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Der Mond der Hoffnung

Keltenroman
tolino mediaerschienen am01.07.2023
Eine Bardin, verflucht, nie sesshaft zu sein. Eine große Liebe. Gute Geschichten und treue Gefährten. Gallien, im Jahr 37 vor unserer Zeitrechnung. Seit neun Jahren wandert die Bardin Arduinna mit ihrem Wolfshund und ihrem Raben dem Gebot ihres Maistirs folgend durch die Welt. Nun naht der neunte Jahrestag und sowohl Arduinna als auch Loïc ahnen, dass sie an jenem Tag an dem Ort sein müssen, wo alles begann. Werden sie es rechtzeitig nach Vesontio schaffen? Und weshalb mehren sich die Berichte von toten Barden? Band 6 der Keltenroman-Serie »Die Wortflechterin« Tauch ein in die Welt der Kelten und fühle den Pulsschlag jener Zeit in dir.

Seit 2007 lebt Marion Wiesler mitten in Norikum am Fuße des Kulm bei Weiz, der bereits in der Jungsteinzeit besiedelt war. Die Kelten haben sie aber schon seit ihrer Jugend fasziniert. Eine Zeitreise wäre ihr großer Traum - zumindest für ein Wochenende. Neben dem Schreiben von Romanen arbeitet sie als Erzählerin. Auch hier mit einer Vorliebe für Geschichten der keltischen Tradition. Informationen zu ihren Büchern und Erzählveranstaltungen auf ihrer Webseite.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,99

Produkt

KlappentextEine Bardin, verflucht, nie sesshaft zu sein. Eine große Liebe. Gute Geschichten und treue Gefährten. Gallien, im Jahr 37 vor unserer Zeitrechnung. Seit neun Jahren wandert die Bardin Arduinna mit ihrem Wolfshund und ihrem Raben dem Gebot ihres Maistirs folgend durch die Welt. Nun naht der neunte Jahrestag und sowohl Arduinna als auch Loïc ahnen, dass sie an jenem Tag an dem Ort sein müssen, wo alles begann. Werden sie es rechtzeitig nach Vesontio schaffen? Und weshalb mehren sich die Berichte von toten Barden? Band 6 der Keltenroman-Serie »Die Wortflechterin« Tauch ein in die Welt der Kelten und fühle den Pulsschlag jener Zeit in dir.

Seit 2007 lebt Marion Wiesler mitten in Norikum am Fuße des Kulm bei Weiz, der bereits in der Jungsteinzeit besiedelt war. Die Kelten haben sie aber schon seit ihrer Jugend fasziniert. Eine Zeitreise wäre ihr großer Traum - zumindest für ein Wochenende. Neben dem Schreiben von Romanen arbeitet sie als Erzählerin. Auch hier mit einer Vorliebe für Geschichten der keltischen Tradition. Informationen zu ihren Büchern und Erzählveranstaltungen auf ihrer Webseite.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757935313
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Seiten359 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1373
Artikel-Nr.11957271
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1: Das Heiligtum von Ovilavia

Ich hatte von Morfran geträumt. Er war vor mir gestanden, sein Schwert auf mich gerichtet. Doch es waren seine Worte, die mich durchbohrten, die wie unzählige Pfeile in mich drangen, in meine Beine, meine Arme, den Rumpf. Ich war verwundert gewesen, hatte ich doch immer gedacht, dass seine Worte sich in meinem Kopf festsetzen würden und ich meinen Geist vor ihm schützen müsste, doch nun krümmte ich mich unter den spitzen Schmerzen, die in meinen Körper drangen. Ich hatte die Hände vor meinen Bauch gelegt und all meine Sorge galt dem Kind in mir, das mein Maistir gewiss noch vor mir töten würde.

Doch dann hatte ich ihn gesehen, keinen Schritt schräg hinter dem Habicht stehend, mit einem Lächeln im Gesicht. Tegid, mein alter Maistir, mein Vater und Vatervater. Am liebsten wäre ich zu ihm gelaufen, hätte mich in den Schutz seiner Arme geworfen, doch Morfran stand zwischen uns und die Schmerzen kosteten all meine Kraft, um nicht zusammenzubrechen. Tegid hielt etwas in seiner Hand, hielt es hoch, seine Augenbrauen leicht gehoben, wie er mich immer angesehen hatte, wenn ich ihm Gelerntes wiedergeben sollte. Dann war ich aufgewacht.

Wir waren in Ovilavia, wohin uns die beiden Männer mit ihrem Pferdewagen mitgenommen hatten. Jenem Wagen, der tags zuvor beinahe Samis überfahren hatte. Die Frauen der beiden Brüder hatten uns mit reichhaltigem Essen, warmem Wasser zum Säubern und einer gemütlichen Schlafstelle verwöhnt. Doch wo auch immer ich den gestrigen Abend verbracht hätte, es wäre ein Abend der Feier gewesen, denn die Götter hatten mir gezeigt, dass ein Mensch entgegen meiner bisherigen Überzeugung kein Ort war und Samis daher bei mir bleiben konnte, ohne dass nach einem halben Mond ihm oder Loïc Schlimmes geschah. Dass daher auch das Kind in mir nicht dem Tod geweiht war, wenn ich es nicht innerhalb eines halben Mondes nach seiner Geburt bei Ferchar und Sanna unterbrachte. Ich war in den Nemeton gegangen und hatte den Beutel mit Schmuck, den ich am Tag davor gefunden hatte, den Göttern als Dankopfer dargebracht. Ich hatte mit dem Druiden geredet und er hatte für mich die Götter befragt. Ja, ich hatte den Willen der Götter richtig verstanden. An meiner Erleichterung hatte ich gemerkt, dass ich mir bei aller Freude doch nicht völlig sicher gewesen war.

Und dann dieser Traum ...

Ich verließ noch im Dunkeln das Haus, befahl Cú, bei Samis zu bleiben und legte auch meine Sachen so hin, dass der Junge sie sogleich sehen würde, wenn er erwachte. Er sollte nicht Angst haben, dass ich mich davongeschlichen hatte wie erst zwei Tage zuvor in Lauriacon. Doch ich brauchte ein wenig Zeit alleine, um in Ruhe über diesen Traum nachzudenken.

Gleich neben der Türe des Hauses fand sich ein Platz unter dem breiten Vordach, wo der Nieselregen, der in der Nacht eingesetzt hatte, nicht hinkam. Ich wählte einen Stapel getrockneter Schweinehäute, der dort lag, als Sitzgelegenheit, und schlug meinen Umhang eng um mich. Noch weilte die Siedlung in tiefer Ruhe. Die Luft strich kühl und feucht über mein Gesicht und duftete bereits nach Frühling. Mir blieb noch etwas mehr als ein halber Mond, um Vesontio zum Tag des Gleichgewichts zwischen Hell und Dunkel zu erreichen. Würde ich dort Morfran begegnen? Würde auch der Habicht zum drei-mal-dritten Jahrestages des Fluchs, den er gesprochen hatte, an den Ort zurückkehren? Umso wichtiger, mich gegen ihn zu wappnen. Hatte Tegid mir deswegen diesen Traum geschickt?

Ich schloss die Augen und ließ die Bilder der Nacht sich wieder in mir ausbreiten. Der stechende Blick unter den dunklen Haaren, die schmalen Lippen, aus denen ein Wort nach dem anderen herausblies wie ein Sturm, der alles um sich niederwälzte. Worte, die ich nicht verstand, und die mich trotzdem trafen wie Messerklingen. Das Schwert in seiner Hand, das er bereits im Großen Krieg gegen unzählige Feinde eingesetzt hatte und das in seinem Haus an der Wand gehangen hatte, während er uns Schüler unterrichtete, wie eine beständige Mahnung daran, dass unser Maistir mehr Künste beherrschte, als wir je beherrschen würden. Tödliche Künste.

Doch ich wendete meine Aufmerksamkeit auf den Mann, der in meinem Traum hinter ihm gestanden hatte und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Wie er mir fehlte! Wie wohltuend sein Anblick war! Tegid, mit dem grauen Haar und Bart, den Fältchen um seine Augen, die seinem Blick immer etwas Belustigtes gaben. Versinken könnte ich in dem Trost, den dieses Gesicht mir gab. Auch er war oft streng gewesen, doch immer voll der Liebe für mich, bis hin zu dem Augenblick, da er sein Leben für mich gab.

Erneut sah ich ihn die Augenbrauen leicht heben, als wollte er mir sagen, ich solle meine Aufmerksamkeit auf das richten, das nun wichtig war und nicht auf alte Sehnsüchte. So blickte ich denn auf seine Hand, die einen kleinen Gegenstand hielt.

So sehr ich mich bemühte, ich konnte nicht erkennen, was es war. Ich zog Schuhe und Fußlinge aus, stellte meine nackten Füße auf den kühlen Boden, um mich mehr mit der Göttin der Erde zu verbinden, war es doch die Erde, die die Gedanken der Toten in sich trug. Erneut schloss ich die Augen, wanderte zurück in den Traum. Doch wann immer ich versuchte, den Blick auf den Gegenstand in Tegids Hand zu richten, schob sich Morfrans Gesicht davor. So wie früher, als ich seine Schülerin war. Wann immer ich in den drei Jahren, die ich bei dem Habicht verbracht hatte, etwas erwähnte, das Tegid mich gelehrt hatte, verzog der oberste Barde der Carnuten angewidert den Mund und erklärte es zu Unsinn. Als wäre Tegid nicht ein hoch angesehener Barde jenseits des schmalen Meeres gewesen, sondern bloß ein Gaukler und Erzähler. Nur, weil die beiden Männer verschiedene Ansichten darüber hatten, was den Kern des Bardentums ausmachte. Der eine ließ seine Geschichten und Lieder aus dem Herzen fließen, der andere aus dem Kopf. Beide hatten sie mich ihre Kunst gelehrt, doch Morfran hatte nicht bewirken können, dass ich Tegids Wege aufgab. Egal, wie sehr er es versuchte. So wie jetzt, wo er sich in den Bildern in meinem Kopf vor Tegid und den Gegenstand in seiner Hand drängte. Ich verstärkte meine Anstrengung, voll des wütenden Trotzes. Natürlich wollte der Habicht nicht, dass ich sah, was mein alter Maistir mir als Hilfe für den Kampf gegen ihn anbot.

Je mehr ich mich anstrengte, umso unklarer wurden die Bilder des Traumes. Ich wusste, dass es der falsche Weg war. Träume ließen sich nicht mit Gewalt festhalten, sie waren wie feiner Nebel, den man nicht fassen konnte, dem man sich hingeben musste. Wie Wasser, das einem durch die Finger rann, wenn man es in seiner Faust bewahren wollte, das einen aber sanft umspielte, wenn man sich darin treiben ließ. Ich holte tief Luft, bemühte mich, alle Wut auf Morfran und alle Angst vor ihm loszulassen.

Tegids Gesicht wurde klarer. Der Blick meiner Kindheit, lächelnd, aufmunternd, voll des Vertrauens und doch auch der Forderung. Lange hatte ich ihn nicht so klar vor mir gesehen. Erneut hob er die Augenbraue, um mich daran zu gemahnen, dass ich meine Aufmerksamkeit seiner Hand zuwenden solle. Ich zwang meinen Blick seinen Arm hinab, doch das Ding, das er mir entgegenstreckte, war immer noch verschwommen, als hielte er es unter trübem Wasser. Grün und braun war es, das konnte ich erkennen, und klein. Ein Stein vielleicht?

Ausatmen. Keinen Widerstand leisten, alle Anstrengung aufgeben.

Am Rande meines Bewusstseins hörte ich die Türe neben mir sich öffnen und Cús kurzes Bellen zur Begrüßung.

Es riss mich aus meinen Gedanken, sofort hellwach für drohende Gefahr, auch wenn Cús Bellen freundlich gewesen war. Mein Blick zuckte in die Richtung des Geräusches.

Alle Gedanken an den Traum verflüchtigten sich ins Dunkel der vergangenen Nacht.

Samis stand in der Türe, noch ganz verschlafen, die Hand auf Cús Nacken. Er lächelte, und ich erwischte gerade noch den Moment, wo sich sein ängstlicher Blick in Erleichterung gewandelt hatte. So viel Angst in so einem jungen Kind, obwohl er doch mein Gepäck gesehen haben musste. Hatte er wirklich gedacht, ich wäre gegangen, ohne ihn und ohne Cú?

Ich griff nach seinen Händen, sah ihm geradeaus in die Augen. Nun war da wieder Sorge, als ihm wohl bewusst wurde, dass ich ihm etwas Wichtiges sagen wollte. Bis jetzt war dies immer gewesen, dass ich ihm erneut klar machte, dass er nicht mit mir gehen konnte.

»Samis«, sagte ich, »jetzt, da wir wissen, dass die Götter uns nicht strafen, wenn du bei mir bist, werde ich dich erst verlassen, wenn du es eines Tages wünschst. Und ich hoffe, dieser Tag ist noch in weiter Ferne und ist der Tag deiner Vermählung mit einem liebenswerten Mädchen.«

Ich war selbst beinahe erstaunt über diese Worte, die voller Ehrlichkeit aus meinem Herzen kamen. Ein halber Mond nur hatte gereicht, dass ich mich diesem Kind auf ewig verbunden fühlte. So war es eben, wenn die Götter es so bestimmten. Auch bei Loïc hatte es nur einen Augenblick gebraucht, um zu wissen, dass wir zusammengehörten.

Samis blies die Luft aus und mir wurde klar, dass er sich trotz der Ereignisse gestern wirklich nicht sicher gewesen war, dass ich ihn nicht doch wegschickte. Dann schlug er aber die Hände vors Gesicht und streckte mit einer angewiderten Grimasse die Zunge raus.

»Was?«, fragte ich, da ich nicht verstand, was er meinte.

So zog er die kleine Wachstafel aus seinem Gürtel, die er ständig bei sich trug, und ritzte mit dem Griffel etwas in das dunkle Wachs.

»PUELLAE«

Zur Verdeutlichung verzog er das Gesicht, als hätte er sauren Wein getrunken.

Ich lachte. »Du wirst deine Meinung über Mädchen schon noch ändern, wenn du älter wirst.«

Gerade, als ich ihm die Hand auf...

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