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Hoffnung & Revolution

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
307 Seiten
Deutsch
Verlag Das Wunderhornerschienen am25.04.2023
Shanghai im 21. Jahrhundert: Beth, eine südafrikanische Diplomatin, trifft Huang Zhao, ihren chinesischen Nachbarn, den sie jede Nacht durch die Decke tippen hört. Er zeigt ihr seine Stadt, sie werden Freunde, als sie ihre gemeinsame Liebe zu einem Band mit Briefen des Harlem Renaissance Dichters Langston Hughes entdecken, die dieser an einen jungen südafrikanischen Schriftsteller schreibt, über seine Zeit als erstem afroamerikanischen Dichter auf chinesischem Boden während der kommunistischen Revolution 1933 in Shanghai, über die wachsende Unterdrückung durch die Arpartheid in Südafrika, die schmerzhaften Fortschritte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in der MacCarthy-Ära. Eines Tages ist Zhao jedoch verschwunden. Beth werden mysteriöse Umschläge mit Manuskriptteilen in den Briefschlitz ihrer Wohnungstür geschoben, deren Übersetzung alle daran Beteiligten gefährdet.   Es sind hochbrisante Aufzeichnungen über die große Hungersnot von 1958 bis 1962 unter Maos »glorreicher« Revolution, das Studentenmassaker 1989 auf dem Platz des himmlischen Friedens, die bei Beth verdrängte Erinnerungen an ihre eigene Vergangenheit als junge Aktivistin während der späten Apartheid in Kapstadt aufleben lassen, den Mord an ihrer revolutionären Freundin, an Kompromisse, die sie gegenüber dem südafrikanischen Regime eingeganen ist und die zum Scheitern ihrer Ehe führten. Ein seltener, da feinfühlig und gesichtswahrend mit erstaunlicher Empathie geschriebener Politthriller, mit verblüffenden Verbindungslinien zwischen Kapstadt, Harlem und Shanghai von Mitte des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, in Zeiten politischer Umwälzungen, staatlicher Überwachung und Unterdrückung. Über persönliche Erfahrungen und teilweise erschütternde Schicksale von Menschen, die vereint sind in ihrer Entschlossenheit, erfahrenem oder ausgegrabenem Unrecht unter Einsatz oft hohen eigenen Risikos zu begegnen.

C. A. Davids, geboren 1971 in Südafrika, arbeitet als Schriftstellerin und Kulturschaffende. Ihr zweiter Roman, How to be a Revolutionary, erschien 2022. Ihr Debütroman, The Blacks of Cape Town, wurde 2013    veröffentlicht. C. A. studierte Kreatives Schreiben, Wirtschaftswissenschaften und Marketing an der Universität Kapstadt. Sie lebt in Kapstadt, Südafrika, war aber auch schon in Shanghai, China, New Jersey in den USA und Basel in der Schweiz zu Hause.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextShanghai im 21. Jahrhundert: Beth, eine südafrikanische Diplomatin, trifft Huang Zhao, ihren chinesischen Nachbarn, den sie jede Nacht durch die Decke tippen hört. Er zeigt ihr seine Stadt, sie werden Freunde, als sie ihre gemeinsame Liebe zu einem Band mit Briefen des Harlem Renaissance Dichters Langston Hughes entdecken, die dieser an einen jungen südafrikanischen Schriftsteller schreibt, über seine Zeit als erstem afroamerikanischen Dichter auf chinesischem Boden während der kommunistischen Revolution 1933 in Shanghai, über die wachsende Unterdrückung durch die Arpartheid in Südafrika, die schmerzhaften Fortschritte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in der MacCarthy-Ära. Eines Tages ist Zhao jedoch verschwunden. Beth werden mysteriöse Umschläge mit Manuskriptteilen in den Briefschlitz ihrer Wohnungstür geschoben, deren Übersetzung alle daran Beteiligten gefährdet.   Es sind hochbrisante Aufzeichnungen über die große Hungersnot von 1958 bis 1962 unter Maos »glorreicher« Revolution, das Studentenmassaker 1989 auf dem Platz des himmlischen Friedens, die bei Beth verdrängte Erinnerungen an ihre eigene Vergangenheit als junge Aktivistin während der späten Apartheid in Kapstadt aufleben lassen, den Mord an ihrer revolutionären Freundin, an Kompromisse, die sie gegenüber dem südafrikanischen Regime eingeganen ist und die zum Scheitern ihrer Ehe führten. Ein seltener, da feinfühlig und gesichtswahrend mit erstaunlicher Empathie geschriebener Politthriller, mit verblüffenden Verbindungslinien zwischen Kapstadt, Harlem und Shanghai von Mitte des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, in Zeiten politischer Umwälzungen, staatlicher Überwachung und Unterdrückung. Über persönliche Erfahrungen und teilweise erschütternde Schicksale von Menschen, die vereint sind in ihrer Entschlossenheit, erfahrenem oder ausgegrabenem Unrecht unter Einsatz oft hohen eigenen Risikos zu begegnen.

C. A. Davids, geboren 1971 in Südafrika, arbeitet als Schriftstellerin und Kulturschaffende. Ihr zweiter Roman, How to be a Revolutionary, erschien 2022. Ihr Debütroman, The Blacks of Cape Town, wurde 2013    veröffentlicht. C. A. studierte Kreatives Schreiben, Wirtschaftswissenschaften und Marketing an der Universität Kapstadt. Sie lebt in Kapstadt, Südafrika, war aber auch schon in Shanghai, China, New Jersey in den USA und Basel in der Schweiz zu Hause.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783884236864
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum25.04.2023
Seiten307 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6113 Kbytes
Artikel-Nr.11847230
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1
SHANGHAI

Immer gegen ein Uhr nachts verstärkte sich das monotone Klacken der Schreibmaschinentasten, denn dann wurde es auf der Straße still, auch wenn Shanghai nie völlig verstummte. Nur im kurzen Zeitraum zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens beruhigte sich der Verkehr und der Lärm ebbte ab. Den ganzen Tag über erfüllte Baulärm die Luft. Kräne ragten kreuz und quer ins Grau empor, dem Himmel so vertraut wie anderswo Vögel und Flugzeuge. Kunstvolle, wie Baumwolle gewobene Bambusgerüste gaben der Stadt ihre Form in der Vertikalen, während unten den ganzen Tag über Arbeiter ihre Schicht antraten. Unablässig kreischte in der Ferne Metall, knallte schallend aneinander.

Wenn überhaupt war es in diesen Monaten, in der Zeit, als mir die Stadt und ihre unergründlichen Geräusche noch nicht vertraut waren, dass ich ihn tippen hören konnte.

Auf das Klacken und Klicken folgten zwischendurch ein kurzes Ping und ein langes Ratschen; vertraute Geräusche, die meine gesamte Kindheit hindurch erklangen, wenn meine Mutter Arbeit mit nach Hause gebracht hatte. Meine immer müder werdenden Lider hatten im Takt mitgeklimpert, bis ich jedes Mal den Kampf verlor. Im Tippen, das jetzt durch den Beton drang, lag keine Musik, und ich konnte hören, dass der Nachbar von oben nur mit einem Finger schrieb. Ayi sagte, es sei ein Mann, sie habe ihn morgens einmal auf dem Balkon rauchen sehen. Zumindest nehme ich an, dass sie das gesagt hatte. Sie sprach kein Wort Englisch und ich hatte nur die notwendigsten Brocken Mandarin gelernt: Hallo, auf Wiedersehen, danke, Entschuldigung, was kostet das, nein, das da usw. Wenn Ayi zum Putzen kam, bestand unsere Unterhaltung über ihre Aufgaben aus einem Patchwork aus Zeichen, Gesten und unverständlichen Wörtern. Darüber hinaus sprachen wir kaum miteinander und dieses Informationsbröckchen über meinen Nachbarn ergatterte ich auch nur, weil wir eines Morgens von einem lauten Krachen in der Wohnung über meiner überrascht wurden. Ayi empörte sich wortreich, beschrieb gestikulierend das Kettenrauchen sowie vermutlich den Kinnbart meines Nachbarn.

Jedenfalls war ich mir aufgrund des harten, steten Urinstrahls, der um vier Uhr morgens die Toilettenschüssel traf, sicher, dass es sich um einen Mann handelte. Sein Tippen hielt mich wach, war aber auch seltsam tröstlich. Eine kleine Entschädigung für den leeren Platz neben mir.

-

Gerade hatte ich die wenigen, im internationalen Lebensmittelmarkt erstandenen Sachen ausgepackt: Brot, Kaffee, eine Flasche Wein aus Südafrika, die ich bereits geöffnet hatte sowie importierte Milch (der Schock über den Skandal, dass Milchprodukten Melamin beigemischt worden war, um ihr Gewicht zu erhöhen, eine Panscherei, die Leben gekostet hatte, saß bei allen noch tief), als mich ein Klopfen an der Tür aufschreckte.

Ayi war die Einzige, die bei mir je auf der Matte stand, daher wurde der Türklopfer - ein brüllender Löwenkopf aus Bronze -, fast nie benutzt.

Guten Abend.

Aus dem zugigen Korridor drangen Worte, die einstudiert, hölzern klangen: Ich wäre dankbar, wenn Sie mir helfen könnten.

Obwohl ich mich in der Wohnung, in der Stadt sicher fühlte, öffnete ich die Tür nicht ganz.

Sprechen Sie Englisch? Ich suche nach einem Wort. Ich öffnete die Tür noch ein Stückchen, damit ich ihn besser betrachten konnte. Anhand der silbernen Haarsträhnen, die ihm um die Ohren hingen, schätzte ich ihn auf Anfang Sechzig. Mit seinen zarten Händen formte er behutsam eine Frage.

Mir ist nicht ganz klar, was Sie meinen.

Ich suche nach einem Wort ⦠so ähnlich wie traurig , aber nicht traurig , verlieh er seiner Vorstellung mit einem Kopfschütteln Ausdruck, bedeutsamer.

Sie schreiben auf Englisch? , fragte ich. Er nickte.

Es hängt davon ab, in welchem Zusammenhang Sie das Wort verwenden wollen , erklärte ich lächelnd, öffnete die Tür aber weiterhin nicht mehr als 45 Grad. Ich fand diesen Fremden ebenso verwirrend wie faszinierend und fragte mich, warum er sich ausgerechnet unter allen Türen, an die er hätte klopfen können, meine ausgesucht hatte.

Nein ⦠, ein ratloses Lächeln erschien auf seinem Gesicht, kann leider nicht sagen.

Manchmal kam es mir in dieser Stadt vor, als spräche ich in ein Gewässer: Die Leute verwechselten Wörter, machten Übersetzungsfehler, selbst jene, die gut Englisch sprachen. Allmählich lernte ich, mich darauf einzustellen.

Anders formuliert, ich muss verstehen, wie Sie das Wort verwenden wollen, damit ich Ihnen sagen kann, welches am besten passt. Ich legte den Kopf schräg. Er tat es mir nach.

Ich verstehe , meinte er, kann aber nicht sagen.

Vielleicht kommen Sie besser rein , ich machte die Tür ganz auf und konnte mir selbst Monate später nicht erklären, warum ich diesen Fremden in meine Wohnung gebeten hatte. Noch hatte ich in der Stadt keine Freundschaften geschlossen, war nicht einmal zum Begrüßungsempfang für die neuen Konsulatsmitarbeiter gegangen, der vor ein paar Wochen stattgefunden hatte, und betrachtete mittlerweile meine Einsamkeit als freiwillig gewählt.

Er ging zum Wohnzimmer in Richtung Fenster, die den Huangpu und die diesige Skyline einrahmten, darüber zog sich ein rosafarbener Faden über den Himmel.

Ein schöner Ausblick , sagte ich.

Meiner gleich , erwiderte er.

Ach, Sie wohnen im selben Block? , fragte ich, worauf er zur Decke zeigte. In einem höheren Stockwerk?

Eins rauf. Mein Ausblick gleich, aber besser , er lächelte wieder.

Vielleicht hatte ich ihn missverstanden.

Sie wohnen über mir.

Ja, direkt drüber. Eins rauf , sagte er und sein Zeigefinger stupfte in die Luft.

Allmählich begriff ich, um wen es sich handelte: Es war mein rücksichtloser Nachbar, mein beharrlicher Schreibmaschinenarbeiter und er war gekommen, um nach einem Wort zu fragen. Ich war nicht wütend, eher leicht verärgert, aber auch neugierig; war er nicht Teil meines Lebens geworden durch sein Getippe, das in meinen Schlaf sickerte und meinem Tagesablauf eine gewisse Struktur verlieh?

Ich höre Sie manchmal.

Was?

Ihr Tippen ⦠Sie tippen nachts. Meine Finger drückten unsichtbare Tasten und bedienten einen imaginären Zeilenschalthebel.

Sie können mich hören ⦠nein, Sie irren sich ⦠, stammelte er. Das bin ich nicht. Habe keine.

Echt? Aber ich war mir sicher, dass das Geräusch von oben kommt , sagte ich und in meiner Stimme schwangen Verblüffung und unwillkürlich wohl auch Herausforderung mit.

Wir starrten einander an.

Natürlich hatte man mich in den komplizierten Formalitäten und Höflichkeitsriten geschult, die in China im sozialen Umgang miteinander gelten, mich zur Vorsicht angehalten. Die Nichtchinesen der Stadt sprachen in warnendem Ton vom Gesichtwahren und wie grauenvoll es sich auswirke, wenn man einen Fehler, eine Flunkerei, ein Versäumnis oder weit Schlimmeres nicht geflissentlich ignoriere. Ich hatte dieses Gesichtwahren für übertrieben gehalten, ein Gerücht, um die Ausländer auf Trab zu halten. Trotzdem spürte ich, wie mein Gesicht anfing zu glühen, als mir bewusst wurde, dass ich dabei war, ihn zu beleidigen oder dies bereits getan hatte.

Ähm ⦠also ich habe gerade einen Wein aufgemacht, als Sie klopften , bemühte ich mich, Boden wiedergutzumachen, möchten Sie sich nicht setzen und ein Glas mittrinken ⦠eine ganze Flasche schaffe ich unmöglich allein. Ohne die Antwort abzuwarten, ging ich in die Küche.

Als ich wieder ins Wohnzimmer trat, hielt er ein Buch in der Hand. Das eine Auge zugekniffen, überflog er mit dem anderen die Rückseite, strich dabei mit der freien Hand über den Buchrücken.

Das ist eine Sammlung von Briefen, die Langston Hughes schrieb und zwar an jemanden aus meinem Heimatland , erklärte ich nach einem Blick auf das Cover. Sagt Ihnen Langston Hughes etwas?

Natürlich, habe gelesen.

Ah. Ich bemühte mich zu verbergen, wie mich das geradezu absurd freute.

Sie sind von ⦠wo?

Südafrika , sagte ich.

Ohne abzusetzen, trank er rasch das Glas aus und sagte anschließend in dem eingeübten Tonfall, den ich schon an der Tür gehört hatte: Vielen Dank, sehr freundlich von Ihnen. Er senkte den Kopf fast bis zur Verbeugung und ging, ohne meine Antwort oder das Wort...
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Autor

C. A. Davids, geboren 1971 in Südafrika, arbeitet als Schriftstellerin und Kulturschaffende. Ihr zweiter Roman, How to be a Revolutionary, erschien 2022. Ihr Debütroman, The Blacks of Cape Town, wurde 2013    veröffentlicht. C. A. studierte Kreatives Schreiben, Wirtschaftswissenschaften und Marketing an der Universität Kapstadt. Sie lebt in Kapstadt, Südafrika, war aber auch schon in Shanghai, China, New Jersey in den USA und Basel in der Schweiz zu Hause.