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Glaubensworte, weiblich

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Herder Verlag GmbHerschienen am14.08.20231. Auflage
Der Nachfolgeband von 'Gotteswort, weiblich' legt unter den autoritär-hierarchischen Schichten, die sich im kirchlichen Sprechen vom Glauben angelagert haben, die umstürzende Erfahrung der Befreiung offen, die in den neutamentlichen Schriften noch durchklingt. Er versammelt Glaubensworte für heute, die sich aus dieser Erfahrung speisen, Gebete und Psalmen für einen Glauben in Freiheit und Vertrauen.  

Annette Jantzen, geboren 1978, Dr. theol., ist Pastoralreferentin im Bistum Aachen und tätig im Bereich der Jugendverbandsarbeit und der Frauenseelsorge. Sie studierte katholische Theologie in Bonn, Jerusalem, Tübingen und Strasbourg und schrieb ihre Promotionsschrift über Priester im Ersten Weltkrieg. Als Frauenseelsorgerin startete sie den Blog www.gotteswort-weiblich.de.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR11,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextDer Nachfolgeband von 'Gotteswort, weiblich' legt unter den autoritär-hierarchischen Schichten, die sich im kirchlichen Sprechen vom Glauben angelagert haben, die umstürzende Erfahrung der Befreiung offen, die in den neutamentlichen Schriften noch durchklingt. Er versammelt Glaubensworte für heute, die sich aus dieser Erfahrung speisen, Gebete und Psalmen für einen Glauben in Freiheit und Vertrauen.  

Annette Jantzen, geboren 1978, Dr. theol., ist Pastoralreferentin im Bistum Aachen und tätig im Bereich der Jugendverbandsarbeit und der Frauenseelsorge. Sie studierte katholische Theologie in Bonn, Jerusalem, Tübingen und Strasbourg und schrieb ihre Promotionsschrift über Priester im Ersten Weltkrieg. Als Frauenseelsorgerin startete sie den Blog www.gotteswort-weiblich.de.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783451846120
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum14.08.2023
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse594 Kbytes
Artikel-Nr.11541989
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Teil 2:
Das Wort-von-Jesus in der Kirche

Die Kirche, wie sie sich in ihrem Kleid aus dem 19.  Jahrhundert zeigt, das sie für unwechselbar hält, als wäre es nicht eine zeitbedingte Angelegenheit wie aller Stoff, diese Kirche hat sich in eine Sackgasse begeben, aus der es nicht nur keinen Ausweg außer der Umkehr gibt, sondern in der auch der Weg sehr weit weg geführt hat von dem, was einmal am Anfang gestanden hat. Nun ist mir klar, dass es eine Fiktion ist, an allem geschichtlichen Gewordensein vorbei wieder zurück zu einem vermeintlich idealen Ursprung zu kommen. Wie dieser Ursprung geglaubt wird, das ist ja wiederum auch sehr zeitabhängig, und zudem wird mir immer unbehaglich, wenn Menschen zu sicher zu wissen meinen, was genau am Anfang gewesen sei, wie sich Dinge von Gott gesehen aus darstellten und was sich daraus für Imperative ergäben. Ich beziehe in diesen Fragen auch Stellung - als eine Stimme unter vielen, und in der Hoffnung, dass sich letztendlich dieses Stimmengewirr zu einem runden Gesamtklang zusammenfinden können wird. Bei aller Vorläufigkeit und aller Gefahr, das Eigene in die Ursprungstexte hineinzulesen, die die Möglichkeit begrenzen, aus einem Ursprung verlässlich für heute schöpfen zu können, braucht es gleichzeitig aber immer wieder diesen Rückgriff auf den Anfang, wenn man mit sich selbst identisch bleiben will. Besser: Es braucht beides, den Rückgriff auf den Anfang und ein Hoffnungsbild auf das Ende hin, und beide unterliegen Entscheidungen. Denn ein neutraler, objektiver Blick ist weder zurück noch nach vorn möglich - es wird immer mit eine Rolle spielen, wer wir sind, wer wir sein wollen, was uns wichtig ist, was wir glauben von Gott, vom Menschen und vom Leben. Und dann kommt es zu interessanten Wechselwirkungen: Auch wer mit Vorannahmen an einen Text herangeht (also jede*r), kann überrascht werden, Widerständiges finden, sich in Frage stellen lassen. Ob man dem Text oder der Zukunftshoffnung Geltung zumisst, ist dann aber immer noch einmal eine weitere Frage und die kann niemand stellvertretend beantworten. Und: Beim Herangehen an einen Text kommt man in Kontakt mit dessen Autor*in, und auch dieser Mensch hat wiederum mit seiner Wahrnehmung geprägt, wovon er oder sie erzählt, und auch der kann man auf die Spur kommen und sich dazu verhalten. Der Text, auch wenn er im für Christ*innen maßgeblichen Buch der Bücher steht, hat nicht ohne Kontext, ohne Begründung und ohne eine Resonanz beim Lesen von sich aus Autorität über uns Heutige.

Was ich im Folgenden mache, wenn ich einen Rundgang durch Texte des Neuen Testaments anbiete, ist keine klassische Exegese, die sich die einzelnen Bücher systematisch vornimmt, sie einordnet, ihren Sitz im Leben klärt, nach Entstehungskontexten, Textbrüchen und -schichten fragt und so die Aussageabsicht des Textes herausarbeitet. Ich gehe natürlich nicht ohne dieses Handwerkszeug an die Texte heran, aber dieser Angang bleibt punktuell und wenig systematisch. Mir geht es um die Aneignung der Texte für heute und darum, freizulegen, wo sie herangezogen werden, um Ungerechtigkeit zu rechtfertigen, oder wo zumindest nicht so sorgsam mit den Übersetzungsmöglichkeiten umgegangen wurde, dass die Texte nicht sexistische Diskriminierung verstärken. Mir geht es um das Jesusbild und das Bild der frühen Gemeinden, das heute in der katholischen Kirche auch mithilfe der Lesungstexte aus dem Neuen Testament gezeichnet wird und das allzu oft doch von heutigen Vorannahmen insbesondere zur angeblich schon immer geltenden Geschlechterordnung geprägt ist. Natürlich ließe sich zu jedem einzelnen Text weit ausführlicher und differenzierter arbeiten. Ich nähere mich den Texten so, wie sie denjenigen begegnen, die mehr oder weniger zufällig in einen katholischen Gottesdienst geraten, oder die mit biblischer Weltdeutung in Kontakt kommen, oder die einige der Texte und Verse noch aus der Zeit ihres Heranwachsens im Ohr haben: eine Auswahl, nicht frei von Zufälligkeiten, die sich daraus erklärt, welche Texte über die Kirchenjahre hin Lesungstexte im Gottesdienst sind und zu denen es mir wichtig schien, eine Alternative zu herkömmlichen, oft subtil oder weniger subtil frauendiskriminierenden Lesarten anzubieten oder auf verborgene Strömungen hinzuweisen, die den jeweiligen Text als Befreiungsbotschaft erschließen helfen. Die entstandenen Texte sind relativ kurz und richten sich nicht an die wissenschaftliche Community, sondern zielen auf das breitere innerkirchliche Gespräch - und möglichst bleibt es dann nicht beim innerkirchlichen Gespräch, sondern ergeben sich Impulse auch zur Gestaltung der Welt, in der wir leben. Denn ohne diesen Horizont bliebe es eine Nabelschau, und die braucht niemand. Umgekehrt erst wird ein Schuh draus: Für die Glaubwürdigkeit der Weltgestaltung ist es an mittlerweile vielen Stellen nötig, auch die eigene Kirche neu zu gestalten.

Ich habe die Reihenfolge, in der die Texte in den Kirchenjahren angeordnet sind, hier nicht beibehalten, sondern in drei Bereiche gegliedert:

Ich fange an mit Jesus, der Messias , wo es um Jesus selbst geht - die Traditionen, vor denen die Texte über ihn entstanden sind, seinen Umgang mit Frauen, seine Freund*innen.

Im Abschnitt Das Wort-von-Jesus in den frühen Gemeinden gehe ich dem nach, wie damals Gemeinden aussahen, was ihre Themen waren, was ihr Glaubensvorbild für uns sein kann. Dazu gehört auch, freizulegen, wie die Schwerkraft des Patriarchats auch in diesen Gemeinden seine Wirkung entfaltete. Ich frage danach, wie heute das diverse Bild der frühen Gemeinden oft vereinfacht und vergröbert wird, wie mit antiken Texten heutige sexistische Diskriminierung gerechtfertigt wird und welche Visionen von Freiheit diese Texte trotzdem und überraschenderweise für uns bereitstellen können. Und ich frage nach der Macht der sprachlichen Gewohnheit, die Frauen damals wie bis vor sehr kurzer Zeit standardmäßig unsichtbar machte, und nach der entsprechenden Verantwortung von Übersetzer*innen. Dabei gehe ich einmal quer durch die Briefe des Paulus an die Gemeinden im griechischen und kleinasiatischen Mittelmeerraum, und dabei ergibt sich auch immer einmal wieder eine Diskussion mit Paulus über Feminismus und Antidiskriminierung.

Im Teil Heute Teil der Kirche sein liegt der Fokus auf der möglichen Wirkung der Texte für das Kirchesein heute. Hier geht es um den Umgang mit sexueller Gewalt, mit Frauen, um den Verlust von Glaubwürdigkeit und die Suche nach dem, was trotzdem an Glaubensschatz noch zu bewahren ist, wo auch immer.

Die Übersetzungen der biblischen Texte sind, wo es nicht anders angegeben ist, der Bibel in Gerechter Sprache entnommen.
Jesus, der Messias
Eine Stimme ruft in der Wüste (Lk 3,1-6)

Im 15. Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war und Herodes Fürst von Galiläa, sein Bruder Philippus aber Fürst der Landschaft Ituräa und Trachonitis und Lysanias Fürst von Abilene, unter den Hohenpriestern Hannas und Kajaphas, da erging das Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias und der Elisabet, in der Wildnis. Und er ging in alle umliegenden Gebiete des Jordans und machte dort ein Tauchbad bekannt, ein Tauchbad der Umkehr, um von den Sünden loszukommen. Wie im Buch der Sprüche des Propheten Jesaja geschrieben steht:

Eine Stimme ruft in der Wildnis: Bereitet den Weg der Lebendigen, machet ihre Pfade gerade! Jede Schlucht wird aufgefüllt, jeder Berg und Hügel wird niedrig, krumme Wege werden begradigt und holprige Wege werden geebnet werden! Und alle werden das Rettende Gottes sehen!

Die Jahre: Werden nach Männern und ihrer Herrschaftszeit gezählt.

Die religiös Handelnden: Sind Männer. Hannas, Kajaphas, und wenn nicht gerade wie hier die Bibel in gerechter Sprache herangezogen wird, dann wird auch von Johannes ausschließlich der Vater benannt, Zacharias.

Und Johannes: Kündigt als Prophet den Messias an, als der sich Jesus von Nazaret erweist, Prophet, Menschensohn, Sohn Gottes-des-Vaters. (Ihn in den Worten und Gesten einer Frau zu erkennen, gilt in der katholischen Kirche immer noch als unmöglich.)

So haben es Generationen von Gläubigen gelernt, so gehört dieser Vers mit zu den bekanntesten der Bibel: Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Oder aber: Eine Stimme ruft: In der Wüste bereitet den Weg des Herrn! Das Hebräische, Sprache des prophetischen Textes, der hier aufgegriffen wird, gibt beides her. Denn die Bibel ist vieles, aber nicht einfach, und eindeutig oft eben auch nicht.

Ist in dieser Botschaft Platz für Frauen? Es wäre nicht redlich, hier mit einem bedingungslosen Ja zu antworten. Man kann diese Texte so lesen - und es wurde und wird getan -, dass Frauen darin ihren Platz nur als Gemeinte zweiter Klasse haben: ungehört, ungenannt, ungesehen - die mitgemeinten Auch-Menschen, die nie so gottgleich und so gottgehört sind wie die Männer, deren Stimmen durch die Texte klingen.

Zum Glück ist Gott-die-Lebendige größer. Denn wem da der Weg geebnet werden soll, wer sich in dieser schwierigen Umgebung erfahrbar machen will, wer sich darauf einlässt, entweder ein in der Stille verhallendes Wort zu sein (eine Stimme ruft in der Wüste) oder sich in unwegsamem Land finden lassen will (eine Stimme ruft: In der Wüste) - diese Gottheit ist größer. Engherzige Diskriminierung hat in ihr keinen Platz.

Wessen Ankunft da erwartet wird, das ist kein Herrgott, sondern der Abglanz einer Erfahrung. Gott kommt ins Wort, wo Menschen ihre Erfahrungen teilen: Erfahrungen dessen, was größer, tiefer und lebendiger ist als unser Leben zwischen Aufgang und Untergang. Eine Stimme...
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