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My darkest prayer (eBook)

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
279 Seiten
Deutsch
ars vivendi Verlagerschienen am04.05.20231. Auflage
Nathan Waymaker arbeitet im Bestattungsunternehmen seines Cousins und ist nicht nur deshalb dafür bekannt, dass er weiß, wie man mit Leichen umgeht: Er, der ehemalige Marine und Deputy, hat sich in seiner Kleinstadt in Queen County, Virginia, einen Ruf als Mann aufgebaut, der helfen kann, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Als ein beliebter Pfarrer tot aufgefunden wird, bitten die Gemeindemitglieder Nathan, sich die Sache einmal genauer anzusehen, weil die Polizei den Fall eher unter den Teppich zu kehren scheint. Bald findet sich Nathan in einem Wirrwarr aus Kleinkriminellen, Gangsterbossen, Pornostars, korrupten Polizisten und halbseidenen Predigern wieder - und muss dabei stets befürchten, dass auch seine eigenen dunklen Geheimnisse an die Oberfläche kommen ...

S. A. COSBY ist Schriftsteller und leidenschaftlicher Schachspieler und lebt im US-Bundesstaat Virginia. 2019 gewann er den Anthony Award für die beste Kurzgeschichte. Für »Blacktop Wasteland« erhielt er 2020 den LA Times Book Prize.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextNathan Waymaker arbeitet im Bestattungsunternehmen seines Cousins und ist nicht nur deshalb dafür bekannt, dass er weiß, wie man mit Leichen umgeht: Er, der ehemalige Marine und Deputy, hat sich in seiner Kleinstadt in Queen County, Virginia, einen Ruf als Mann aufgebaut, der helfen kann, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Als ein beliebter Pfarrer tot aufgefunden wird, bitten die Gemeindemitglieder Nathan, sich die Sache einmal genauer anzusehen, weil die Polizei den Fall eher unter den Teppich zu kehren scheint. Bald findet sich Nathan in einem Wirrwarr aus Kleinkriminellen, Gangsterbossen, Pornostars, korrupten Polizisten und halbseidenen Predigern wieder - und muss dabei stets befürchten, dass auch seine eigenen dunklen Geheimnisse an die Oberfläche kommen ...

S. A. COSBY ist Schriftsteller und leidenschaftlicher Schachspieler und lebt im US-Bundesstaat Virginia. 2019 gewann er den Anthony Award für die beste Kurzgeschichte. Für »Blacktop Wasteland« erhielt er 2020 den LA Times Book Prize.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783747204665
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum04.05.2023
Auflage1. Auflage
Seiten279 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3072 Kbytes
Artikel-Nr.11616171
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Ich kümmere mich um die Leichen.

Das sage ich immer, wenn die Leute mich fragen, womit ich mein Geld verdiene. Ich habe festgestellt, dass es darauf zwei Reaktionen gibt. Entweder ziehen sie sich unauffällig auf die andere Seite des Raumes zurück und werfen mir den Rest des Abends verstohlene Blick zu, oder sie lachen nervös und lenken das Gespräch in eine andere, weniger makabre Richtung. Ich könnte natürlich einfach sagen, dass ich in einem Beerdigungsinstitut arbeite, aber wo bliebe da der Spaß?

Als ich noch beim Marine Corps war, sah man mich hin und wieder in Dienstuniform bei Starbucks oder im Walmart, dem Mekka der Moderne. Manchmal erwischten sie mich in meiner Ausgehuniform nach einem Militärball, wenn ich noch schnell was essen wollte, bevor ich zum Stützpunkt zurückkehrte. Sie kamen auf mich zu und sagten: »Danke für Ihren Dienst.« Ich murmelte etwas wie »Nein, ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung« oder eine andere markige Erwiderung, und sie schlenderten mit einem netten, zufriedenen Gesichtsausdruck davon. Manchmal hätte ich lieber gesagt: »Ich hab mich um die Leichen gekümmert. Die Leichen, denen die Beine weggesprengt oder die Hände zerfetzt wurden. Die Leichen voller Stahlkugeln und Nägel und dem, was irgendein Junge gefunden hat, um seinen Sprengsatz zu basteln. Ich hab die Leichen aufgeladen und sie zurück zum Stützpunkt gefahren, und dann bin ich erneut auf Patrouille und hab zu einem Gott gebetet, der nur halb zuzuhören schien, dass heute nicht der Tag war, an dem sich jemand um meine Leiche kümmern müsste.«

Aber ich glaube eher nicht, dass das den Leuten das gleiche warme und wohlige Gefühl gegeben hätte.

Jetzt kümmere ich mich um die Leichen im Walter T. Blackmon Funeral Home in Queen County, Virginia. Heute war s die Leiche von Mrs. Jeatha Tolliver aus Mathews, dem benachbarten County. Momma J, wie sie jeder in der Gemeinde nannte, war Diakonin und Kirchenälteste, und sie starb im Alter von achtundsiebzig Jahren, als sie gerade ihre Bingo-Nachbarin beschimpfte, weil die ihre Glücksbringer-Jesus-Statue weggestellt hatte. Ich bin mir sicher, dass sie ihre Tirade mit so was wie »Vergelt s Gott« beendet hätte, was bei uns im Süden so viel wie »Fick dich, du Schlampe« bedeutet, wenn sie nicht vorher tot umgefallen wäre.

Ich stand im hinteren Teil der Kapelle des Beerdigungsinstituts, während Reverend Duke Halston etwas über Hölle und Verdammnis ins Mikro brüllte. Die Trauergemeinde rutschte auf ihren Plätzen hin und her, als könnte sie spüren, wie die Flammen an ihren Hintern leckten. Der Reverend hatte ein knochenverankertes Hörgerät, das wie eine Mini-Satellitenschüssel an seinem Hinterkopf saß. Er brüllte, wenn er nach der Predigt mit einem sprach. Er brüllte, wenn er im Supermarkt war. Ich glaube, er hat schon vor Jahren den Lautstärkeregler verloren. Sobald er nach den Bestattern rief, würden mein Cousin Walter, sein Kompagnon Curtis Sampson, der Bestattungshelfer Daniel Thomas und ich zum Sarg gehen und den Leichnam wie vier schwarz gekleidete Fährmänner des Todes weiterbefördern. Mein Anzug passte mir nicht so richtig, er schien in ungünstigen Winkeln geschnitten und genäht zu sein. Der Knoten in meiner Krawatte versuchte ständig, nach links oder rechts zu wandern, bevor er sich schließlich ganz löste. Das hatte ich nun davon, meine formelle Kleidung in einem Secondhandladen gekauft zu haben.

»Jetzt, äh, legen wir den, äh, Gottesdienst, äh, wieder in die, äh, Hände der, äh, Bestatter«, stammelte Reverend Duke. Walter nickte mir zu, und wir machten uns auf den Weg durch den Mittelgang der Kapelle. Obwohl die Klimaanlage auf Hochtouren lief, war die Luft abgestanden und stickig. Das Flattern der Handventilatoren erinnerte mich an einen Bussardschwarm, der sich nach einer warmen Aasmahlzeit in die Lüfte schwang. Während wir Momma J zu ihrer letzten Autofahrt brachten, wiesen wir die stoischen Sargträger an, sich direkt vor der Tür der Kapelle aufzustellen, drei auf der einen und drei auf der anderen Seite. Die Sargträger, die Enkel der Toten, hatten offenbar keine Lust gehabt, zur Beerdigung ihrer Großmutter Anzüge anzuziehen. Einige trugen ihre Hemden über der Hose, andere hatten Basketballtrikots und T-Shirts mit dem Gesicht von Momma J an. Ich bin sicher, dass Momma J mit Stolz vom Himmel herabblickte, während die Darsteller eines Low-Budget-Hip-Hop-Videos sie in unseren Leichenwagen luden. Als Daniel begann, die Trauergemeinde zur Tür zu führen, damit wir zum Friedhof aufbrechen konnten, winkte Walter mir zu. Mein Cousin war eine pummelige Schokokugel von Mann, der mit beeindruckender Hartnäckigkeit am Michael-Jackson-Lockenschopf festhielt und dessen karamellfarbene Stirn ständig verschwitzt zu sein schien. Sein schwarzer Anzug war teurer als meiner, aber jeder Knopf an seinem Jackett schien um Hilfe zu rufen.

»Nate, du fährst den Blumenwagen. Ich werde Curtis bitten, den Leichenwagen zu fahren. Hoffentlich verlieren wir auf dem Weg zum Friedhof ein paar Leute, dann sind wir um vier wieder zurück. Ich bin so hungrig, dass ich schon krummbeinige Brötchen die Zuckersirupstraße runterwackeln sehe«, sagte Walter. Er verzog das Gesicht zu einem leicht finsteren Ausdruck. Mein Cousin liebte drei Dinge: seine Frau, sein Geld und sein Essen. Ich merkte, dass er bereits die Zeit berechnet hatte, die er brauchen würde, um am Friedhof anzulangen, Momma J unter die Erde zu bekommen und rechtzeitig ins Büro zurückzukehren, um noch das Tagesgericht in Nick s Restaurant bestellen zu können. Bevor ich etwas erwidern konnte, hörten wir laute Stimmen und Rufe direkt vor den Türen der Kapelle.

Ich schlüpfte an Walter vorbei. Momma Js Sohn Carter und seine zukünftige Ex-Frau mit dem misslichen Namen La Unique stritten sich neben dem Leichenwagen. Ich sah einige Leute, die ihre Handys hochhielten.

Außerdem sah ich Leute, die versuchten, die beiden zu trennen. Das mussten die Angehörigen sein, die noch an die Achtung vor den Verstorbenen glaubten. Eine geschmeidige Gestalt schlüpfte durch die Menge. Sie hatte etwas Metallisches in ihrer Hand. Es fing das letzte Licht der untergehenden Sonne ein und glitzerte einen Augenblick lang.

Ich drängte mich vor und ergriff den Arm des dünnen Mannes, als er ihn gerade hinter Carters Kopf hob. Er hielt den Kugelkopf einer Anhängerkupplung in der Hand. Seine kleinen rattenähnlichen Augen musterten mich mit einer Mischung aus Schock und Wut.

Carter drehte sich um. »La Unique, siehst du, dass dein Typ mir in den Rücken fällt wie eine kleine Bitch? Und für den hast du mich verlassen? Fick dich und ihn!«, schrie er.

Der Mann versuchte sich aus meinem Griff zu befreien, aber meine Hand war größer als sein ganzer Arm. Er drehte den Kopf und wollte mir in die Innenseite des Unterarms beißen. Ich trat ihm mit dem rechten Fuß in die linke Kniekehle, und er ging zu Boden, als würde er mir einen Antrag machen. Es war eigentlich nur ein kleiner Schubser. Ich wollte ihm nicht das Bein brechen. Ich drehte sein Handgelenk gegen den Uhrzeigersinn und nahm ihm die Anhängerkupplung ab.

»Bitte begeben Sie sich jetzt alle zu Ihren Fahrzeugen«, sagte ich so laut und tief wie möglich. Ich muss lauter gewesen sein, als ich dachte, vielleicht hatte aber auch der Anblick, wie ich Ratboy entwaffnete, die Menge beruhigt, denn die meisten gehorchten.

Nachdem Carter in seinen Wagen gestiegen war, ließ ich Ratboys Arm los und gab ihm seine Anhängerkupplung zurück. »Geh und steig in dein Auto, Mann«, sagte ich.

Wenn Blicke töten könnten, wäre ich in diesem Moment auf dem Tisch für die Einbalsamierung gelandet. Er humpelte rückwärts und behielt mich dabei die ganze Zeit im Auge. »Wir sehen uns noch mal, Alter«, sagte er.

Ich zuckte in meinem schlecht sitzenden Anzug mit den Achseln und kehrte ins Gebäude zurück. Ich hatte ihn gerade vor seiner Frau lächerlich gemacht. Wenn er mir nicht gedroht hätte, wäre ich enttäuscht gewesen.

Walter wartete auf mich. »Narren und Mücken können mich nicht verzücken, aber je mehr ich über Narren weiß, desto mehr sind Mücken der heiße Scheiß«, meinte er grinsend.

Ich lächelte zurück. Sinn für Humor war eine der Voraussetzungen für die Arbeit im Bestattungsgewerbe. »Hoffentlich gibt s am Grab nicht noch mal Ärger«, sagte ich.

»Ja, hoffe ich auch. Wir müssen nur noch Trudy Wise überstehen, die am Grab ihre Pfingstkirchlernummer abziehen und einen auf superfromm machen wird. Ach ja, die Damen von Reverend Watkins Kirche haben gerade angerufen. Sie haben endlich seine Tochter erreicht. Ich muss Gloria wohl bitten, mir was zum Abendessen vorbeizubringen«, sagte Walter, als wir zur...
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