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Nach Trans

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Verlag Klaus Wagenbacherschienen am25.04.2023
Was bedeutet es, trans zu sein? Die 22-jährige Philosophin Elizabeth Duval über Biologie und Begriffe, Geschlechtsidentität und Gender-Neuplatonismus - und die Zukunft der Linken: ein brillanter Essay, streitbar, aber nicht unversöhnlich. Immer mehr Menschen identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei Geburt zugewiesen wurde. Die Debatte um ein neues Selbstbestimmungsgesetz wird zunehmend heftiger geführt - nicht zuletzt innerhalb der LGBTQ-Community wie auch in Teilen des Feminismus und der Linken. Kein Wunder, schließlich handelt es sich bei der Einteilung in Frau und Mann um eine der weitreichendsten sozialen Unterscheidungsformen. Trans sprengt dieses Muster und fordert damit das Denken heraus: Was heißt es, sich als trans zu erfahren? Was kann trans sein - und was nicht? Verschwindet die binäre Geschlechterdifferenz? Elizabeth Duval, selbst Transfrau und in Spanien längst eine einflussreiche Intellektuelle, stellt sich diesen Fragen mit Witz, argumentativer Sorgfalt und Sinn fürs Grundsätzliche - jenseits persönlicher Bekenntnisse und diskursiver Erregungsdynamiken um Transgender-Toiletten. Abwägend, nie abwertend, schreibt Duval über Geschlecht als komplexes soziales System, über historische und heutige Phänomene der Fluidität, über Diskriminierung, die Grenzen der Selbstbestimmung und darüber, was nach Trans kommt.

Elizabeth Duval, 2000 in Alcalá de Henares geboren, studiert Philosophie und Französische Phil ologie an der Pariser Sorbonne. Schon mit 14 Jahren engagierte sich Duval für Transrechte. In Spanien veröffentlichte sie die Romane »Reina« und »Madrid será la tumba«. Sie schreibt regelmäßig über Kultur und Politik für »Público« und »El País« und moderiert den Podcast »La Noria« mit einigen der wichtigsten kulturellen und politischen Persönlichkeiten des Landes. Duval lebt in Paris und Madrid.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextWas bedeutet es, trans zu sein? Die 22-jährige Philosophin Elizabeth Duval über Biologie und Begriffe, Geschlechtsidentität und Gender-Neuplatonismus - und die Zukunft der Linken: ein brillanter Essay, streitbar, aber nicht unversöhnlich. Immer mehr Menschen identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei Geburt zugewiesen wurde. Die Debatte um ein neues Selbstbestimmungsgesetz wird zunehmend heftiger geführt - nicht zuletzt innerhalb der LGBTQ-Community wie auch in Teilen des Feminismus und der Linken. Kein Wunder, schließlich handelt es sich bei der Einteilung in Frau und Mann um eine der weitreichendsten sozialen Unterscheidungsformen. Trans sprengt dieses Muster und fordert damit das Denken heraus: Was heißt es, sich als trans zu erfahren? Was kann trans sein - und was nicht? Verschwindet die binäre Geschlechterdifferenz? Elizabeth Duval, selbst Transfrau und in Spanien längst eine einflussreiche Intellektuelle, stellt sich diesen Fragen mit Witz, argumentativer Sorgfalt und Sinn fürs Grundsätzliche - jenseits persönlicher Bekenntnisse und diskursiver Erregungsdynamiken um Transgender-Toiletten. Abwägend, nie abwertend, schreibt Duval über Geschlecht als komplexes soziales System, über historische und heutige Phänomene der Fluidität, über Diskriminierung, die Grenzen der Selbstbestimmung und darüber, was nach Trans kommt.

Elizabeth Duval, 2000 in Alcalá de Henares geboren, studiert Philosophie und Französische Phil ologie an der Pariser Sorbonne. Schon mit 14 Jahren engagierte sich Duval für Transrechte. In Spanien veröffentlichte sie die Romane »Reina« und »Madrid será la tumba«. Sie schreibt regelmäßig über Kultur und Politik für »Público« und »El País« und moderiert den Podcast »La Noria« mit einigen der wichtigsten kulturellen und politischen Persönlichkeiten des Landes. Duval lebt in Paris und Madrid.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783803143693
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum25.04.2023
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse672 Kbytes
Artikel-Nr.11596528
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolegomena
Die Schnauze voll von trans

Ich bin nicht nur richtig wütend, nein: Ich hab die Schnauze voll von trans. Erklärender Vermerk: Ich habe mich zu-rück-ge-zo-gen, ich gehe in den Ruhestand, ich will Rente oder zumindest irgendeine kleine Vergütung für meine Dienste an unserem postmodern-queeren Heimatland. Mir reicht's, ich hab genug: Ich war mit vierzehn zur Hauptsendezeit im Fernsehen, um darüber zu reden, wie es ist, trans zu sein, ich war als Jugendliche auf den Titelseiten der Kultur- und Modebeilagen, ich habe Interviews gegeben oder bin als Diskussionsteilnehmerin aufgetreten, als katholische Rechtsextreme einen Bus mit der Aufschrift »Jungs haben einen Penis, Mädchen eine Vulva. Lass dich nicht täuschen« durch die Gegend fahren ließen, und dann die Fotokampagnen, ich hab genug von Kundgebungen, Verbänden und Organisationen - und von Twitter, ja, vor allem von Twitter: Ich habe keine Lust mehr auf dieses Aktivisten- oder LGBTI-Getwitter. Es reicht, das war's. Der nächsten Person, die darauf besteht, dass die Autorin dieser Seiten die bekannte und unverschämt junge »TRANS-AKTIVISTIN« Elizabeth Duval ist, werde ich nicht ins Gesicht sehen können - auch wenn ich's wirklich gerne würde! Wie soll ich denn eine Aktivistin sein, wo ich doch gar nichts mache! Mir wurde mal gesagt, dass man mich wenn überhaupt Trans-Passivistin nennen müsse und dass, wer mich als Trans-Aktivistin bezeichne oder das, was ich mache, von trans bestimmt sehe, keinen blassen Schimmer habe: Wie wahr! Was habe ich (in letzter Zeit) getan, um als Trans-Aktivistin bezeichnet zu werden? Mit welchem Aspekt von trans habe ich mich denn besonders beschäftigt? Gibt es Trans-Aktivismus? Existiere ich in meinem Alltag als trans Person? Bin ich schon Aktivistin, nur weil es mich gibt? Ist Ana Botín, Aufsichtsratsvorsitzende der größten spanischen Bank, eine militante Feministin, weil sie eine Frau und ab und an im Fernsehen ist? Ich schwöre hoch und heilig, viel mehr als das mache ich auch nicht, ehrlich, als trans Mensch bin ich wirklich nicht interessant, meine Erfahrungen sind nicht sonderlich von Belang, ich leide selten auf der Straße, ich befinde mich in einer sehr privilegierten Position. Ich rette niemandem das Leben, ich schreibe nicht über trans, ich beschäftige mich nicht besonders ausgiebig mit Gender, ich bin keine Gender-Theoretikerin oder möchte Paul B. Preciado von seinem Thron stoßen. Und ich habe auch nicht vor, mir einen Kurzhaarschnitt wie den von Judith Butler zuzulegen, finito, arrête ça, beruhigen Sie sich!

Liebe Leser, es ist nicht meine Absicht, meinem Ego einen Altar zu errichten, trotzdem möchte ich kurz darüber sprechen, wie über mich gesprochen wird: »Duval, lesbisch, trans, Aktivistin, Performerin und noch 200 andere Dinge, ist eine frühreife Seele.« »Wenn man Elizabeth Duval googelt, werden einem Begriffe wie trans oder lesbisch vorgeschlagen, Etiketten , von denen sie selbst denkt, dass sie überflüssig sein sollten .« »Twitternde Trans-Aktivistin und Marxistin ...« »Die junge Trans-Autorin stellt uns ihren Debütroman Reina vor.« Nun ja, gut, hier wird gesagt, dass es mich gibt, dass ich trans und andere Dinge bin, aber mehr trans als das andere (zumindest laut einiger der Beschreibungen). Dass ich lesbisch, Aktivistin (das glaube ich schon weniger), Marxistin (da bin ich mir ebenfalls nicht so sicher, ich würde fast sagen: »Marxianerin« oder gar nichts), Performerin (das sind heutzutage alle, lassen Sie mich also damit in Ruhe, ich performe auch nicht mehr als Christen, die in den Gottesdienst gehen!), dass ich unverschämt jung und, ach ja, trans bin.

Ich habe mir viele Gedanken über jedes einzelne Kapitel dieses Buches gemacht. Ich wollte eigentlich einen anderen Text schreiben als den, den Sie nun in den Händen halten. Vielleicht nicht nur einen anderen, sondern viele andere, die jetzt möglicherweise für immer verloren sind - Züge, die ich für immer verpasst habe! Nun gut: Hier haben Sie Nach Trans. Sex, Gender und die Linke. Sie werden sehen, dass es kein autofiktionales Buch ist. Auf den folgenden Seiten gibt es Randbemerkungen, Notizen, theoretische Auseinandersetzungen - und jede Menge kochende Wut. Denn sogar während ich schreibe, bin ich noch stinksauer!

Aber ich will mich mäßigen: Ich glaube, dass ich schreibe, weil ich nie biologische Mutter sein werde. In Camila Sosa Villadas El Viaje inútil heißt es: »Der Wunsch zu schreiben kommt zu mir und zeigt mir, dass ich fruchtbar bin, dass ich ein Weibchen bin, fähig, etwas auszubrüten. Er legt seine Eier, und ich trage ihn in mir wie eine Mutter.«11 Ich bin - ebenso wenig wie Sosa Villada - ein Weibchen, das dazu fähig ist, etwas auszubrüten (bin ich überhaupt ein Weibchen?), noch ist es mir möglich, etwas zu befruchten, wie es der Wunsch tut (und dann?). Ich gehöre zu keiner dieser beiden Kategorien und befinde mich auch nicht im Übergang von der einen zur anderen. Ich bewohne die Auflösung. Die Hormonbehandlung hat mich unfruchtbar gemacht, und ich habe nirgends mehr haploide Geschlechtszellen, mit denen eine künstliche Befruchtung möglich wäre. In Ermangelung technologischer Entwicklungen und weil eine Cyberpunk-Welt so nah nun auch nicht ist, wird mir Mutterschaft fremd bleiben; also schreibe ich.

Und ich tröste mich, indem ich mir sage, dass Platon das Schreiben zumindest nicht verurteilt, frage mich aber, ob er Mutterschaft verurteilt. Bei Platon sind Denken und Gespräch fast ein und dasselbe: Denken ist ein innerer Monolog, der auseinanderfällt, ein Dialog, bei dem die Spaltung des Sprechenden zwei autonome und absolute Subjekte hervorbringt. Schreiben ist der Widerschein dieses inneren dialogischen Prozesses. Diesen Dialog in die Welt zu projizieren ist kein Symptom eines Willens, zu indoktrinieren, sondern Ausdruck der Hoffnung, im anderen die Möglichkeit eines Prozesses zu wecken, eines Forschergeistes oder den Wunsch zu verstehen: Die Logik des gesamten platonischen Werkes lässt sich in den Prozessen finden, mittels derer wir die Dinge begreifen.

Weder das Lob des Dialogs noch das Lob eines Gegenübers sind unvereinbar mit Wut. Aber das ist ein heikles Thema: Obwohl ich einige der wichtigsten Beiträge des Differenzfeminismus und Denkerinnen wie Luce Irigaray oder Hélène Cixous schätze, ist mir klar, dass Wut oder Tonfall mir schnell übel mitspielen können. Meine Leser könnten sich angesichts dessen, was sie für eine übermäßig vehemente Aufforderung zur Stellungnahme halten mögen, gekränkt fühlen. Meine Gesprächspartner könnten denken, dass ich meiner Wut mit persönlichen Rachefeldzügen freien Lauf lasse. Und die akademische Welt könnte der Meinung sein, dass ich nicht weniger als an den Fundamenten des essayistischen oder philosophischen Schreibens rüttele, ja sie pervertiere. Schreiben ist eine Frage des Tonfalls, aber darüber hinaus auch eine des Status, und ich kann mir noch nicht alles oder jede Art der Heftigkeit erlauben. Aber darf ich vehement sein, wenn ich sichergehen möchte, dass mein Text nicht in der Schublade »weibliches Schreiben« oder »queere Literatur« landet, deklassiert als zweitrangige Literatur? Kann ich sicher sein, dass ich - weil ich klar und verständlich sein möchte, weil ich nicht alle Konzepte als bekannt voraussetze, weil ich keinen hermetischen Jargon benutze oder sinnloses Wortgeklingel produziere (und ich meine hier wohlgemerkt nicht eine notwendige Fachsprache) - in der akademischen Welt, in der Welt der Theorie trotzdem beachtet werde? Kann ich denn umgekehrt erwarten, dass die gewöhnlichen Leser irgendein Interesse an diesem Text haben werden? Für wen schreibe ich, und warum überhaupt auf diese Weise schreiben, wo ich doch meinen Körper nicht für einen Text oder meine Möglichkeit zu schreiben, mein weibliches Sprechen, nicht für einen Kosmos halte, dessen Realität auf dem Körper oder den Organen beruht?

In Das Lachen der Medusa schreibt Hélène Cixous:

Wenn die Frau immer »innerhalb« des Männerdiskurses funktioniert hat, als Signifikant der immer auf den ihm entgegengesetzten Signifikanten bezogen blieb, was seine besondere Energie aufgehoben, seine so andersartigen Klänge unterdrückt oder erstickt hat, dann ist es Zeit, daß die Frau dieses »Innerhalb« auseinanderbricht, es zum Bersten bringt, es umdreht und sich seiner bemächtigt. Daß sie es sich zu eigen macht, indem sie es verstehend in sich aufnimmt, es in ihren eigenen Mund nimmt, ihm mit ihren eigenen Zähnen auf die Zunge und Sprache beißt, daß sie eine Sprache erfindet um mit ihm zusammenzustoßen. Und mit wieviel Leichtigkeit, Du wirst sehen, kann sie aus diesem »Innerhalb« in das sie schläfrig eingebettet war, auf und über die Lippen kommen die übergehen werden von ihrem Schäumen.12

Ein weiblicher Text kann gar nicht nicht weit mehr als subversiv sein: wenn er sich schreibt, dann indem er vulkanisch die alte unbewegliche Immobilienkruste auf- und anhebt.13

Es ist unerläßlich, daß sie sich schreibt, weil das Erfinden einer neuen, aufrührerischen Schrift es ist, was es ihr erlauben wird, wenn der Moment ihrer Befreiung gekommen ist, die erforderlichen Durchbrüche und Umgestaltungen in ihrer Geschichte vorzunehmen[.]14

Ich möchte an dieser Stelle Wut und Zorn aus den gleichen Gründen verteidigen, aus denen die Männer im Griechenland des Aristoteles (jenem Herrn der großen Vernunft, des geradlinigen Urteils und der goldenen Mitte)...
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Autor

Elizabeth Duval, 2000 in Alcalá de Henares geboren, studiert Philosophie und Französische Phil
ologie an der Pariser Sorbonne. Schon mit 14 Jahren engagierte sich Duval für Transrechte. In Spanien veröffentlichte sie die Romane »Reina« und »Madrid será la tumba«. Sie schreibt regelmäßig über Kultur und Politik für »Público« und »El País« und moderiert den Podcast »La Noria« mit einigen der wichtigsten kulturellen und politischen Persönlichkeiten des Landes. Duval lebt in Paris und Madrid.
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