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Madeleine

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
280 Seiten
Deutsch
FUEGOerschienen am21.04.2023
Gottfried lebt in Paris im 4. Stock hinter dem kleinen Bahnhof von La Garenne Colombes. Er arbeitet als Lieferwagen-Fahrer. Als Jugendlicher ist er nach einer gewaltvollen Kindheit aus seiner Familie nach Paris geflohen. Seine Vergangenheit mit dem trunksüchtigen Vater spielt weiter eine Rolle, auch wenn er sie vergessen möchte. Er kann niemandem vertrauen. Das wurde ihm zum Verhängnis, als er vor Jahren Madeleine in Biarritz traf. Er liebte sie, aber seine Angst vor der Nähe siegte, und er verließ sie. Seitdem wartet er, dass sie sich meldet. Das einzige Wesen, dem er nahesteht, ist seine Hündin Rubi. An einem heißen Sommertag erhält er einen Brief aus der Normandie von dem Vater Madeleines. Sie ist plötzlich aufgebrochen, er hat seit Wochen nichts von ihr gehört. Er bittet Gottfried, ihm zu helfen. Der macht sich mit seinem Hund und den Musikkassetten, die ihn immer begleiten, auf den Weg zum Vater. Er erzählt ihm von Madeleine und gibt ihm einen Hinweis auf ihre Brieffreundin Victoria, die in England lebt. Gottfried reist der Sehnsucht nach seiner großen Liebe hinterher, nach England, dann nach Belgien... Andreas Bahlmann knüpft an seinen Roman 'Amour bleu' an. Er versteht es, Gottfried in seiner hingebungsvollen Liebe, seinem Enthusiasmus und seiner Verzweiflung lebendig werden zu lassen und uns durch die unterschiedlichen Landschaften mit ihren historischen Hinterlassenschaften zu führen, immer begleitet von der zur jeweiligen Stimmung passenden Musik.

Andreas Bahlmann, geboren 1960, ist außerhalb der Welt des Schreibens freischaffender Musiker. Früher lebte er - bis er pleite war - in Paris, heute in Norddeutschland. 'Madeleine' ist sein dritter Roman, nach 'Amour bleu' (2020) und 'Red House' (2016).
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR19,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextGottfried lebt in Paris im 4. Stock hinter dem kleinen Bahnhof von La Garenne Colombes. Er arbeitet als Lieferwagen-Fahrer. Als Jugendlicher ist er nach einer gewaltvollen Kindheit aus seiner Familie nach Paris geflohen. Seine Vergangenheit mit dem trunksüchtigen Vater spielt weiter eine Rolle, auch wenn er sie vergessen möchte. Er kann niemandem vertrauen. Das wurde ihm zum Verhängnis, als er vor Jahren Madeleine in Biarritz traf. Er liebte sie, aber seine Angst vor der Nähe siegte, und er verließ sie. Seitdem wartet er, dass sie sich meldet. Das einzige Wesen, dem er nahesteht, ist seine Hündin Rubi. An einem heißen Sommertag erhält er einen Brief aus der Normandie von dem Vater Madeleines. Sie ist plötzlich aufgebrochen, er hat seit Wochen nichts von ihr gehört. Er bittet Gottfried, ihm zu helfen. Der macht sich mit seinem Hund und den Musikkassetten, die ihn immer begleiten, auf den Weg zum Vater. Er erzählt ihm von Madeleine und gibt ihm einen Hinweis auf ihre Brieffreundin Victoria, die in England lebt. Gottfried reist der Sehnsucht nach seiner großen Liebe hinterher, nach England, dann nach Belgien... Andreas Bahlmann knüpft an seinen Roman 'Amour bleu' an. Er versteht es, Gottfried in seiner hingebungsvollen Liebe, seinem Enthusiasmus und seiner Verzweiflung lebendig werden zu lassen und uns durch die unterschiedlichen Landschaften mit ihren historischen Hinterlassenschaften zu führen, immer begleitet von der zur jeweiligen Stimmung passenden Musik.

Andreas Bahlmann, geboren 1960, ist außerhalb der Welt des Schreibens freischaffender Musiker. Früher lebte er - bis er pleite war - in Paris, heute in Norddeutschland. 'Madeleine' ist sein dritter Roman, nach 'Amour bleu' (2020) und 'Red House' (2016).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783862872541
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum21.04.2023
Seiten280 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1854 Kbytes
Artikel-Nr.11547894
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

. . .

Was ist das nur mit euch beiden?" fragte Chandon in unser Schweigen hinein.

Ich schaute ihn an und zuckte wortlos mit den Schultern.

Eine bessere Antwort konnte ich ihm nicht geben, dann zog ich an meiner Zigarette und inhalierte tief.

Irgendwann hatte ich das Nichtrauchen aufgegeben.

Meine Zunge brannte angenehm, der harte Rauch durchschlug meine Kehle und breitete sich in meiner Lunge aus. Beim Ausblasen versuchte ich mit runden Lippen und pulsierenden Stößen meiner Zunge, den Qualm zu Ringen zu formen und meinen Zeigefinger hindurch zu stecken.

Es war ein Spätnachmittag, irgendwann im Juni, draußen herrschte eine schwüle Bruthitze, trotz des geöffneten Fensters stand die Luft in meinem Zimmer und es war stickig heiß.

Ich stützte mich mit den Ellenbogen auf die Fensterbank und betrachtete gelangweilt das minimalistische Straßengeschehen unter mir, auf der Rue Pierre Brossolette.

Einer der vielen Pariser Vorstadtzüge rumpelte in den kleinen Bahnhof von La Garenne Colombes und kam mit quietschenden Bremsen am Bahnsteig B zum Stehen. Das stählerne Dach der metallenen Raupe blendete im grellen Sonnenlicht und die rußigen Abgase flirrten in der Hitze aus den kleinen Schornsteinen. Laut zischend öffneten sich die Waggontüren und ich fixierte die vereinzelten Fahrgäste, die dem Zug entstiegen, aber sie war wieder nicht unter ihnen.

Ich dachte an unser schicksalhaftes Zusammentreffen, damals, in dem kleinen Waschsalon in Biarritz. Die unvermutete Verkettung von Zufällen hatte mir bereits so viele unglaubliche Geschichten und Begegnungen beschert, also hätte es doch in genau diesem Augenblick wieder so kommen können, trotz - oder vielleicht auch gerade wegen - der schweißtreibenden klimatischen Rahmenbedingungen, die nicht unbedingt zu einer Fahrt nach La Garenne in einer überhitzten Pariser Vorstadtbahn einluden.

Vielleicht machte ich mir auch gehörig was vor und derlei Gedankenspiele waren nicht nur aussichtslos, sondern schlichtweg sinnlos, aber ich war noch nicht so weit, dieses letzte Ritual der Hoffnung endgültig der Hoffnungslosigkeit zu übergeben.

Von dort ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zum Tod, so verlockend mir dieser auch in manchen Augenblicken zu sein schien.

Ich sah den Rücklichtern des in Richtung Gare St. Lazare auslaufenden Zuges nach, während in meinem inneren Gehör die Rolling Stones Love in vain spielten und die Textzeilen ⦠when the train left the station ⦠the blue light was my baby, and the red light was my mind ... in mich hinein bohrten.

Ich richtete mich auf, setzte mich auf die Fensterbank und wandte mich wieder Chandon zu. Er hatte hier in der Nähe zu tun und auf dem Heimweg einen Abstecher gemacht, um mich auf einen Kaffee zu besuchen.

Chandon war mit den Jahren mein einziger Freund geworden. Ich konnte gut mit ihm schweigen, außerdem nahm er mir meine trübsinnigen Momente nicht übel.

Wahrscheinlich wäre es sogar möglich gewesen, Chandon zu vertrauen, aber das blieb uns bisher erspart. Die Erfahrung meiner frühen Kindheit lehrte mich, mein angeborenes Urvertrauen zu versiegeln, ebenfalls begriff ich frühzeitig die unbedingte Notwendigkeit, nicht mehr umkehrbare Schritte der Entblößung des Vertrauens zu vermeiden, um mein Leben zu schützen - bis zu dem Tag, an dem ich Madeleine begegnete.

In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken...

Odysseus ließ sich auf seiner Irrfahrt am Mast seines Schiffes anbinden, um nicht dem verlockenden Gesang der Sirenen zu erliegen.

Madeleine saß alleine im Waschsalon auf der Bank, aus dem Kassettenrekorder neben ihr ertönte Harvest von Neil Young ... ihre Erscheinung und diese zarte, melancholisch betörende Melodie trafen mich augenblicklich und unvorbereitet.

Sofort erlag ich ihrer Magie und dann Madeleine.

Von einem Moment zum anderen war nichts mehr wie vorher, als ich nicht gerade glücklich war, aber zumindest geduldig und mit lethargischer Zufriedenheit die Sicherheit des Alleinseins ertrug, mein eigenes, leeres Leben leben zu können, geborgen in der einsamen Freiheit, zugedeckt unter der eisigen Erinnerung einer früh beendeten Kindheit aus Alkoholgestank und lallender Gewalt entkommen zu sein.

Zu einer Ausbildung oder einem gelernten Beruf hatte die Zeit bis zu meiner Flucht nicht mehr gereicht. Erst waren die Geschwister zu klein, die Verantwortung und ihre ängstlichen Augen zu groß, dann blieb nur noch die Zeit übrig, mich vom Urvertrauen zu befreien und gegen die Tortur aus ekelhaftem Gestöhne und Prügel zu wehren.

Ich schlug zurück und ging.

In mein neues Leben nahm ich nicht viel mehr mit als eine eilig gepackte Tasche und Hoffnung.

Gelegenheitsjobs halfen, diese Hoffnung zu bewahren.

Und plötzlich liebte ich Madeleine, doch ich ließ sie feige zurück, bedroht von meinen Gefühlen und meinem Verlangen, sie zu lieben und ihr zu vertrauen.

Doch fortan machte mich die Bequemlichkeit meines Alleinseins, meine sinnlose Freiheit, mein ödes Leben zu ertragen und zu leben, todunglücklich.

Ich soll dich übrigens unbedingt von Veronique grüßen," holte mich Chandon aus meinen Gedanken, während er mit leise klingelndem Löffel langsam den Zucker in seinem Kaffee umrührte.

Chandon und Veronique waren seit einigen Jahren ein glücklich verheiratetes Paar, sie liebten sich sehr. Vorbei und vergessen die qualvolle Ehe, die Chandon mit Renate und ihrem apricot-farbenen Pudel durchlitten hatte.

Ab und an lockte die Versuchung, die beiden um ihr Glück zu beneiden, aber Veroniques Lachen vertrieb derlei Gedanken genauso schnell wie sie aufkamen.

Ich lächelte.

Vielen Dank, Chandon. Bitte grüße sie herzlich von mir zurück und sage ihr auch, ich freue mich darauf, sie bald mal wiederzusehen," antwortete ich.

...oh ...what a lucky man ... he was ..., ertönte es vom Plattenspieler und diese, von schwülstigen Synthesizer-Klängen untermalte Textzeile von Emerson, Lake & Palmer passte in das trübsinnige, liebesentleerte Dasein, das ich in dem kleinen Vorort von Paris, dem Vorhof dieser einzigartigen Stadt der Liebe, führte. Wenigstens hatte ich, im Laufe der ungezählten verronnenen Ewigkeiten, durch das Hören von Musik ganz passable Englischkenntnisse erworben.

Ein kurzes Kratzen, dann hob die Plattennadel ab und der Tonarm schwenkte mit einem kräftigen Klack zurück in die Gabelhalterung, um dort bis zum nächsten musikalischen Einsatz zu ruhen.

Wortlos genossen wir den stark gebrühten Kaffee, er tat gut in dieser Hitze, in der jegliche Lust auf Unterhaltung dahinschmolz.

Chandon schwitzte und glänzende Schweißtropfen zogen ihre salzigen Bahnen an seinen Schläfen und am Hals herunter. Ich reichte ihm ein kalt angefeuchtetes Handtuch.

Dankbar wischte er sich damit über Stirn und Nacken und genoss mit einem erleichterten ... aaah!... diese wohltuende Erfrischung.

Chandon nutzte den kühlenden Antriebsschub und schickte sich an, zu gehen.

Ich begleite dich nach unten," sagte ich.

Du bist dir da sicher, ja? Vier Stockwerke sind bei der Hitze nicht unbedingt eine Kleinigkeit ⦠aber okay, du bist alt genug für schwerwiegende Lebensentscheidungen, Gottfried," frotzelte Chandon.

Auf seiner Stirn hatten sich bereits neue Schweißperlen gebildet und ich merkte, dass auch mein T-Shirt allmählich an meinem schweißnassen Rücken zu haften begann.

Los, geh einfach runter! Es ist zu heiß für eine anstrengende Diskussion," grinste ich und schubste ihn durch die geöffnete Wohnungstür.

Im Treppenhaus schlug uns der stehende Geruch von Essensdämpfen, erkaltetem Zigarettenrauch und Schmierseife entgegen, aber wenigstens waren die Temperaturen noch einigermaßen auszuhalten und im Vergleich angenehm kühl, was etwas an Schwere aus den Beinen nahm. Wir schwebten geradezu die Treppe hinunter, und ich grinste still in mich hinein über meine spontane gedankliche Vorstellung, wie die Hausbewohner zur Schlafenszeit - im wortlosen Einverständnis - ihre Betten auf die Fluretagen schieben würden, um der komatösen Sauna in ihren Schlafzimmern zu entkommen.

Wir hatten uns heute nicht viel zu sagen, nicht wahr?" meinte ich zu Chandon, als wir unten am Hauseingang angelangten.

Es ist einfach zu heiß zum Reden â¦, mein Freund. Mach dir darüber keine Gedanken, zerstreute Chandon augenblicklich den aufkommenden Anflug eines schlechten Gewissens.

Wir umarmten uns freundschaftlich zum Abschied und ich beschloss, mein nun flächendeckend mit Schweiß vollgesogenes T-Shirt umgehend zu wechseln, sobald ich wieder zurück in meiner Wohnung wäre.

Wir sehen uns," lachte Chandon und fügte mit freundschaftlichem Ton, aber ernsten Gesichtsausdruck hinzu:

Pass auf dich auf, Gottfried, ⦠deine Traurigkeit â¦"

Ich nickte nur stumm.

Bevor er um die nächste Straßenecke verschwand, winkte mein besorgter Freund noch ein letztes Mal. Ich hob kurz die Hand, dann wandte ich meinen Blick ab.

Im Umdrehen bemerkte ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite Djamal.

Er stand, den Rücken mir zugewandt, krumm gebeugt über die Verkaufsregale vor seinem kleinen Magazin und sortierte in den ausgestellten Holzkisten sein feilgebotenes Gemüse und Obst.

Hallo Djamal, wie geht s dir und deiner Familie? Wo sind denn deine Töchter?" grüßte ich.

Djamal richtete sich blinzelnd auf, holte sein zusammengeknülltes Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn und aus den Augen.

Oh, du bist es, Gottfried ⦠Danke,...
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Autor

Andreas Bahlmann, geboren 1960, ist außerhalb der Welt des Schreibens freischaffender Musiker. Früher lebte er - bis er pleite war - in Paris, heute in Norddeutschland. "Madeleine" ist sein dritter Roman, nach "Amour bleu" (2020) und "Red House" (2016).
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Bahlmann, Andreas

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