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Die Dauer der Liebe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
251 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am13.07.20231. Auflage
Die Übersetzerin Renata verliert jäh ihren Lebensgefährten und wird mit gänzlich unerwarteten Konflikten konfrontiert. Sie muss sich außerdem selbst ins Leben zurückkämpfen und die Frage beantworten, ob Konrad, ihr Partner, Geheimnisse vor ihr hatte? Sabine Grubers Roman Die Dauer der Liebe ist ein ergreifendes, gelegentlich zorniges und manchmal auch komisches Buch. Ein morgendliches Klopfen an der Tür zu ihrer Wiener Wohnung, die Übersetzerin Renata Spaziani öffnet, und die Nachricht, die ihr ein Polizist überbringt, ändert alles: Konrad Grasmann, mit dem sie die letzten fünfundzwanzig Jahre zusammengelebt hat, die Liebe ihres Lebens, ist, erst Anfang sechzig, schon am vorigen Tag auf einem Parkplatz gestorben. Seine Herkunftsfamilie war verständigt worden, Renata aber nicht. Und während sie den Schock des jähen Endes ihrer innigen Partnerschaft verkraften muss, Konrad am liebsten nachsterben will und sich doch ins Leben zurückkämpft, muss sie aushalten, dass Konrads Familie diese Partnerschaft nicht respektiert. Renata und Konrad waren nicht verheiratet, ihr Gefährte hat kein rechtsgültiges Testament hinterlassen. Renata wird doppelt beraubt ... Bei den Erinnerungen an Konrad, einem Architekten und Fotokünstler, bei den Aufräumarbeiten und Auseinandersetzungen mit seiner Familie stößt Renata auf Ungereimtheiten in seinem Leben. Hat er ihr etwas verschwiegen? Ihren Erlebnissen mit Konrad und seinen ästhetischen Vorlieben nachspürend und gestützt von ihren Freunden, fasst Renata allmählich wieder Fuß in einem Dasein, das sie nun neu, anders entwerfen muss. Wer soll dazu gehören? Ergreifend, poetisch und klug, gelegentlich zornig und auch komisch erzählt Sabine Gruber in «Die Dauer der Liebe» davon, wie es ist, ohne den anderen weiterleben zu müssen.

Sabine Gruber lebt als freie Schriftstellerin in Wien. Für ihr Werk, Erzählungen, Gedichte, Hörspiele und Theaterstücke sowie ihre Romane "Aushäusige", "Die Zumutung" (C.H.Beck, 2003), "Über Nacht" (C.H.Beck, 2007), "Stillbach oder Die Sehnsucht" (C.H.Beck, 2011) und "Daldossi oder Das Leben des Augenblicks" (C.H.Beck, 2016) erhielt sie zahlreiche Preise und Stipendien, u.a. den Anton-Wildgans-Preis 2007, den Veza-Canetti-Preis der Stadt Wien 2015, den Österreichischen Kunstpreis für Literatur 2016 und den Preis der Stadt Wien für Literatur 2019. 2020/21 war sie Poet in Residence an der Universität Duisburg-Essen. Sabine Gruber war mit "Über Nacht" für den Deutschen und mit "Daldossi oder Das Leben des Augenblicks" für den Österreichischen Buchpreis nominiert.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextDie Übersetzerin Renata verliert jäh ihren Lebensgefährten und wird mit gänzlich unerwarteten Konflikten konfrontiert. Sie muss sich außerdem selbst ins Leben zurückkämpfen und die Frage beantworten, ob Konrad, ihr Partner, Geheimnisse vor ihr hatte? Sabine Grubers Roman Die Dauer der Liebe ist ein ergreifendes, gelegentlich zorniges und manchmal auch komisches Buch. Ein morgendliches Klopfen an der Tür zu ihrer Wiener Wohnung, die Übersetzerin Renata Spaziani öffnet, und die Nachricht, die ihr ein Polizist überbringt, ändert alles: Konrad Grasmann, mit dem sie die letzten fünfundzwanzig Jahre zusammengelebt hat, die Liebe ihres Lebens, ist, erst Anfang sechzig, schon am vorigen Tag auf einem Parkplatz gestorben. Seine Herkunftsfamilie war verständigt worden, Renata aber nicht. Und während sie den Schock des jähen Endes ihrer innigen Partnerschaft verkraften muss, Konrad am liebsten nachsterben will und sich doch ins Leben zurückkämpft, muss sie aushalten, dass Konrads Familie diese Partnerschaft nicht respektiert. Renata und Konrad waren nicht verheiratet, ihr Gefährte hat kein rechtsgültiges Testament hinterlassen. Renata wird doppelt beraubt ... Bei den Erinnerungen an Konrad, einem Architekten und Fotokünstler, bei den Aufräumarbeiten und Auseinandersetzungen mit seiner Familie stößt Renata auf Ungereimtheiten in seinem Leben. Hat er ihr etwas verschwiegen? Ihren Erlebnissen mit Konrad und seinen ästhetischen Vorlieben nachspürend und gestützt von ihren Freunden, fasst Renata allmählich wieder Fuß in einem Dasein, das sie nun neu, anders entwerfen muss. Wer soll dazu gehören? Ergreifend, poetisch und klug, gelegentlich zornig und auch komisch erzählt Sabine Gruber in «Die Dauer der Liebe» davon, wie es ist, ohne den anderen weiterleben zu müssen.

Sabine Gruber lebt als freie Schriftstellerin in Wien. Für ihr Werk, Erzählungen, Gedichte, Hörspiele und Theaterstücke sowie ihre Romane "Aushäusige", "Die Zumutung" (C.H.Beck, 2003), "Über Nacht" (C.H.Beck, 2007), "Stillbach oder Die Sehnsucht" (C.H.Beck, 2011) und "Daldossi oder Das Leben des Augenblicks" (C.H.Beck, 2016) erhielt sie zahlreiche Preise und Stipendien, u.a. den Anton-Wildgans-Preis 2007, den Veza-Canetti-Preis der Stadt Wien 2015, den Österreichischen Kunstpreis für Literatur 2016 und den Preis der Stadt Wien für Literatur 2019. 2020/21 war sie Poet in Residence an der Universität Duisburg-Essen. Sabine Gruber war mit "Über Nacht" für den Deutschen und mit "Daldossi oder Das Leben des Augenblicks" für den Österreichischen Buchpreis nominiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406806971
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum13.07.2023
Auflage1. Auflage
Seiten251 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse344 Kbytes
Artikel-Nr.11590448
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Penso che forse a forza di pensarti
potrò dimenticarti, amore mio.

Patrizia Cavalli



Es klopft, Renata sitzt am offenen Fenster, die Platanenblätter versperren den Blick zum Kanal. Um diese Zeit erwartet sie niemanden, sie steht nicht auf, geht nicht zur Tür. In einem großen Haus mit vielen Wohnungen wird ständig renoviert und umgebaut.

Sie hört das Rauschen des Verkehrs. Wenn die Ampel auf Grün schaltet, sind manche Motoren lauter als andere; Renata hat sich an das Aufheulen gewöhnt, wenn die Fahrer aufs Gas treten, kurz beschleunigen, um dann - keine hundert Meter später - wieder abzubremsen, weil der nächste Fußgängerübergang wartet.

Stimmen von Passanten dringen an ihr Ohr, sie hört ein Kind weinen, die Schreie der beiden Krähen, die wieder zwei Junge durch den Frühling und Frühsommer gebracht haben, hört die Hunde der Pensionisten bellen, deren Herrchen sich jeden Morgen vor dem Haus treffen.

Obwohl der Tag erst angebrochen ist, hat der Himmel schon eine blaue Farbe. Es ist ein Spätsommerblau, das in der Stadt selten so kräftig und so klar ist wie auf dem Land.

Renata liebt es, während der Arbeit mit ihrem Blick in die Himmelsöffnung zwischen den Häusern am Platz zu tauchen. Jeden Tag, selbst bei gleichbleibendem Wetter, zeigt sie eine andere Farbnuance. Himmelschwimmen nennt sie dieses Abschweifen, das gleichzeitig Sammlung bedeutet.

Doch jetzt steht sie auf, schließt das Fenster, zieht die Rollos herunter, um die Sonne auszusperren, obwohl sie weiß, daß sich die Nachtkühle nicht lange halten wird.

Im Bett nebenan schläft ihre Nichte Pauline. Wie jedes Jahr verbringt sie einen Teil ihrer Ferien in der Großstadt, sie liebt die Wiener Bäder und die italienischen Eissalons.

Renata hat schon die Wäsche sortiert, die Handtücher ausgetauscht, das Waschbecken gereinigt und die Rasierschaumdose, die seit zwei Tagen am Beckenrand steht, im Allibert verstaut.

Sie setzt sich an den Schreibtisch, nur mit einem dünnen, ärmellosen T-Shirt bekleidet. Direkt vor ihr hängt ein Bild, das sie vor vielen Jahren von Konrad geschenkt bekommen hat. Ein Blick in Das Innere von Genua, eine Photozeichnung, beherrscht von realen und mit Stiften eingefügten Straßen, Zufahrtsrampen, Wendeltreppen, die aus dem ausgehöhlten Stadtberg ins Nirgendwo oder nach oben in die Altstadt zu führen scheinen. Die Serie hat Konrad, kurz nachdem sie sich kennengelernt hatten, bei der Expo 1992, den Celebrazioni Colombiane, ausgestellt.

Es klopft wieder. Noch immer bleibt Renata sitzen, starrt auf das Bild, ohne es zu sehen. Sie könnte es auswendig nachzeichnen, so oft hat sie es angeschaut. Der Berg schafft in seinem Inneren den Platz, den das Land nicht hergeben kann: übereinander angelegte Garagen, Tunnelöffnungen, Schächte für Lichteinfälle und den Personentransport.

Das Sternparkett ist alt und knarrt unter den Füßen. Renata will Paulines Schlaf nicht stören.

Sie beantwortet Mails, liest die Nachrichten, öffnet ihre Arbeitsdatei. Noch zwei Kapitel, dann ist sie mit der Rohfassung durch und kann sich nach den Schriften von Teodoro Pontoni über Architektur wieder der Übersetzung von Gedichten widmen, bis der nächste Auftrag hereinkommt.

Wenn Konrad aus Innsbruck zurückkehrt, wird sie ihm die neu übersetzten Passagen vorlesen. Obwohl er wenig schreibt und liest, hat er ein feines Gehör für Wörter und ihre Bedeutung. Manchmal ist ihm das Deutsche geläufiger als Renata, deren Muttersprache zwar Deutsch, deren Vatersprache aber Italienisch ist. Zu Hause hatten sie, war der Vater da, Italienisch gesprochen. Seine Familie stammt mehrheitlich aus Rom und dem Latium, ihm und seinen in Bozen lebenden Verwandten fällt es schwerer, deutsch zu reden als dem deutschen Teil der Familie italienisch.

Auf der Straße vor dem Haus ist das Piepen eines zurücksetzenden Lastwagens zu hören.

Dann schlägt jemand, dieses Mal mit Kraft, gegen die Wohnungstür.

Renata streift sich das blickdichte, kurzärmelige Kleid über, das im Badezimmer auf der Waschmaschine liegt, und öffnet.

Sind Sie Frau Spaziani?

Konrads Moto Guzzi, denkt Renata, jemand hat sie umgeworfen oder ist dagegengefahren. Das war schon einmal passiert.

Kennen Sie mich nicht? fragt der Polizist. Hier im Bezirk kennt man mich. Und ohne Renatas Antwort abzuwarten, fragt der Uniformierte: Sagt Ihnen der Name Konrad Grasmann etwas?

Das ist mein Lebensgefährte.

Darf ich hereinkommen? Es ist etwas Schlimmes passiert.

Warum sollte ich diesen Polizisten kennen, denkt Renata. Und gleichzeitig fragt sie sich: Was hat Konrad angestellt? Und warum Konrad? Undenkbar, daß er jemandem Schaden zugefügt hat. Plötzlich fällt ihr ein, daß man Konrad umgebracht haben könnte. Aber warum sollte ihn jemand umgebracht haben, aus welchem Grund. Er ist bestimmt nur verletzt.

Herr Grasmann ist gestern gestorben, hört Renata den Mann sagen. Es tut mir leid, Ihnen das mitteilen zu müssen. Seltsam, daß Sie mich nicht kennen, sagt der Polizist nach einer kurzen Pause. Sie wohnen doch schon lange da. Alle kennen mich.

Der Mann steht mit beiden Füßen in der Wohnung und ist doch nicht hier, denn die Tür ist noch offen, und er ist nur einen Schritt vom Stiegenhaus entfernt.

Renata löscht das Gehörte in ihrem Kopf, aber während sie es löscht, hört sie es wieder. Sie sieht den Mann an. Er steht noch immer da.

Was hat der Mann gesagt, denkt Renata.

Sie vergißt, gleichmäßig zu atmen. Herr Grasmann ist gestern gestorben.

Warum sollte Renata diesen Mann kennen.

Ich war schon gestern Abend hier, hört sie den Polizisten sagen, Sie haben aber nicht geöffnet.

Gestern Abend, wiederholt Renata. Sie weicht ein paar Schritte zurück, läßt den Mann nicht aus den Augen, hält sich am Schuhkasten fest.

Was ist mit Konrad, fragt sie leise. Zwei Zimmer weiter schläft Pauline, Renata will nicht, daß sie aufwacht.

Ich war mit meiner Nichte Eis essen.

Herr Konrad Grasmann ist auf einem Parkplatz zusammengebrochen.

Renata bleibt an der Tür stehen, nachdem der Polizist gegangen ist. Sie blickt auf ihre Hand. Die Hand hat die Wohnungstür geschlossen. Die Hand liegt auf der Klinke. Die Hand klammert sich fest, dann löst sie sich, bedeckt zusammen mit der anderen Hand ihr Gesicht.

Hinter den Fingern ist es hautdunkel, aber nicht dunkel genug. Renata möchte einen Schrei ausstoßen, aber sie ist still, um Pauline nicht zu erschrecken. Sie schiebt die Laute in den Kehlkopf zurück, preßt die Lippen aufeinander.

In Renatas Gedanken ist der Autobahn-Parkplatz schlecht beleuchtet, es riecht nach Pisse. Die Müllbehälter sind voll mit Plastikflaschen. Im Gras liegen zusammengeknüllte Zigarettenschachteln. Eine Frau zieht einem kleinen Mädchen die Unterhose runter, hält sein Kleid in die Höhe.

Geh in die Hocke. Nicht auf meine Füße!

Auf Renatas Parkplatz stehen Autos, Wohnmobile, Kleinlastwägen. Der Löwenzahn blüht auf der Wiese. Ein Mädchen schlägt ein Rad und kippt nach vorne ins Gras.

Auf Renatas Parkplatz ist niemand. Ein Wagen hält an. Ein Mann öffnet die Tür, um Luft zu schnappen. Der Mann schafft es nicht mehr, aus dem Auto zu steigen.

Auf dem Parkplatz steht nur ein roter Mini. Ein zweites, silbergraues Auto fährt vor, stellt sich dazu. Der Fahrer öffnet die Tür, steigt aus. Es ist Konrad, er lehnt sich mit dem Bauch gegen den Saab, hebt die Arme in die Höhe, als stünde ein Bewaffneter hinter ihm und befähle ihm, die Hände hochzuhalten; er legt die Unterarme aufs Autodach, drückt den Kopf gegen das Blech.

Der Besitzer des Minis kommt von der Toilette zurück, sieht, wie Konrad langsam in die Knie geht, entlang der Fahrertür des silbergrauen Saab auf den Boden sackt.

Auf Renatas Parkplatz steht Konrad und raucht eine Zigarette. Er ruft Renata an. Guten Morgen, tesoro mio. Hast du gut geschlafen? Was macht die Kleine?

Das Mobiltelephon ist schwarz. Es liegt auf dem Schuhkasten. Es sieht aus wie eine glänzende Miniaturmarmorplatte.

Warum war Konrad auf diesem Parkplatz? Wo ist er jetzt?

Ruf mich an. Konrad!

Du bist stärker als ich, hatte Konrad einmal zu Renata gesagt. Deshalb muß ich vor dir sterben. Ich könnte es nicht aushalten, dich zu verlieren. Ich bin nicht stärker, denkt Renata.

Warum erfahre ich erst heute, daß Konrad gestern gestorben ist? Sie haben nicht...
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