flieg!«, 2013 war sein Roman »Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beförderung eines Menschen von Ort zu Ort« für den Booker Prize nominiert. Ned Beauman wurde u.a. mit dem Encore Award und dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet und steht auf der Granta-Liste der »Best of Young British Novelists«.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783954381623
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum13.03.2023
AuflageDeutsche Erstausgabe
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1335 Kbytes
Artikel-Nr.11214625
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

In einem Primatenforschungsinstitut in Leipzig wurde ein Wissenschaftler dabei ertappt, wie er die Überwachungskameras im Inneren des Geheges eines Orang-Utans abschaltete, der zweitausend Worte in Zeichensprache beherrschte. Er hatte einen Behälter mit Trockenpflaumen dabei, dem Lieblingssnack des Orang-Utans, und diese Trockenpflaumen gerieten schon bald unter Verdacht; vielleicht weil sich der Wissenschaftler bei der Befragung irgendwie verraten hatte oder weil beobachtet wurde, wie er des Öfteren nervös zu dem Behälter blickte. Also wurden die Trockenpflaumen untersucht, und in einer davon war eine Pille versteckt. Tests ergaben, dass die Pille eine 4-mg-Dosis der erinnerungshemmenden Droge Bamaluzol enthielt.

Mit anderen Worten, er hatte vorgehabt, dem Orang-Utan Roofies unterzujubeln.

Als die Geschichte aufflog, liefen fast alle Vermutungen auf sexuelle Absichten des Wissenschaftlers hinaus, was weltweit zur Steilvorlage für Comedians wurde. Aber Karin Resaint, die den Forscher bei einer Diskussionsrunde erlebt hatte - und sich an seine Bemerkung über einen »unbeschreiblichen Verlust« erinnerte -, begriff auf der Stelle, dass der Wissenschaftler nicht Sex mit dem Orang-Utan im Sinn hatte. Sondern etwas weitaus Extremeres.

Sie wollte gerade die letzten Fische in die Luft schicken, als Abdi an Deck gerannt kam, um sie zu warnen. Er zeigte nach Norden in die Dämmerung. Eine Weile zuvor hatte Resaint etwas am Horizont bemerkt, das sie für eine einzelne Gewitterwolke gehalten hatte; der Nebel verdichtete sich, während mit der Dunkelheit schlechteres Wetter aufzog. Aber jetzt, da die Wolke näher gekommen war, konnte sie die drei hohen Pfeiler an der Unterseite erkennen, wie Schlote, die dem Meer die Wellen absaugten. Ein Spindrifter. Der erste in ihrer gesamten Zeit im Baltikum.

Ihre Frachtdrohne sollte eigentlich direkt nach Norden fliegen. So würde sie geradewegs den Kurs des Spindrifters kreuzen, wie Resaint klar wurde, und der würde die Drohne aus der Luft schlagen. Der Sturm, der um einen Spindrifter herum tobte, war nicht mit einem natürlichen Sturm zu vergleichen. Er war gewaltig, nicht an Kraft, sondern hinsichtlich seiner Geometrie. Lummen und Silbermöwen, die den grimmigsten Winterstürmen völlig ungerührt begegneten, wurden herumgeschleudert wie Altpapier. Derartige Winde waren ihren Flügeln fremd. Und diese Drohne, die in der Regel bei Starkwind einigermaßen zurechtkam, würde nicht einmal erahnen, was sie vom Himmel geholt hatte.

Auf dem Bildschirm ihres Telefons leuchtete immer noch die Flugbahn der Drohne auf, also schaltete sie das Overlay an, das ihr die Schiffe in der Nähe anzeigte. Abdi deutete auf den Spindrifter, der auf der Karte nur ein weiterer, anonymer weißer Punkt war. Sie veränderte die Flugbahn, sodass die Drohne in sicherer Distanz östlich daran vorbeifliegen würde.

»Danke«, sagte sie und berührte seinen Arm. Sie sah sich den Kurs des Spindrifters noch einmal auf der Karte an. »Irgendwie sieht es aus, als würde er direkt auf uns zukommen.«

»Er wird uns nicht rammen«, sagte Abdi. »Wie nah er uns kommt, dürfte ihm aber ziemlich egal sein. Jedenfalls willst du dann wirklich lieber drinnen sein. Eindeutig.«

Die Varuna ist immerhin fast so groß wie ein Flugzeugträger, dachte Resaint, und wahrscheinlich würde der Spindrifter bei einer Kollision den Kürzeren ziehen. Was irgendwie auch schade war, denn auf gewisse Weise gefiel ihr die Vorstellung, wie die Varuna in Scheiben geschnitten wurde. Vielleicht nicht unbedingt, während sie an Bord war, trotzdem war das hier ein Schiff, das es verdiente zu sinken. Wenn der Spindrifter es irgendwie außer Gefecht setzen könnte, wäre das eine deutlich effektivere Abendbeschäftigung, als ein paar Seevögel in die Irre zu schicken.

Sie murmelte in ihr Telefon und die Rotoren der Drohne begannen zu surren. Die Drohne hob von Deck ab, vier Kabelstränge baumelten an ihrer Unterseite, bis sie sich spannten und dann auch die Fracht in die Luft hoben: einen Plastiktank, in dem zehn Gemeine Lumpfische in ca. 250 Liter Meerwasser herumschwammen. Die Drohne stieg weiter, bis der Tank über die Reling und um das Deck der Varuna herumfliegen konnte und Resaint Spritzer wie von Weihwasser auf ihrer Stirn spürte, weil Wellen über die Seite schlugen. Dann beschleunigte die Drohne langsam und flog Richtung Norden über das Meer davon, wie ein Storch mit einem besonders wertvollen Baby in der Schlinge.

Die Drohne sollte etwa zwanzig Kilometer bis zum Bottnischen Meerbusen zurücklegen, wo sich die Gemeinen Lumpfische zur Paarungszeit versammelten, und dort den Tank leeren. Theoretisch hätte Resaint nach der Beendigung ihrer Experimente die Fische über die Reling der Varuna ins Wasser lassen können, damit sie sich selbst ihren Weg nach Hause suchten. Sie konnten sehr gut navigieren. Aber dieses Risiko wollte Resaint nicht eingehen. Es gab nur noch so wenige. Jeder Einzelne war kostbar. Weshalb es ein besonders schändliches Missgeschick gewesen wäre, wenn der Spindrifter die Drohne so hart getroffen hätte, dass sich die Fische beim Aufschlag im Wasser die Wirbel gebrochen hätten.

»Und das war´s?«, fragte Abdi. »Bist du fertig?« Abdi war ein Servicetechniker, der ihr manchmal bei der Ausrüstung zur Hand ging, und sie hatten sich in den drei Monaten auf der Varuna angefreundet. Er war sechsundzwanzig und sie zweiunddreißig. Alle paar Wochen fuhr er nach Malmö zurück. Dort hatte er eine Freundin, eine Pflegehelferin, die ganz in Ordnung zu sein schien.

»Ich muss nur noch den Rest vom Labor zusammenpacken.«

»Und morgen reist du ab?« Er sprach mit neutraler Stimme und sah sie kaum an, was natürlich unbestreitbar ein Zeichen dafür war, dass er bei diesem Thema überhaupt nichts empfand, weder in die eine noch in die andere Richtung.

»Ja.« In diesem Augenblick gingen alle orangefarbenen Flutlichter der Varuna gleichzeitig an, obwohl der Himmel noch gar nicht dunkel war. Die Beleuchtung dieser Industrieschiffe war immer so grell, dass sie aus der Ferne aussahen, als wäre Weihnachten.

»Wirst du die Fische vermissen?«, fragte Abdi. Und dann: »Warum lachst du?«

Sie lachte, weil Abdi »Wirst du die Fische vermissen?« im zackigen Ton einer weiteren Höflichkeitsfloskel gesagt hatte. »Danach fragt nie jemand. Ja, das werde ich. Aber ich hoffe, dass ich sie bald wiedersehe.« Mit »sie« meinte sie die Spezies im Allgemeinen - Cyclopterus vulgaris -, nicht ihre eigentlichen Versuchsexemplare. Die waren ihr so sehr ans Herz gewachsen, dass sie sich darüber freuen würde, sie wiederzusehen, aber das würde natürlich nicht geschehen. Ihre vorübergehende Versetzung in die Welt der Menschen war vorbei.

»Wirklich?«

»Ja. Es fühlt sich an, als hätte ich gerade erst angefangen.«

»Wow, okay, also ...?«

Sie antwortete nicht, sondern neigte nur leicht den Kopf in seine Richtung. Sie wusste, worauf er hinauswollte, und die Antwort war Ja.

Vielleicht war schon diese kleine Kopfbewegung ein Fehler. Nie über Erkenntnisse sprechen, bevor der Bericht eingereicht ist - ein ehernes Gesetz in ihrer Branche. Ganz sicher nicht mit dem Auftraggeber, oder mit jemandem, der für den Auftraggeber arbeitet - und noch viel weniger, wenn diese Erkenntnisse dem Auftraggeber nicht gefallen könnten. Diese Verschwiegenheitspflicht kam ihr ganz gelegen, sie hatte noch nie zu den Menschen gehört, die ihre Tage nur mit einem bereitwilligen Zuhörer als Pansen verdauen konnten. Abgesehen davon gab es auch noch andere Gründe für ihr Interesse am Gemeinen Lumpfisch, die nichts mit ihrer Arbeit zu tun hatten, Gründe, von denen niemand wusste, weshalb sie noch weniger über das ganze Thema sprechen wollte. Nicht mal mit Abdi.

Offiziell war sie im Auftrag der Brahmasamudram Mining Company auf der Varuna, um zu evaluieren, ob der Gemeine Lumpfisch eine gewisse »Intelligenzschwelle« überschritt - ein Wort, wissenschaftlich und philosophisch so umstritten und abgedroschen, dass es beinah nutzlos war, aber dennoch Konsequenzen für ein Unternehmen hatte, das an der Brutstätte einer Spezies Tiefseebergbau betreiben wollte. Nun konnte Abdi durch ihre Kopfbewegung erraten, was in ihrem Bericht stehen würde. Aber das hatte er vielleicht ohnehin schon. An manchen Abenden war wohl kaum zu übersehen, wie aufgeregt sie über die Ergebnisse des Tages in ihrem Labor gewesen war. Kein Wissenschaftler setzt sich abends strahlend an den Esstisch, weil er herausgefunden hat, dass ein Fisch nichts Besonderes ist.

»Willst du den Abschluss feiern?«, fragte Abdi.

»Feiern?«

Abdi zögerte, suchte nach Vorschlägen. Es gab nicht gerade viele Möglichkeiten, auf einem Förderschiff einen draufzumachen. Resaint hatte eine Flasche Absolut in ihrem Labor, aber Abdi war es aufgrund seiner Religion...
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Autor

Ned Beauman wurde 1985 in London geboren. Er studierte Philosophie in Cambridge und arbeitete als Redakteur für verschiedene Magazine. 2010 erschien sein Debütroman »Flieg, Hitler, flieg!«, 2013 war sein Roman »Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beförderung eines Menschen von Ort zu Ort« für den Booker Prize nominiert. Ned Beauman wurde u.a. mit dem Encore Award und dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet und steht auf der Granta-Liste der »Best of Young British Novelists«.