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Redigieren

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
138 Seiten
Deutsch
Herbert von Halem Verlagerschienen am01.10.20111. Auflage
Begeben wir uns in die Situation eines Textes: Es schmerzt ihn, wenn ihn der Redakteur kürzt. Es quält ihn, wenn er den Korrekturstift spürt. Doch es macht ihn auch mächtig stolz, wenn er am Tag darauf mit Glanz und Eloquenz in die Zeitung oder ins Internet kommt. Das Buch soll - wir wechseln wieder die Perspektive - allen Textverantwortlichen helfen, diesen Glanz hinzubekommen. Dabei folgt es der Philosophie, dass Redigieren nicht simple Fehlertilgung ist, sondern vielmehr eine Kunst, Texte und Autoren nach vorn zu bringen. Anleitung und Anregung finden der langjährige (Schluss-)Redakteur sowie der journalistische Einsteiger, der Sprachdozent wie der Kommunikationswissenschafts-Student - aber auch Werbetexter, Lektoren und Essayisten. Sie erfahren, durch wie viele Hände ein Artikel mindestens oder im besten Fall gehen sollte. Oder wie stark die beteiligten Korrektoren im gedruckten Artikel sichtbar sein dürfen. Wie lässt sich das Textniveau heben? Wie geht man methodisch vor? Rot- oder Bleistift? Korrekturzeichen aus dem Duden oder individuelle Marker? Launige oder sachliche Rückmeldungen? Und natürlich die zentrale Frage: Welche Passage bleibt, welche wird geändert, welche gestrichen? Das Wort des Verfassers ist dabei mit Respekt zu behandeln und mit feiner Federführung zu optimieren. Denn sonst, das wissen wir seit der ersten Zeile, schreit der Text.

Stefan Brunner ist Professor für Journalistik an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in München. Er hat die Deutsche Journalistenschule in München absolviert und über 20 Jahre als Journalist gearbeitet und geschrieben, u. a. für die »Süddeutsche Zeitung«, »Spiegel Online« und »Marie Claire«.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR19,99
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E-BookPDF0 - No protectionE-Book
EUR15,99
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Produkt

KlappentextBegeben wir uns in die Situation eines Textes: Es schmerzt ihn, wenn ihn der Redakteur kürzt. Es quält ihn, wenn er den Korrekturstift spürt. Doch es macht ihn auch mächtig stolz, wenn er am Tag darauf mit Glanz und Eloquenz in die Zeitung oder ins Internet kommt. Das Buch soll - wir wechseln wieder die Perspektive - allen Textverantwortlichen helfen, diesen Glanz hinzubekommen. Dabei folgt es der Philosophie, dass Redigieren nicht simple Fehlertilgung ist, sondern vielmehr eine Kunst, Texte und Autoren nach vorn zu bringen. Anleitung und Anregung finden der langjährige (Schluss-)Redakteur sowie der journalistische Einsteiger, der Sprachdozent wie der Kommunikationswissenschafts-Student - aber auch Werbetexter, Lektoren und Essayisten. Sie erfahren, durch wie viele Hände ein Artikel mindestens oder im besten Fall gehen sollte. Oder wie stark die beteiligten Korrektoren im gedruckten Artikel sichtbar sein dürfen. Wie lässt sich das Textniveau heben? Wie geht man methodisch vor? Rot- oder Bleistift? Korrekturzeichen aus dem Duden oder individuelle Marker? Launige oder sachliche Rückmeldungen? Und natürlich die zentrale Frage: Welche Passage bleibt, welche wird geändert, welche gestrichen? Das Wort des Verfassers ist dabei mit Respekt zu behandeln und mit feiner Federführung zu optimieren. Denn sonst, das wissen wir seit der ersten Zeile, schreit der Text.

Stefan Brunner ist Professor für Journalistik an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in München. Er hat die Deutsche Journalistenschule in München absolviert und über 20 Jahre als Journalist gearbeitet und geschrieben, u. a. für die »Süddeutsche Zeitung«, »Spiegel Online« und »Marie Claire«.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783744503044
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum01.10.2011
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.71
Seiten138 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2570 Kbytes
Illustrationen20 s/w Abbildungen
Artikel-Nr.11341016
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


[18][19]1   Im Anfang war das Wort

Keine gering zu schätzende Aufgabe, der sich ein Journalist stellen muss: der Auseinandersetzung mit der deutschen Sprache, samt all ihrer versteckten Tücken. Der Autor sollte, der Redigierende muss sich auskennen; und auch die theoretische Herleitung verstehen. Er muss Paradoxien - etwa, dass größere Probleme, Komparativ hin oder her, kleiner sind als große Probleme - erkennen, meistern und vermitteln. Und er muss sich keine geringere als die neue deutsche Rechtschreibung einverleiben, versuchen, sich auch Unerklärliches zu erklären oder wenigstens zu merken - etwa, dass dasselbe und das Gleiche inhaltlich, aber auch orthographisch nicht identisch sind.

Er muss Pleonasmen erkennen und den Korrekturstift zücken, wenn er auf ein Thema spezialisierte Experten im Text findet. Auch anmieten, ansteigen, abfallen, aufoktroyieren, aufzeigen, vorausahnen, vorprogrammieren und überprüfen, Stammgäste im Textangebot, hat er um ihre Vorsilben zu tilgen. Und er sollte all die Floskeln aufspüren, die sich seit jeher in unserer Sprache niederlassen und journalistische Texte überdauernd bevölkern - Unarten wie zwingende Gründe und konkrete Schritte; ständig wird der Schulterschluss geprobt (vor allem: geprobt!), aus dem Vollen geschöpft und irgendetwas auf Vordermann gebracht, am besten gleich mit Mann und Maus und noch bevor sich die Fronten verhärten. In den Köpfen der Leser wird sodann gähnende Leere herrschen. Zu all dem gibt es dann stehende Ovationen (also ob Ovationen stehen könnten?!). Etwas weniger kreative Journalisten lassen Parteien, Gremien, auf jeden Fall Kontrahenten der Wirtschaft oder Politik um ihre Ziele ringen oder sich per Tauziehen messen. Immer wieder, jahraus, jahrein. Es wird übertrieben und generalisiert, die kleinen Wörtchen furios, enorm, toll und komplett treiben ihr Unwesen und machen das Geschehen 100-prozentig (am liebsten und unsinnigerweise 150-prozentig). Alles ist vollkommen, und wenn es supervollkommen ist, dann wird, vom Sprachrausch ganz duselig, vollkommener in den Text geschrieben - jegliches Gefühl für inhaltlich korrekte Maximierung missachtend. Doch Sprachdesaster und nominalisierte Adverbien lassen sich noch weiter steigern, glorifiziert wird der Bestmöglichste und Einzigste, the one and only. Allerdings ist einzig bestmöglich ein sprachlich erlaubter Superlativ. Auch Wörtern, die auf -los enden und keine noch so dezente Steigerung vertragen, wird munter der Komparativ und Superlativ übergestülpt. Und versagt die Steigerung, dann wird gebläht, dann kommt man mit Fragestellungen und Problematiken statt mit Fragen und Problemen. Eine Art falscher Superlativ ist auch der Skandal, der in der Journaille unheimlich schnell eintritt. Der steigerbare Wortschatz ist damit im Nu erschöpft und der [20]Schreiber sprachlos, wenn auf einmal wirklich ein Skandal eintritt. Vorsicht auch bei herein/hinein, herauf/hinauf, herüber/hinüber: Die drei »n«-Wörter bezeichnen die Perspektive: weg von mir.

Mittlerweile weiß der Leser, dass Kritiken scharf oder harsch, Suchen fieberhaft, Burgen trutzig und Torschüsse fulminant sind. Eben hier setzt eine wichtige Aufgabe für den Redigierenden an: den Text speziell von floskelhaften und generell von unnötigen Adjektiven zu befreien. Das betrifft auch die Adjektive, die eigentlich Substantive sein sollten. Die Legende vom Himmel ist nicht gleich die himmlische Legende. Wer Gegenteiliges behauptet, der irrt. Auch wenn es im journalistischen Text immer wieder probiert wird. Eine leichte Erklärung hätte der Redigierende, falls nötig, mit der Gegenprobe zur Hand: Die Legende ist himmlisch. Also, weg damit! Die Liebe vom Sommer ist, analog, keinesfalls eine sommerliche Liebe (allenfalls eine Sommer-Liebe), ebenso wie Probleme im Betrieb nicht unbedingt betrieblichen Problemen entsprechen müssen.

Viele Magazine und Zeitungen haben Indexlisten mit Unwörtern, die aus jedem Text vor Veröffentlichung zu streichen sind. Allen voran Wörter mit Bezug zum Nationalsozialismus und generell fehlender Political Correctness. Aber auch weniger heikles Vokabular sollte diese Listen vervollständigen, etwa: lohnenswert (gibt es nicht, denn eine Sache kann es ja nicht wert sein, sich zu lohnen), schier und wohl (weil es meist ohne diese Wörter geht, auch ohne Verlust von Inhalt), Mund-zu-Mund-Propaganda (eine Analogie zur Mund-zu-Mund-Beatmung, korrekt heißt es: Mundpropaganda), Neuzugang (ein Zugang ist meistens neu, das Präfix ist überflüssig), Internas, Lexikas, Makkaronis, Visas, Praktikas, Scampis (das vermeintliche Plural-S muss weg - was übrig bleibt, ist bereits Plural). Und dann noch das martialisch angehauchte Wortmaterial: Rüstzeug, Lagerkoller, Manöverkritik; in der Sportberichterstattung schlagen auch schon mal Bälle wie Bomben ein. Und in allen Ressorts findet sich die Phalanx, die Schlachtreihe der alten Griechen. Man sollte sich den Spaß einmal gönnen und die beiden Wörter gegeneinander austauschen. So wäre dann am 23. September 2010 in der FAZ »dank einer Schlachtreihe von Sponsoren« gestanden. Und das Kohleland China hätte in der zeit vom 16. September 2010 »innerhalb kürzester Zeit die weltweit zweitgrößte Schlachtreihe von Windkraftanlagen« montiert. Im KÖLNER STADTANZEIGER hätte am 8. November 2010 gar ein »48-Jähriger eine Schlachtreihe leerer Wassergläser« zurechtgerückt. Und die MAIN post in Würzburg sah, um wieder auf Originallautung zurückzugreifen, am 16. August 2010 »unter den Teilnehmern die gesamte Phalanx an Motorradfahrertypen«. Man stellt sich jetzt die einschlägigen Motorrad-Gangs vor. Doch nach dem Doppelpunkt folgen keine berüchtigten Banden, sondern »der schnieke gedresste Schönwetterfahrer, der im Jahr keine 500 Kilometer auf den Tacho bringt; der Senior, der sich einen Jugendtraum erfüllt«. Erst dann ist zumindest vom »ewigen Rocker [21]« die Rede. Phalanx substituiert also allgemein und falsch den Schulterschluss, das Aufgebot, die Formation. Schlachtreihe passt selten.

Generell seien »Agenturfloskeln, falsche Bilder, abgegriffene Ausdrücke, zu dramatische Begriffe« aus dem Verkehr zu ziehen, so René Hofmann von der süddeutschen ZEITUNG. Hans-Joachim Nöh, Textchef und Mitglied der Chefredaktion des HAMBURGER ABENDBLATTS, streicht u. a.: »Bei Katastrophen das Wort schlimm, bei Verwüstungen schwer, bei Vergewaltigung brutal, bei Raritäten selten, dazu im Vorfeld, Vierbeiner, stehender Applaus, schwules Theater, grünes Licht, großer Bahnhof, Ordnungshüter, Spitze des Eisbergs - sowie alle -ung-Wörter, die verzichtbar bzw. ersetzbar sind.«

Jens Bergmann, geschäftsführender Redakteur von brand eins, spricht sich gegen letztes (statt vergangenes) Jahr, meinen (statt sagen) und generell gegen Technologie aus. Auf dem Index von Stefan Plöchinger, geschäftsführender Redakteur bei SPIEGEL ONLINE, stehen z. B.: Kreise, heißt es, so, vor Ort, Donaumetropole, am Hindukusch, gut lachen hatte. Sein Kollege Jochen Leffers, Ressortleiter von UNI-SPIEGEL und SCHUL-SPIEGEL, fügt ergänzend hinzu, »dass manche Vokabeln zeitweise so beliebt sind, dass sie dringend Schonzeit brauchen: zurückrudern, Kakophonie etc.« Zu viele aber, jedoch, indes und ebenso würden den Lesefluss hemmen. Bastian Sick spricht von einem »roten« Buch, »ein Regelbuch, die Hausbibel, die jeder Redakteur und jeder Dokumentar an seinem Arbeitsplatz stehen hatte. Darin war festgehalten, wie bestimmte Wörter zu schreiben sind. Zum Beispiel Transkribierungen aus dem Arabischen oder dem Chinesischen. Oder ob und wie Wörter mit Bindestrich geschrieben werden. Ziel ist die einheitliche Orthographie innerhalb des Magazins. Denn ob man El-Kaida oder al-Qaida schreibt, ist nicht eine Frage der Rechtschreibregeln, sondern eine Frage der Festlegung« (siehe Interview Seite 115).

Journalisten sollten möglichst nicht glauben, eigentlich Literaten zu sein. Das führt schnell zur eigenen Überhöhung und verstellt den Blick auf die anderen, die Kollegen, die sich als Journalisten sehen. Erlaubt und empfehlenswert ist aber der Austausch mit den Textkollegen, die wahrhaftig Literaten sind. Wie gehen sie vor, wenn sie eine Geschichte schreiben? Der Journalist Lars Reichardt (1/2011: 16) fragte den weltbekannten Krimi-Autor Elmore Leonhard nach seinen Regeln. »Niemals ein anderes Verb außer sagte bei Dialogen verwenden, denn der Satz gehört der Figur; das Verb ist der Autor, der sich einmischt. Das Verb sagte ist weit weniger aufdringlich als grollte, keuchte, warnte, log.« Wobei lügen als Variante von sagen sowieso außerhalb der journalistischen Reichweite liegen sollte. Ebenso die gern genommenen Verben wissen und lachen: »Ach wie lustig«, lachte er und klopfte...
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Autor

Stefan Brunner ist Professor für Journalistik an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in München. Er hat die Deutsche Journalistenschule in München absolviert und über 20 Jahre als Journalist gearbeitet und geschrieben, u. a. für die »Süddeutsche Zeitung«, »Spiegel Online« und »Marie Claire«.
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