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Die Bundeswehr

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
BeBra Verlagerschienen am15.05.2023
Seit ihrer Gründung 1955 ist die Bundeswehr ein Spiegel der bundesdeutschen Gesellschaft. Von Anfang an suchte sie ihren Platz zwischen Tradition und Neuausrichtung. Zugleich war sie immer eine Parlamentsarmee und fest eingebunden in europäische und transatlantische Bündnisse. Wilfried von Bredow, der »jahrzehntelange Beobachter deutscher Sicherheitspolitik« (FAZ), beschreibt die Geschichte der Bundeswehr von ihren historischen Wurzeln bis hin zu den Herausforderungen, vor denen sie heute als weltweit agierende Truppe steht. Er bettet die Entwicklungen in den gesellschaftlichen Kontext der jeweiligen Zeit ein und spart auch Kritisches nicht aus.

Wilfried von Bredow, geboren 1944, ist Politologe und Publizist. Nach Forschungsaufenthalten unter anderem in Oxford, Toronto und Taiwan war er zuletzt Professor für internationale Politik an der Philipps-Universität Marburg. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zur Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands und schreibt regelmäßig für die Zeitungen FAZ, NZZ und WELT.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR28,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR21,99

Produkt

KlappentextSeit ihrer Gründung 1955 ist die Bundeswehr ein Spiegel der bundesdeutschen Gesellschaft. Von Anfang an suchte sie ihren Platz zwischen Tradition und Neuausrichtung. Zugleich war sie immer eine Parlamentsarmee und fest eingebunden in europäische und transatlantische Bündnisse. Wilfried von Bredow, der »jahrzehntelange Beobachter deutscher Sicherheitspolitik« (FAZ), beschreibt die Geschichte der Bundeswehr von ihren historischen Wurzeln bis hin zu den Herausforderungen, vor denen sie heute als weltweit agierende Truppe steht. Er bettet die Entwicklungen in den gesellschaftlichen Kontext der jeweiligen Zeit ein und spart auch Kritisches nicht aus.

Wilfried von Bredow, geboren 1944, ist Politologe und Publizist. Nach Forschungsaufenthalten unter anderem in Oxford, Toronto und Taiwan war er zuletzt Professor für internationale Politik an der Philipps-Universität Marburg. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zur Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands und schreibt regelmäßig für die Zeitungen FAZ, NZZ und WELT.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839301678
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.05.2023
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse11655 Kbytes
Artikel-Nr.11717014
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1
Die militärische Vergangenheit

In Deutschland kann man über die eigene Vergangenheit als Volk oder Nation nicht so entspannt reden, wie das bei anderen Nationen der Fall ist. Angesichts der wenig rühmlichen deutschen Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verwundert das nicht.

Nicht nur in Deutschland, sondern in sehr vielen der heute auf der Weltkarte verzeichneten Staaten spielten Gewalt und Krieg eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Ausgestaltung des Gemeinwesens und seiner politischen Kultur. Die Ereignisse selbst können weit zurückliegen oder nur wenige Jahrzehnte. In den jeweiligen Kollektiverinnerungen der meisten Staaten im heutigen Europa nehmen häufig auch ins Mythische verklärte Ereignisse oder Figuren der Vergangenheit einen zentralen Platz ein. In Frankreich etwa ist das Jeanne d Arc und ihr Kampf um die Unabhängigkeit des Landes vom englischen Königshaus Lancaster. Blutige Gewalt durchtränkt in aller Regel solche Gründungs- und Festigungsmythen. Sie sind, ebenso wie einschneidende kollektive Kriegserlebnisse in der Vergangenheit - vor allem Siege, aber zuweilen auch Niederlagen -, wesentlich für die Konstruktion der eigenen Geschichte. Mitbestimmt wird diese durch die Erzählungen der Historiker, die ihrerseits nicht immer unbeeinflusst bleiben vom politischen Tagesgeschehen.

Eine Bilanz dessen, was aus der Vergangenheit für die politisch-militärische Kultur der deutschen Demokratie und speziell für die Bundeswehr erkennbar von Belang ist, fällt zwiespältig aus. Keineswegs gehören alle militärischen Traditionen in den historischen Giftschrank. Auch in der Geschichte Deutschlands und seiner politischen Vorläufer stößt man auf Staatsklugheit, gediegenen militärischen Professionalismus und militärstrategische Intelligenz. Zugleich jedoch findet sich auch das Gegenteil: politische und militärische Kurzsichtigkeit und Borniertheit, Rücksichtslosigkeit und Fahrlässigkeit militärischer Vorgesetzter gegenüber ihren Untergebenen, uniformierter Hochmut und Verbrechen gegenüber Zivilisten.

Im Grunde sind alle politisch-militärischen Bilanzen, gleichviel um welches Land es sich handelt, zwiespältig. Die Situation Deutschlands nach 1945 ist allerdings zusätzlich durch einen besonders dunklen Schatten gekennzeichnet. Der Fehlschlag der Demokratie von Weimar und die Zeit nationalsozialistischer Herrschaft und deutscher Aggression haben entscheidend auf die Neukonstruktion der politisch-militärischen Kultur des Neuanfangs eingewirkt.
Vorläufer Preußen

Der Dreißigjährige Krieg (1618-48) hat tiefe Wunden in der kollektiven Erinnerung der Menschen in den vielen größeren und kleineren politischen Einheiten Mitteleuropas hinterlassen. Die Geschichte dieses Krieges, der ganze Gegenden entvölkerte, muss auch verstanden werden als eine Ära, in welcher sich die Streitkräfte über ihren dienenden Status zur Durchsetzung politischer Herrschaftsinteressen hinwegsetzten. Der Krieg verselbstständigte sich. In der Phase des Wiederaufbaus nach 1650 überwanden die Menschen dieses kollektive Trauma nur sehr langsam.

Seit dem 17. Jahrhundert stieg Brandenburg-Preußen zur kleinsten unter Europas damaligen Großmächten auf. Entscheidendes Symbol und wirksamstes Instrument dieses Aufstiegs war die Armee. Mit ihr entwickelte sich die typisch preußische politisch-militärische Kultur. Als der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm, der »Große Kurfürst«, 1640 sein Amt antrat, verfügte er über ca. 2500 Soldaten, für deren Unterhalt kein Geld vorhanden war. Als er 1688 starb, hinterließ er seinem Nachfolger Friedrich III. (1688-1713, ab 1701 als Friedrich I. König in Preußen) eine Armee von 30â000 Soldaten. Preußen gab sich als Militärmonarchie.

Unter der Herrschaft von Friedrich Wilhelm I., dem »Soldatenkönig« (1713-40), und seinem Sohn Friedrich II., »Friedrich dem Großen« (1740-86), war Preußen ein machtvoller, zentralisierter und absolutistischer Großstaat, dessen Staatsgedanke sich in der Armee verkörperte. Die innen- und außenpolitischen Erfolge Preußens wurden in Gang gehalten durch einen streng fürsorglichen, bei Friedrich II. dann »aufgeklärten« Absolutismus. Der eine wie der andere zeigte gegenüber den eigenen Untertanen allerdings ein gelegentlich brutales Gesicht.

Friedrich II. soll gegen Ende der Schlacht von Kolin am 18. Juni 1757 seine fliehenden Dragoner beschimpft haben: »Hunde, wollt ihr ewig leben?« In der Schlacht von Kolin im zweiten Jahr des Siebenjährigen Krieges (1756-63) standen sich etwa 35â000 Soldaten auf preußischer und etwa 54â000 Soldaten auf österreichischer Seite gegenüber. Die Bilanz des Abends: Die Preußen, die die Schlacht verloren haben, zählten knapp 14â000 Tote und Verwundete, die Österreicher verzeichneten über 8000 Tote und Verwundete â¦
Preußische Militärreformen

Unter den Nachfolgern Friedrichs II. stand es weniger gut um die Militärmonarchie. Das Bürgertum verlangte nach Mitspracherechten. Zudem kam der Wunsch auf, die absolutistischen Fürstenpartikularitäten zugunsten einer politisch einheitlichen deutschen Nation zu überwinden. Vor allem der preußische Offiziersadel wehrte sich jedoch noch gegen Reformen.

Den Attacken Napoleons war die europäische Großmacht Preußen schließlich weder politisch noch militärisch gewachsen. Dafür gab es viele Ursachen: Den aufgeklärten, das heißt vor allem auch modernisierungsbereiten Absolutismus gab es kaum noch. Stattdessen stemmten sich seine Vertreter ebenso hartnäckig wie vergeblich gegen alle sozialen, politischen und ökonomischen Veränderungen. Sie verpassten den Wandel des Kriegsbildes mit seinen erhöhten Anforderungen an die Soldaten. Die politische Landkarte Europas veränderte sich ebenfalls. Napoleon ordnete sie neu nach seinem Gusto. Die deutschen Kleinstaaten in der Mitte Europas konnten ihren eigenen Gestaltungswillen in dieser Ordnung nicht zur Geltung bringen und wurden zum Objekt napoleonischer Politik. Nach der verheerenden Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt im Oktober 1806 war der Weg für Napoleons Einzug in Berlin frei.

Die Militärführung der Preußen erwies sich als verknöchert, und so wurde immer deutlicher, dass die Armee drastisch umorganisiert werden musste. Die Militärreformer um Gerhard von Scharnhorst, August Neidhardt von Gneisenau, Hermann von Boyen und Karl von Grolman waren jedoch weitsichtig genug zu erkennen, dass es damit nicht genug sei. Darüber hinaus kam es darauf an, die tiefe Kluft zwischen Armee und ziviler Gesellschaft zu überbrücken. Die Reformen erfassten das Militärwesen und den Staat insgesamt. Der Vordenker für die Staatsreform war Karl Freiherr vom und zum Stein, der in seiner Nassauer Denkschrift von 1807 die Belebung des Bürgersinns, die Abflachung des hierarchischen Gefälles zwischen Obrigkeit und Untertanen sowie eine deutliche Ermunterung zu gemeinschaftsbezogenem Engagement gefordert hatte.

 


Soldatische Traditionen für die Bundeswehr

 

»Jede Armee braucht Wurzeln in die Vergangenheit, Anknüpfung und Abstützung an überlieferte Werte, die sich bewährt haben und die heute helfen können, die Aufgaben der Gegenwart zu erfüllen. Wir nennen das Tradition. Die Traditionen der Bundeswehr reichen durch die Wehrmacht hindurch weit in die Vergangenheit hinein. Sie stützt sich auf die preußischen Reformen am Anfang des 19. Jahrhunderts. Damals forderte der General Gerhard von Scharnhorst die innige Verknüpfung von Volk und Armee. Das war das Gegenteil der Söldnerarmee des 18. Jahrhunderts. Die Einführung der Wehrpflicht, die Abschaffung der Prügelstrafe, die Öffnung der Offiziersstellen für bürgerliche Bewerber leiteten sich aus diesem Ziel ab. Auch die überlieferten unverzichtbaren Tugenden des Soldaten sind in das Soldatengesetz unserer Republik übernommen worden. Hierzu gehören vor allem der treue Dienst, Tapferkeit, Gehorsam, Kameradschaft, beispielhaftes Verhalten der Vorgesetzten und Fürsorge für die Untergebenen. Sie sind heute gesetzliche Pflichten.

Der spätestens seit Helmuth von Moltke gepflegte Führungsstil der Auftragstaktik verbindet die Forderung einer gewissenhaften Auftragserfüllung mit der Freiheit in der Durchführung und entspricht damit auch demokratischen Vorstellungen. Nicht zuletzt ist die handelnde Rolle von Soldaten der Wehrmacht im Widerstand gegen Adolf Hitler ein grundlegendes Element der Tradition der Bundeswehr. Das Gewissen steht über dem Gehorsam, wenn Befehle Recht und Menschenwürde brechen oder verachten sollen.«

Ulrich de Maizière, 2005


 

Nicht zufällig knüpfte man knapp 150 Jahre später bei der inneren Ausgestaltung der Bundeswehr an genau diese Sichtweise an. Der politisch-militärische Zusammenbruch der preußischen Militärmonarchie 1806 war zwar längst nicht so dramatisch wie die Niederlage Deutschlands 1945. Aber richtig ist, dass sich in den Jahren um die damalige Jahrhundertwende tief greifende Veränderungen des Kriegsbildes und der gesellschaftlich-politischen Herrschaftsformen vollzogen, auf die man mit politischen und militärischen Reformen antworten musste, um den Niedergang aufzuhalten. Diese Veränderungen liefen in ihrer Summe auf eine Industrialisierung und Technisierung des Krieges hinaus. Der...
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