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Buchenheim

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
184 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am13.06.20231. Auflage
Jörg Dreistett, Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik, der in wenigen Tagen 60 Jahre alt wird, befindet sich auf dem Weg nach Hamburg zu seinem 10 Jahre älteren Bruder Hans. Der hatte sein Elternhaus wegen seiner Jugendfreundin im Streit verlassen und den größten Teil seines Lebens als Provinzschauspieler verbracht. Vor ein paar Jahren reüssierte er mit dem Roman "Nur die Liebe zählt", in dem er den Konflikt mit dem Elternhaus verzerrt darstellt, überraschend zum Bestsellerautor. Die Beziehung zwischen den Brüdern, seit Jahrzehnten schon durch Hans' Zwist mit den Eltern überschattet, wird durch dieses Buch noch weiter belastet. Zudem neidet Jörg seinem Bruder den schriftstellerischen Erfolg aus zwei Gründen: Das "Machwerk" ist für ihn lediglich gehobene Trivialliteratur, und - viel wesentlicher - er schreibt selbst, wenn auch bisher nur für die Schublade, hält sich aber für den besseren Autor. Auf der Fahrt kommt Dreistett in der Nähe des Städtchens Buchenheim vorbei, in dem er seine frühe Kindheit verbracht hat. Dies löst in ihm eine Flut an Erinnerungen aus. Bald darauf gerät er in einen Stau und wird wenig später in einen schlimmen Unfall verwickelt. Im Auto eingeklemmt, gehen ihm die Erinnerungsfetzen immer wilder durcheinander, es kommt zusehends zur Vermengung von Realität und Fiktion. Der Roman handelt einmal von den Erinnerungen an Kindheit (in den späten 40er- und den 50er-Jahren), Jugend (in den 60er Jahren) und Erwachsenenzeit, dann von einem Bruderkonflikt, der nicht vergehen will.

Wolfgang Sanden, 1946 in Hildesheim geboren, übte nach Abitur und Mathematikstudium dreißig Jahre lang verschiedene Berufe in der IT-Branche aus. Unter anderem war er als Programmierer, Systemanalytiker, Berater, Qualitätsmanager und Ausbilder tätig. In jener Zeit konnte er sich dem Schreiben nur sporadisch widmen. Heute arbeitet Wolfgang Sanden als freier Schriftsteller.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextJörg Dreistett, Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik, der in wenigen Tagen 60 Jahre alt wird, befindet sich auf dem Weg nach Hamburg zu seinem 10 Jahre älteren Bruder Hans. Der hatte sein Elternhaus wegen seiner Jugendfreundin im Streit verlassen und den größten Teil seines Lebens als Provinzschauspieler verbracht. Vor ein paar Jahren reüssierte er mit dem Roman "Nur die Liebe zählt", in dem er den Konflikt mit dem Elternhaus verzerrt darstellt, überraschend zum Bestsellerautor. Die Beziehung zwischen den Brüdern, seit Jahrzehnten schon durch Hans' Zwist mit den Eltern überschattet, wird durch dieses Buch noch weiter belastet. Zudem neidet Jörg seinem Bruder den schriftstellerischen Erfolg aus zwei Gründen: Das "Machwerk" ist für ihn lediglich gehobene Trivialliteratur, und - viel wesentlicher - er schreibt selbst, wenn auch bisher nur für die Schublade, hält sich aber für den besseren Autor. Auf der Fahrt kommt Dreistett in der Nähe des Städtchens Buchenheim vorbei, in dem er seine frühe Kindheit verbracht hat. Dies löst in ihm eine Flut an Erinnerungen aus. Bald darauf gerät er in einen Stau und wird wenig später in einen schlimmen Unfall verwickelt. Im Auto eingeklemmt, gehen ihm die Erinnerungsfetzen immer wilder durcheinander, es kommt zusehends zur Vermengung von Realität und Fiktion. Der Roman handelt einmal von den Erinnerungen an Kindheit (in den späten 40er- und den 50er-Jahren), Jugend (in den 60er Jahren) und Erwachsenenzeit, dann von einem Bruderkonflikt, der nicht vergehen will.

Wolfgang Sanden, 1946 in Hildesheim geboren, übte nach Abitur und Mathematikstudium dreißig Jahre lang verschiedene Berufe in der IT-Branche aus. Unter anderem war er als Programmierer, Systemanalytiker, Berater, Qualitätsmanager und Ausbilder tätig. In jener Zeit konnte er sich dem Schreiben nur sporadisch widmen. Heute arbeitet Wolfgang Sanden als freier Schriftsteller.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757870904
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum13.06.2023
Auflage1. Auflage
Seiten184 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11943837
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Die Autos vor ihm bremsten seit ein paar Minuten immer häufiger, der Verkehr wurde verdammt zähflüssig. Inzwischen fuhr er nur noch achtzig. Ein paar Eilige brausten unbeeindruckt auf der linken Spur vorbei, mußten gleich darauf hart auf die Bremse treten. Ein ziemlich blödsinniges Verhalten, das leicht zu Unfällen führen konnte. Die Lastwagen rollten nur noch im Schrittempo. So kündigte sich oftmals ein längerer Stau an. Den hatten sie im Verkehrsfunk natürlich nicht gemeldet. Na, vielleicht löste sich das Ganze ja doch schnell wieder auf. Man kannte es zur Genüge: Irgend jemand bremst aus unerfindlichen Gründen, und schon kommt der Verkehr kaskadenartig ins Stottern und im ungünstigen Fall sogar zum Stillstand.

Immerhin lief es ja noch so lala, und vielleicht käme er ohne große Verzögerung bis zur nächsten Raststätte, laut Verkehrsschild nur noch fünf Kilometer entfernt, wo er dann bei einer vorgezogenen Essenspause die weitere Entwicklung abwarten könnte. Notfalls müßte er Hans anrufen.

Plötzlich waren seine Vorbehalte gegen das Treffen wieder da. Bestand denn, realistisch betrachtet, überhaupt die Möglichkeit, den in den Jahren des Schweigens und Beschweigens immer tiefer gewordenen Graben mit Vernunft und positiven Erinnerungen wenigstens ein bißchen aufzufüllen? Sie beide waren immerhin ein ganzes Stück älter geworden - Hans hatte im Frühjahr die Siebzig überschritten, er selbst würde in wenigen Tagen seinen sechzigsten Geburtstag feiern (angesichts der ehelichen Schwierigkeiten nur im allerengsten Familienkreis). Da hatte man entweder an Milde und Einsicht gewonnen oder aber hielt an seinen Meinungen und Urteilen, gehärtet durch die im Laufe des Lebens gemachten Erfahrungen, noch starrköpfiger fest. Bei Hans war wohl letzteres zu vermuten, denn sonst hätte er dieses Buch so nicht geschrieben. Schließlich war er bei der Abfassung kein zorniger junger Mann mehr gewesen. Nur die Liebe zählt hieß das Machwerk - man mußte es einfach so nennen. Für die Nachkommen - zum besseren Verständnis ihres eigenen Lebens lautete die Widmung. Damit fing es doch schon an! Hans und Eva hatten gar keine Kinder - man habe in diese schreckliche Welt keinen Nachwuchs setzen wollen, so die Argumentation. Jetzt kam aber der eigentliche Hammer: Die neue Lebensgefährtin, halb so alt wie der Bruder, war schwanger. Opa wird Papa - wie wunderbar und wie sinnvoll ...

Ihr Vater, der böse Bube in dem Schmierenstück, hatte die Veröffentlichung nicht mehr erleben müssen, er war schon Jahre zuvor gestorben. Aber Mutti: Auch wenn sie damals schon sehr vergeßlich geworden war, die Ereignisse von früher hatte sie immer noch parat gehabt - manche zugestandenermaßen mit Goldrand versehen. Seinen als Beruhigungspille gedachten und selbst nicht geglaubten Hinweis, es handele sich um einen Roman, der ja ganz offensichtlich eine fiktive Geschichte erzähle und nur an einigen Stellen Parallelen zur Wirklichkeit aufweise, hatte sie mit folgenden Worten zurückgewiesen: So dumm und verkalkt bin ich gottseidank noch nicht, daß ich nicht erkennen würde, was Hans damit bezweckt hat. Er will seine Irrwege und Mißerfolge bloß uns bösen Eltern anhängen. Muttis große Sorge war es zudem gewesen, daß irgendwelche Leute, die sie kannten, ein völlig falsches Bild von ihr und Albert bekommen könnten. Mit gebotenem Feingefühl hatte er sie darauf hingewiesen, daß der Verwandten- und Bekanntenkreis schon beträchtlich geschrumpft war. Den restlichen 99,9 Prozent der Leser wären die Dreistetts sowieso völlig unbekannt.

Er selbst fand das Buch trotz allem Ärgernis in einer Hinsicht äußerst aufschlußreich. Es enthüllte, ob nun absichtlich oder aber unbewußt, wie sich Hans ein Leben vorstellte, das ihn von eigenen Fehlern freisprach. Nach wissenschaftlicher Erkenntnis erfanden die Menschen ihre Lebensgeschichte ja sowieso immer wieder neu, das Gestern war nicht unverändert wie auf einer Festplatte im Gehirn gespeichert, sondern wurde jedesmal, wenn man sich daran erinnerte, mit der Gegenwart abgeglichen und in neuer Version aufbewahrt, wobei der alte Inhalt überschrieben wurde und somit unrettbar verloren ging. Das hieß, daß es überhaupt keine unverfälschten Erinnerungen geben konnte, wobei verfälscht dummerweise nach Absicht klang. Nein, das menschliche Gehirn arbeitete nun einmal so und nicht anders.

Sein Bruder sah sich offenbar als ungeliebtes Kind, dem der sehr viel jüngere Bruder immer vorgezogen worden war. Zur grellen Illustration dieser Sichtweise hatte er sich eines Kunstgriffs bedient, der tief blicken ließ: im Roman stammte der Protagonist Norbert, also Hans, aus einer ersten Ehe des Vaters. Damit wurde aus der leiblichen Mutter eine Stiefmutter. Und Stiefmütter hatten bekanntlich nicht nur in Märchen einen schlechten Ruf. Der arme Norbert war nun einer solchen kaltherzigen Stiefmutter für sieben Jahre vollständig ausgeliefert - kaum ein Klischee wurde also ausgelassen -, weil der Vater weit weg in Hamburg seinem Beruf nachging und sich auf Kurzbesuche in Lindenhain, also Buchenheim, beschränkte. Diesen Vater zeichnete der Autor als ehrgeizigen Beamten, der nur seine Arbeit kannte und dabei die Familie hintenanstellte.

Ihn selbst hatten bei der Lektüre zwei Sätze besonders getroffen: Sein Bruder Hartmut war elf Jahre jünger als er - er übersah ihn einfach und Hartmut trug den Namen zu Unrecht, denn er war ein ängstliches Kind, geradezu ein Weichei. Der falsche Altersunterschied diente notdürftiger Verschleierung, den konnte er übergehen, nicht aber die herablassenden Äußerungen. Bevor Hans sich nämlich mit den Eltern überworfen hatte, waren sie beide ein Herz und eine Seele gewesen. Hätte ihm Hans denn sonst von seinem erstverdienten Geld zu Weihnachten einen Lederfußball geschenkt? Als Hans dann fluchtartig, sozusagen über Nacht, das Elternhaus verlassen hatte, war der kleine Bruder in Sippenhaft genommen und von da an tatsächlich geflissentlich übersehen worden. Und was das Weichei betraf: Hans war unbestritten immer der Wagemutigere gewesen, aber die manchmal von rauher Herzlichkeit geprägte brüderliche Behandlung hatte er, Jörg, als Kind klaglos hingenommen. Keinen Mucks hatte der Vierjährige zum Beispiel von sich gegeben, als Hans ihm aus Übermut immer wieder einen Ball an den Kopf warf, bis die zufällig vorbeikommende Mutter die Sache endlich beendet hatte. Vom großen Bruder als Spielkamerad anerkannt zu werden - das allein war wichtig gewesen!

Wenn er daran dachte, wie er mit fünf Jahren Radfahren gelernt hatte! Das Rad war höher gewesen als die heutigen Kinderräder, zudem ohne Rücktrittbremse und Leerlauf. Erste Fahrversuche auf ebenem Gelände hatten keinen Erfolg gehabt. Er war kaum in Schwung gekommen und sofort wieder umgekippt. Deshalb hatte sein Bruder die Idee gehabt, es auf dem abschüssigen Straßenabschnitt unweit des Grundstücks zu probieren. Keine Angst, ich halte dich am Gepäckträger fest. Voller Vertrauen in des Bruders Worte hatte er sich auf den Sattel hochgemüht. Und schon wurde er angeschoben. Wegen des fehlenden Leerlaufs mußte er andauernd in die Pedalen treten. Immer schneller, denn nun ging es den Hügel hinunter. Seine Hände krampften sich um den Lenker, aber ein Betätigen der Handbremse kam nicht in Frage, es war ja alles gut, der große Bruder hielt ihn doch fest. Erleichterung, als die rasende Fahrt am Fuße des Hügels endlich in ein langsameres Tempo überging. Beim Ausrollen wagte er einen halben Blick über die Schulter. Was war denn das? Hans lief einige Schritte entfernt hinter dem Fahrrad her! Der hatte nämlich schon längst losgelassen. Da begann er vor Schreck zu wackeln. Doch mit einem Satz war sein Bruder bei ihm und hielt das Fahrrad fest. Na, siehst du, es geht doch ganz ohne Hilfe. Mit dieser sehr unkonventionellen Methode, von den Eltern mit einigem Stirnrunzeln bedacht, hatte er das Radfahren in Nullkommanichts gelernt. Erstaunlicherweise war sein Vertrauen in Hans dadurch in keiner Weise erschüttert worden.

Und den Konfirmationsanzug seines Bruders hatte er neun Jahre später auch ohne Murren, ja, sogar mit einem gewissen Stolz getragen - trotz der inzwischen erlittenen Zurückweisung. Da er bei seiner Konfirmation eineinhalb Jahre jünger als Hans zuvor gewesen war, hatten die Hosenbeine gekürzt werden müssen. Das überstiegene Markenbewußtsein heutiger Tage war damals zum Glück noch unbekannt gewesen.

Wie schnell würde man beim Treffen - oh je, es waren ja nur noch wenige Stunden bis dahin - auf vermintes Gelände geraten? Dann müßte er Hans an ein paar schlichte Tatsachen erinnern.

Ihr Vater Albert Dreistett, Jahrgang 1903, stammte aus Dortmund und hatte nach der Volksschule bei der dortigen Oberpostdirektion die untere...
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