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Die Protestantin

Mutige Frauen beim Aufbau der Diakonie
Edition Oberkasselerschienen am01.07.2022
Kaiserswerth im Jahre 1822. Johanne hat nur einen großen Wunsch: Sie möchte der Armut entkommen und ihr trostloses Elternhaus verlassen. Doch der protestantische Pfarrer Theodor Fliedner erkennt ihre Klugheit und Reife. Er ermutigt sie, ihm in seiner Gemeinde zu helfen. Dabei ist schnell offensichtlich, dass Johanne die ideale Gattin für den ehrgeizigen Pastor wäre. Sie aber lehnt eine Ehe ab und wählt die Freiheit. Fliedner und Johanne bleiben enge Vertraute, verbunden durch ihren Glauben und die Vorbereitungen zur Gründung des ersten Diakonissenhauses in Kaiserswerth. Johannes Hoffnung, ihre jüngere Schwester Catharine, die zu ihr zieht, würde sich ebenso stark in der Kirche wiederfinden wie sie selbst, wird enttäuscht. Catharine geht ihren eigenen Weg. Mit ihrem Geliebten stürzt sie sich 1848 in die Revolution. Zwischen den Schwestern entbrennt ein heftiger Kampf um die persönlichen Überzeugungen. Erst ihre gemeinsame Pflegetochter Magdalena scheint erfolgreich darin zu sein, Glaube, Liebe und politische Überzeugung in Einklang zu bringen. (Der Roman wurde für die Neuauflage von der Autorin völlig neu überarbeitet!)

Gina Mayer stammt aus Ellwangen, lebt lange im düsseldorfer Kaiserswerth. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Zur Idee ihres Romandebüts "Die Protestantin" kam sie, als sie in die Friederike-Fliedner-Straße zog. 'Zunächst sagte mir der Name nichts. Aber nachdem ich mich einmal auf die Spurensuche gemacht hatte, war ich fasziniert von Fliedner und seinem Lebenswerk, der Gründung der Diakonissenhäuser.' Neben historischen Romanen ist sie erfolgreiche Jugend- und Kinderbuchautorin.
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Produkt

KlappentextKaiserswerth im Jahre 1822. Johanne hat nur einen großen Wunsch: Sie möchte der Armut entkommen und ihr trostloses Elternhaus verlassen. Doch der protestantische Pfarrer Theodor Fliedner erkennt ihre Klugheit und Reife. Er ermutigt sie, ihm in seiner Gemeinde zu helfen. Dabei ist schnell offensichtlich, dass Johanne die ideale Gattin für den ehrgeizigen Pastor wäre. Sie aber lehnt eine Ehe ab und wählt die Freiheit. Fliedner und Johanne bleiben enge Vertraute, verbunden durch ihren Glauben und die Vorbereitungen zur Gründung des ersten Diakonissenhauses in Kaiserswerth. Johannes Hoffnung, ihre jüngere Schwester Catharine, die zu ihr zieht, würde sich ebenso stark in der Kirche wiederfinden wie sie selbst, wird enttäuscht. Catharine geht ihren eigenen Weg. Mit ihrem Geliebten stürzt sie sich 1848 in die Revolution. Zwischen den Schwestern entbrennt ein heftiger Kampf um die persönlichen Überzeugungen. Erst ihre gemeinsame Pflegetochter Magdalena scheint erfolgreich darin zu sein, Glaube, Liebe und politische Überzeugung in Einklang zu bringen. (Der Roman wurde für die Neuauflage von der Autorin völlig neu überarbeitet!)

Gina Mayer stammt aus Ellwangen, lebt lange im düsseldorfer Kaiserswerth. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Zur Idee ihres Romandebüts "Die Protestantin" kam sie, als sie in die Friederike-Fliedner-Straße zog. 'Zunächst sagte mir der Name nichts. Aber nachdem ich mich einmal auf die Spurensuche gemacht hatte, war ich fasziniert von Fliedner und seinem Lebenswerk, der Gründung der Diakonissenhäuser.' Neben historischen Romanen ist sie erfolgreiche Jugend- und Kinderbuchautorin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783943121599
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.07.2022
Seiten550 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse703
Artikel-Nr.12047125
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Johanne stützte ihr Gesicht in die Hände und hielt sich dabei die Ohren zu. Die Klänge der Kirchenglocken verstummten.

Es war neun Uhr. Der Gottesdienst in der Kirche am Wall war vorbei. Der neue Pastor hatte heute seinen Antritt, und alle Mitglieder der kleinen evangelischen Gemeinde Kaiserswerth waren dort gewesen. Alle bis auf ihre Familie.

Die Königs waren seit Monaten nicht mehr zur Kirche gegangen. Ihr Vater schlief am Sonntagmorgen den Rausch aus, den er sich in der Nacht zuvor angetrunken hatte, und ihre Mutter wurde schon wütend, wenn Johanne sie nur darauf ansprach. »Damit die anderen Gelegenheit haben, auf uns herabzusehen? Nein, Johanne, da habe ich Besseres zu tun, das erspare ich mir lieber.«

Ohne die Eltern wollten die Brüder nicht in die Kirche, ohne die Brüder wollte auch Johanne nicht hin. Die schiefen Blicke, die verächtlichen Mienen, das Getuschel der Leute. Es war unerträglich.

Stattdessen saßen sie hier am Frühstückstisch, die Brüder stritten sich um den letzten Rest Schmalz im Topf, die Mutter schlürfte ihre Grütze, und Johanne sah ihnen dabei zu, ohne sie zu hören.

Bis zum letzten Moment hatte sie gehofft, dass sie ihre Mutter umstimmen könnte, dass sie doch noch mitkommen würde. Ein neuer Pastor, das bedeutete doch auch einen neuen Anfang, eine neue Chance. Verschwendete Zeit, vergeudete Worte.

Frau König wischte sich den Mund ab, ihre Lippen bewegten sich. Johanne nahm die Hände von den Ohren. »… so eine trübsinnige Miene«, hörte sie ihre Mutter sagen. »Du wirst den Pfarrer schon noch früh genug zu Gesicht bekommen.«

»Er ist bestimmt genauso langweilig wie der alte«, meinte Heiner mit vollem Mund.

Johanne senkte den Blick und starrte auf den dreckigen Tisch. Heiner hatte recht, es machte keinen Unterschied. Alles geht so weiter, wie es war, dachte sie. Sie schloss die Augen und sah plötzlich wieder Emmis grinsendes Gesicht vor sich und hörte Albertine kichern.

Und wollte nicht daran denken, aber sie musste.

Emmi und Albertine an der Pumpe am Stiftsplatz. Die beiden schwatzten und taten, als ob sie Johanne nicht bemerkten, vielleicht hatten sie sie ja auch wirklich nicht gesehen.

»Guten Tag miteinander«, sagte Johanne, während sie ihre leeren Kannen hinter die von Albertine stellte.

»Guten Tag«, gab Emmi zurück, ohne den Kopf zu wenden. Albertine nickte nur und murmelte etwas Unverständliches.

Johannes Gesicht wurde heiß. Ihre Hände schwitzten. Die Gefühle waren ihr so vertraut und waren ihr so verhasst. Sie strich die Finger verstohlen an der Schürze ab, atmete kalte Luft ein und schluckte sie. Es schmerzte in der Kehle.

Emmi wuchtete ihren zweiten randvollen Wassereimer unter der Pumpe weg.

»Hast du's gehört, die Evangelischen bekommen schon wieder einen neuen Pastor«, sagte sie zu Albertine, ohne Johanne anzusehen. »Ich muss schon sagen, die haben einen hohen Verschleiß an ihren Pfaffen.«

»Mal sehen, wie lange der Neue es hier aushält. Ein paar Monate, dann wird auch er sich wieder auf die Socken machen. Seine Vorgänger hat es jedenfalls auch immer nach kurzer Zeit fortgetrieben.« Das war Albertine.

Johanne zuckte mit den Schultern. »Die Gemeinde ist klein und arm. Ein Pastor hat es hier nicht leicht.«

»Besonders wenn die Kirche am Sonntag halb leer bleibt, weil manche den Tag des Herrn lieber im Bett verbringen«, sagte Albertine.

»Und die Nacht des Herrn im Wirtshaus«, ergänzte Emmi. Albertine ließ den Pumpenschwengel fallen und verbarg ihr Gesicht in ihrer Schürze, als ob sie über die Gottlosigkeit der Protestanten weinte, aber dann hörte Johanne sie prusten. Emmi trat näher zu Johanne. »Dein Bruder Laurenz«, flötete sie. »Was ist mit ihm? Man sieht und hört nichts mehr von ihm.«

Heiß, Johannes Gesicht war so furchtbar heiß. Sie hätte so gerne etwas entgegnet, aber ihre Gedanken verdampften in der kalten Winterluft. Albertine gackerte immer noch in ihre Schürze. Ich sollte sie ins Gesicht schlagen, dachte Johanne. Damit sie aufhört. Aber ihre Hände hingen schlaff an den Armen.

Heiner und Theodor stritten sich, diesmal ging es um die letzte Scheibe Brot, die jeder haben und keiner teilen wollte. Erst als Johanne eingriff und das Brot auseinanderbrach, hörten sie das Klopfen an der Tür.

»Wer kommt denn am heiligen Sonntag in aller Herrgottsfrühe?« Frau König erhob sich, verärgert und nervös zugleich. »Wenn's bloß nicht die Herderin ist wegen der Näharbeit, die ich ihr noch zu erledigen habe. Sie hat es wichtiger damit als alle anderen zusammen.« Während sie zur Tür ging, verschränkte sie die Arme vor der Brust, schob das Kinn nach vorn und bereitete sich vor. Auf die Auseinandersetzung, auf den Streit, der nun käme.

»Als ob sie nicht wüsste, dass eine Frau nur zwei Hände hat und der Tag nicht mehr als vierundzwanzig Stunden«, schimpfte sie und riss die Tür auf. Verstummte und ließ die Arme nach unten gleiten.

Die Kinder reckten neugierig die Hälse. Durch die geöffnete Tür fiel ein hellgrauer Lichtstreifen in die Wohnung. Aber vom Tisch aus war nicht zu erkennen, wer davor stand.

»Einen gesegneten Sonntag wünsche ich, Frau König.« Eine Männerstimme, fest und laut.

»Allmächtiger, da soll mich doch der ...«

»Mein Name ist Fliedner. Ich bin Ihr neuer Pastor. Ich bin unterwegs, um die Mitglieder meiner Gemeinde zu begrüßen. Darf ich wohl eintreten?«

Noch bevor sie eine Antwort gestammelt hatte, trat ein Mann an ihr vorbei über den Lichtstreifen in die Küche. Er trug einen langen schwarzen Rock mit weißer Halsbinde, den runden Hut hielt er vor der Brust in der Hand. Seine hellblauen Augen unter der hohen, weißen Stirn schienen alles zu durchdringen - den ganzen Raum und die Menschen darin, die ihn wie eine übernatürliche Erscheinung anstarrten.

Heiner fasste sich als Erster. Er sprang von seinem Stuhl auf und machte eine ungeschickte Verbeugung. Stammelte einen Gruß.

Der Fremde hob eine blasse Hand, wie um ihn zurückzuhalten. »Bleibt nur sitzen und nichts für ungut. Ich will keine Umstände machen. Ich möchte euch kennenlernen, nichts weiter.«

Johanne und der kleine Theodor waren inzwischen ebenfalls aufgestanden. Johanne wollte den Fremden nicht anstarren, aber sie konnte den Blick nicht abwenden. Er sah seltsam aus, die Gesichtszüge scharf gezeichnet, die Nase stark gebogen, das rötliche Haar straff aus der Stirn gekämmt. Aber das Auffälligste an ihm waren seine Augen, sein alles erfassender, blassblauer Blick, der zuerst auf Theodor ruhte und dann auf ihr und dann durch die Stube wanderte. Sie folgte ihm und sah, was er sah. Die Dreckklumpen auf dem Fußboden. Die schmutzige Wäsche auf der Kommode. Die Kartoffelschalen neben dem Herd, die Stiefel des Vaters mitten im Raum, einer hier, der andere dort, so wie er sie von den Füßen gestreift hatte, als er betrunken nach Hause gekommen war.

Das hatten sie davon, dass sie nicht zur Kirche gegangen waren, nun suchte sie der Pfarrer zu Hause auf und sah das Elend, sah die Schande.

»Ich würde Ihnen gerne Kaffee anbieten«, sagte ihre Mutter. »Ist aber leider keiner da.«

Fliedner hob abwehrend die Hand.

»Wenn ich bei jedem Gemeindeglied eine Tasse Kaffee trinken wollte, dann läge ich nach meinem Rundgang im Spital. Nein, nein. Aber die Namen Ihrer Kinder, die würde ich gerne erfahren, bevor ich mich wieder auf den Weg mache.«

»Ihr habt´s gehört, sagt dem Pastor, wie ihr heißt!«

»Heinrich!« »Theodor!«, schrien die beiden Jüngsten. »Ich bin neun Jahre - nein, zehn!«, verbesserte sich Heiner hastig. »Und der Theodor …«

»Das kann ich schon selber sagen.« Theodors Stimme war hell vor Erregung. »Sieben Jahre bin ich alt.«

Der Pastor lächelte. »Und Theodor heißt du? So heiße ich auch. Dann geht ihr beiden wohl schon in die Schule?«

»So sie denn stattfindet«, seufzte die Mutter. »Der Lehrer ist nur zu häufig krank.«

»Es ist ein Jammer«, sagte der Pastor und dann richtete er seine durchdringenden Augen auf Johanne. »Sie haben mir Ihren Namen noch nicht verraten.«

Sie sagte er, als ob sie eine Erwachsene wäre.

»Johanne heiße ich. Und siebzehn Jahre bin ich alt.«

Er wandte seinen Blick nicht von ihr ab. Sie fühlte sich wie aus Glas. »Siebzehn Jahre, sagen Sie? So sind Sie Ihrer Frau Mutter gewiss eine wichtige Stütze bei der Arbeit im Haus und mit den kleinen Geschwistern?«

Johanne schaute nervös zu der Mutter und wartete nur darauf, dass diese widersprach, dass sie sich über ihre Nutzlosigkeit beklagte. Aber Frau König schwieg und der Pastor wartete auf eine Antwort.

»Ich … äh … versuche mein Bestes, aber …« Ihre Stimme versagte. Sie schwitzte, sie schämte sich, sie wäre am liebsten weggelaufen. Aber als sie ihn ansah, fand sie keine Verachtung oder Ungeduld in seinem Gesicht. Er wirkte erwartungsvoll. Als habe sie ihm etwas Wichtiges zu sagen.

Ein neuer Versuch. »Ich versuche meine Mutter zu unterstützen, soweit ich es vermag.«

Der Pastor nickte, schnell und mehrmals hintereinander, als habe er genau diese und keine andere Antwort hören wollen. »Das ist gut so, Johanne.« Dann drehte er sich wieder Frau König zu. »So bleibt mir nur noch eins: Ich möchte Sie einladen, am nächsten Sonntag den Gottesdienst mit uns zu feiern.«

Das runde Gesicht der Mutter verfärbte sich rot. »Wir wären schon auch heute gekommen,...

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Autor

Gina Mayer, geboren 1965 in Ellwangen, lebt als Schriftstellerin in der Nähe von Kaiserswerth in Düsseldorf. Die Idee zu ihrem Romandebüt kam ihr, als sie in die Friederike-Fliedner-Straße zog. "Zunächst sagte mir der Name überhaupt nichts. Aber nachdem ich mich einmal auf die historische Spurensuche gemacht hatte, war ich fasziniert von Fliedner und seinem Lebenswerk, der Gründung der Diakonissenhäuser."Gina Mayer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Neben ihren historischen Romanen schreibt sie Thriller, Jugend- und Kinderbücher.