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Wasserläufer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Tropenerschienen am15.07.2023Die Auflage entspricht der aktuellen Auflage der Print-Ausgabe zum Zeitpunkt des E-Book-Kaufes
Ein Sommer zwischen Freundschaft und Verrat, Liebe und Hass, Leben und Tod Michael Kröcherts Romandebüt ist eine Reise ins flüssige Herz Brandenburgs. Ein zarter, geradezu schwereloser Sommerroman auf dem Wasser. Erzählt wird die Geschichte eines Mannes, der sich an einer großen Weggabelung seiner Biografie wiederfindet und endlich für das Leben entscheidet. Ein Abenteuer der Weltflucht, Selbstfindung und Freiheit - in politisch explosiven Zeiten. Rio braucht dringend Abstand zu seinem Leben. Kurzentschlossen baut er sich ein Floß, auf dem er die nächsten Wochen verbringen wird. Doch das Idyll gerät schnell ins Wanken. Während Rio inmitten von Seerosen und Wasserläufern seine innere Freiheit zu finden versucht, zerreißt eine Explosion die Stille auf seinem Floß. Ein Anschlag auf einen Geschäftsmann vom Nachbarsee, wie er später erfährt. Doch das ist nicht das Einzige, das den Frieden stört. Auch die Einsamkeit macht Rio mehr zu schaffen als erwartet. Und so freundet er sich mit Birk und Johanna an, die am Ufer des Sees ein unkonventionelles Leben führen. Als dann ein Berliner Künstlerpaar auf seiner 20-Meter-Luxus-Jacht vor Anker geht, nimmt Rios Sommer eine unvorhergesehene Richtung. Er entdeckt noch weitere Sprengsätze und wird vor die größte Entscheidung seines Lebens gestellt: Was für ein Leben will er führen? Was für ein Mensch will er sein?

Michael Kröchert, geboren 1975 in Hildesheim, studierte Drehbuchschreiben an der Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg. Ausgedehnte Reisen in den Mittleren Osten, durch Asien und Ozeanien. Fotografiert und schreibt für Berliner Kurier, Der Freitag, Zeit Online. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextEin Sommer zwischen Freundschaft und Verrat, Liebe und Hass, Leben und Tod Michael Kröcherts Romandebüt ist eine Reise ins flüssige Herz Brandenburgs. Ein zarter, geradezu schwereloser Sommerroman auf dem Wasser. Erzählt wird die Geschichte eines Mannes, der sich an einer großen Weggabelung seiner Biografie wiederfindet und endlich für das Leben entscheidet. Ein Abenteuer der Weltflucht, Selbstfindung und Freiheit - in politisch explosiven Zeiten. Rio braucht dringend Abstand zu seinem Leben. Kurzentschlossen baut er sich ein Floß, auf dem er die nächsten Wochen verbringen wird. Doch das Idyll gerät schnell ins Wanken. Während Rio inmitten von Seerosen und Wasserläufern seine innere Freiheit zu finden versucht, zerreißt eine Explosion die Stille auf seinem Floß. Ein Anschlag auf einen Geschäftsmann vom Nachbarsee, wie er später erfährt. Doch das ist nicht das Einzige, das den Frieden stört. Auch die Einsamkeit macht Rio mehr zu schaffen als erwartet. Und so freundet er sich mit Birk und Johanna an, die am Ufer des Sees ein unkonventionelles Leben führen. Als dann ein Berliner Künstlerpaar auf seiner 20-Meter-Luxus-Jacht vor Anker geht, nimmt Rios Sommer eine unvorhergesehene Richtung. Er entdeckt noch weitere Sprengsätze und wird vor die größte Entscheidung seines Lebens gestellt: Was für ein Leben will er führen? Was für ein Mensch will er sein?

Michael Kröchert, geboren 1975 in Hildesheim, studierte Drehbuchschreiben an der Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg. Ausgedehnte Reisen in den Mittleren Osten, durch Asien und Ozeanien. Fotografiert und schreibt für Berliner Kurier, Der Freitag, Zeit Online. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783608121889
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.07.2023
AuflageDie Auflage entspricht der aktuellen Auflage der Print-Ausgabe zum Zeitpunkt des E-Book-Kaufes
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4265 Kbytes
Artikel-Nr.11546677
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1


Ich nahm Anlauf und sprang. Fühlte das Schwanken der Plattform unter meinen Füßen und wie ich durch die Luft zischte, wie die Wasseroberfläche zerplatzte, wie zuerst meine Arme, dann mein Kopf, die Schultern ins Wasser stürzten, als hätte es nur darauf gewartet.

Ich ließ mich gleiten, tauchte auf, holte tief Luft und machte die ersten Schwimmbewegungen. Arme zum Körper ziehen, Beine anwinkeln, abstoßen. Ich nahm mir vor, langsam zu schwimmen, um meine Kräfte einzuteilen, wollte es bis zur Insel schaffen, aber schon nach zwanzig oder dreißig Zügen merkte ich, dass ich zu lange in der Sonne gelegen, vielleicht zu viel Kaffee getrunken hatte. Vielleicht war mir das Wasser auch einfach zu kalt. Nur am Ufer gab es diese dicke Speckschicht aus warmem Wasser, das von der Sonne in den letzten Wochen aufgeheizt worden war.

Ich entschied, die Insel ein anderes Mal zu besuchen, und schwamm zurück. Im Uferbereich - dort, wo mein Floß lag - war das Wasser nicht tief und ich tat das, was ich nach dem Schwimmen so gerne tat. Ich begutachtete die Planken, testete, ob die Gurte an den Tonnen noch straff waren, ob alle Schrauben festsaßen. Aber eigentlich umrundete ich das Floß nur, weil ich mich nicht daran sattsehen konnte, weil ich es mit eigenen Händen gebaut hatte.

Danach watete ich weiter zum Ufer, um das Schilf aus nächster Nähe zu betrachten. Interessanterweise wuchs es zusammen mit anderen Pflanzen wie auf kleinen Miniaturinseln. Da war Wasserminze, da waren Schwertlilien und Schwanenblumen, und als ich eine Weile reglos stehenblieb, kamen Wasserläufer und kleine Fische aus ihren Verstecken. Zugleich hörte ich dieses wilde Geraschel, so als würde es im Dickicht um Leben und Tod gehen. Im Grunde genommen ging es dort ständig um Leben und Tod.

Als ich mich abgetrocknet und mir meine Hose angezogen hatte, holte ich die Matratze aus ihrer Aufhängung unter dem Dach und warf sie auf die Planken. Ich hatte erst am Tag zuvor festgestellt, dass es das Beste war, wenn ich sie tagsüber nicht flach hinlegte, sondern das Kopfteil gegen den Mast lehnte. »Ja«, sagte ich leise und stopfte mir den Schlafsack hinter den Kopf. Halb auf der Matratze liegend, halb sitzend schloss ich die Augen und fühlte den Wind auf meiner Haut. Er kam an diesem Nachmittag aus Richtung der Sonne, aus Südwest, wie aus einer anderen Welt. Er ließ mich die Hitze vergessen, strich leichthin über den See, zu mir. Und so wie dieser kühle Wind, so war auch das kontinuierliche Schwanken des Floßes und das Glitzern des Lichts auf den Wellen erregend und einschläfernd zugleich.

Der Soliner See, auf dem ich ankerte, war groß. Fast zwei Kilometer lang und ungefähr einen halben Kilometer breit. Am westlichen und östlichen Ende lagen Dörfer, die man vom Wasser aus jedoch nicht sehen konnte. Sie hießen Ranitz und Bridow. Am nordöstlichen Ende gab es eine große Bucht. Es gab eine kleine, bewaldete Insel ungefähr in der Mitte und ausgedehnte Schilfgürtel vor allem am nördlichen Ufer. Der restliche See grenzte an Wald. Es war eines dieser Gewässer, die am Ende der letzten Eiszeit entstanden waren und von denen es rund um Berlin Hunderte gab. Ich kannte den See gut, war schon als Kind zum Baden hier gewesen, dann später als Teenager mit dem Kajak, natürlich auch mit Alissa.

Ich verschränkte die Arme hinter dem Kopf und blickte auf die Wellen, die auf dem Wasser spielten. Wenn ich es mir nach dem Schwimmen bequem machte und über meinen Bauch, meine Beine und Füße hinweg über den See schaute, wurde ich müde und so angenehm schwer. Ich ließ Erinnerungen und Gedanken schweifen, blinzelte eine Weile mit halb geschlossenen Augen in die Ferne, und als ich zu müde wurde, stand ich auf und kochte mir einen Espresso. Vom ersten Tag an war das eins der zentralen Rituale dieses Sommers. Lange bevor ich Magda und Jost kennenlernte. Ich hatte mir am Tag meiner Abreise einen neuen Campingkocher besorgt. Er nannte sich pocket rocket de luxe. Diesen Aufsatz auf die Kartusche zu setzen, das fauchende Gas mit dem Feuerzeug zu entzünden, die silberne Kanne aufzuschrauben, mit Espressopulver und Wasser zu befüllen und zuzusehen, wie sich der schwarze Sud durch das Röhrchen ergoss - all diese Handgriffe waren wie eine Meditation, und jeden Schluck behielt ich lange auf der Zunge. Auch weil ich seit meiner Corona-Erkrankung kaum noch etwas schmecken und bis auf Zigarettenrauch überhaupt nichts mehr riechen konnte.

Nach dem Espresso fühlte ich eine Unruhe in mir. Ich konnte nicht mehr einfach nur dasitzen, Bücher lesen, Musik hören, träumen. Das Nichtstun hatte seine Süße verloren. Ich beschloss, das Floß umzusetzen, und stieg zurück ins Wasser, lichtete den Anker, band die Leine los und schob es zum Uferwald. Nein, ich vermisste niemanden. Ich suchte die Stille und das Alleinsein in der Natur. Deshalb war ich auf dem See. Deshalb hatte ich Berlin und meinem Alltag für eine Weile den Rücken gekehrt. Doch als ich eine Libelle beobachtete, die direkt vor mir schwebte, spürte ich, dass sich etwas in mir aufgestaut hatte. Ich musste mal wieder ein paar Worte mit jemandem wechseln. Mir reichten die Selbstgespräche und das Tagebuchschreiben nicht mehr aus.

Als ich das Floß an seinem neuen Platz festgemacht hatte, drehte ich mir die Abendzigarette, füllte das große Glas voll Tempranillo und paddelte mit dem Kajak in die Mitte des Sees. Diese Momente, wenn die Sonne sank und der Himmel seinen Farben freien Lauf ließ - vor allem dann musste ich an Alissa denken. Am nächsten Tag war es so weit. Wir waren für den 1. Juli zum Telefonieren verabredet. Bevor ich auf das Floß ging, hatte ich entschieden, dass ich die ersten zehn Tage ohne Handy sein wollte. Alissa hatte keine Lust gehabt, sich darauf einzulassen. Aber was das betraf, war ich nicht kompromissbereit. Ich nahm einen Schluck Wein und fragte mich, was ich ihr erzählen wollte. Wovon würde ich ihr berichten bei diesem ersten Telefonat nach zehn Tagen? Nicht von den stillen, himmlisch sonnigen und meditativen Momenten. Nicht von der Magie des Windes, der Sterne, der Insel oder der Wellen. Nicht von den Farben der Lilien und Seerosen, nicht von den Rufen der Kormorane, nicht von meiner Lektüre oder meiner allabendlichen Unruhe. Auch nicht, wie es sich anfühlte, keinen Kühlschrank zu haben, keine Milch, keine Schokolade. Nein, erzählen wollte ich ihr von meinem allerersten Erlebnis auf dem Floß.

2


Das Fahren gehörte zu den weniger angenehmen Aspekten, denn der Außenbordmotor, den ich am Heck des Floßes befestigt hatte, war alt und schwach. Er hatte nur zwei PS, erlaubte keine Ad-hoc-Manöver und machte einen höllischen Lärm. Zwar hatte ich ihn auf einer Probefahrt getestet, aber als ich mich dann endgültig auf den Weg machen wollte, war ich angespannt. Zum ersten Mal würde ich eine weite Strecke mit meinem Floß zurücklegen.

Das Grundstück, auf dem ich es gebaut und zu Wasser gelassen hatte, gehörte meiner Tante und hatte einen Zugang zum Dämeritzsee. Der Soliner See, auf dem ich den Sommer verbringen wollte, war von dort aus fünfzehn Kilometer entfernt. Beide Seen waren über einen Fluss miteinander verbunden - die Lahne. Das war nicht weit, doch für mein Floß war diese Strecke ein Marathon. Die vier Tonnen, auf denen ich die Plattform befestigt hatte, lagen tief im Wasser und mit meinem Motor brauchte ich für fünfzehn Kilometer, noch dazu stromaufwärts, mindestens fünf Stunden, weshalb ich die Fahrt in zwei Etappen absolvieren wollte. Von früheren Ausflügen mit dem Kajak kannte ich einen Ankerplatz auf halbem Weg.

Ich legte um acht Uhr abends ab, weil ich möglichst wenig Booten begegnen wollte. Ich hatte alles startklar gemacht und schaute mit meiner Tante gemeinsam von ihrem Steg aus über den See. Niemand war mehr unterwegs, alle hatten ihre Ankerplätze bezogen. Hin und wieder flog ein Graureiher mit eingezogenem Kopf über das Wasser in Richtung Nacht. Auch die Wellen schienen den Betrieb jeden Moment einstellen zu wollen. Nur ein leiser Westwind wehte, der mich sanft vor sich herschieben würde.

Nach einer nüchternen Verabschiedung bestieg ich mein Floß und tuckerte los. Der Außenborder zerriss die Stille, und nach anderthalb Stunden Fahrt im Schritttempo erreichte ich das östliche Ende des Sees und die Mündung der Lahne.

Der Fluss barg am linken Ufer kleine, geschützte Buchten, die sehr idyllisch waren. Doch als ich zu der Bucht kam, in der ich ankern und die Nacht verbringen wollte, sah ich, dass genau dort ein Hausboot lag. Ich fühlte, wie sich mein Bauch verhärtete, der Magen krampfte. Mir wurde heiß. Eins dieser Gefühle, das ich nicht mehr haben wollte, das ich...
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Autor

Michael Kröchert, geboren 1975 in Hildesheim, studierte Drehbuchschreiben an der Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg. Ausgedehnte Reisen in den Mittleren Osten, durch Asien und Ozeanien. Fotografiert und schreibt für Berliner Kurier, Der Freitag, Zeit Online. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.
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Kröchert, Michael