Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Biber-Methode

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am15.08.20231. Auflage
Die Nummer 1 aus Finnland: «The funniest writer in Europe.» The Times Henri Koskinen, der stets an Vernunft und Ordnung glaubt, zieht bei der Malerin Laura Helanto und ihrer Tochter ein. Trotz aller Turbulenzen scheint es für den Versicherungsmathematiker und Abenteuerparkbesitzer endlich aufwärtszugehen. Doch wie lässt sich die unkalkulierbare Realität einer bunt zusammengewürfelten Familie mit den permanenten Betrügereien und kriminellen Machenschaften im Freizeitgeschäft in Einklang bringen? Vor allem wenn es nur einen gemeinsamen Nenner gibt: die geringe Toleranz angesichts einer steigenden Zahl von Leichen.  Tuomainens Romane sind wie die Filme von Aki Kaurismäki: spannend, tragisch, humorvoll und schräg.

Antti Tuomainen, Jahrgang 1971, ist einer der angesehensten und erfolgreichsten finnischen Schriftsteller. Er wurde u.?a. mit dem Clue Award, dem finnischen Krimipreis, ausgezeichnet, Klein-Sibirien wurde mit dem Petrona Award als bester skandinavischer Kriminalroman 2020 prämiert. Tuomainens Romane erscheinen in u?ber 25 La?ndern und werden verfilmt. Die Rechte am Auftakt der Henri-Koskinen-Trilogie, «Der Kaninchen-Faktor», sicherte sich eine Hollywood-Produktionsfirma, in der Hauptrolle wird Steve Carell zu sehen sein.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDie Nummer 1 aus Finnland: «The funniest writer in Europe.» The Times Henri Koskinen, der stets an Vernunft und Ordnung glaubt, zieht bei der Malerin Laura Helanto und ihrer Tochter ein. Trotz aller Turbulenzen scheint es für den Versicherungsmathematiker und Abenteuerparkbesitzer endlich aufwärtszugehen. Doch wie lässt sich die unkalkulierbare Realität einer bunt zusammengewürfelten Familie mit den permanenten Betrügereien und kriminellen Machenschaften im Freizeitgeschäft in Einklang bringen? Vor allem wenn es nur einen gemeinsamen Nenner gibt: die geringe Toleranz angesichts einer steigenden Zahl von Leichen.  Tuomainens Romane sind wie die Filme von Aki Kaurismäki: spannend, tragisch, humorvoll und schräg.

Antti Tuomainen, Jahrgang 1971, ist einer der angesehensten und erfolgreichsten finnischen Schriftsteller. Er wurde u.?a. mit dem Clue Award, dem finnischen Krimipreis, ausgezeichnet, Klein-Sibirien wurde mit dem Petrona Award als bester skandinavischer Kriminalroman 2020 prämiert. Tuomainens Romane erscheinen in u?ber 25 La?ndern und werden verfilmt. Die Rechte am Auftakt der Henri-Koskinen-Trilogie, «Der Kaninchen-Faktor», sicherte sich eine Hollywood-Produktionsfirma, in der Hauptrolle wird Steve Carell zu sehen sein.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644011090
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.08.2023
Auflage1. Auflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6709 Kbytes
Artikel-Nr.11381313
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

JETZT

Die fremde, dunkle Welt duftet nach meiner eigenen, in der ich mich täglich bewege, nach unserem Abenteuerpark, dem DeinMeinFun.

Nach Plastik und Metall, Reinigungs- und Desinfektionsmittel, nach zarten Aromen aus unserem Café, dem Krummen Kuchen. Die Belüftung surrt und brummt genau wie bei uns, und draußen, außerhalb der weitläufigen Halle, wirbelt der Nordwind Schnee auf und stellt die hohen Blechwände auf die Probe.

Abgesehen davon ist es still.

Ich kann nicht behaupten, dass ich entspannt wäre. Oder gar unbefangen.

Ich bin gelernter Versicherungsmathematiker. Kein Einbrecher.

Trotzdem bin ich in dieser Nacht in den Park der Konkurrenz eingedrungen. Ich habe mir unbefugt Zugang verschafft. Ich brauche Informationen, die ich auf andere Weise nicht beschaffen kann. Gilt das als Diebstahl? Rechtfertigen alle Einbrecher ihre Taten so? Man braucht etwas, also holt man es sich? Und man entwendet ja nur, was man unbedingt benötigt?

Ich atme tief ein. Später kann ich über diese Fragen nachdenken, nicht jetzt. Ich rufe mir in Erinnerung, dass die Eigentümer der Purzelbaumwelt sich in den Monaten ihres rasanten Aufstiegs sehr danebenbenommen haben: Sie haben sowohl mich persönlich bedroht als auch unmissverständlich das Ziel ausgegeben, meinen Park in den Konkurs zu treiben. Je schneller, desto besser, so lauteten die Worte.

Hier und da dringt ein wenig Licht herein. Schatten tanzen an den deckenhohen Fenstern. Grün schimmert ein Schild mit der Aufschrift: Notausgang. An der Hallenwand prangt das Logo des Abenteuerparks, eine große, schummrige Sonne. Es dauert einige Sekunden, dann gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit. Die Konturen treten hervor, die Gerätschaften und Attraktionen nehmen Formen an, die Szenerie wird tiefer, Details zeichnen sich ab.

Die Topografie der Halle habe ich von meinem letzten Besuch, der bei Tageslicht stattfand, noch ziemlich gut vor Augen. Natürlich erinnere ich mich auch an das Hausverbot, das mir bei dieser Gelegenheit erteilt wurde.

Ich kann den Elefanten-Scooter, den Känguru-Ring und den beachtlich hohen Eiffel-Kletterturm erkennen. Und ich wundere mich einmal mehr darüber, dass die Betreiber der Purzelbaumwelt ihren begeisterten Gästen das Ganze zum Nulltarif anbieten können. Wenn man bei den Fakten bleibt, gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder streben diese Leute zügig einen Konkurs an, oder es gibt Hintermänner, denen Geld vollkommen egal ist. Beide Alternativen erscheinen nicht plausibel.

Ich bin immer noch ein Laie, wenn es um unbefugtes Eindringen in Räumlichkeiten geht, aber immerhin habe ich die richtigen Schuhe angezogen. Die bunten, preisgünstigen Sneakers von einer deutschen Supermarktkette sind angenehm weich und haben eine dicke Sohle, die meine Schritte abdämpft. Ich bin nahezu geräuschlos unterwegs.

Meine erste Station heute Abend ist der Büroflügel des Parks, gleich hinter der Kletterwand mit Meerkatzen. Ich erwarte nicht, auf dem Schreibtisch des Geschäftsführers einen Bericht zu finden, der alles erklärt, aber Informationen erhoffe ich mir schon. Informationen darüber, wie den Eigentümern der Purzelbaumwelt die Quadratur des Kreises gelungen ist. Das Unmögliche haben sie offenbar möglich gemacht: Gewinne zu generieren, während man ununterbrochen Verluste einfährt. Ich hoffe, am Ende dieses Rundgangs endlich klarer zu sehen.

Die Meerkatzen schweigen, während ich an ihnen vorüberschleiche. Einerseits weil sie aus Kunststoff sind, andererseits weil ihnen über Nacht der Strom abgestellt wurde. Sie werden erst wieder klettern, sobald sich morgen die ersten Besucher einfinden.

Über eine kleine Treppe gelange ich in den Büroflügel. Der Bereich ist nicht mit Türen gesichert, ich laufe unbehelligt weiter und stoße auf die Fensterwand, hinter der sich der Konferenzraum befindet. Ich trete ein, sehe mich um, im Halbdunkel. Mitten im Raum steht ein langer, grauweißer Tisch, schräg zur Eingangstür positioniert und umgeben von dunkelblauen Plastikstühlen. Das ist alles, ansonsten ist da nur noch ein Flipchart vor der Wand. Das sehe ich mir näher an, schlage die Seiten zurück. Es scheint ums Mittagessen zu gehen, thailändisch hat mit vier Stimmen gewonnen, Burger waren mit drei knapp unterlegen.

Ich blättere weiter, finde nichts, halte inne. Doch, da war was. Ich blättere um, irgendwas an der letzten Seite war wichtig. Da stehen vor allem Zahlen. Zahlen und Monate. Das laufende Jahr. Hinter Januar die Ziffer 100. Hinter dem Februar eine fette Null. So geht das weiter, ins Negative tendierend:

März: minus 100

April: minus 200

Mai: minus 300

Und so weiter, bis zum Dezember mit minus eintausend. Das ist klar und einprägsam, trotzdem habe ich keine Ahnung, was es bedeuten soll.

Ich gehe zurück in die Halle. An einer der Seitenwände hängt ein riesiges Plakat. Sieht nach einem Nationalpark aus, nach Safari. Wenn man die Angestellten dieses Unternehmens kennengelernt hat, wirkt es ein wenig seltsam, denn keiner von denen macht den Eindruck, ein großer Wanderer zu sein. Links von der Plakatwand sind zwei Türen, die erste der beiden ist nicht abgeschlossen. Sie geht einfach auf. Bestens. Der Raum ist eher Lager als Büro und vollgestellt mit Zeug, von noch eingepackten Flachbildfernsehern bis zu Haferkeks-Packungen aus dem Großhandel.

Ich sehe mich um. Diese skrupellosen Typen, die mich bedrohen, die versuchen, unseren Park in den Konkurs zu treiben, scheinen ziemlich alltäglich in allem anderen zu sein, was sie tun. Hinter der nächsten Tür müsste sich eigentlich die Schaltzentrale befinden. Das Nervenzentrum dieses Parks. Ich trete ein.

Auf dem Tisch des Büros liegen Papiere und Werkzeug gestapelt. Eine ölbefleckte Zange auf einem Stapel Papier. Ein verschmutzter Arbeitshandschuh auf einem zweiten Stapel. Nur ein Handschuh, der andere fehlt. Ich sehe auch nicht die Berichte, die ich suche. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Die Berichte, die in meinem Beisein kürzlich erwähnt wurden und die mich ganz besonders interessieren. Ich trete an den Tisch heran, möchte alles genauer unter die Lupe nehmen. Und dann wird mir zweierlei klar.

Erstens: Mein Herz hat zu laut geschlagen, hat alles andere übertönt. Zweitens: Ich habe meine Taschenlampe nicht ausgeschaltet, obwohl in diesem Büro die Jalousien nicht ganz heruntergelassen sind.

Ich schalte die Lampe aus. Versuche, ruhig zu atmen. Ruhig und regelmäßig. Es fällt mir schwer. Wie gesagt, Industriespionage und Einbrüche zählen nicht zu meinen Stärken.

Endlich beruhigt sich mein Herz, das Rauschen hinter meiner Stirn ebbt ab. Ich bin mir noch nicht ganz im Klaren darüber, warum ich plötzlich so beunruhigt war. Ich gehe zur Tür, lausche. Aus der Halle dringen Geräusche herüber, ein dumpfes Schlagen. Genau. Dieses Schlagen habe ich vor einigen Sekunden schon einmal gehört. Jetzt ist es still. Ich husche über den Flur zurück in die Halle, bleibe an der Wand stehen. Ich warte, lange. Nichts. Ich lasse meinen Blick über das Halbdunkel wandern. Von links nach rechts und zurück. Der Eiffelturm, die ebenso turmhohen Kängurus mit den überdimensionierten Boxerhandschuhen. Und ...

Der Biber.

Genauer gesagt, der Biber von 18 Metern Durchmesser, mit integrierten Hüpfburgen und Rutschen. Die Attraktion schlechthin in diesem Park. Das Ding liegt bäuchlings in der Halle, ein gigantischer Nager. Ich sehe nur einen Teil, der Sprungturm und die Elefanten versperren mir die Sicht. Immerhin sehe ich das Maul des Bibers. Die riesigen weißen Schneidezähne leuchten sogar in der Dunkelheit grellweiß. Aber meine Aufmerksamkeit wird von etwas anderem beansprucht.

Am Boden, unter den Zähnen, sozusagen im Maul des Tiers, liegt irgendetwas.

Was immer es ist, es liegt ohne Regung. Und der Biber ist zu weit entfernt, als dass ich erkennen könnte, was er da gerade vertilgen möchte. Es erscheint unwahrscheinlich, dass jemand diesem Biber etwas zum Fressen hingestellt hat, für einen Mitternachtssnack. Aber es sieht danach aus. Ich will gerade meinen Blick abwenden, als im Bibermaul etwas in Bewegung gerät. Kommt mir jemand entgegen, schält sich jemand aus der Dunkelheit heraus? Nein. Jetzt erkenne ich endlich, womit ich es zu tun habe.

Ein Arm fällt schlaff herunter, und neben dem Arm liegt ein Hut. Ein Stetson-Hut. Unverkennbar, auch auf die Entfernung.

Mein Herz hat wieder begonnen, laut zu pochen, das Rauschen in meinen Ohren wäre auch dann nicht lauter, wenn ich direkt an der Autobahn stehen würde. Die Rechnung, die ich anstelle, ist simpel. Da hinten beim Biber liegt ein Verletzter. Jemand braucht Hilfe. Das ist eine Tatsache, unabhängig von der Frage, ob ich als Versicherungsmathematiker oder Einbrecher unterwegs bin (und ich bin nach wie vor unschlüssig, ob ich wirklich berechtigt wäre, mich Einbrecher zu nennen). Hier ist niemand, außer mir. Ich muss dem Verletzten helfen. So einfach ist das, einfache Rechnung, simpel gelöst.

Ich gehe zum Biber.

Ich muss einen weiten Bogen laufen, um andere Attraktionen dieses Abenteuerparks herum. Ich laufe auf leisen Sohlen, nach wie vor. Ich umkurve einen Eckpfeiler des Eiffelturms und finde mich fast im riesigen Maul des Bibers wieder. Kurz bevor ich die Zähne streife, halte ich inne, trete einen Schritt zurück.

Dieser Cowboy kommt mir bekannt vor. Stiefel, Jeans, ein fesches Rodeo-Hemd, eine schmale Krawatte mit Vögeln. Ich kenne den Mann. Ich kenne sogar seinen Namen. Er ist Eigentümer dieses Parks. Ich habe ihn kürzlich getroffen, habe...
mehr

Autor

Antti Tuomainen, Jahrgang 1971, ist einer der angesehensten und erfolgreichsten finnischen Schriftsteller. Er wurde u.¿a. mit dem Clue Award, dem finnischen Krimipreis, ausgezeichnet, Klein-Sibirien wurde mit dem Petrona Award als bester skandinavischer Kriminalroman 2020 prämiert. Tuomainens Romane erscheinen in über 25 Ländern und werden verfilmt. Die Rechte am Auftakt der Henri-Koskinen-Trilogie, «Der Kaninchen-Faktor», sicherte sich eine Hollywood-Produktionsfirma, in der Hauptrolle wird Steve Carell zu sehen sein. Jan Costin Wagner, Jahrgang 1972, lebt als Schriftsteller und Musiker bei Frankfurt am Main. Seine Romane um den finnischen Ermittler Kimmo Joentaa wurden von der Presse gefeiert, vielfach ausgezeichnet (u. a. Deutscher Krimipreis, Nominierung zum Los Angeles Times Book Prize) und in 14 Sprachen übersetzt. «Sommer bei Nacht», der Auftakt der Ben-Neven-Reihe, stieg sofort auf Platz 1 der Krimi-Bestenliste ein.«Jan Costin Wagner schreibt psychologische Romane, die auch noch spannende Krimis sind. Kein deutscher Autor kann das so gut wie er. Beneidenswert.» Matthias Brandt über «Sommer bei Nacht»«Ich bewundere schon lange, wie mühelos er es schafft, mich immer wieder in seine Geschichten hineinzuziehen.» Bjarne MädelNiina Katariina Wagner wurde 1975 in einer kleinen Küstenstadt im Südwesten Finnlands geboren. Sie studierte Soziologie, Psychologie und Kulturgeschichte in Turku und lebt seit 2000 als freie Künstlerin in der Nähe von Frankfurt.