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Die Tage und die Ewigkeit

Bärenklau Exklusiverschienen am01.07.2023
Dieser Roman erzählt die Geschichte des Inhabers eines Werbeunternehmens, der im Unterholz eines Hochwaldes bei Göttingen als Einsiedler in einem Erdloch zu überleben versucht. Ein Albtraum hätte ihm nicht mehr an Leid und Entbehrungen aufbürden können. Der Grund: Er hat über Nacht alles verloren, was seins war - die Firma, das Haus, sein Eheweib, sein gesamtes Vermögen. Was ihm bleibt, ist die Kleidung, die er am Leib trägt, ein paar Euro Münzgeld in der Hosentasche und eine Windjacke, die man ihm vor die Tür wirft. Nach mehr als tausend Tagen ohne Kontakt zur Außenwelt begegnen ihm - rein zufällig - zwei Lebewesen, die ihm abermals zur dramatischen Schicksalswendung werden: Er nimmt eine ausgesetzte Hündin zu sich und er trifft, halb erfroren und halb tot, auf eine verheiratete Frau, die ihm das Leben rettet - zunächst.

Rainer Popp ist ein deutscher Schriftsteller, Journalist und TV-Manager.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR12,60

Produkt

KlappentextDieser Roman erzählt die Geschichte des Inhabers eines Werbeunternehmens, der im Unterholz eines Hochwaldes bei Göttingen als Einsiedler in einem Erdloch zu überleben versucht. Ein Albtraum hätte ihm nicht mehr an Leid und Entbehrungen aufbürden können. Der Grund: Er hat über Nacht alles verloren, was seins war - die Firma, das Haus, sein Eheweib, sein gesamtes Vermögen. Was ihm bleibt, ist die Kleidung, die er am Leib trägt, ein paar Euro Münzgeld in der Hosentasche und eine Windjacke, die man ihm vor die Tür wirft. Nach mehr als tausend Tagen ohne Kontakt zur Außenwelt begegnen ihm - rein zufällig - zwei Lebewesen, die ihm abermals zur dramatischen Schicksalswendung werden: Er nimmt eine ausgesetzte Hündin zu sich und er trifft, halb erfroren und halb tot, auf eine verheiratete Frau, die ihm das Leben rettet - zunächst.

Rainer Popp ist ein deutscher Schriftsteller, Journalist und TV-Manager.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757916398
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Seiten195 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse412
Artikel-Nr.11344938
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Kapitel

 

Der Zugriff aus dem Hinterhalt, von den trällernden Rufen eines Rotkehlchens begleitet, war blitzschnell und überraschend erfolgt in der sommerlichen Schwüle des frühen Nachmittags. Die flache Scheibe der Sonne hing wie ein glühender Pfannkuchen hoch am Himmel, der sich zeigte im reinsten, von Wolken befreiten Blau. 

Vier uniformierte Polizisten, die in der Deckung von Blättern und Ästen durch das Unterholz angeschlichen kamen, hatten sich, während er die prasselnden Flammen seiner Kochstelle bewachte, von hinten auf ihn gestürzt, hatten ihn umgeworfen, ihn auf die Erde gedrückt, ihn mit dem Kinn vorweg in die Tannennadeln gestoßen, hatten sich auf ihn gesetzt, hatten aus ihren Dienstwaffen zwei Kugeln in die Luft gefeuert, ihm seine Arme auf den Rücken gerissen, hatten ihm den Atem abgedrückt, ihn gefesselt und ihn, der sich aus Leibeskräften wehrte, der strampelte, der um sich biss, der um Hilfe schrie, über den Waldboden die Böschung hinunter bis zum Einsatzwagen geschleift, hatten ihn während der Fahrt vom Fuße des Steilhangs in die Kreisstadt im Schwitzkasten gehalten, hatten ihn mit Fußtritten, Ohrfeigen und Würgegriffen in die Zelle befördert, hatten ihn im Stakkato ihrer kreischenden Kehlen angebrüllt, um ihn einzuschüchtern, hatten anschließend mit Fäusten mehrmals gegen seinen Kopf geschlagen und ihn später, als der Zeitpunkt der Sprengung nur noch fünfzehn Minuten entfernt war, mit der Handschelle an das Heizungsrohr geklemmt. 

Damit er, wie sie sagten, endgültig seine schmierige Fresse hielt und endlich aufhörte, wie ein Wahnsinniger in diesem Gewahrsam zu toben, war ihm von Oberwachtmeister Ernfried Kolb ein halbvoller Eimer Wasser ins Gesicht gekippt worden. 

Wenn dir das noch immer nicht reicht, du dumme Drecksau, dann können wir dir auch ne Spritze in den Arsch verpassen â¦ die wirkt wie ne Keule und die legt dich flach aufs Maul, ohne dass du noch einen Mucks machst , hatte der bullig gewachsene Zwei-Meter-Mann gedroht und dabei gekichert. Wir wollen keinen Pieps mehr von dir hören â¦ nicht einen einzigen kleinen Pieps â¦ nichts mehr. Es soll hier so still werden wie in der Kirche â¦ Also Schluss mit dem Herumgetobe â¦ und keinen Ton mehr! Hast du mich verstanden, du verlauster Penner? Keinen Ton mehr! Schluss! Ende! Affe tot!  

Er hatte sich vor ihm aufgebaut und drohend seinen Gummiknüppel geschwungen. Wehe dir, du gibst jetzt nicht sofort Ruhe. Du hast uns schon genug Scherereien gemacht â¦ und ändern kannst du sowieso nichts mehr â¦ Das â¦ das Ding geht hoch, ob du s willst oder nicht â¦ Wenn du still bist, kriegst du den Knall sogar mit â¦ Ist ja nicht besonders weit weg von hier â¦  

Kolb grinste schadenfroh, machte - militärisch korrekt -auf dem rechten Hacken kehrt, warf die Tür hinter sich zu und schob den Riegel vor, der mit einem quietschenden Ruck einrastete. 

Roland Fenn, der ausgestreckt auf dem Beton lag und dessen Oberkörper verdreht war wie ein Korkenzieher, zerrte an der Fessel und verzog seinen Mund vor Schmerzen, als ihm das chromblanke Stahlband über dem Puls in die Haut schnitt. Blut lief ihm über den Unterarm und rann in den karierten Stoff seines erdverkrusteten Hemdes, das er aufgekrempelt hatte bis zu den Ellenbogen. Seine an den Knien zerrissene Leinenhose, ursprünglich in postgelber Farbe vor langer Zeit in den Handel gekommen, war mit braunen, weißen und grünen Flecken übersät und eingenässt von den Spritzern des Wassers, das nach dem Guss zurückgeschwappt war und nun über Nacken und Stirn aus seinen damenhaft langen, zerzausten, ungewaschenen, schwarzen Haaren tropfte. Seine halb hohen Schuhe aus braunem Leder, von denen der linke ein faustgroßes Loch in der Sohle hatte und der rechte an der Innenseite eine aufgerissene Naht vorzeigte, waren mit Lehm beschmiert. Unter den gekreuzten Schnürbändern, so als hätte sie jemand geschmückt, steckten Tannennadeln, Grashalme und die Blütenblätter von Klee und Löwenzahn. Ein Marienkäfer, der irgendwie und irgendwann während des Kampfes vor der Hütte zwischen die Lasche und seinen Knöchel geraten war, krabbelte an Fenns nackter Wade hoch und bewegte sich im Lauf einer Serpentinstraße auf den dürren Oberschenkel des Einundvierzigjährigen zu. 

Dieser durchgeprügelte, ein Meter fünfundachtzig große Mensch, dieser Haufen Elend mit ausdrucksvollen, hellgrauen Augen, der einen Anblick bot, als wäre er in einem Straßengraben aufgelesen worden, dieser Verwahrloste, der von Natur aus ein attraktives, fein geschnittenes Gesicht vorzuweisen hatte, dieser Verarmte, der nichts mehr besaß außer einem ausgefransten Taschentuch, dieser geschiedene Mann, der bei klarer Sicht von einem selbstgebauten Hochsitz den Bungalow sehen konnte, in dem seine ehemalige Ehefrau lebt, diesem Gefangenen glitzerte der Tropfen einer Träne zwischen den Wimpern. Roland Fenn knurrte wie ein Hund, er gurgelte, als käme Säure aus den Därmen hochgespült. Der Zorn, der ihm auf der Zunge lag, den schluckte er vorübergehend runter. 

In diesem Augenblick, unrasiert, wie er war und abgemagert und verdreckt und lausig anzusehen und bis unter seine Schädeldecke angefüllt mit Wut, wirkte er älter, als sein Geburtsdatum auswies. In diesen Sekunden, zu Boden geworfen und hingeschubst, blaugeschlagen und verlacht, sah er gefährlicher aus, als sein Charakter sich grundsätzlich zu gebärden vermochte. In diesem Moment, hilflos und ausgeliefert, wie er sich fühlte, ausgehungert und durstig, wie er Magen und Zunge spürte, unterdrückt und genötigt, wie er sich empfand in seiner Lage, hätte ihn jeder für einen Schwerverbrecher gehalten, der auf seiner Spur des Schreckens nach wochenlanger Flucht geschnappt worden war. Er aber, der verzagt war, der das Gefühl hatte, sich übergeben zu müssen, dem die Seele wehtat, er sehnte sich zurück in seine Kindheit und nach dem Trost seiner Mama und nach ihren Küssen und ihren Liebkosungen. 

Als Roland Fenn noch regelmäßig gebadet und frisiert war, als er Maßanzüge getragen und einen schwarzen Sportwagen gefahren hatte, ähnelte er, den Frauen als attraktiv bezeichneten, auf den ersten Blick dem Geschäftsführer einer Fluggesellschaft oder dem Direktor einer Werft für Segelschiffe. Von Beruf war er Texter gewesen und Inhaber einer Werbeagentur. Er hatte Kommunikationswissenschaften studiert und Psychologie und in beiden Fächern sein Examen mit einer befriedigenden Note bestanden. Das war mehr als sechzehn Jahre her. Und damals, als er seine Vorlesungen besuchte und ihm die Mädchen in Scharen hinterherliefen, hatte er nicht die geringste Vorstellung, dass er, dessen Vater Jurist war, einmal in Beugehaft genommen sowie geschlagen und verhöhnt werden würde bei seiner vorläufigen Festnahme. 

Wie und warum das alles geschehen war, das, was sich zugetragen hatte, darüber machte er sich keine Gedanken, während er sich aufrichtete und sich mit der Schulter gegen die beigefarbenen Lamellen der Heizung lehnte. In weniger als dreizehn Minuten, so rechnete er sich mit einem Blick auf seine goldene Armbanduhr aus, würde die Detonation erfolgen. Die werden sich um nichts in der Welt verspäten, dachte Fenn. Die legen Wert auf Präzision. Die werden vor Geifer quieken und sich vergnügt die Finger reiben, wenn sie endlich auf den Knopf drücken dürfen und es in einem ohrenbetäubenden Knall bums und rums macht. 

Er überlegte, was er noch unternehmen könnte, um die bevorstehende Explosion zu verhindern. Zu schreien aus Leibeskräften, würde nichts bewirken. Weiter toben und um sich schlagen, als wäre der Teufel in ihn gefahren, würde ihm vermutlich nur wieder eine Tracht Prügel der Uniformierten einbringen. Und beten zum Herrgott, dazu konnte er sich nicht entschließen. Selbst sein bester Wille war nicht imstande, ihn dazu zu ermutigen. Das Einzige, was ihm übrig blieb als Zeichen der Auflehnung gegen seine widerrechtliche Gefangennahme - er ruckelte ein paar Mal resigniert an der Handschelle. 

Trotz der Nässe, die seine schäbige Kleidung durchzogen hatte, war ihm nicht kalt. Die heiße Augustsonne, die seit Tagen ihre Hitze aussendete über den mit Fichten bewachsenen Bergen, hatte die schmale, sechs Quadratmeter große Zelle auf angenehme zwanzig Grad angewärmt. Fenn sah erneut auf die Uhr. Es war sechzehn Uhr fünfunddreißig. Noch zehn Minuten, sagte er sich, bis es so weit ist. Dann ist ohnehin Feierabend für die Spezialisten des Sprengkommandos, die auch für die Absperrungen des Gebiets von der Größe eines Karibik-Atolls verantwortlich waren. Er ballte die Faust und presste die Lippen zusammen. Von Hass erfüllte Gefühle von Mord und Totschlag stiegen in ihm auf. 

Wie lange sie ihn hier festhalten wollten in diesem weiß getünchten Raum, in dem eine mit einer grauen Decke gepolsterte Pritsche stand und ein Waschbecken in die Wand eingelassen war, das wusste er nicht. Niemand hatte ihm gesagt, wie viele Stunden er in Polizeihaft bleiben würde. Durch das vergitterte Fenster sah er ein taschentuchgroßes Stück des blauen Himmels. Er...
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