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Sehr blaue Augen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am12.09.20231. Auflage, Neuübersetzung
Das Romandebüt der Nobelpreisträgerin Toni Morrison in neuer, zeitgemäßer Übersetzung und mit einem Vorwort von Alice Hasters. Morrison erzählt vom Aufwachsen in einer Welt, die von Ein- und Ausgrenzungen geprägt ist. Zwei kleine Mädchen, die gemeinsam in der Kleinstadt Lorain, Ohio, aufwachsen: Claudia hasst blonde Puppen, zerstört sie sogar. Ihre Freundin Pecola sehnt sich nach nichts so sehr wie nach blondem Haar und blauen Augen. Sie will schön sein wie der Kinderstar Shirley Temple. Dieser Traum ist ihr einziger Ausweg aus der gewaltvollen Welt, in der sie aufwächst. Doch in diesem Herbst 1941 in der Kleinstadt Lorain in Ohio wird Pecolas Wunsch nicht in Erfüllung gehen, ihr Leben wird sich auf andere, auf schmerzhafte Weise verändern.  Sehr blaue Augen ist eine kraftvolle Auseinandersetzung mit den verheerenden Auswirkungen von Rassismus, Klassismus und Sexismus. «Ich wollte dieses Buch lesen, und niemand hatte es geschrieben, also dachte ich, dass ich es schreiben würde, um es zu lesen.» Toni Morrison «Toni Morrisons Bu?cher verändern das Leben. In ihnen bekommen die zu oft Übersehenen und Ausgegrenzten eine Bu?hne, beschrieben mit unglaublich schöner Sprache und Feingefu?hl, sodass sie selbst in brutalen Momenten nie die Wu?rde und Menschlichkeit verlieren.» Alice Hasters

Toni Morrison wurde 1931 in Lorain, Ohio, geboren. Sie studierte an der renommierten Cornell University Anglistik und hatte an der Princeton University eine Professur für afroamerikanische Literatur inne. Zu ihren bedeutendsten Werken zählen «Sehr blaue Augen», «Solomons Lied», «Beloved», «Jazz» und ihr essayistisches Schaffen. Sie war Mitglied des National Council on the Arts und der American Academy of Arts and Letters. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, u. a. mit dem National Book Critics' Circle Award und dem American-Academy-and-Institute-of-Arts-and-Letters Award für Erzählliteratur. 1993 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur, und 2012 zeichnete Barack Obama sie mit der Presidential Medal of Freedom aus. Toni Morrison starb am 5. August 2019.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextDas Romandebüt der Nobelpreisträgerin Toni Morrison in neuer, zeitgemäßer Übersetzung und mit einem Vorwort von Alice Hasters. Morrison erzählt vom Aufwachsen in einer Welt, die von Ein- und Ausgrenzungen geprägt ist. Zwei kleine Mädchen, die gemeinsam in der Kleinstadt Lorain, Ohio, aufwachsen: Claudia hasst blonde Puppen, zerstört sie sogar. Ihre Freundin Pecola sehnt sich nach nichts so sehr wie nach blondem Haar und blauen Augen. Sie will schön sein wie der Kinderstar Shirley Temple. Dieser Traum ist ihr einziger Ausweg aus der gewaltvollen Welt, in der sie aufwächst. Doch in diesem Herbst 1941 in der Kleinstadt Lorain in Ohio wird Pecolas Wunsch nicht in Erfüllung gehen, ihr Leben wird sich auf andere, auf schmerzhafte Weise verändern.  Sehr blaue Augen ist eine kraftvolle Auseinandersetzung mit den verheerenden Auswirkungen von Rassismus, Klassismus und Sexismus. «Ich wollte dieses Buch lesen, und niemand hatte es geschrieben, also dachte ich, dass ich es schreiben würde, um es zu lesen.» Toni Morrison «Toni Morrisons Bu?cher verändern das Leben. In ihnen bekommen die zu oft Übersehenen und Ausgegrenzten eine Bu?hne, beschrieben mit unglaublich schöner Sprache und Feingefu?hl, sodass sie selbst in brutalen Momenten nie die Wu?rde und Menschlichkeit verlieren.» Alice Hasters

Toni Morrison wurde 1931 in Lorain, Ohio, geboren. Sie studierte an der renommierten Cornell University Anglistik und hatte an der Princeton University eine Professur für afroamerikanische Literatur inne. Zu ihren bedeutendsten Werken zählen «Sehr blaue Augen», «Solomons Lied», «Beloved», «Jazz» und ihr essayistisches Schaffen. Sie war Mitglied des National Council on the Arts und der American Academy of Arts and Letters. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, u. a. mit dem National Book Critics' Circle Award und dem American-Academy-and-Institute-of-Arts-and-Letters Award für Erzählliteratur. 1993 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur, und 2012 zeichnete Barack Obama sie mit der Presidential Medal of Freedom aus. Toni Morrison starb am 5. August 2019.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644017320
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum12.09.2023
Auflage1. Auflage, Neuübersetzung
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6683 Kbytes
Artikel-Nr.11381228
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Vorwort

Gewiss kennen wir alle das Gefühl, nicht gemocht oder gar abgelehnt zu werden, sei es im Augenblick oder für lange Zeit. Manche mögen es nur als ärgerlich empfinden; manche können aber auch tief verletzt sein. Vielleicht wissen einige von uns auch, wie es ist, gehasst zu werden - gehasst für etwas, das sich unserem Einfluss entzieht, das wir nicht ändern können. Wenn so etwas geschieht, ist es ein gewisser Trost zu wissen, dass die Ablehnung oder der Hass unberechtigt sind - dass man dergleichen nicht verdient hat. Und wenn man über ein gefestigtes Gefühlsleben und/oder Rückhalt bei der Familie und den Freunden verfügt, bleibt der Schaden gering oder lässt sich ungeschehen machen. Wir halten so etwas für eine Last (erträglich oder auch lähmend), wie sie untrennbar mit dem menschlichen Leben verbunden ist.

Als ich mit der Niederschrift von Sehr blaue Augen begann, interessierte mich etwas anderes: nicht der Widerstand gegen die Verachtung, die wir von anderen erfahren, sondern die weitaus tragischeren und lähmenderen Folgen, die es hat, wenn wir die Ablehnung als berechtigt, als etwas Selbstverständliches akzeptieren. Mir war klar, dass sich manche Opfer eines ausgeprägten Selbsthasses als gefährlich, als gewalttätig erweisen und den Feind, der sie wieder und wieder gedemütigt hat, in sich selbst auferstehen lassen. Andere geben sich selbst auf und ordnen sich einem größeren Gefüge unter, das ihnen die starke Persönlichkeit leiht, die ihnen selbst fehlt. Die allermeisten freilich lassen ihren Selbsthass irgendwann hinter sich. Doch immer gibt es einige, die stumm und unerkannt darunter zusammenbrechen, ohne eine Stimme, die ihrem Leid Ausdruck und Beachtung verschaffen würde. Sie sind unsichtbar. Wie leicht, wie schnell kann die Selbstachtung bei Kindern zugrunde gehen, deren Ich den aufrechten Gang noch nicht erlernt hat. Kommen zur Verletzlichkeit der Jugend noch gleichgültige Eltern, abweisende Erwachsene und eine Welt hinzu, die mit ihrer Sprache, ihren Gesetzen und ihren Bildern die Verzweiflung nur verstärkt, so ist der Weg in den Abgrund vorgezeichnet.

Die Absicht dieses Buches - meines ersten - war es also, in ein Leben einzutreten, bei dem es aufgrund von Jugend, Geschlecht und Race besonders unwahrscheinlich ist, dass es diesen zerstörerischen Kräften widerstehen kann. Als düsterer Bericht über einen Seelenmord begonnen, konnte der Roman seine Hauptfigur nicht unbegleitet lassen, denn ihre Passivität machte sie zur erzählerischen Leerstelle. So erfand ich Freundinnen und Klassenkameradinnen, die die Not des Mädchens verstehen, sogar mit ihr fühlen, aber selbst das Glück verständnisvoller Eltern und einer robusten psychischen Konstitution haben. Doch auch sie erweisen sich als hilflos. Sie können ihre Freundin nicht vor der Welt retten. Sie zerbricht.

Ursprung des Romans war ein Gespräch, das ich als Kind mit einer Freundin geführt hatte. Wir waren gerade erst in die Grundschule gekommen. Sie sagte damals, dass sie gern blaue Augen hätte. Ich sah mich um und versuchte, mir vorzustellen, wie sie bei Erfüllung ihres Wunsches aussähe, aber das Bild, das mir dabei vor Augen trat, stieß mich heftig ab. Ihre kummervolle Stimme schien um Mitgefühl zu betteln, und ich versuchte, es ihr zu geben, aber in Wahrheit war ich angesichts der Entweihung, die ihr vorschwebte, so bestürzt, dass ich wütend auf sie wurde.

Bis zu diesem Augenblick hatte ich Menschen als hübsch, als reizvoll, als nett, als hässlich wahrgenommen, und obwohl mir das Wort «schön» sicher nicht fremd war, hatte ich es doch nie als einen Schock erlebt - einen Schock, der von dem Wissen begleitet wurde, dass niemand sonst diese Schönheit erkannte, am wenigsten diejenige, die sie besaß.

Es musste an mehr gelegen haben als an dem Gesicht, das ich betrachtete: an der Stille der Straße am frühen Nachmittag, am Licht, an dem Gefühl, einem Bekenntnis beizuwohnen. Auf jeden Fall war es das erste Mal, dass ich begriff, was «schön» bedeutet. Dass ich mir selbst ein Bild davon gemacht hatte. Schönheit war nicht einfach etwas, das man betrachtete. Schönheit war eine Frage des Verhaltens.

Sehr blaue Augen war mein Versuch, mich darüber zu äußern. Davon zu sprechen, warum meine Freundin selbst kein Bewusstsein dafür hatte - und vielleicht niemals haben würde -, was ihr geschenkt worden war, und warum sie um eine so radikale Veränderung flehte. Was in ihrem Wunsch verborgen lag, war durch Rassismus ausgelöster Selbsthass. Und noch zwei Jahrzehnte später fragte ich mich, wie man den erlernt. Wer hatte ihn ihr eingeredet? Wer hatte ihr das Gefühl gegeben, es wäre besser, entstellt herumzulaufen statt als der Mensch, der sie war? Wer hatte sie angeblickt und so mangelhaft gefunden, ein solches Leichtgewicht auf der Waage der Schönheit? Es ist dieser Blick, der sie verurteilt hat, gegen den der Roman seine Stimme erhebt.

Als Schwarze Menschen in den Sechzigern wieder Anspruch auf die eigene Schönheit erhoben, ließ mich das darüber nachdenken, warum es überhaupt nötig war. Warum konnte diese Schönheit, wenn auch von anderen geschmäht, nicht innerhalb der Community als etwas Selbstverständliches gelten? Warum musste sie so unablässig öffentlich behauptet werden, um zu existieren? Diese Fragen mögen nicht sehr intelligent wirken, aber 1962, als ich mit der Erzählung begann, und 1965, als sie allmählich Buchgestalt annahm, erschienen mir die Antworten nicht so offensichtlich, wie sie es bald wurden und noch heute sind. Das Beharren auf Schwarzer Schönheit war keineswegs die Reaktion auf selbstironische, scherzhafte Kritik an kulturellen Eigenheiten, wie sie jede gesellschaftliche Gruppe kennt. Sie richtete sich vielmehr gegen die fatale Verinnerlichung der unterstellten, unveränderlichen Minderwertigkeit, die der Außenblick projizierte. Daher konzentrierte ich mich darauf, wie etwas so Groteskes wie die Dämonisierung einer ganzen Race im unschuldigsten Mitglied einer Gesellschaft - einem Kind - und im verletzlichsten Mitglied einer Gesellschaft - einem Mädchen - Wurzeln schlagen konnte. Bei meinem Versuch, die Verheerungen zu zeigen, die selbst beiläufige Formen rassistischer Abwertung anrichten können, entschied ich mich nicht für ein repräsentatives, sondern für ein singuläres Beispiel. Das Extreme an Pecolas Fall gründet überwiegend in zerrütteten und zerrüttenden Familienverhältnissen, die ganz anders sind als die einer afroamerikanischen Durchschnittsfamilie oder die der Ich-Erzählerin. Doch bei aller Einzigartigkeit von Pecolas Schicksal war ich davon überzeugt, dass einzelne Aspekte ihrer Verwundbarkeit in allen jungen Mädchen zu finden sind. Meine Erkundung der gesellschaftlichen wie der häuslichen Aggression, an der ein Kind buchstäblich zerbrechen kann, konfrontiert die Hauptfigur mit einer Reihe von Demütigungen, die teils alltäglich, teils außergewöhnlich und zum Teil monströs sind, wobei ich stets darauf bedacht war, jede Komplizenschaft mit dem Prozess der Dämonisierung, dem Pecola unterworfen wird, zu vermeiden. Mit anderen Worten: Ich wollte die Figuren, die Pecola niedermachen und zu ihrem Zusammenbruch beitragen, nicht entmenschlichen.

Ein Problem rückte dabei immer mehr ins Zentrum: Das schiere Gewicht des Romans, der eine so zarte Seele zu erforschen versucht, drohte die Hauptfigur zu erdrücken und den Lesenden eine bequeme Ausflucht ins Mitleid zu eröffnen, statt sie zu einer Reflexion ihrer eigenen Rolle zu zwingen. Meine Lösung - die Erzählung in Fragmente aufzubrechen, die die Lesenden selbst zusammensetzen müssen - schien mir damals eine gute Idee zu sein, deren Ausführung mich heute jedoch nicht mehr überzeugt. Außerdem hat sie ihren Zweck nicht erfüllt: Viele Lesende lassen sich zwar berühren, aber nicht bewegen.

Das andere Problem war natürlich die Sprache. Den verächtlichen Blick durchzuhalten und ihn gleichzeitig zu unterlaufen erwies sich als schwierig. Der Roman versuchte, den Nerv des rassistisch bedingten Selbsthasses zu treffen, ihn freizulegen und den Schmerz nicht mit Betäubungsmitteln, sondern mit einer Sprache zu lindern, die es mit der Handlungskraft aufnehmen konnte, die ich bei jener ersten Erfahrung von Schönheit empfand. Weil jener Augenblick so stark von unserer Race bestimmt war (meine Abscheu angesichts der Sehnsucht meiner Mitschülerin, zu ihrer sehr dunklen Haut sehr blaue Augen zu haben; die Wunde, die sie meiner Vorstellung von Schönheit damit zufügte), zielte alle Anstrengung auf ein Schreiben ab, das unbestreitbar Schwarz war. Bis heute weiß ich nicht, was das genau ist, aber das hält mich ebenso wenig davon ab, es weiterzuverfolgen, wie all die Versuche, meine Bemühungen zu disqualifizieren, mit denen ich es herausfinden will.

Meine Wahl der Sprachebenen (gesprochen, gehört, umgangssprachlich), mein Vertrauen darauf, dass tief in der Schwarzen Kultur verwurzelte Codes eins zu eins verstanden würden, mein Bemühen, unmittelbare Komplizenschaft und Vertrautheit zu erzielen (ohne eine Distanz schaffende, erläuternde Schicht), und auch mein Vorhaben, Schweigen zu gestalten, indem ich es breche: All das sind Versuche, die Komplexität und den Reichtum Schwarzer amerikanischer Kultur in eine Sprache zu überführen, die dieser Kultur würdig ist.

Denke ich heute an meine Probleme bei der Suche nach einer wahrhaftigen Sprache zurück, so bin ich erstaunt, wie wenig sich in dieser Hinsicht verändert hat. Wenn ich höre, wie in «zivilisierter» Rede Menschen erniedrigt werden, wenn ich sehe, wie kulturelle Exorzismen die Literatur verarmen lassen, wenn ich meinesgleichen eingeschlossen finde im Bernstein...
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Autor

Toni Morrison wurde 1931 in Lorain, Ohio, geboren. Sie studierte an der renommierten Cornell University Anglistik und hatte an der Princeton University eine Professur für afroamerikanische Literatur inne. Zu ihren bedeutendsten Werken zählen «Sehr blaue Augen», «Solomons Lied», «Beloved», «Jazz» und ihr essayistisches Schaffen. Sie war Mitglied des National Council on the Arts und der American Academy of Arts and Letters. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, u. a. mit dem National Book Critics' Circle Award und dem American-Academy-and-Institute-of-Arts-and-Letters Award für Erzählliteratur. 1993 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur, und 2012 zeichnete Barack Obama sie mit der Presidential Medal of Freedom aus. Toni Morrison starb am 5. August 2019.Tanja Handels, geboren 1971 in Aachen, lebt und arbeitet in München, übersetzt zeitgenössische britische und amerikanische Literatur, unter anderem von Zadie Smith, Bernardine Evaristo, Anna Quindlen und Charlotte McConaghy, und ist auch als Dozentin für Literarisches Übersetzen tätig.  2019 wurde sie mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet.