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Fontanes Havelland

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
BeBra Verlagerschienen am15.05.2023
Was hätte Fontane erlebt, wenn er seine legendären »Wanderungen durch die Mark Brandenburg« heute unternommen hätte? Gabriele Radecke und Robert Rauh wollten es wissen und haben sich auf den Spuren des Dichters ins malerische Havelland begeben. Statt mit Kutsche und Bleistift reisen sie mit Navi und Laptop - im Gepäck nicht nur Fontanes Klassiker, sondern auch dessen unbekannte Skizzen und Notizen. So suchen sie in Marquardt Reste der geheimnisvollen Blauen Grotte, erzählen in Paretz vom Kult um Königin Luise, steigen in Wust in die legendäre Katte-Gruft und besichtigen in Glindow den historischen Ziegeleiofen, den schon Fontane beschrieben hat. Das Ergebnis ist eine Mischung aus spannender Fontane-Rezeption und moderner Reiseliteratur.

Gabriele Radecke, geboren 1967 in Berlin, leitet das Literaturarchiv der Akademie der Künste. Sie ist Herausgeberin zahlreicher Fontane-Ausgaben sowie der digitalen Fontane-Notizbuch-Edition. 2017 wurde sie mit dem Stiftungspreis der Universität Göttingen ausgezeichnet. Robert Rauh, geboren 1967 in Berlin, ist Historiker, Lehrer und Seminarleiter. 2013 wurde er für sein pädagogisches Engagement mit dem Deutschen Lehrerpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschienen von ihm im BeBra Verlag die Bände »Fontanes Ruppiner Land« und »Fontanes Kriegsgefangenschaft« (zusammen mit Gabriele Radecke).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR20,99

Produkt

KlappentextWas hätte Fontane erlebt, wenn er seine legendären »Wanderungen durch die Mark Brandenburg« heute unternommen hätte? Gabriele Radecke und Robert Rauh wollten es wissen und haben sich auf den Spuren des Dichters ins malerische Havelland begeben. Statt mit Kutsche und Bleistift reisen sie mit Navi und Laptop - im Gepäck nicht nur Fontanes Klassiker, sondern auch dessen unbekannte Skizzen und Notizen. So suchen sie in Marquardt Reste der geheimnisvollen Blauen Grotte, erzählen in Paretz vom Kult um Königin Luise, steigen in Wust in die legendäre Katte-Gruft und besichtigen in Glindow den historischen Ziegeleiofen, den schon Fontane beschrieben hat. Das Ergebnis ist eine Mischung aus spannender Fontane-Rezeption und moderner Reiseliteratur.

Gabriele Radecke, geboren 1967 in Berlin, leitet das Literaturarchiv der Akademie der Künste. Sie ist Herausgeberin zahlreicher Fontane-Ausgaben sowie der digitalen Fontane-Notizbuch-Edition. 2017 wurde sie mit dem Stiftungspreis der Universität Göttingen ausgezeichnet. Robert Rauh, geboren 1967 in Berlin, ist Historiker, Lehrer und Seminarleiter. 2013 wurde er für sein pädagogisches Engagement mit dem Deutschen Lehrerpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschienen von ihm im BeBra Verlag die Bände »Fontanes Ruppiner Land« und »Fontanes Kriegsgefangenschaft« (zusammen mit Gabriele Radecke).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839321492
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.05.2023
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse17223 Kbytes
Artikel-Nr.11717030
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Ich würde Ihnen vorschlagen,

nur das lange Kapitel »Marquardt« zu lesen,

da haben Sie alle Züge des Buches vereinigt.

Fontane an Wilhelm Hertz, 9. Mai 1872

 

 
MARQUARDT

Als Drehort ist Marquardt heiß begehrt. Nicht nur für Serien wie Babylon Berlin oder für Musikvideos mit Silbermond und Scooter, sondern auch für echte Blockbuster. Steven Spielberg drehte hier mit Tom Hanks Szenen für seinen Agententhriller Bridge of Spies und Hollywood-Star Kristen Stewart wandelte in Spencer als Lady Di durch dunkle Gänge. Wenn die Filmcrews abreisen, fällt das Schloss wieder in seinen Dornröschenschlaf. So läuft es seit vielen Jahren.

Dabei hat Marquardt auch ohne Scheinwerferlicht viel zu bieten: »Schloss-, Park- und Landschaftsbeschreibung, Historisches, Anekdotisches, Familienkram und Spukgeschichte. Mehr«, meinte schon Fontane, »kann man am Ende nicht verlangen.«[1] Allein das Schloss tanzt aus der Reihe märkischer Gutsanlagen. Nicht nur architektonisch. Es war Herrensitz und Hotel, Gehörlosen- und Gartenbauschule. Es beherbergte illustre Besitzer wie den Adligen Hans Rudolf von Bischoffwerder, der den preußischen König im 18. Jahrhundert zur Geisterbeschwörung in eine mit blauer Schlacke ausgestattete Grotte lockte. Oder das Unternehmen Kempinski, welches das Schloss in ein märkisches Luxushotel verwandelte.

Aber nichts davon erfährt man vor Ort. Das Schloss ist an nahezu allen Ecken und Enden sanierungsbedürftig und kann nur betreten werden, wenn man es für ein Event mietet oder einer Hochzeitsgesellschaft angehört. Hinweise zur Geschichte finden sich weder am Gebäude selbst noch in dem weitläufigen Park, der nach Plänen von Peter Joseph Lenné angelegt wurde. Es gibt auch keine Informationen über das, wonach am häufigsten gefragt wird: die Blaue Grotte.

 


Beliebter Drehort: Schloss Marquardt, 2023


 

Wir wollen ermitteln, wo sich die Geistergrotte befand und ob noch Reste davon existieren. Wir wollen wissen, wen Fontane damals vor Ort getroffen hat, und sind gespannt, wem wir begegnen werden. Und natürlich wollen wir ins Schloss.
Wieder auf der Suche
Die Blaue Grotte

Irgendwo zwischen Schloss und Schlänitzsee, eingelassen in einen Hügel, soll die Blaue Grotte angelegt worden sein. Aber wo genau? Ziemlich ratlos stehen wir auf der kahlen, mit grauen Kieselsteinen bedeckten Schlossterrasse und schauen durch den schattigen Park auf den silberglänzenden See. Die Aussicht ist auf beiden Seiten begrenzt von zugewucherten Erhebungen, unter denen vielleicht Reste der Grotte verborgen sein könnten. Immer wieder wird berichtet, im Park finde man Splitter der blauen Schlackensteine, mit denen die Grotte ausgekleidet war.[2] Wo sie sich allerdings genau befindet, erfährt man auch in den diversen Broschüren über Marquardt nicht.[3] Es herrscht Uneinigkeit, wie wir am besten vorgehen. Während der eine sich am liebsten gleich auf die Suche begeben und ins Gebüsch schlagen würde, möchte die andere zunächst die Quellen sichten. Hierfür kommt vor allem eine infrage: die Wanderungen. Fontane hat die - damals bereits baufällige - Grotte noch gesehen. Er hat sie in seinem Notizbuch gezeichnet und im Havelland-Band beschrieben. Vermutlich war er der letzte Wanderer, der ihr so nahe kam. Weil ein Spaten nicht zu unserer Grundausstattung gehört und weil wir Fontanes Text und seine Notizbuchaufzeichnungen im Gepäck haben, ist die Entscheidung schnell gefallen: lesen statt graben.
Günstling par excellence

Anlegen ließ die Grotte Johann (Hans) Rudolf von Bischoffwerder (1741-1803), der aus einer sächsischen Adelsfamilie stammte und das Gut 1795 erworben hatte. Bischoffwerder war der 16. Besitzer von Marquardt, das bereits 1313 erstmals urkundlich erwähnt wurde.[4] Fontane hob ihn ausdrücklich hervor: Erst mit General von Bischofswerder [Fontanes Schreibung ist nicht korrekt] begann eine neue Zeit. Marquardt trat in die Reihe der historischen Plätze ein. Bischoffwerder war ein königlicher Günstling par excellence. Nachdem er 1778 in preußische Dienste berufen worden war, gelangte er in die Nähe des drei Jahre jüngeren Kronprinzen Friedrich Wilhelm (II.). Bischoffwerder gewann das Vertrauen des labilen Thronfolgers, beriet ihn in politischen Fragen und erkannte dessen Schwächen, die er für sich zu nutzen verstand. Der Kronprinz war - zum Missfallen seines Onkels Friedrichs des Großen - weniger mit Politik als vielmehr mit seinen Mätressen beschäftigt. Mit der berühmtesten, Wilhelmine Enke, zeugte der »dicke Lüderjahn« nicht nur fünf Kinder, sondern erhob sie auch - reich beschenkt mit Gütern - in den Adelsstand.

Was dem Alten Fritz wohl am meisten zu schaffen machte: Friedrich Wilhelm glaubte nicht an die Aufklärung, sondern an Zauberei, und suchte in spiritistischen Sitzungen Kontakt zu Verstorbenen. Damit lag er durchaus im Trend der Zeit. Man traf sich in Geheimlogen und hoffte auf mystische Erfahrungen, indem man Geister beschwor. Auch Bischoffwerder war der Magie und Mystik zugetan. Es gelang ihm sogar, den Kronprinzen 1781 unter dem Namen »Ormerus Magnus« in den von ihm und Johann Christoph Wöllner initiierten Orden der Gold- und Rosenkreuzer[5] aufzunehmen. Die Rosenkreuzer prophezeiten Friedrich Wilhelm, anlässlich seiner Thronbesteigung würden »die Geheimen Oberen aus dem Osten« nach Berlin kommen und ihm als neuem Herrscher magische Kräfte verleihen.[6]

Obwohl nach der Krönung 1786 keine Oberen erschienen, fiel Bischoffwerder nicht in Ungnade. Im Gegenteil: Mit seiner Karriere ging es von nun an bergauf. Über mehrere Stufen erreichte der Günstling 1789 die Ernennung zum Generaladjutanten und zwei Jahre später schließlich zum Generalmajor. Er erhielt weitreichende Vollmachten in der Außen- und Militärpolitik und avancierte zeitweise zum einflussreichsten Akteur am preußischen Hof. Wie hoch er in der Gunst des Königs gestiegen war, zeigte sich in der großzügigen finanziellen Unterstützung durch den Monarchen, als Bischoffwerder Marquardt erwerben wollte.[7]

Mit Bischoffwerder begann in Marquardt tatsächlich eine neue Zeit. Als dessen Sohn am 17. Juli 1795 getauft wurde, erschien der König als Pate persönlich in dem kleinen Havelort.[8] Noch leben Leute im Dorfe, achtzigjährig, berichtet Fontane in den Wanderungen, die sich dieses Tages entsinnen. Zu ihnen gehörte vermutlich der damals 84-jährige Gemeindevorsteher Carl Friedrich Gruhl.[9] Der Taufe folgte die Tafel und im Laufe des Nachmittags ein ländliches Fest. Der König blieb; die schöne Jahreszeit lud dazu ein. [â¦] Ein Erinnerungsbaum wurde gepflanzt, ein Ringelreihen getanzt; der König, in weißer Uniform, leuchtete aus dem Kreise der Tanzenden hervor. Am Abend brannten Lampions in allen Gängen des Parks, und die Lichter, samt den dunklen Schatten der Eichen- und Ahornbäume, spiegelten sich im Schlänitz-See. Sehr spät erst kehrte der König nach Potsdam zurück. Und er kam wieder. Nicht um für Neugeborene Pate zu stehen, sondern um mit Verstorbenen zu kommunizieren.
Geisterstunde in Marquardt

Fontanes Erzählung über die Marquardter Geisterstunden in den Wanderungen gilt als eine wichtige Quelle für die Forschung zu den mystischen Sitzungen Friedrich Wilhelms II. Allerdings gab Fontane zu bedenken, dass es wohl für alle Zeiten unaufgeklärt bleiben werde, ob der König in den zwei Sommern bis zu seinem Tod 1797 in Marquardt eintraf, lediglich um sich des schönen Landschaftbildes und der loyalen Gastlichkeit des Hauses zu freuen, oder ob er erschien, um »Geisterstimmen« zu hören. Welcher Version Fontane zugeneigt war, gibt er am Ende preis. Er könne denjenigen nicht beistimmen, die den ganzen Schatz Marquardter Volkssagen einfach zur Fabel erklären. Schließlich war Bischoffwerder ein Rosenkreuzer und ließ für Friedrich Wilhelm nicht nur im Belvedère zu Charlottenburg wirklich »Geister« erscheinen. Warum also nicht auch in Marquardt? Fontanes Geschichte ist auch zu schön, um hier nicht zitiert zu werden:

Die Dorftradition sagt, er kam in Begleitung weniger Eingeweihter, meist in der Dämmerstunde [â¦], passierte nie die Dorfstraße, sondern fuhr über den »Königsdamm« direkt in den Park, hielt vor dem Schlosse. Mit Bischoffwerder, der die Sitzungen vorbereitet hatte, begab er sich nach der »Grotte«, einem dunklen Steinbau, der im Parke, nach dem rosenkreuzerischen Ritual, in einem mit Akazien bepflanzten Hügel angelegt worden war. Der Eingang, niedrig und kaum mannsbreit, barg sich hinter Gesträuch. Das Innere der Grotte war mit blauem Lasurstein mosaikartig ausgelegt und von der Decke herab hing ein Kronleuchter. In diese »blaue Grotte«, deren Licht- und Farbeneffekt ein wunderbarer gewesen sein soll, trat man ein; der König nahm Platz. Alsbald wurden Stimmen laut; leiser Gesang, wie von Harfentönen begleitet. Dann stellte der König Fragen und die Geister antworteten. Zu den Gesprächspartnern seiner Majestät gehörten der römische Kaiser Marc Aurel, der Große Kurfürst und der Philosoph Gottfried Wilhelm...
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Autor

Gabriele Radecke, geboren 1967 in Berlin, leitet das Literaturarchiv der Akademie der Künste. Sie ist Herausgeberin zahlreicher Fontane-Ausgaben sowie der digitalen Fontane-Notizbuch-Edition. 2017 wurde sie mit dem Stiftungspreis der Universität Göttingen ausgezeichnet.

Robert Rauh, geboren 1967 in Berlin, ist Historiker, Lehrer und Seminarleiter. 2013 wurde er für sein pädagogisches Engagement mit dem Deutschen Lehrerpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschienen von ihm im BeBra Verlag die Bände »Fontanes Ruppiner Land« und »Fontanes Kriegsgefangenschaft« (zusammen mit Gabriele Radecke).