Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Send Nudes

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am28.09.2023
Verwegen, rotzig, zart: Fragile Intimität und weibliche Selbstfindung in einer Welt voller Ungewissheiten Eine junge Frau trifft ihren ersten Freund - und dessen Hund Petal, der bald nur noch auf sie hört. Eine andere erholt sich langsam von einer Abtreibung, während ihre Freundin sich auf Instagram räkelt. Und ein Mädchen tut alles, springt mit zwölf von Klippen und lügt für die Stiefschwester, nur um deren bester Freundin zu gefallen. Kühn und lakonisch lotet Sams das tückische Terrain des Erwachsenwerdens aus, erzählt von Liebe und Verletzlichkeit, Mutterschaft und ersten Abgründen. Und sie feiert die kleinen Siege, die Frauen in einer Welt erringen, welche sie jeden Tag zu vereinnahmen sucht. »Überragend arbeitet Sams kleinste Verschiebungen in unseren Beziehungen heraus: Schwärmereien, Rivalitäten, Hierarchien. In knappen, rhythmischen Sätzen fängt sie Licht und Dunkel unserer Auseinandersetzung mit Beziehungen, Einsamkeit, Sexualität und Verlust ein.« The Guardian »Eine frische literarische Stimme - abgründig und scharfsinnig und rau.« Emma Cline »Ich habe mich Hals über Kopf in diese umwerfende Sammlung verliebt.« Megan Nolan »Eine überaus hellsichtige, intelligente Autorin.« Nicole Flattery Ausgezeichnet mit dem BBC National Short Story Award 2022 und dem Edge Hill Short Story Prize 2022, auf der Longlist des Longlist des Dylan Thomas Prize 2023

Saba Sams, geboren 1996 in Brighton, zählt zu den aufregendsten Stimmen der jungen britischen Literatur. Ihre Texte erscheinen in Magazinen wie Granta, Stinging Fly und Five Dials. »Send Nudes« wurde von der britischen Presse hoch gelobt und mit dem BBC National Short Story Award 2022 sowie dem Edge Hill Short Story Prize 2022 ausgezeichnet. Der Guardian zählte das Buch zu den besten literarischen Neuerscheinungen des Jahres. Sams arbeitet an ihrem ersten Roman.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextVerwegen, rotzig, zart: Fragile Intimität und weibliche Selbstfindung in einer Welt voller Ungewissheiten Eine junge Frau trifft ihren ersten Freund - und dessen Hund Petal, der bald nur noch auf sie hört. Eine andere erholt sich langsam von einer Abtreibung, während ihre Freundin sich auf Instagram räkelt. Und ein Mädchen tut alles, springt mit zwölf von Klippen und lügt für die Stiefschwester, nur um deren bester Freundin zu gefallen. Kühn und lakonisch lotet Sams das tückische Terrain des Erwachsenwerdens aus, erzählt von Liebe und Verletzlichkeit, Mutterschaft und ersten Abgründen. Und sie feiert die kleinen Siege, die Frauen in einer Welt erringen, welche sie jeden Tag zu vereinnahmen sucht. »Überragend arbeitet Sams kleinste Verschiebungen in unseren Beziehungen heraus: Schwärmereien, Rivalitäten, Hierarchien. In knappen, rhythmischen Sätzen fängt sie Licht und Dunkel unserer Auseinandersetzung mit Beziehungen, Einsamkeit, Sexualität und Verlust ein.« The Guardian »Eine frische literarische Stimme - abgründig und scharfsinnig und rau.« Emma Cline »Ich habe mich Hals über Kopf in diese umwerfende Sammlung verliebt.« Megan Nolan »Eine überaus hellsichtige, intelligente Autorin.« Nicole Flattery Ausgezeichnet mit dem BBC National Short Story Award 2022 und dem Edge Hill Short Story Prize 2022, auf der Longlist des Longlist des Dylan Thomas Prize 2023

Saba Sams, geboren 1996 in Brighton, zählt zu den aufregendsten Stimmen der jungen britischen Literatur. Ihre Texte erscheinen in Magazinen wie Granta, Stinging Fly und Five Dials. »Send Nudes« wurde von der britischen Presse hoch gelobt und mit dem BBC National Short Story Award 2022 sowie dem Edge Hill Short Story Prize 2022 ausgezeichnet. Der Guardian zählte das Buch zu den besten literarischen Neuerscheinungen des Jahres. Sams arbeitet an ihrem ersten Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492605403
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum28.09.2023
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6917 Kbytes
Artikel-Nr.11431388
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Tinderloin

Ich lernte Ryan auf Tinder kennen. Er hatte nur ein Foto von sich auf seinem Profil, das mit einem unscharfen Filter bearbeitet war. Ich fand, er sah ganz gut aus. Ich hatte keine hohen Ansprüche. Mein Foto war nicht mal wirklich ich; es war irgendeine schlaksige Braunhaarige, die ich im Internet gefunden hatte, das Gesicht von der Kamera abgewandt. In meiner Bio stand »Tinderloin«, mein Lieblingsfiletstück.

Wir trafen uns im Crown and Sceptre. Ich bestellte Wildschweinwürstchen mit Kartoffelbrei, karamellisierten Zwiebeln und Soße. Ryan war elf Jahre älter als ich. Er arbeitete in der Telefonzentrale eines Taxiunternehmens. Seine Hände waren schön und kräftig, ein gutes Verhältnis zwischen Muskeln und Fett, und er ließ die Knöchel knacken, wenn die Unterhaltung stockte, oder strich die Serviette glatt. Als ich von Papas Geschäft erzählte, witzelte er, er sei Vegetarier. Ich zog die Brauen hoch und grinste; ich hatte gehört, wie er an der Bar Hähnchen bestellt hatte.

Später ging ich mit zu ihm. Er wohnte in der Garage seiner Großeltern. In einer Ecke stand eine ächzende Elektroheizung, und die Wellblechtür gab dem Ganzen eine Werkstattatmosphäre. Ich fühlte mich sofort wohl; es erinnerte mich irgendwie an die Metzgerei. Ein paar Schädel an der Wand neben dem Bücherregal wären auch nicht weiter aufgefallen.

Als ich an dem Abend zum ersten Mal mit Ryan schlief, blutete ich durch die Laken. Ich war sechzehn und hatte lange genug gewartet.

»Heißt das, dass du noch Jungfrau bist?«, fragte er.

Ich sah ihn an und schwieg. Es abzustreiten wäre sinnlos gewesen. Das Blut zwischen meinen Schenkeln war schnell getrocknet und verklebte das Schamhaar, sodass es ziepte, als ich aufstand. Die ganze Garage roch nach Kupfer, als hätte jemand ein frisches Schwein aufgeschnitten.

 

Den nächsten Abend verbrachte ich mit Papa in der Metzgerei und zerlegte ein paar Lämmer. Im Hintergrund lief Radio 4. Papa liebt die Archers und benutzt die Titelmelodie sogar als Klingelton. Wenn ich während der Sendung rede, hebt er die Hand in dem blauen Handschuh, damit ich still bin. Deswegen wartete ich bis zum Ende, bevor ich ihm von Ryan erzählte.

»So was muss ich nicht wissen, Gracie«, sagte er dann.

Er ließ mich nicht einmal fertig erzählen.

»Das gehört sich nicht, okay? Deinem alten Dad von so privaten Sachen zu erzählen. Behalt so was in Zukunft für dich.«

Es ihm vielleicht lieber nicht zu erzählen war mir gar nicht in den Sinn gekommen, aber so ging es mir öfter. Ich hatte Schwierigkeiten, bestimmte Situationen richtig einzuschätzen. Als ich das erste Mal meine Tage bekam, brachte ich meine Unterhose morgens zum Frühstück mit und legte sie neben Papas Cornflakes-Schale, mit dem rotbraunen Fleck nach oben. Ich war völlig fertig. Ich dachte, ich sterbe.

»Erklären sie euch das nicht in der Schule, Gracie?«

Er hatte seine Cornflakes-Schale genommen und im Stehen weitergegessen, mit möglichst viel Abstand zu meiner Unterhose. Erst da erinnerte ich mich: das ganze Zeug in Biologie über den Menstruationszyklus. Ich schob mir die Unterhose in die Tasche und lief in den Garten, um sie zu verbrennen, eine Art von Zeremonie, bevor ich nach Lagerfeuer riechend in die Schule ging. Weil ich kein Geld für Tampons hatte, steckte ich mir zerknülltes Klopapier in die Unterhose, das ganze erste Jahr, bis Papa anfing, mich für die Samstage im Geschäft zu bezahlen.

 

Meine Mutter starb, als ich sechs war. Ich erinnere mich noch daran, wie ich sie einmal im Supermarkt verlor. Ich hatte jeden einzelnen Gang nach ihr abgesucht und sie dann bei den Tiefkühltruhen endlich gefunden. Vor lauter Erleichterung hatte mir das Herz bis zum Gaumen geklopft. Sie stand mit dem Rücken zu mir vor einer der Tiefkühltruhen. Sie trug einen lila Anorak und hatte die Hand zwischen den Eiscremepackungen. Ich rannte auf sie zu, klammerte mich an ihr Bein, drückte das Gesicht an ihre Hose.

»Schätzchen«, sagte die Frau. »Ich weiß nicht, ob du die Richtige erwischt hast.«

Ich sah zu ihr hoch, und es war gar nicht meine Mutter. Sie hatte ein viel älteres Gesicht, mit geplatzten Äderchen unter den Augen wie kleine Quallen. Erschrocken wich ich zurück. Ich wollte schreien, brachte aber keinen Ton heraus, also drehte ich mich um und rannte, so schnell ich konnte. Ich stieß gegen einen Mann, der einen Joghurt in der Hand hatte, und der Joghurt fiel zu Boden. Der Becher platzte, und alles war voller Joghurt, aber ich blieb nicht stehen.

Ich erinnere mich nicht, wie ich meine Mutter fand, aber ich fand sie wohl. Sie starb erst ein Jahr später.

 

Der Sex war nicht so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, aber immerhin war es passiert, und das war die Hauptsache. Die ganze Woche hatte ich das Gefühl, ein paar Zentimeter über dem Boden zu schweben. In Mathe bestand ich einen wichtigen Übungstest, zum ersten Mal überhaupt. Auch beim Fleischzerlegen war ich sehr gut. Papa war beeindruckt von der Gleichmäßigkeit meiner Filets. Er sagte, so schöne hätte er noch nie gesehen, und selbst ich muss zugeben, dass sie ziemlich hübsch waren.

Am Wochenende nach unserem ersten Treffen machten Ryan und ich einen Ausflug in den Park eines Herrenhauses, der öffentlich zugänglich war. Ryan hatte ein Auto, und seine Hündin Petal saß auf dem Rücksitz. Ich hatte Ryan ein paar besonders gute, in Fettpapier eingewickelte Lammkoteletts mitgebracht, und ich war entsetzt, als er eins davon an Petal verfütterte. Petal gehörte zu einer dieser stämmigen Rassen, bei denen die Haut so straff ist, dass sich der Schädel darunter abzeichnet. Ich sah ihre Kiefermuskeln zucken, als sie das Kotelett zermalmte, und dachte an die Mühe, die ich mir beim Schneiden gegeben hatte, an die sorgfältig bemessene Fettschicht, so dick wie Orangenschale.

Auf dem Spaziergang ging Petal entweder auf andere Hunde los, oder sie bellte durch den Drahtzaun die Schafe an. Anscheinend war sie auf den Geschmack gekommen. Als wir zum Parkplatz zurückkamen, hatten Ryan und ich auf dem Rücksitz Sex. Petal saß auf dem Fahrersitz und beobachtete uns durch die Kopfstützen.

»Braves Mädchen«, sagte Ryan immer wieder. Ich wünschte, er hätte es zu mir gesagt.

 

Einen Monat später fand ich heraus, dass ich schwanger war. Ich stand in der Metzgerei, und der Geruch aus dem Fleischwolf war so intensiv, dass ich auf die Straße lief und in den Rinnstein kotzte.

»Mach einen Test«, sagte Papa, als ich zurückkam.

Ich wischte mir mit dem Ärmel der Fleischerbluse den Mund ab. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, was er meinte, dann drehte ich mich um und ging wieder raus. Auf dem Asphalt stand eine Pfütze dünner, gelber Galle.

Der Mann in der Apotheke sah aus, als wäre es ihm peinlich, als ich ihn bat, die Toilette benutzen zu dürfen, aber ich hatte den Test schon bezahlt, also ließ er mich. Sofort erschienen zwei rote Linien, so deutlich wie ein Viehzeichen. Dann schlief ich offenbar ein, denn als Nächstes erinnere ich mich, wie ich auf dem Boden der Kabine lag, die Stirn gegen die kalte Kloschüssel gepresst, und der Apotheker an die Tür klopfte und fragte, ob alles in Ordnung sei. Keine Ahnung, wie lange ich dort gelegen hatte.

Ich sagte Papa gleich Bescheid. Er formte gerade Hackfleisch für Burger und sah nicht einmal auf. Unter seinen Händen schmatzte das Fleisch, während er sprach.

»So was passiert«, sagte er. »Wir regeln das.«

Wir riefen am gleichen Abend an. Die Arzthelferin gab mir einen Termin in zwei Wochen. Früher ging es nicht. Papa saß bei mir am Küchentisch, als ich telefonierte, und danach teilten wir uns eine Schweinepastete mit viel Senf. Mit seinen Pasteten hat er Preise gewonnen. Papa hat extra Aufkleber machen lassen. Ich habe ihn nach dem Rezept gefragt, aber er gibt es mir nicht. Er sagt, wenn er stirbt, sollen seine Schweinepasteten mit ihm sterben.

 

Ich schaffte es nicht bis zur Abtreibung. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt hingegangen wäre; auf einmal war ich mir nicht mehr so sicher. Ich begann, im Unterricht abzuschalten, oder mitten im Gespräch mit Papa. Ohne Absicht stellte ich mir ein kleines Baby vor, das fest in meinen Armen schlief. Wenn ich dann wieder zu mir kam, hatte ich keine Ahnung, was in der Zwischenzeit in...
mehr

Autor

Saba Sams, geboren 1996 in Brighton, zählt zu den aufregendsten Stimmen der jungen britischen Literatur. Ihre Texte erscheinen in Magazinen wie Granta, Stinging Fly und Five Dials. »Send Nudes« wurde von der britischen Presse hoch gelobt und mit dem BBC National Short Story Award 2022 sowie dem Edge Hill Short Story Prize 2022 ausgezeichnet. Der Guardian zählte das Buch zu den besten literarischen Neuerscheinungen des Jahres. Sams lebt mit ihrer Familie in London. Sie arbeitet an ihrem ersten Roman.