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Almost True Crime 2: Solange du atmest, kann ich nicht leben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Thienemann-Esslingererschienen am28.09.2023Auflage
Warum morden Jugendliche? True Crime, endlich auch für Jugendliche!  Ein Jugendroman, inspiriert von einem wahren Verbrechen:  Jonas kann einfach mit allen und was er anpackt, gelingt. Adrian dagegen steht im Schatten seines kleinen Bruders. Doch dann entdeckt er das Boxen für sich, er hat Talent, und endlich was Eigenes gefunden, hier gibt's keinen Jonas, der ihn überflügelt. Zu seinem ersten großen Kampf wollen sogar die Eltern kommen und ihn, Adrian, anfeuern. Da kann er fast vergessen, dass er gerade erst herausgefunden hat, dass er adoptiert wurde. Jonas ist das leibliche Wunderwunschkind, war ja klar. Als der Kampf beginnt, sind die Eltern nicht da. Und Adrian ist verzweifelt. Schon wieder hat ihm Jonas alles versaut. Wenn er nur weg wäre ... - Ein mörderischer Stoff, kriminell gut geschrieben und mit psychologischem Tiefgang - Inspiriert von einem echten Fall: Zum Schutz der Persönlichkeitsreche der echten jugendlichen Täter*innen sind die Geschehnisse fiktionalisiert - Für Jugendliche und alle, die sich für jugendliche Straftäter*innen interessieren Ein weiterer spannender Fall: 'Almost True Crime - Wer nicht liebt, muss sterben'

Ruth Stiller schreibt seit vielen Jahren Krimis. Besonders beschäftigen sie Ursache und Wirkung der Verbrechen von und an jungen Menschen. Wie kann man schwere Gewalttaten von Jugendlichen erklären? Welche Rolle spielt die Familie? Und welche Chancen auf Rettung hätte es gegeben? Die Autorin denkt sich die Geschichten aus, die sie hinter den menschlichen Abgründen und Tragödien vermutet. So könnte es gewesen sein. Ruth Stiller lebt hinter einer der vielen Fassaden in München und schaut hinaus.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextWarum morden Jugendliche? True Crime, endlich auch für Jugendliche!  Ein Jugendroman, inspiriert von einem wahren Verbrechen:  Jonas kann einfach mit allen und was er anpackt, gelingt. Adrian dagegen steht im Schatten seines kleinen Bruders. Doch dann entdeckt er das Boxen für sich, er hat Talent, und endlich was Eigenes gefunden, hier gibt's keinen Jonas, der ihn überflügelt. Zu seinem ersten großen Kampf wollen sogar die Eltern kommen und ihn, Adrian, anfeuern. Da kann er fast vergessen, dass er gerade erst herausgefunden hat, dass er adoptiert wurde. Jonas ist das leibliche Wunderwunschkind, war ja klar. Als der Kampf beginnt, sind die Eltern nicht da. Und Adrian ist verzweifelt. Schon wieder hat ihm Jonas alles versaut. Wenn er nur weg wäre ... - Ein mörderischer Stoff, kriminell gut geschrieben und mit psychologischem Tiefgang - Inspiriert von einem echten Fall: Zum Schutz der Persönlichkeitsreche der echten jugendlichen Täter*innen sind die Geschehnisse fiktionalisiert - Für Jugendliche und alle, die sich für jugendliche Straftäter*innen interessieren Ein weiterer spannender Fall: 'Almost True Crime - Wer nicht liebt, muss sterben'

Ruth Stiller schreibt seit vielen Jahren Krimis. Besonders beschäftigen sie Ursache und Wirkung der Verbrechen von und an jungen Menschen. Wie kann man schwere Gewalttaten von Jugendlichen erklären? Welche Rolle spielt die Familie? Und welche Chancen auf Rettung hätte es gegeben? Die Autorin denkt sich die Geschichten aus, die sie hinter den menschlichen Abgründen und Tragödien vermutet. So könnte es gewesen sein. Ruth Stiller lebt hinter einer der vielen Fassaden in München und schaut hinaus.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783522622028
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum28.09.2023
AuflageAuflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse2449 Kbytes
Artikel-Nr.11462045
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. KAPITEL

Jonas war immer der Sonnenschein, schon bei der Geburt lachte ihm der Himmelskörper aus dem Arsch. So jedenfalls die Erzählung. »Kam auf die Welt und lachte, mein Kleiner!« Wenn Mama davon sprach, musste sie auch immer lächeln. Adrian hatte keine Erinnerung daran, vielleicht ein Gefühl, den merkwürdigen Geschmack von Veränderung im Mund. Als Jonas dazukam, war er nicht mehr der Einzige.

Jetzt, 14 Jahre später, saß der immer noch Kleine mit aufgeregten, roten Wangen am Frühstückstisch, fuchtelte mit der Gabel, auf die er sein Brötchen gespießt hatte, in der Luft herum und plapperte mit vollem Mund ohne Unterlass. »Du schaffst das, Adi, ich bin ganz sicher, du bist doch voll die Wand in der Verteidigung, Endstation für jeden Stürmer, ha!« Das Brötchen flog in hohem Bogen durchs Zimmer, prallte an die Schrankwand und verendete auf dem Boden. »Beweis!«, brüllte er, lachte sich halb tot und Mama mit ihm, fand immer lustig, was für ihn lustig war.

»So, und jetzt komm du mal runter«, sagte Papa grinsend und legte ihm die große Hand auf den Arm. »Dein Bruder muss sich konzentrieren.« Er trug schon sein Traineroutfit, Coach Bellmer stand in Neonbuchstaben hinten drauf. Papa wusste wahrscheinlich, dass er bei seinen Schützlingen nur der Beller hieß. Er konnte sich wahnsinnig aufregen, wenn etwas nicht klappte, wenn er Sachen zweimal sagen musste, wenn die Jungs nicht in den Tritt kamen oder herumalberten. »Fußball ist eine ernste Angelegenheit«, pflegte er zu predigen, »wir sind ein Team, keiner lässt den anderen im Stich und keiner macht was anderes als die anderen!« Fußball war Papas Leben.

Adrian rührte sein Frühstück nicht an. Er wollte ja, Mama hatte sich mächtig ins Zeug gelegt, Haferflocken und Banane und lauter so Proteinsachen, aber allein die Vorstellung, irgendetwas runterzuschlucken - unmöglich. Heute war es so weit. Heute würde der Scout kommen. Er hatte noch keinen Namen, einfach der Scout vom FC Bayern. Vor vier Wochen hatte Papa Adrian zur Seite genommen, es verkündet und ihm erklärt, was das bedeutete. Als ob er das nicht selbst wusste. Der Scout, Adrian stellte ihn sich im schwarzen Trenchcoat vor, den Schlapphut so tief ins Gesicht gezogen, dass man nie seine Augen sah, die wiederum aber alles scharf im Blick hatten, den ganzen Platz, jeden Spieler. Der Scout suchte neue Talente, die dann in die Schmiede geholt und geformt wurden. Um wenig später Stars beim erfolgreichsten Fußballverein in Deutschland zu werden und noch später in der Welt.

Es kam nicht oft vor, dass sich so ein Scout zu ihnen verirrte, Adrian hatte es noch nie erlebt, Papa einmal. Ohne Erfolg damals. Was wäre es doch für eine Krönung seiner langjährigen Arbeit, einen seiner Jungs weiter befördern zu können. Und noch mehr Krönung sicherlich, wenn es dann auch noch Adrian wäre. Also hatten sie trainiert. Ganz normal montags, mittwochs und freitags mit der Mannschaft, aber an den anderen Tagen nur sie beide. Ausdauer war Adrians Thema auf der einen Seite. Dranbleiben, immer weiter, über Grenzen gehen, sich nicht kleinkriegen lassen vom eigenen Körper. Auf der anderen Beherrschung. Wie sein Vater konnte auch er von jetzt auf gleich aus der Haut fahren. Dann sah er nur noch weiß, ein grelles Licht, keine Chance mehr, klar zu denken, sich zu kontrollieren. Gut für einen Verteidiger an sich, aber schlecht, wenn man jedes Mal nach 15 Minuten vom Platz musste, weil man dem Gegner ein Ohr abgebissen hatte. Nein, das natürlich nicht. Aber Adrian war gefürchtet und fehlte dann oft in der entscheidenden zweiten Halbzeit. Sie übten Ausdauer und Kontrolle. Papa kannte da alle möglichen Tricks, hatte er doch selbst sein ganzes Leben lang mit dem Thema zu tun, und bei ihm ging es schon viel besser. Fand er. Den Gedankenkreis unterbrechen, den Fokus erweitern, an was anderes denken, von hundert runter zählen, nicht gleich antworten, einfach umdrehen und gehen. Sachen in dieser Art. Anstrengende, aber auch schöne vier Wochen. Adrian konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so viel Zeit mit seinem Vater allein verbracht hatte. Immerhin hatte Jonas das Talent, nicht er. So wie der alles hatte und konnte und wusste. Einfach so.

Als Jonas das erste Mal mit zum Fußball durfte, alt genug war, um bei den Minis mitzutrainieren, war es wie eine Offenbarung für den Beller. Als hätte sein Kleiner sein Leben lang nichts anderes gemacht, als einen Ball vor sich herzuschieben. Natürlich war Jonas oft dabei gewesen, oder Adrian hatte mit ihm in den Auen gekickt. Er hatte ihn immer mitgenommen, seinen kleinen Bruder. Nicht, weil er musste, Mama behielt ihn auch liebend gerne bei sich, ihren Sonnenschein, sondern weil Jonas wollte. »Joni will mit, Joni will mit Adi mit!« Also war er dabei, als Adrian mit seinem besten Freund Moritz die Playstation entdeckte, als sie den Dschungel hinter gepflegter Landschaft durchkämmten, um ein geheimes unterirdisches Lager zu entdecken, und auch im Freibad. Jonas konnte wie von selbst schwimmen. Er war nicht lästig, Adrian musste nicht aufpassen, Jonas war dabei, gliederte sich ein und konnte immer etwas beitragen. Bis er seinen ersten Asthmaanfall bekam.

Plötzlich, wie aus heiterem Himmel, hatten sie Mama erzählt, aber das stimmte natürlich nicht ganz. Moritz hatte eine Schachtel Zigaretten ins Lager mitgebracht. Sie waren zehn oder so, aber Moritz war schon immer neugierig und abenteuerlustig. Er hatte vor nichts Angst, probierte alles aus und brauchte schnell wieder neuen Input. Adrian mochte ihn dafür, folgte ihm, obwohl wenigstens er gelegentlich Bedenken vortrug, nur, um etwas gesagt zu haben, half eh nichts. Also rauchten sie und Jonas saß dabei. Natürlich hatte Moritz ihm auch eine angeboten, aber Jonas wollte nicht. Das war nichts für Sonnenscheine, er begab sich nicht in unnötige Gefahr, warum auch. Als er dann einen Hustenanfall bekam, lachten sie ihn aus, aber es wurde immer schlimmer, Jonas lief blau an und gab nur noch Pfeifen und Röcheln von sich. Sie schleppten ihn an die frische Luft, kühlten seinen Kopf mit Wasser aus einer schlammigen Pfütze, klopften ihm auf den Rücken. »Atmen, du musst atmen, Joni!« Damals wusste Adrian noch nicht, dass man nicht aufgeregt sein durfte, sondern Ruhe in die Situation bringen musste. Obwohl ihm das auch später nicht wirklich gelang, wie auch, wenn da einer vor deinen Augen um Luft ringt. Kurz bevor er tatsächlich erstickte, war es vorbei. Jonas konnte wieder atmen.

»Wir sagen das nicht Mama, okay?«, schlug er leise und erschöpft vor, aber das kam für Adrian nicht infrage. Jonas musste zum Arzt, das war doch kein gewöhnlicher Husten gewesen, das musste auf jeden Fall untersucht werden. »Wir könnten die Zigaretten in der Erzählung weglassen.« Er grinste und strich seinem Bruder über die schweißnasse Stirn. Jonas nickte, okay, aber er wusste eben auch, wie Mama war. Jetzt würde sie noch mehr auf ihn aufpassen, mit ihm zu allen Lungenspezialisten der Stadt laufen und statt mit Moritz und Adrian Abenteuer erleben zu können, musste er zu Hause bleiben. Da konnte sie ein Auge auf ihn haben und ihm bei Wiederholung einen der hundert Asthma-Inhalatoren bringen, die sie im ganzen Haus bereitgelegt hatte. Papa bestand trotzdem darauf, ihn mit zum Fußball zu nehmen. Er war eher der Vertreter der Herausforderung, nicht der Schonung. »Was plötzlich kommt, das geht auch wieder. Das muss man gepflegt ignorieren!« Jonas war so glücklich. In seinem Trikot und den Fußballschuhen neben Adi, mit Adi, zum Training. Er strahlte sein Sonnenscheinlächeln, strahlte Mamas Besorgnis weg. Und legte los. Einen Inhalator in der Hosentasche, einen in der Jacke, einen im Strumpf und im Rucksack zwei.

»Das kennt man doch aus den Krimis«, hatte Mama erklärt. »Da wird zum Beispiel einer entführt und dann hat er so einen Anfall und sein Spray nicht dabei ... zack, das war´s!« Adrian versprach ihr aufzupassen, dass Jonas nicht entführt wurde, und dann, als er sah, wie sein kleiner Bruder Fußball spielte, wie er rennen konnte, ohne zu husten, sich in die Mannschaft einfügte, genau wusste, wo er hinlaufen sollte, voll den Überblick und schon im ersten Fußballspiel seines Lebens zwei Tore machte, wollte er einen winzigen Moment lang lieber doch nicht aufpassen.

Moritz musterte ihn aufmerksam von der Seite. Sie saßen auf den Holztribünen am Spielfeld und waren gekommen, um die Kleinen anzufeuern, so wie es die Großen damals bei ihnen auch gemacht hatten. Und das taten sie. Sprangen bei jeder Aktion auf, brüllten und streckten die Siegerfäuste in die Luft, tanzten, sangen, übten Sprechchöre. Moritz stieß Adrian in die Seite. »Der ist gut.« Adrian nickte nur, und Moritz kaute auf seiner Lippe, wie immer, wenn er kurz überlegen musste, was als Nächstes zu tun war. »Bist du eifersüchtig?«

»Quatsch. Das ist mein Bruder.«

»Hat das was damit zu tun? Ich glaube, gerade weil es dein Bruder ist.«

Moritz hatte keine Ahnung. Weil keinen Bruder. Aber reden konnte er immer viel. Vielleicht war Adrian eifersüchtig, natürlich, aber das war so ein grundsätzliches Gefühl, das er schon immer hatte, seit der...
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Ruth Stiller schreibt seit vielen Jahren Krimis. Besonders beschäftigen sie Ursache und Wirkung der Verbrechen von und an jungen Menschen. Wie kann man schwere Gewalttaten von Jugendlichen erklären? Welche Rolle spielt die Familie? Und welche Chancen auf Rettung hätte es gegeben? Die Autorin denkt sich die Geschichten aus, die sie hinter den menschlichen Abgründen und Tragödien vermutet. So könnte es gewesen sein. Ruth Stiller lebt hinter einer der vielen Fassaden in München und schaut hinaus.