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Der Boulevard

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
Verlag Urachhauserschienen am21.03.2023Novität
So wunderbar wie ein Frühling in Paris... Ein klarer, neugieriger Blick auf Orte in ganz Europa, auf Protagonisten in jedem Lebensalter und in unterschiedlichsten Situationen durchzieht die fünfzehn Erzählungen dieses Bandes. Ob in Paris, Dresden, Helsinki, auf Capri oder in den Schären: Janssons feiner Humor zeichnet so eigenwillige wie liebenswerte Charaktere - einsame Flaneure, frisch Verliebte, junge Künstler, alternde Autoren - und ja, sogar Hemule und Filifjonken, die wir aus den Mumin-Geschichten kennen. Es ist ein einzigartiger Band, der hier von der Jansson-Forscherin Sirke Happonen zusammengestellt wurde. Die Texte waren bisher nur in finnischen Zeitschriften erschienen, der erste, titelgebende, bereits 1934, der letzte 1997. Das ergibt einen reizvollen Querschnitt durch das Gesamtwerk Tove Janssons, der einmal mehr ihre Meisterschaft im Genre der Kurzgeschichte und der Erzählung belegt.

Tove Jansson (1914 - 2001) wuchs in Helsinki als ältestes Kind des Bildhauers Viktor Jansson und der schwedischen Illustratorin Signe Hammarsten Jansson auf. Mit 16 Jahren begann sie ihre Ausbildung als Künstlerin in Stockholm, Helsinki und Paris. Ihre ?Mumin?-Bücher machten sie international berühmt, sie erhielt dafür u.a. die Nils-Holgersson- und die Elsa-Beskow-Plakette sowie den H.C.-Andersen-Preis. In den letzten beiden Jahrzehnten ihres Lebens schrieb Tove Jansson Romane und Erzählungen für Erwachsene. In Tuula Karjalainens einfühlsamer und reich bebilderter Biografie ?Tove Jansson. Die Biografie? tritt uns die außergewöhnliche Künstlerin Tove Jansson lebendig entgegen.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextSo wunderbar wie ein Frühling in Paris... Ein klarer, neugieriger Blick auf Orte in ganz Europa, auf Protagonisten in jedem Lebensalter und in unterschiedlichsten Situationen durchzieht die fünfzehn Erzählungen dieses Bandes. Ob in Paris, Dresden, Helsinki, auf Capri oder in den Schären: Janssons feiner Humor zeichnet so eigenwillige wie liebenswerte Charaktere - einsame Flaneure, frisch Verliebte, junge Künstler, alternde Autoren - und ja, sogar Hemule und Filifjonken, die wir aus den Mumin-Geschichten kennen. Es ist ein einzigartiger Band, der hier von der Jansson-Forscherin Sirke Happonen zusammengestellt wurde. Die Texte waren bisher nur in finnischen Zeitschriften erschienen, der erste, titelgebende, bereits 1934, der letzte 1997. Das ergibt einen reizvollen Querschnitt durch das Gesamtwerk Tove Janssons, der einmal mehr ihre Meisterschaft im Genre der Kurzgeschichte und der Erzählung belegt.

Tove Jansson (1914 - 2001) wuchs in Helsinki als ältestes Kind des Bildhauers Viktor Jansson und der schwedischen Illustratorin Signe Hammarsten Jansson auf. Mit 16 Jahren begann sie ihre Ausbildung als Künstlerin in Stockholm, Helsinki und Paris. Ihre ?Mumin?-Bücher machten sie international berühmt, sie erhielt dafür u.a. die Nils-Holgersson- und die Elsa-Beskow-Plakette sowie den H.C.-Andersen-Preis. In den letzten beiden Jahrzehnten ihres Lebens schrieb Tove Jansson Romane und Erzählungen für Erwachsene. In Tuula Karjalainens einfühlsamer und reich bebilderter Biografie ?Tove Jansson. Die Biografie? tritt uns die außergewöhnliche Künstlerin Tove Jansson lebendig entgegen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783825162573
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum21.03.2023
AuflageNovität
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2722 Kbytes
Artikel-Nr.11338841
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Vorwort des Verlags zur deutschsprachigen Ausgabe
Der Boulevard
Klischee
Stadtkinder
Der Brief
Auf dem Dampfersteg
Quat'z'Arts
Der Bart
Zimmersuche
Nie wieder Capri
Die Geige
San Zeno Maggiore, 1 Stern
Die Insel
Der hinterhältige Kinderbuchautor
Eine etwas unordentliche Geschichte
Das Muminhaus im Mumintal
Post scriptum
Einmal in einem Park
Quellen
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Leseprobe

DER BOULEVARD

Der Boulevard ist in Paris auf die Welt gekommen, so viel ist sicher. Und die Nachkommen dieser Prachtstraße werden den Vergleich mit ihrer Urahnin nie bestehen, mit ihr, die ständig wächst, hell erstrahlt, ihre nächtliche Fassade mit einer Tiara aus flammender Reklame krönt und ihren Asphalt mit den Lichtern des kompakten Fahrzeugstroms schmückt.

Aus schattigem Halbdunkel münden die engen Nebenstraßen in den Boulevard, ob ihrer eigenen Bedeutungslosigkeit fast verlegen.

Sie sind leer - alles wird in den großen Mahlstrom gezogen, dessen Zuflüsse im Sog der heiligen Stunde des Aperitifs zunehmen und gegen Mitternacht immer stärker angerauscht kommen.

Monsieur Chatain wohnt allein in der Nähe der Madeleine, der Kirche, benannt nach der großen biblischen Sünderin, die sich bekehrte, bereute und zur Heiligen erhoben wurde.

Monsieur Chatain, dessen Jugend heiter und verantwortungslos verlaufen ist, hegt für diese Kirche eine gewisse Vorliebe.

Er will in der Nähe der Kirche leben, weil er es einfach so gewohnt ist und auch weil er keine plötzlichen Veränderungen liebt. - Es ist gut so, wie es ist.

Und vor allem: Hier beginnt der Boulevard Madeleine. Die Vorstellung, diesen Boulevard zu verlassen, ist Monsieur Chatain genauso unmöglich wie der unfassbare Gedanke, Paris zu verlassen.

Er selbst sagt, er habe die ruhige Balance erreicht, das endgültige Ziel eines Lebens - daher kann er auch darüber hinwegsehen, dass gewisse übelgesinnte Personen ihn der Bequemlichkeit bezichtigen sowie eines ziellosen Daseins.

Wie dem auch sei - er ist allein, er kann tun und lassen, was er will.

Als das »Paarris Soirr!« der Zeitungsjungen unter seinem Fenster ertönt, hat er keine Ruhe mehr - er muss hinaus. Es ist Frühling, und der Frühling war für ihn schon immer mit unbestimmter Erwartung erfüllt, mit der Überzeugung, dass ihm etwas Großes einfach zustoßen müsse, etwas, das den ganzen Winter darauf gewartet hat, zu geschehen, und zwar jetzt.

Er weiß, solche Gefühle, die zur Jugend gehören, sind seiner unwürdig - darum sagt er: »Wir betrügen uns selbst, wenn wir uns nach den vergänglichen äußeren Phänomenen sehnen, die wir Ereignisse nennen. Alles geschieht in unserem eigenen Inneren. Im Übrigen, mit der Beobachtungsgabe, die ich mir angeeignet habe, fällt es nicht schwer, überall ringsum große Ereignisse zu entdecken. Man muss nur einen Abend lang den Boulevard entlangschlendern ⦠«

Das von Monsieur Chatain bevorzugte Bistro liegt am Boulevard des Italiens. Hier trifft er den richtigen Barkeeper, mit dem er über die neuesten Nachrichten diskutieren und über die Seltsamkeiten des Lebens philosophieren kann. Des Lebens aus Pariser Sicht natürlich - alles, was sich außerhalb dessen befindet, interessiert sie nicht. Beide kreisen um die große Schlagader, die bei der Madeleine ihren Anfang nimmt und an der Place de la Republique endet.

»Auf dieser Strecke kann man sämtliche Phasen des Lebens sehen - mehr braucht es nicht«, sagt Monsieur Chatain tiefsinnig. »Sie wechselt ihr Gesicht mindestens so oft, wie sie ihren Namen wechselt. Wo die Strecke in Richtung Boulevard St. Denis dunkler wird, sind das Publikum und die Lokale schon anders. Den Anfang zerstören die Touristen gerade, indem sie ihn zu ihrer versnobten Rennstrecke erkoren haben - diable.«

»Die Touristen sind gut«, sagt Monsieur Gilbert, der als aktiver Geschäftsmann einen extremeren Blick auf die Dinge vertritt.

Monsieur Chatain besteht erregt auf seiner Meinung über die Touristen: Lauter stupide Typen ohne Daseinsberechtigung. Dass sie Paris sehen wollen, hélas - das ist ganz natürlich -, aber ein bescheideneres Auftreten wäre auf jeden Fall angebracht! Sie führen sich auf, als hätten sie nicht nur ihr Hotelzimmer, ihre idiotischen Souvenirs, ihre Eintrittskarten fürs Moulin Rouge und das unvermeidliche Folies Bergère gekauft, sondern als hätten sie für ihr Geld die ganze Stadt erworben!

Sie belächeln alles, was sie bisher nie gesehen haben - o ja - da gibt es hier in Paris viel zu belächeln ⦠!

Monsieur Chatain ist aufgebracht, er nimmt seinen Hut und geht. Sein Gesichtsausdruck lässt ahnen, dass er in Zukunft ein anderes Bistro mit seiner Anwesenheit beglücken wird.

Aber eigentlich fühlt er sich belebt und ist bester Laune. Der Disput plus zwei Pernods haben seine Lebensgeister stimuliert - jetzt streicht der frühlingshafte Wind erfrischend über seine erhitzten Schläfen.

Inzwischen gehen die Lichter an, die Leuchtreklamen flammen auf. Er wendet ihnen das Gesicht in fast heidnischer Anbetung zu. Wie er sie liebt, diese Surrogate für das Sonnenlicht, das ihm jetzt blass und uninteressant erscheint.

Die dunklen Mündungen der Nebenstraßen verachtet er, langsam wird er in den anschwellenden Hauptstrom gezogen.

Vor einem verlockend funkelnden und blitzenden Eingang bleibt er stehen, um sich in dessen Glanz zu sonnen und eine Zigarette anzustecken. Er denkt: »Ich gehöre nicht zu den Leuten, die behaupten, Paris sei jetzt trivialer als früher. Die Touristen bemühen sich zwar nach Kräften, meine Stadt zu zerstören - aber damit kommen sie nicht weit. Das gelingt keinem. Die Stadt bleibt immer gleich. Und so muss es sein. Auch die Frau bleibt immer gleich. Obwohl ich gestehen muss, diese Sandaletten zu goldlackierten Nägeln sind nicht nach meinem Geschmack. Aber sie bleibt genauso schön, genauso schön ⦠« Vor ihm gehen ein paar junge Männer, bewusst nachlässig gekleidet, er mustert sie nachdenklich.

»Auch die jungen Möchtegernkünstler sind noch gleich, mit den gleichen weit ausholenden Gesten wie damals. Die kleinen anliegenden Mützen kenne ich allerdings noch nicht. Damals war der Schlapphut obligatorisch. Aber diese flaumigen Bärtchen, die sie sich wachsen lassen, die gefallen mir. Hoffentlich werden die bald wieder modern.« Und mit einem ironischen Lächeln: »Womöglich glauben sie, dadurch alle zu Christusgestalten zu werden.«

Monsieur Chatain zuckt die Schultern mit einem glücklichen Seufzer. Ah, wie angenehm das ist, so ungestört herumspazieren und die Mitmenschen ab und zu ein bisschen anpieksen zu können. Das bereitet ihm großes Vergnügen. Es ist gut, allein zu sein, allein und unabhängig. Er sehnt sich nicht nach Vergangenem, er - Monsieur Chatain - fürchtet nicht, was da kommen mag. Er lebt im Jetzt, und auch wenn seine Menschenkenntnis und seine satirische Gabe so unbekannt bleiben sollten wie er selbst, ist das gleichgültig. Wirklich große Männer bleiben unbekannt. Früher hat er gemalt - wie die da vorne.

Aber wozu noch länger Perlen vor das Volk werfen, das nichts zu schätzen wusste und nichts begriff. »Sollen sie doch in den Louvre gehen, wo die allgemein anerkannte Kunst hängt. Übrigens gebe ich zu, dass vieles dort selbst die Erzeugnisse meiner Glanzperiode übertreffen«, sagt Monsieur Chatain, der ein anspruchsloser Mann ist. »Alle halben Sachen sind mir zuwider. Das Beste - oder gar nichts.« Inzwischen ist es Zeit fürs Dîner.

Da er die Prix-fixe-Restaurants verächtlich meidet, findet Monsieur Chatain erst nach einiger Zeit ein Lokal, das ihm attraktiv genug erscheint. Dort wählt er einen Tisch im Freien, von wo aus er den vorbeifließenden Menschenstrom betrachten kann, und bestellt seine Suppe. Der zinnoberrote Farbton der Tischdecken entspricht ganz seinem Geschmack, das warme, weiche Licht, das davon reflektiert wird, verschönert die Gesichter der Menschen.

Am Nebentisch sitzen ein junger Mann und ein Mädchen, das einen großen hellen Hut aufhat. Monsieur Chatain beobachtet amüsiert, wie das Mädchen durch das Licht rosa wird: Kostüm, Gesicht und Haare, alles rosa. Sie lacht viel, vermutlich erzählt der junge Mann etwas Lustiges.

Sie hat Oliven bestellt, die sie sich nach und nach in den Mund steckt. Als sie die Kerne ausspuckt, sieht sie unglaublich kindlich aus. Monsieur Chatain konzentriert sein Interesse auf dieses junge Paar. Zu gern wüsste er, was der junge Mann erzählt - sind sie eventuell verlobt? Nein, unmöglich. Sie haben sich heute Abend zum ersten Mal getroffen, das ist ihm klar.

Er sieht, dass ihr die Beleuchtung gefällt, sie ordnet sich die Haare mit kurzen, raschen Bewegungen, dann zieht sie einen ihrer Handschuhe an und gleich wieder aus. Offenbar sucht sie nach irgendeiner geistreichen Bemerkung, begnügt sich aber schließlich damit, nur zu lachen. »Vermutlich das Vernünftigste«, denkt Monsieur Chatain philosophisch.

Jetzt pickt sie mit der Gabel ihre Pommes frites auf, errötet, lässt etwas fallen -...
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Tove Jansson (1914 - 2001) wuchs in Helsinki als ältestes Kind des Bildhauers Viktor Jansson und der schwedischen Illustratorin Signe Hammarsten Jansson auf. Mit 16 Jahren begann sie ihre Ausbildung als Künstlerin in Stockholm, Helsinki und Paris. Ihre >MuminTove Jansson. Die Biografie

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