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Eine gute Frau

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Arche Literatur Verlagerschienen am20.04.20231. Auflage
Klimafreundliche Ernährung, politisch korrekte Sprache, Gleichberechtigung der Geschlechter - wie soll man da noch alles richtig machen? Helenas Mann Jonas hat für die Osterferien eine Reise nach Mallorca organisiert. Die Kinder Juni und Elmer sind begeistert, Helena kocht vor Wut. Nach Mallorca fliegen? FLIEGEN? Mitten in der Klimakrise? Aber Helena hat noch ganz andere Probleme. In der aktivistischen Gruppe, in der sie sich engagiert, sind alle tätowiert und benutzen Wörter, die sie nicht versteht. Junis Bildschirmzeit macht ihr Sorgen, der sechzehnjährige Elmer bringt sie aus der Fassung, indem er plötzlich mit einem genderneutralen Pronomen angesprochen werden möchte. Und dann muss sie auch noch befürchten, dass Jonas sich in die jüngere Nachbarin verguckt hat. Als Helena am Tag der geplanten Abreise den Badeanzug ihrer Tochter nirgends finden kann, trifft sie eine kopflose Entscheidung, und ihr Leben droht vollends aus dem Ruder zu laufen. Dieser Roman trifft unsere Gegenwart mitten ins Herz.

Maria Frensborg wurde 1974 geboren und lebt in Uppsala. Sie arbeitete als Lehrerin für Schwedisch und Englisch, bevor sie sich ganz dem Schreiben zuwendete, und ist die Autorin von vielgelobten Kinder- und Jugendbüchern. Eine gute Frau ist ihr erster Roman.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR23,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextKlimafreundliche Ernährung, politisch korrekte Sprache, Gleichberechtigung der Geschlechter - wie soll man da noch alles richtig machen? Helenas Mann Jonas hat für die Osterferien eine Reise nach Mallorca organisiert. Die Kinder Juni und Elmer sind begeistert, Helena kocht vor Wut. Nach Mallorca fliegen? FLIEGEN? Mitten in der Klimakrise? Aber Helena hat noch ganz andere Probleme. In der aktivistischen Gruppe, in der sie sich engagiert, sind alle tätowiert und benutzen Wörter, die sie nicht versteht. Junis Bildschirmzeit macht ihr Sorgen, der sechzehnjährige Elmer bringt sie aus der Fassung, indem er plötzlich mit einem genderneutralen Pronomen angesprochen werden möchte. Und dann muss sie auch noch befürchten, dass Jonas sich in die jüngere Nachbarin verguckt hat. Als Helena am Tag der geplanten Abreise den Badeanzug ihrer Tochter nirgends finden kann, trifft sie eine kopflose Entscheidung, und ihr Leben droht vollends aus dem Ruder zu laufen. Dieser Roman trifft unsere Gegenwart mitten ins Herz.

Maria Frensborg wurde 1974 geboren und lebt in Uppsala. Sie arbeitete als Lehrerin für Schwedisch und Englisch, bevor sie sich ganz dem Schreiben zuwendete, und ist die Autorin von vielgelobten Kinder- und Jugendbüchern. Eine gute Frau ist ihr erster Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783037901441
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum20.04.2023
Auflage1. Auflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11547804
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Woche 9


Sonntagabend

Der Himmel brennt rosa,

ein beinahe geschmackloses Schauspiel


Die Jahreszeit draußen vor dem Fenster ist ziemlich eindeutig. Helena gefällt ihre Wechselhaftigkeit, vor allem jetzt, Anfang März, wenn der Frühling noch zusammengefaltet ist, in Erwartung wärmerer Tage. Kleine Blätterknospen, jung und unberührt.

Jealous of youth, der Neid auf die Jugend - darum geht es in diesem Smiths-Song, den sie manchmal vor sich her summt. Aber mit ihr hat das nichts zu tun, sondern mit einem Schulleiter, der seit den Sechzigern denselben staubigen Anzug trägt. Sie trällert den Song im Treppenhaus, als sie nach dem Training die Stufen zur Wohnung hinaufsteigt, ein bisschen zu laut vielleicht, sie will gehört werden, trifft die Töne ziemlich präzise und ihre Stimme trägt, vor allem in den Tiefen, sie hätte in eine Indie-Band gesteckt werden können. Aber jetzt soll es so klingen, als dächte sie, sie wäre allein.

Jonas hat gekocht, der Duft von Kreuzkümmel dringt bis in den Flur. Er hat teure Tulpen mit fransigen weiß-grünen Blütenblättern gekauft, den Tisch gedeckt und sogar Servietten rausgelegt. Beunruhigt küsst sie ihn auf die Wange.

Gibt´s was zu feiern?

Er lacht nur, trocknet sich die Hände an der Schürze ab, stellt den Topf auf einen Untersetzer.

Die Kinder kommen an den Tisch gerannt, als er sie ruft, sie sind auch neugierig. Was hat Jonas ihnen verraten, bevor sie nach Hause gekommen ist? Wissen sie mehr als sie?

Nun sag schon, Papa!

Jonas schmunzelt, genießt es sichtlich, Herr über die Neuigkeiten zu sein, die alle wissen wollen, er bindet sich die Schürze ab und grinst sie der Reihe nach an, nein, noch dürfen sie es nicht erfahren.

Erst wird gegessen!

Die Tulpen sind wunderschön, aber Helena hasst sie, hasst es, dass er so schnell neue gekauft hat, nachdem die letzten verwelkt waren. Als wären sie irgendein Gebrauchsgegenstand. Wie Toilettenpapier oder Butter. Sie will nicht sagen: Was für schöne Tulpen. Nein, sie weigert sich. Wendet sich stattdessen Elmer zu, fragt ihn, wie sein Nachmittag so war. Bekommt eine Standardantwort, gut, alles in Ordnung. Juni steht auf und langt nach dem Ketchup, Helena holt Luft, um zu protestieren, überlegt es sich aber doch noch anders, lässt die entweichende Luft zu einem Seufzer werden. So viel Zucker im Ketchup, aber Schluss mit dem unnötigen Gerede über Kalorien, das hatte sie sich schon damals im Geburtshaus vorgenommen, als sie sah, dass es ein Mädchen war.

Eine Mädchenmama. Wie soll sie dem Anspruch gerecht werden, Tag für Tag ein kompetentes, mental stabiles feministisches Vorbild zu sein?

Und endlich erzählt er, was los ist, nachdem alle vom Essen probiert haben: Bonus von der Firma. Kohle, dickes Portemonnaie.

Sie feiern Geld. Jonas grinst, seine Wangen schwellen an, fast wie bei einem Frosch. Sie schaut weg.

Wollt ihr mir nicht gratulieren?

Sie gratulieren.

Dann kann ich ja neue Lautsprecher kriegen, sagt Juni.

Jonas beugt sich runter zu Junis Stuhl, fummelt hinter ihren Knien herum, was passiert jetzt, kommt da noch mehr?

Nee, nee, keine Lautsprecher, aber schaut mal unter eure Sitzkissen.

Gehorsam heben sie ihre Popos an, tasten unter die Sitzkissen, finden bedruckte A4-Blätter, der Länge nach gefaltet. Flugtickets. Mallorca.

Papa, du bist der Beste! Juni fällt ihm um den Hals, drückt ihm sogar einen Kuss auf. Elmer ist zögerlicher, schielt zu Helena, versucht, ihren Blick zu deuten, fragt:

Wann fahren wir?

Ostern! Jonas zückt sein Handy und zeigt ihnen Bilder: Farne, Moose, Nebel, Treppen, rote Erde, rote Wege, Aloe vera, Fanta Exotic.

Juni zieht ihre Socken aus, tanzt barfuß auf dem Teppich, die Hände in die Luft gestreckt, und singt aaaall inclusive zur Halleluja-Melodie aus Händels Messias. Jonas lacht, wann hat sie das denn gelernt?

Es ist ein kurzer Flug. Jetzt sieht Jonas wieder zu Helena. Lauert da eine Angst hinter seiner vergnügten Fassade, oder ist es nur ihr Wunschdenken, projiziert sie ihr eigenes emotionales Chaos auf ihn? Vielleicht ist er tatsächlich so kindisch glücklich, wie er scheint. Wie eine Kuh, denkt sie. Oder ein Labrador.

Ein Fünftel einer Thailand-Reise, fährt er fort. Ist doch toll, oder?

Die Wut presst sich gegen ihre Zähne, Helena atmet durch die Nase, traut sich nicht, den Mund zu öffnen, wendet den Blick ab.

Sie haben schon vor einer Weile darüber gesprochen, aber nichts beschlossen, das sieht sie auch ein, es wurde keine Entscheidung getroffen, kein Konsens zu diesem Thema erzielt. Sie weiß, dass Jonas sich wünscht, gemeinsam zu verreisen, alle vier. Etwas Größeres erleben, den Kindern die Welt zeigen. Die Bretagne ist schon lange her. Und sie hat kein nachdrückliches und eindeutiges Nein ausgesprochen, sondern jedes Mal, wenn die Frage aufkam, abgewiegelt und vom Thema abgelenkt. Oder ehrlicher formuliert: das Problem vor sich hergeschoben wie ein schweres, unförmiges Möbelstück.

Jonas, wir müssen reden. Nach dem Essen, lass uns einen Spaziergang machen. Helena moduliert ihre Stimme, versucht, sich zu beherrschen, jetzt neutral klingen, neutrale Helena, bloß nicht die Kinder erschrecken.

Aber wir werden doch verreisen, oder? Juni zieht heftig an ihrem Ärmel. Mama? Wir verreisen doch?

Helena gibt sich Mühe, sich gemäßigt auszudrücken: Wir haben noch nie darüber gesprochen, Papa und ich. Ich wusste nichts davon, und ich halte nicht so viel davon zu fliegen.

Wir verreisen auf jeden Fall. Ganz ruhig, Süße. Jonas streicht Juni übers Haar, den Blick auf Helena gerichtet: Jetzt guck, was du angerichtet hast!

Helena erwidert seinen Blick: Idiot! Jonas wird nicht gewinnen, diesmal nicht, nein, nie wieder. Sie ist jetzt stärker und wird sich mit Händen und Füßen wehren, stellvertretend für all die tausend Male, in denen sie sich seinem Willen gebeugt und ihn hat entscheiden lassen; es ist, als wäre in ihr unbemerkt ein Widerstand herangewachsen, wie ein gutartiger Tumor.

Ich nehm auch das Geld, sagt Elmer und zuckt mit den Schultern. Wär okay für mich.

Aber sie kann ihm ansehen, dass er Bock hat, Elmer will auch verreisen. Alle wollen, außer ihr, der Spielverderberin, die lieber zu Hause bleibt und bei Pisswetter auf Roggenknäckebrot herumnagt.

Oder ... sie lässt es einfach geschehen. Fährt mit, gibt die Kontrolle ab, entscheidet sich für den Spaß und lässt die Limokorken knallen. Einen Flug pro Jahr kann man schon machen, hat irgendjemand geschrieben. Mehr ist nicht gut fürs Klima.

Sie weiß, dass das nicht stimmt, nicht mal eine Reise pro Jahr, nein, gar keine einzige Reise mehr, wenn man nicht von der Zukunft stehlen will, von Elmers und Junis Zukunft. Trotzdem likt sie Posts vom anderen Ende der Welt, von Freundinnen und ihren rot lackierten Zehennägeln und Felsen und Stränden und Cocktailgläsern. Habt viel Spaß! Oh, ich freu mich für euch! Genießt die Zeit! Badet für mich mit! Grüße ans Meer! Prost!

Nein, das geht nicht. Die Rebellion jault in ihr auf wie eine E-Gitarre, ein lautes Solo:

Einen Teufel wird sie tun, sie fliegen zu lassen!

 

Jonas und Helena kümmern sich gemeinsam um den Abwasch, bevor sie sich zu ihrem Spaziergang aufmachen, tun dabei so, als wäre alles in Ordnung. Juni bekommt extra Bildschirmzeit und sitzt mit Kopfhörern auf dem Sofa, versunken in diese andere Welt, in der Jonas und Helena nichts zu suchen haben, in dieser virtuellen Scheißwelt, in der ein Dopaminkick auf den nächsten folgt. Elmer verschwindet in seinem Zimmer. Dann klingelt es an der Wohnungstür. Jonas wischt sich die Hände an den Oberschenkeln ab und macht auf, während Helena die Zahnarzttermine an der Kühlschranktür neu arrangiert, ein Ohr Richtung Flur gespitzt.

Jonas: Ja, hej, komm rein!

Frauenstimme: Hej! Entschuldigung, störe ich?

Jonas: Nein, nein, überhaupt nicht. Wir sind gerade mit dem Essen fertig. Und dem Abwasch. (lacht)

Frauenstimme: (lacht) Jaha, schön. Ja, also, ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich eine Party schmeiße. Demnächst irgendwann, Datum steht noch nicht genau fest. An irgendeinem Samstag.

Jonas: Hui! Das klingt ja toll! (lacht)

Frauenstimme: (lacht) Ja, nicht wahr? Wer sagt schon Nein zu einer Party, oder?

Jonas: Eben! (lacht)

Frauenstimme: (lacht) Tja, äh, und ich wollte also Bescheid sagen, dass es etwas lauter werden kann, wegen der Musik und so.

Jonas: Was? Musik? Auf einer Party? (lautes Lachen)

Frauenstimme: (lacht) Also, was ich sagen will ... Also statt wütend zu werden und mit dem Besenstiel an die Decke zu klopfen oder so, könntet ... könntet ihr ja einfach runterkommen und ein bisschen tanzen. Wie klingt das?

Jonas: Das ist also ... eine Einladung?

Frauenstimme: Tjaa ... (gedämpftes Lachen) Müsst ihr wissen. Aber jetzt seid ihr schon mal vorgewarnt. Und wir werden nach elf leise machen, versprochen.

Es ist die Nachbarin, die mit diesen Lippen und dem Stoffbeutel. Helena, jetzt im Flur, kann sie nicht sehen, nur Jonas´ Profil im Dielenspiegel; er fährt sich mit der Hand durchs Haar und fragt, ob es sich um eine Einladung handle. Und bevor die Nachbarin geht, berührt er ihren Oberarm wie selbstverständlich, als wären sie einander schon einmal begegnet.

Jonas kommt zurück in die Küche. Helena, die wieder am Spülbecken steht, fragt: Wer war das?

Was? Äh ... na ja, die von unten, antwortet er, und sie muss wieder an einen Labrador denken, während sie...
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Autor

Maria Frensborg wurde 1974 geboren und lebt in Uppsala. Sie arbeitete als Lehrerin für Schwedisch und Englisch, bevor sie sich ganz dem Schreiben zuwendete, und ist die Autorin von vielgelobten Kinder- und Jugendbüchern. Eine gute Frau ist ihr erster Roman.Karoline Hippe, aufgewachsen an der Ostseeküste, studierte in Berlin und Leipzig. Sie übersetzt belletristische Werke und Sachbücher aus dem Norwegischen, Dänischen, Schwedischen und Englischen. Karoline Hippe lebt in Oslo und Berlin.