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Der Funke springt über

tolino mediaerschienen am01.07.2020
Das Jahr 1619 bricht an. Nicht nur der Komet erlischt, auch das Leben von Kaiser Matthias. Die Herrscher im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation schachern um die Kaiserkrone. Als sich auch Mähren dem protestantischen Aufstand anschließt, hält Wallenstein nichts mehr zurück. Er riskiert alles für seinen König und wendet sich gegen die eigenen Leute. Kundschafter Floryk Loyal verschlägt es indes mit seiner zusammengewürfelten Familie nach Linz. Hier verweigern die Ständevertreter ihrem neuen Erzherzog Ferdinand die Huldigung und proben den Aufstand, während Johannes Kepler nach den Sternen greift. Jedoch befeuert er damit nur seine Gegner, die Keplers Mutter der Hexerei bezichtigen. Auch für Floryk wird es immer prekärer, dem Krieg aus dem Weg zu gehen und seine Frau und Ziehkinder zu schützen, denn Vernunft und Erkenntnis können religiösem Eifer und Machtstreben wenig entgegensetzen.

Edith Parzefall schreibt Thriller, Kriminal- und Abenteuerromane, die sich an interessanten Schauplätzen oder zu faszinierenden Zeiten entfalten. Einige ihrer Romane sind auch auf Englisch erschienen.
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KlappentextDas Jahr 1619 bricht an. Nicht nur der Komet erlischt, auch das Leben von Kaiser Matthias. Die Herrscher im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation schachern um die Kaiserkrone. Als sich auch Mähren dem protestantischen Aufstand anschließt, hält Wallenstein nichts mehr zurück. Er riskiert alles für seinen König und wendet sich gegen die eigenen Leute. Kundschafter Floryk Loyal verschlägt es indes mit seiner zusammengewürfelten Familie nach Linz. Hier verweigern die Ständevertreter ihrem neuen Erzherzog Ferdinand die Huldigung und proben den Aufstand, während Johannes Kepler nach den Sternen greift. Jedoch befeuert er damit nur seine Gegner, die Keplers Mutter der Hexerei bezichtigen. Auch für Floryk wird es immer prekärer, dem Krieg aus dem Weg zu gehen und seine Frau und Ziehkinder zu schützen, denn Vernunft und Erkenntnis können religiösem Eifer und Machtstreben wenig entgegensetzen.

Edith Parzefall schreibt Thriller, Kriminal- und Abenteuerromane, die sich an interessanten Schauplätzen oder zu faszinierenden Zeiten entfalten. Einige ihrer Romane sind auch auf Englisch erschienen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783752116755
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum01.07.2020
Seiten260 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse741
Artikel-Nr.12055606
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1. Kapitel

In welchem die Erde bebt, viele Neuigkeiten ausgetauscht werden, aber der Friede in immer weitere Ferne rückt.

 

Frankfurt am Dienstag, den 29. Januar 1619

 

Simon schrak im Bett hoch. Es wankte wie eine Zille auf der Moldau! Der Nachttopf wackelte im Schein der Talglampe. Pure Angst packte ihn. Er rannte ins angrenzende Zimmer zu seiner kleinen Schwester. Mila saß mit vor Schreck geweiteten Augen da. »Was passiert?«, keuchte sie.

»Ich weiß es nicht.« Er nahm sie in die Arme.

Da stürzte Onkel Floryk herein. »Nur ein Erdbeben«, rief er. »Alles in Ordnung.«

Hinter ihm erschien Marika. Blass und zitternd rief sie: »Wir müssen raus!«

»Draußen ist es zu kalt«, widersprach ihr Mann.

»Aber wenn das Haus einstürzt! In Italien -«

»Hier in Deutschland sind Erdbeben weniger schlimm«, versuchte er, sie zu beruhigen. »Aber gut, gehen wir raus. Zieht Schuhe an und die warmen Mäntel. Macht schnell, Kinder.«

Simon rannte in sein Zimmer, schlüpfte in die Stiefel und warf sich die lange Jacke über das Nachthemd. Auf der Treppe nach unten zitterte das Geländer, die Dielenbretter schwankten. Simon zuckte zusammen. Marika schrie auf und rannte die restlichen Stufen hinunter.

»Das Haus hält das aus«, sagte Floryk.

Simon zog seine Schwester nach draußen. »Komm.« Bitterkalt war es. Der Frost biss ihn in die nackten Beine. Hätten sie doch wenigstens Strümpfe angezogen!

Floryk eilte zu seiner Frau, die im Hof möglichst fern von allem stand, das umstürzen könnte, und nahm sie in die Arme. »Schau dich um«, sagte er beschwörend. »Es ist nur ein leichtes Beben.«

Einzelne Nachbarn blickten aus den Fenstern, doch niemand wollte bei der Kälte sein Bett lange verlassen.

»Was ist mit dir, Marika?«, fragte Mila, ließ Simons Hand los und umfing die Frau, die sich seit einem halben Jahr wie eine Mutter um sie kümmerte.

Marika schluchzte auf. »Ich habe in Italien ein schreckliches Beben erlebt. Da war ich nicht älter als du, Mila, vielleicht sogar erst elf. So viele Häuser sind eingestürzt, die Bewohner wurden von den Trümmern erschlagen oder verschüttet.« Sie sah sich um, blinzelte Tränen weg. »Hier scheint es wirklich nicht so schlimm zu sein.«

»Wieso bebt die Erde?«, fragte Simon. So etwas hatte er noch nie erlebt.

»Das ist kompliziert.« Floryk blickte zum Haus, dann sah er sein Weib ernst an. »Die Dämmerung beginnt bald. Traust du dich, mit uns reinzugehen? Wir ziehen uns alle richtig an, setzen uns in die Stube und schüren das Feuer. Dann haben wir es warm, kommen aber schnell aus dem Haus, falls noch ein Stoß folgt.«

Marika zögerte.

»Ja, bitte«, jammerte Mila. »Mir ist schrecklich kalt.«

Das gab den Ausschlag. Marika nickte.

Sie eilten in die Küche und drängten sich vor dem Ofen zusammen. »Das Feuer ist fast aus«, sagte Mila.

Floryk warf Reisig auf die Glut und schürte sie an, bevor er Holzscheite nachlegte. »Gleich wird´s warm. Zieht euch an.«

Sie liefen nach oben. Simon zog die gestrickten Strümpfe, die weite Kniebundhose und die Stiefel an. Erst dann warf er den Mantel ab, zog das Nachthemd aus und schlüpfte bibbernd in das Leinenhemd und die Wolljacke. Unten in der Stube legte er die Hände an den Kachelofen, der aus der Küche befeuert wurde. Das tat gut. Bald kamen auch Floryk und Mila herein. Marika machte bestimmt schon die Morgensuppe. Sie setzten sich an den großen Tisch. Simon wiederholte seine Frage: »Warum hat die Erde gewackelt?«

Floryk seufzte. »Niemand weiß es genau, doch es gibt einige kluge Naturphilosophen, die glauben, die Erde sei ein lebender Organismus, ein Geschöpf Gottes, nicht unähnlich den Tieren.«

Simon staunte. »Dann sind wir wie Flöhe, die auf einem Hund oder einer Ratte leben?«

Er lächelte. »So ähnlich.«

Mila gluckste. »Und warum hat der Hund gewackelt?«

Marika brachte Schüsseln und Löffel zum Tisch.

Floryk grinste. »Nun, bei euch im Bauch gluckst es manchmal auch. Von Vulkanen habt ihr schon gehört, richtig?«

»Ja«, rief Simon voller Stolz.

»Wenn ein Vulkan ausbricht, könnte das ähnliche Ursachen haben, wie wenn ihr einen Furz lasst.«

Da lachten sie alle, außer Floryk, der spitzbübisch dreinschaute. »Wisst ihr, dass man so einen Darmwind anzünden kann? Der brennt tatsächlich. Wie die Gase eines Vulkans ...«

Das erntete noch mehr Gelächter. Mila murmelte: »Die Erde furzt.«

»Dann ist es kein schlimmes Vorzeichen wie der Komet?«, fragte Simon.

»Wer weiß das schon?« Floryks Gesicht verdüsterte sich. »Nur weil es ein natürliches Phänomen ist, heißt das nicht, dass uns der Allmächtige damit nicht zur Besinnung bringen will.«

Mila fragte: »Darf ich noch mal nach dem Kometen sehen? Er war gestern schon recht blass.«

»Ich will auch«, rief Simon sofort.

»Sicher, womöglich hat ihn das Erdbeben vom Himmel geschüttelt.« Floryk zwinkerte ihnen zu.

Simon lief mit seiner Schwester zur Tür, trat hinaus und suchte den Himmel ab. Es dämmerte bereits. »Ich kann ihn nicht mehr sehen. Du vielleicht?«

Mila legte den Kopf in den Nacken. »Nein. Womöglich ist der Krieg jetzt zu Ende.«

»Das wäre schön. Mir ist aufgefallen, immer wenn Gefahr droht, denke ich an Floryk als unseren Onkel, sonst nicht.«

»Eines Tages erfahren wir vielleicht, ob wir verwandt sind. Gehen wir wieder ins Warme.« Sie sprang ins Haus zurück.

 

* * *

Flandern am Montag, den 5. Februar 1619

 

Auf einem Feld nahe Gent musterte Albrecht von Wallenstein im Morgengrauen zufrieden die tausend Kürassiere in voller Rüstung. Man hatte sie auf seine Kosten in ganz Flandern rekrutiert. Er übergab das Kommando an Peter de Lamotte. »Ihr wisst, was zu tun ist.«

Lamotte nickte. »Verlasst Euch auf mich. Wir bleiben auf dem Territorium der Spanischen Niederlande, bis wir Luxemburg erreichen. Dann sondieren wir die Lage, nehmen den sichersten Weg zum Herzogtum Bayern und reiten über München bis Passau. Ziel ist es, Buquoy in Südböhmen zu verstärken.«

»Spätestens in Passau werde ich hoffentlich zu Euch stoßen, doch jetzt muss ich nach Olmütz und meine Aufgaben als mährischer Obrist erfüllen.«

»Denkt Ihr, Mähren wird sich auf die Seite der aufständischen Böhmen schlagen?«

»Sobald ihnen jemand einen Vorwand liefert - ich hingegen halte meinen Treueeid gegenüber dem König.« Er schlug dem Mann auf den Rücken und bestieg sein Ross. »Passt gut auf meine Leute auf.«

»Das werde ich.« Lamotte lächelte. »Gott sei mit Euch, Wallenstein.«

»Und mit Euch.« Albrecht gab dem Ross die Sporen und ritt zu seinem Gefolge. Sie hatten eine weite Strecke vor sich bis zur Hauptstadt Mährens. Unterwegs würde er bei seinem Regiment in Iglau vorbeischauen. Sollte Graf Thurn in Mähren einmarschieren und die Ständeregierung nicht zur Gegenwehr bereit sein, dann wollte er versuchen, seine Söldner den kaiserlichen Truppen zuzuführen. Seine Loyalität galt zuvorderst Kaiser Matthias, der immer häufiger wegen Krankheit von seinem Vetter Ferdinand vertreten wurde. Dieser war für Albrecht immer noch König der böhmischen Kronländer, auch wenn die Aufständischen ihn de facto entmachtet hatten - vorübergehend. Er würde alles daransetzen, die Rebellion niederzuschlagen.

 

Am nächsten Tag traf Albrecht mit einer kleinen Entourage in Antwerpen ein. Da er noch dreihundert Arkebusiere anwerben wollte, benötigte er Geld. Er betrat das Bankhaus.

Der Inhaber Hans de Witte begrüßte ihn mit einem gequälten Lächeln. »Ihr habt die betrüblichen Nachrichten sicher schon erfahren, werter Wallenstein.«

»Nein«, brummte Albrecht.

»Die Verhandlungen über ein Interpositionsverfahren zwischen Böhmen und dem Kaiser sind erneut gescheitert, wie mir aus Mähren berichtet wurde.«

»Verhandlungsversuche mit den Verrätern fruchten nichts. Der Aufstand der böhmischen Rebellen muss endlich niedergeschlagen werden. Mein Regiment ist bereit. Ich brauche allerdings mehr Geld, um etwa dreihundert Arkebusiere anzuwerben.«

De Witte lächelte. »Da seid Ihr bei mir an der richtigen Adresse, Freiherr von Wallenstein.«

Albrecht winkte ab. »Spart Euch die Förmlichkeiten.«

Der Bankier führte ihn in eine geheizte Kammer und wies zum Tisch. »Wisst Ihr schon, wo Ihr die Männer anwerben wollt?«

Lächelnd setzte sich Albrecht an den Tisch und holte die Wechsel aus seiner Tasche. »Ich reise durch Brabant gen Osten, da finden sich bestimmt noch alte Haudegen, die neidvoll nach Böhmen schielen. Vielleicht wage ich mich sogar über die Grenze nach Breda.«

»Breda? In den Vereinten Niederländischen Provinzen? Die Stadt, in der Moritz von Nassau eine Garnison unterhält?« Ungläubig starrte der Mann ihn an. »Das traut Ihr Euch nicht!«

Albrecht feixte, sagte aber nichts.

De Witte schnaubte. »Nur noch zwei Jahre, dann endet der Waffenstillstand mit Spanien. Außerdem sind die Vereinten Niederlande protestantisch, da werdet Ihr Euch schwertun.«

»Ihr habt vermutlich recht, den Umweg kann ich mir sparen, auch wenn es mich reizen würde.« Albrecht schob dem Bankier die Wechselscheine über den Tisch zu.

De Witte studierte sie aufmerksam, nickte und ging zu einer eisernen Schatulle mit einem komplizierten Schloss, für das er zwei Schlüssel brauchte und offenbar noch irgendwelche geheimen Hebel betätigen musste, denn er stellte sich so, dass sein Rücken Albrecht die Sicht versperrte. So eine Truhe sollte er sich auch besorgen.

»Gut, dass Ihr...
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