Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Art Skript Phantastik Verlagerschienen am23.10.20215. Auflage
Das Genre der Marginalisierten und zur Unsichtbarkeit Verdonnerten, die für ihre Repräsentation und Existenz in der Gesellschaft viele Kämpfe austragen müssen. Wie die Kämpfe von Queers wegen Blutspendenverbote, Hassverbrechen, geschlechtlicher und sexueller Anerkennung, Selbstbestimmungsgesetze, Adoptionsrechte, Asylrechte, gegen Fetischisierung, Pathologisierung und, und, und ... In dieser Anthologie versammeln sich Kurzgeschichten von offen queeren Autor*innen der deutschsprachigen Phantastik-Szene. Sie vermengen gesellschaftspolitische Themen unseres modernen Alltags mit magischen Einzelschicksalen und leisten jenseits des unterhaltenden Lesevergnügens auch einen wichtigen Beitrag: Wir sind mehr als unsichtbare Marginalisierte!

Mit Kurzgeschichten von: Alex Prum, Amalia Zeichnerin, Christian Handel, Dyn Quing, Elea Brandt, Eleanor Bardilac, Frank Friedrichs, Isabella von Neissenau, Iva Moor, Jasper Nicolaisen, Jenny Cazzola, Juliane Seidel, Justine Pust, Lena Richter, Leni Wambach, Liv K?tny, Martin Gancarczyk, Matthias Teut, Oliver Baeck, Rafaela Creydt, Sarah Fartuun Heinze, Shelly, Tanja Meurer und den Herausgebenden A?k?n-Hayat Do?an & Noah Stoffers
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR3,99

Produkt

KlappentextDas Genre der Marginalisierten und zur Unsichtbarkeit Verdonnerten, die für ihre Repräsentation und Existenz in der Gesellschaft viele Kämpfe austragen müssen. Wie die Kämpfe von Queers wegen Blutspendenverbote, Hassverbrechen, geschlechtlicher und sexueller Anerkennung, Selbstbestimmungsgesetze, Adoptionsrechte, Asylrechte, gegen Fetischisierung, Pathologisierung und, und, und ... In dieser Anthologie versammeln sich Kurzgeschichten von offen queeren Autor*innen der deutschsprachigen Phantastik-Szene. Sie vermengen gesellschaftspolitische Themen unseres modernen Alltags mit magischen Einzelschicksalen und leisten jenseits des unterhaltenden Lesevergnügens auch einen wichtigen Beitrag: Wir sind mehr als unsichtbare Marginalisierte!

Mit Kurzgeschichten von: Alex Prum, Amalia Zeichnerin, Christian Handel, Dyn Quing, Elea Brandt, Eleanor Bardilac, Frank Friedrichs, Isabella von Neissenau, Iva Moor, Jasper Nicolaisen, Jenny Cazzola, Juliane Seidel, Justine Pust, Lena Richter, Leni Wambach, Liv K?tny, Martin Gancarczyk, Matthias Teut, Oliver Baeck, Rafaela Creydt, Sarah Fartuun Heinze, Shelly, Tanja Meurer und den Herausgebenden A?k?n-Hayat Do?an & Noah Stoffers
Details
Weitere ISBN/GTIN9783945045251
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum23.10.2021
Auflage5. Auflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1964 Kbytes
Artikel-Nr.11908982
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Content Notes: Alkohol, Body Horror (Verwandlung), Drogen (angedeutet), Gefangenschaft (erwähnt)
 
 
Tam Lin 2020

Christian Handel

 

Tanner

 

»Der Kleine ist süß.« Kara wirft mir über den Rand ihrer Tasse hinweg einen vielsagenden Blick zu.

Statt einer wortreichen Antwort schnaube ich einfach und lasse mich ihr gegenüber auf einen Küchenstuhl fallen. Sie hat auch mir einen Kaffee gemacht, genauso, wie ich ihn mag: heiß, schwarz und bitter wie meine Seele. Genüsslich nippe ich daran.

Kara lässt mich dabei nicht aus den Augen. »Er wird dir noch Ärger machen.«

»Jetzt ist er ja weg.«

»Aber er wird wiederkommen.«

»Unwahrscheinlich.« Betont gelangweilt ziehe ich ihre Zeitung über den Tisch zu mir.

»Ihre Majestät ist in der Stadt?«, stelle ich überrascht fest, nachdem ich die Titelseite überflogen habe. Ein bisschen wundert mich das schon. Warum hat sich Robin nicht gemeldet? Titania besucht Berlin nur selten und Robin weicht ihr noch seltener von der Seite.

»Das hast du beim letzten Mal auch gesagt.«

Erst denke ich, Kara spricht von der Königin, doch dann sehe ich, dass sie sich zum Küchenfenster gebeugt hat und durch den Blauregen hindurch nach unten auf die Straße blickt. Die gerade Jaron entlangschlendert, übernächtigt, niedlich und vermutlich mit einem verträumten Ausdruck auf dem Gesicht.

Das ist das Problem. Er ist schon zu oft mit mir gekommen - und ja, ihr dürft das gern wörtlich nehmen. Wenn ich nicht aufpasse, entwickelt sich aus seiner kleinen Schwärmerei für mich noch etwas Ernsthafteres.

»Es macht eben Spaß mit ihm«, verteidige ich mich trotzdem.

»Das habe ich gehört.« Kara lehnt sich wieder im Stuhl zurück und schnappt sich die Zeitung. Doch anstatt sie zu lesen, legt sie sie aufs Fensterbrett. Auch ihren geliebten Milchkaffee rührt sie nicht an und ich ahne, was kommt. So leicht lässt sie mich heute nicht vom Haken.

»Keine Sterblichen, Tanner. Jedenfalls nicht öfter als einmal.«

»Du klingst wie Mauricio.«

Mauricio ist mein ehemaliger Mentor, derjenige, der mir alles beigebracht hat, was ein Inkubus wissen muss. Obwohl nicht er es war, der mich verwandelt hat. Mauricio hätte mich nie gebissen, er ist stockhetero. Dem Bastard, der mich infiziert hat, bin ich nie wieder begegnet und das ist für uns beide sicher auch besser so. Obwohl ich inzwischen die Vorzüge meines neuen Lebens durchaus zu schätzen weiß. Besonders, wenn mir ein schnuckeliger Kerl wie Jaron über den Weg läuft. Zwar bin ich als Hochelf geboren, doch Mitte der 1980er Jahre wurde ich zu einem Nachtwandler, der seine magischen Kräfte mehrt, indem er Sex hat. Viel Sex. Und ich brauche viel Macht, seit mich der Graue Rat vor ein paar Jahren zum Ringträger bestimmt hat. Deshalb bin ich auch nach Berlin gezogen, in eine Altbauwohnung in Schöneberg. Die Stadt ist nicht nur so weltoffen und multikulturell, dass selbst der schrägste Vogel problemlos in der großen Masse unsichtbar werden kann. Sie ist eine Art modernes Babylon: frei, wild und unglaublich liebenswert - zumindest viele Seiten davon. Dem Charme der kunterbunten Großstadt kann sich nicht einmal eine Schwanenjungfrau wie Kara entziehen. Nicht, dass Kara eine typische Schwanenjungfrau wäre.

»Ich bin nur dein Gast und ich will dir keine Vorschriften machen«, sagt sie und sieht mich dabei so an, als wolle sie mir klarmachen, dass sie sich trotz ihrer Worte wünschte, sie könne genau das tun. »Aber ich kann auch nicht einfach nur hier sitzen und stumm dabei zusehen, wie du uns alle in Gefahr bringst.«

Mit uns alle meint Kara die Magische Gemeinschaft. Seit dem Aufkommen von Internet, Überwachungskameras und Smartphones brauchen die Wächter immer mehr Magie, um die Geheimhaltung unserer Existenz sicherzustellen. Und immer, wenn einer von uns einen Menschen zu sehr in das eigene Leben lässt, besteht die Gefahr, dass wir entdeckt werden.

Unrecht hat Kara nicht. Ich bin nicht an einer Beziehung interessiert, aber Jaron beginnt, mehr als Sex zu wollen. Ich will ihm nicht wehtun und auch wenn ich inzwischen ein Nachtwandler bin, so fließt noch genug Hochelfenblut in mir, dass es mir unmöglich ist, eine Lüge auszusprechen.

»Ich habe alles unter Kontrolle«, teile ich Kara mit.

Dass absolut gar nichts unter Kontrolle ist, stelle ich eine halbe Stunde später fest, während ich mich für einen Ausflug mit Kara an den Schlachtensee umziehe. Als ich mir nämlich das Lederbändchen mit dem Ring umbinden will, stelle ich fest, dass es verschwunden ist. Es liegt weder auf dem Nachtschränkchen, noch sind Band und Schmuckstück auf den Boden gefallen. Fuck! Jaron muss den Ring mitgenommen haben. Diese kleine Kröte!

 

Jaron

 

Jaron unterdrückt ein Gähnen, als er ins Café kommt, wo trotz der frühen Stunde schon geschäftiges Treiben herrscht. Der Duft von Kaffeepulver und süßen Zimtschnecken weht ihm entgegen, ebenso wie das fröhliche Lachen dreier junger Frauen, die gemeinsam frühstücken. Das Rattern der am Café vorbeifahrenden S-Bahn dringt hingegen nur gedämpft durch die Scheiben. Die Nacht steckt Jaron in den Knochen. Er fühlt sich angenehm matt und obwohl er geduscht hat, haftet der Geruch von Tanner noch auf seiner Haut.

Jaron muss ein Grinsen unterdrücken, wenn er an ihn denkt. Sein dunkelhaariger Lover ist ein paar Jahre älter als er, Anfang dreißig, jedenfalls vermutet Jaron das. Er kann sich nicht erinnern, Tanner gefragt zu haben, und obwohl er versucht hat, ihn auf einer der zahlreichen Dating-Apps zu finden, hatte er damit bisher kein Glück. Tanner scheint aus dem Nichts aufzutauchen und auch wieder dorthin zu verschwinden, wenn es ihm beliebt. Das ist natürlich Unsinn, Jaron ist das klar, schließlich war er bereits ein paar Mal bei ihm zu Hause. Trotzdem: Irgendetwas an Tanner ist nicht greifbar, auch wenn er nicht sagen könnte, was. Vielleicht hat Jaron sich deshalb den Ring geschnappt. Als er ihn auf dem Nachtschränkchen liegen sah, so geheimnisvoll in der Sonne glitzernd, konnte er nicht widerstehen.

Jetzt, nachdem er Arzu begrüßt und sich eine der violetten Barista-Schürzen umgebunden hat, nestelt er an dem schwarzen Lederbändchen um seinen Hals. Nein, er hat den Ring nicht gestohlen, das kann man so nicht sagen. Ausgeliehen wäre treffender. Schließlich will er Tanner wiedersehen. Bald. Und wenn es so weit ist, wird er ihm diesen seltsamen Ring zurückgeben. Der Goldreif ist wie eine Schlange gestaltet, die sich selbst in den Schwanz beißt. Ihre Augen bestehen aus winzigen Kristallen. Der Ring sieht aus wie von einem Mittelaltermarkt; eigentlich passt er gar nicht zu Tanner, aber ⦠irgendetwas daran hat Jaron angelockt.

Vielleicht der gleiche Zauber, der ihn auch immer wieder zu Tanner zieht? Jaron fühlt sich von dem verführerischen Glitzern in seinen Augen angezogen wie die Motte vom Licht. Er möchte in seinem Duft versinken, liebt es, von seinen starken Armen gehalten zu werden, wünscht sich, dass Tanner ihn nie wieder loslässt. Wenn sie sich auf der Tanzfläche begegnen, ist das wie Magie.

Jetzt muss er über sich selbst grinsen. Was für alberne Gedanken. Er ist vierundzwanzig, steht mit beiden Beinen im Leben und glaubt nicht an Zauberei. Vielleicht einmal davon abgesehen, dass es einem schon wie Magie vorkommt, in Berlin einen attraktiven Kerl kennenzulernen, mit dem man gern Zeit verbringt, mit dem der Sex großartig ist und der nicht entweder bereits in einer Beziehung oder beziehungsunwillig ist.

Und wenn Tanner noch hundert Mal so tut, als würde sich da nichts Ernsthaftes zwischen uns entwickeln, sinniert er, als er am Tresen beginnt, die Kundschaft zu bedienen. Inzwischen haben wir schon viel zu viel Zeit miteinander verbracht und viel zu tolle Gespräche geführt, um das alles nur auf sexuelle Anziehung zu schieben.

Weil er sich erneut in Erinnerungen an letzte Nacht verliert, bemerkt Jaron nicht, dass eine neue Kundin an den Tresen tritt. »Was für ein außergewöhnlich schönes Schmuckstück.«

Erst jetzt, als sie ihn anspricht, bemerkt er, dass er den Ring unter dem T-Shirt hervorgezogen hat und ihn zwischen den Fingern hält.

Die Stimme der Frau vor ihm ist samtig und dunkel. Jaron lässt den Ring los, als habe er sich am Metall verbrannt. Er räuspert sich, konzentriert sich auf die Frau. Sie ist attraktiv. Die nachtschwarzen Haare und die braune Haut heben sich extrem von ihrem cremefarbenen Kostüm ab. Ihr Blick ist so intensiv, als wolle sie durch seine Augen direkt in seinen Kopf schauen.

»Was darf es sein?« Jaron muss sich abmühen, die Worte herauszupressen, obwohl er sie sonst hunderte Male am Tag spricht.

»Darf ich ihn mir mal genauer ansehen?« Die Kundin streckt lächelnd die Hand über den Tresen. Es fällt ihm schwer, ihr Alter zu schätzen. Dreißig? Vierzig? Älter?

»Den Ring«, fügt sie hinzu, als er nicht reagiert.

Sein Nacken beginnt zu kribbeln und ihm bricht unter den Achseln der Schweiß aus.

»Ich ⦫ Jaron schluckt, sucht nach Worten. »Ich ⦫

»Ja?« Die Stimme der Frau hat etwas Besänftigendes, Lockendes. Etwas, das ihn auf unangenehme Art an Tanner erinnert.

»Tut mir leid.« Er steckt den Schlangenring schnell wieder unter das Hemd. »Das geht nicht. Möchten Sie einen Kaffee? Einen Tee?«

Überrascht hebt die Frau eine Braue, starrt ihn an, als könne sie nicht glauben, was gerade geschieht. Dann kneift sie die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Jarons Beine verwandeln sich in Pudding. Er muss sich mit beiden Händen am Tresen abstützen, um...
mehr

Autor

Mit Kurzgeschichten von: Alex Prum, Amalia Zeichnerin, Christian Handel, Dyn Quing, Elea Brandt, Eleanor Bardilac, Frank Friedrichs, Isabella von Neissenau, Iva Moor, Jasper Nicolaisen, Jenny Cazzola, Juliane Seidel, Justine Pust, Lena Richter, Leni Wambach, Liv Katny, Martin Gancarczyk, Matthias Teut, Oliver Baeck, Rafaela Creydt, Sarah Fartuun Heinze, Shelly, Tanja Meurer und den Herausgebenden Askin-Hayat Dogan & Noah Stoffers