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Gedanken an der Grenze zwischen Naturwissenschaften und Philosophie

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
106 Seiten
Deutsch
novum pro Verlagerschienen am31.05.2023
Dieses kleine Buch wurde von einem Naturwissenschaftler, nicht von einem Philosophen, für Laien geschrieben. In einem ersten Teil wird nachvollzogen, wie unser Geistesleben, das von der äußeren Welt durch einen unüberwindlichen Graben getrennt ist, in Abermillionen elementarer Schritte aufgebaut wird. Dabei ist die Analogie zur kleinkindlichen Entwicklung hilfreich, bei der dieses Geistesleben faktisch entsteht. Der zweite Teil zeigt mit Hilfe neuerer Ergebnisse der Hirnforschung auf, dass unser Geistesleben und insbesondere das Bewusstsein eines freien Willens auf den Interpretationen beruht, die uns unser evolutionär geformtes Gehirn von den Vorgängen in einer vollkommen determinierten äußeren Welt zukommen lässt. Ein Faktenwissen in strengem Sinn bleibt uns verwehrt.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,40
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR13,99

Produkt

KlappentextDieses kleine Buch wurde von einem Naturwissenschaftler, nicht von einem Philosophen, für Laien geschrieben. In einem ersten Teil wird nachvollzogen, wie unser Geistesleben, das von der äußeren Welt durch einen unüberwindlichen Graben getrennt ist, in Abermillionen elementarer Schritte aufgebaut wird. Dabei ist die Analogie zur kleinkindlichen Entwicklung hilfreich, bei der dieses Geistesleben faktisch entsteht. Der zweite Teil zeigt mit Hilfe neuerer Ergebnisse der Hirnforschung auf, dass unser Geistesleben und insbesondere das Bewusstsein eines freien Willens auf den Interpretationen beruht, die uns unser evolutionär geformtes Gehirn von den Vorgängen in einer vollkommen determinierten äußeren Welt zukommen lässt. Ein Faktenwissen in strengem Sinn bleibt uns verwehrt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783991460442
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum31.05.2023
Seiten106 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse906 Kbytes
Artikel-Nr.11809709
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Teil 1 - Introspektive Überlegungen

Sprachliche Festlegungen

Ich möchte meine sprachlichen Festlegungen vorab erläutern, um unnötige Missverständnisse zu vermeiden. Weiterhin möchte ich mich, soweit es mir möglich ist, der deutschen Umgangssprache bedienen.

Geist: Den Behälter sämtlicher bewusster Vorgänge, die wir biologisch in unserem Gehirn verorten, bezeichne ich als Geist. Der Geist ist demnach nichts Transzendentes. Im Sinne der Gedächtnispsychologie ist er vor allem im Arbeitsgedächtnis repräsentiert. Da ich über unbewusste Vorgänge wenig sagen kann, betrachte ich fast nur bewusste Vorgänge. Der Geist in dem hier festgelegten Sinn steht in engstem Zusammenhang mit dem Bewusstsein.

Vorstellung: Ich bezeichne das inhaltliche Material der meisten bewussten Vorgänge im Geist als Vorstellungen. Dieser Begriff ist sehr umfassend und weicht vom umgangssprachlichen Gebrauch ab. Er reicht in einer vielschichtigen Hierarchie von den primitivsten Sinneseindrücken bis hinauf zu den komplexesten abstrakten Begriffen.

Beobachtung: Den Vorgang, aus den Signalen der Sinne einfachste Vorstellungen zu bilden, bezeichne ich als Beobachtung, auch ohne nennenswert andere Bedeutung als Wahrnehmung.

Erinnerung: In meinem Geist abgespeicherte und wieder rekonstruierte Vorstellungen bezeichne ich als Erinnerungen. Ich gehe hier nicht auf die von der Gedächtnispsychologie zwar intensiv, aber immer noch bei Weitem nicht erschöpfend erforschten Mechanismen der Speicherung ein, weil sie meiner Meinung nach für das, was ich darstellen möchte, keine wesentliche Rolle spielen.

Denken: Das Verknüpfen von Vorstellungen bezeichne ich als Denken. Das ist ein Elementarvorgang. Dieses Verständnis vom Denken unterscheidet sich von dem der mir bekannten Philosophien grundlegend.

Gefühle: Es gibt Wirkungen meines Körpers auf meinen Geist, die nicht über die Sinnesorgane vermittelt werden und keine Vorstellungen bewirken, die aber vom Geist bewertet werden. Diese bezeichne ich als Gefühle. Man kann zwar von Gefühlen begriffliche Vorstellungen bilden, die aber nicht identisch mit den Gefühlen sind.

Willensbefehl: Einen in meinem Geist entstehenden Impuls, auf meinen Körper einzuwirken, bezeichne ich als Willensbefehl.

Äußere Welt: Alles, was sich außerhalb des Geistes tummelt, werde ich als die äußere Welt bezeichnen. Dem entsprechend nehme ich nicht an, dass es außer meinem Geist und der äußeren Welt noch irgendetwas gibt.

Weitere sprachliche Festlegungen: Im Laufe des Textes werden weitere sprachliche Festlegungen in fetter Kursivschrift auftauchen.

Ausgangspunkt

Meiner Spekulation nach muss alles, was sich in meinem Geist abspielt, entweder bei Geburt mitgeliefert worden sein oder auf Sinneserfahrung und anderen Einflüssen aus der äußeren Welt beruhen, wobei die Trennung zwischen der äußeren Welt und den Vorgängen in meinem Geist fundamentale Bedeutung hat. Diese Trennung mache ich zum Ausgangspunkt meiner Darstellung, und zwar sehr radikal und kompromisslos. Ich wähle diesen Ausgangspunkt nicht nur, weil er in meiner eigenen philosophischen Denkentwicklung am Anfang steht, sondern auch, weil er zu den Erfahrungen aus der kindlichen Entwicklung passt.

Ich weiß zwar, dass Kant bei Weitem nicht der Erste war, der die grundsätzliche Trennung der äußeren Welt von den Vorgängen in unserem Geist formuliert hat, auch die Bezeichnung Ding an sich für Gegenstände der äußeren Welt stammt nicht ursprünglich von ihm, die Formel an sich wurde von ihm aber vielfach benutzt im Text seiner Kritiken.3 Die Relevanz dieser Trennung ist zwar immer wieder von Philosophen bestritten worden und wird auch heute vielfach bestritten,4 ist aber für mich selbstevident und bedarf keines Beweises.

Ich formuliere meinen Ausgangspunkt (etwas ungenau) folgendermaßen: Von der äußeren Welt hervorgerufene Sinneseindrücke lassen in meinem Geist Vorstellungen entstehen. Ich habe aber keine Ahnung, was in der äußeren Welt zu diesen Vorstellungen führt. Diese Formulierung ist aus mindestens einem Grunde ungenau: Das Wörtchen Ich wird hier unberechtigt verwendet, denn es hat erst eine Berechtigung, wenn ich ihm eine Bedeutung zugewiesen habe. Und es wird sich zeigen, dass gerade das ein schwieriger Punkt ist. Ich verwende dieses Wort und das damit zusammenhängende Wort mein gewissermaßen vorläufig als eine praktische umgangssprachliche Formulierung meiner Aussagen. Eine genauere Wortdefinition kann ich erst weiter unten geben. Solange diese nicht vorliegt, könnte der Ausgangssatz lauten: Es gibt Vorstellungen. Ich vermute, dass diese Formulierung recht gut den Anfang geistiger Tätigkeit im Geist eines Neugeborenen beschreibt. Da besteht nämlich noch kein Ich und keine Welt und das Einzige, was außer einer Grundausstattung angetroffen werden kann, sind die Repräsentationen der Sinnessignale.

Erst in einem fortgeschrittenen Stand dieser Überlegungen bin ich auf eine Schrift des Physikers Ernst Mach hingewiesen worden.5 Man könnte denken, dass er als Physiker zu ähnlichen Gedanken gekommen wäre wie ich. Doch das ist keineswegs der Fall. Machs Ausgangspunkt ist einfach die Welt und das Ich, die er beide als relativ beständig und als weitgehend deckungsgleich mit den Empfindungen ansieht. Eine Trennung zwischen der Welt des Erlebens und einer äußeren Welt erkennt er nicht an. Ein von den geistigen Vorgängen völlig getrenntes Ding an sich ist für ihn eine philosophische Ungeheuerlichkeit.

Die philosophische Denkrichtung des Neurealismus ist den Positionen von Mach verwandt. Zwar teile ich die Ansicht, dass wir im praktischen Leben die Dinge so nehmen können, wie sie uns erscheinen, aber nicht, weil sie wirklich so und nicht anders sind, sondern weil unser Gehirn uns keine andere Möglichkeit gibt. (siehe Teil 2).6

Die äußere Welt (Ding an sich) hat für mich hypothetischen Charakter, weil ich streng genommen über die äußere Welt nichts weiß. Im Grunde ist diese Hypothese Ausdruck des weiter unten zu besprechenden Kausalgesetzes in dem Sinne: Es muss zu meinen Sinneseindrücken eine Ursache geben. Die Gesamtheit dieser Ursachen bezeichne ich als die äußere Welt.

Ich denke, gegen meine Feststellung, dass die äußere Welt hypothetischen Charakter hat, könnte der Einwand vorgebracht werden, dass wir ja die physikalischen Gesetze kennen, die für die Einwirkungen der äußeren Welt auf unsere Sinne maßgeblich sind. Zum Beispiel kennen wir die Abbildungsgesetze der Physik, die den Zusammenhang eines Bildes in der äußeren Welt mit dem Bild auf unserer Netzhaut beschreiben. Ergo können wir zurückschließen, wie das in der äußeren Welt aussieht, was einen bestimmten optischen Eindruck erzeugt hat. Das ist jedoch ein Fehlschluss, denn unsere Augen sind selbst Teile der äußeren Welt, aber unsere physikalischen Gesetze beschreiben nicht Beziehungen zwischen Gegenständen und Erscheinungen in der äußeren Welt, sondern nur zwischen Vorstellungen in unserem Geist.

Ich werde im Laufe meiner Überlegungen und in meiner Bezeichnungsweise häufig den hypothetischen Charakter der äußeren Welt vernachlässigen. Das ist die normale Umgangssprache. Der sprachliche Ausdruck wird allzu umständlich, wenn man die Tatsache, dass die äußere Welt Hypothese ist, ständig mitschleppt. Den Grundsatz aber, dass die äußere Welt nur hypothetischen Charakter hat, werde ich beibehalten und mich gelegentlich daran erinnern. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn ich etwas ferner liegende Facetten der äußeren Welt betrachte, zum Beispiel die Beobachtungen, die der Relativitätstheorie, Elementarteilchenphysik oder Kosmologie zugrunde liegen.

Es ist nicht einmal im Gedankenexperiment einzusehen, wie ein Lebewesen konstruiert sein könnte, welches ein echtes Wissen seiner Umwelt besitzt, solange es selbst Teil dieser Welt ist. Zu wirklichem Wissen gehört Vollständigkeit. Dieses gedachte Wesen, das ein echtes Wissen seiner Umwelt besitzt, enthielte demnach die gesamte Welt in Kopie, und damit auch sich selbst. Und hier zeigt sich der Widerspruch.

Bereits hier ist ein kurzer Exkurs zur Evolution angebracht: Für unsere Orientierung in der Umwelt und unser Überleben ist die Frage, ob ich irgendein wirkliches Wissen über eine tatsächliche Umwelt haben kann oder ob ich nur ein von mir selbst aufgrund der Sinnessignale konstruiertes Bild der äußeren Welt kenne, vollkommen unwichtig, solange es zwischen beiden eine zuverlässige Beziehung gibt, die es mir gestattet, Gefahren und Gelegenheiten in der überwiegenden Zahl der Fälle richtig einzuschätzen. Genau das scheint unsere Ausstattung mit Sinnen und dem Nervensystem zu leisten. Mehr dazu folgt im Teil 2 dieser Überlegungen.7

Die Hierarchie der Vorstellungen

Ich verwende das Wort Vorstellung, wie bereits erläutert, für nahezu das gesamte Material, mit dem...

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