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Weltverbessern für Anfänger

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Gerstenberg Verlag GmbH & Co. KGerschienen am01.07.20231. Auflage
An Minnas Schule wird ein Wettbewerb ausgeschrieben: Weltverbessern für Anfänger. Echt jetzt?! Immerhin, der Klasse, in der man sich am meisten engagiert, winkt eine Fahrt nach Tallinn. Minna lässt das erst mal kalt. Bis ihre Oma ins Pflegeheim kommt und glasklar wird, welchem Bereich des täglichen Lebens man eine deutliche Verbesserung verpassen könnte. Also organisiert Minna kurzerhand einen Pflegeheimbesuchsdienst. Keine leichte Aufgabe in einer Klasse, die selbst der Schulpsychologe meidet. Rumgezicke, Liebeskummer, Lehrergenerve und getrennte Eltern tun ihr Übriges. Was nach einigen Anlaufschwierigkeiten dann passiert, übersteigt allerdings nicht nur Minnas Vorstellungsvermögen ...

Stepha Quitterer lernte in Rio de Janeiro bei Augusto Boal die Theaterarbeit in Jugendgefängnissen, studierte Politik in Berlin und Kairo und Regie in München. Sie arbeitete als Regisseurin und Regieassistentin, u.a. am Deutschen Theater Berlin. Sie lebt mit ihrer Tochter in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR16,00
BuchKartoniert, Paperback
EUR8,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAn Minnas Schule wird ein Wettbewerb ausgeschrieben: Weltverbessern für Anfänger. Echt jetzt?! Immerhin, der Klasse, in der man sich am meisten engagiert, winkt eine Fahrt nach Tallinn. Minna lässt das erst mal kalt. Bis ihre Oma ins Pflegeheim kommt und glasklar wird, welchem Bereich des täglichen Lebens man eine deutliche Verbesserung verpassen könnte. Also organisiert Minna kurzerhand einen Pflegeheimbesuchsdienst. Keine leichte Aufgabe in einer Klasse, die selbst der Schulpsychologe meidet. Rumgezicke, Liebeskummer, Lehrergenerve und getrennte Eltern tun ihr Übriges. Was nach einigen Anlaufschwierigkeiten dann passiert, übersteigt allerdings nicht nur Minnas Vorstellungsvermögen ...

Stepha Quitterer lernte in Rio de Janeiro bei Augusto Boal die Theaterarbeit in Jugendgefängnissen, studierte Politik in Berlin und Kairo und Regie in München. Sie arbeitete als Regisseurin und Regieassistentin, u.a. am Deutschen Theater Berlin. Sie lebt mit ihrer Tochter in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783836992121
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Auflage1. Auflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1457 Kbytes
Artikel-Nr.12100540
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Dass die Grinsinger und wir nicht unbedingt die beste Kombi sind, haben wir schon geahnt, als die Grinsinger noch eine Abkürzung zwischen zwei Klammern war. (Gries) hatte auf dem Stundenplan gestanden, der uns zu Schuljahresbeginn ausgeteilt worden war. Latein und gleich dahinter: (Gries). Die Grinsinger heißt nämlich eigentlich Griesinger. Aber weil die Griesinger gerne breit und falsch über ihr strenges Gesicht hinweg grinst, wenn sie einen Schüler blank- und bloßzustellen beabsichtigt, heißt sie bei allen Schülern eben nur Grinsinger. Es gibt sogar ein Sprichwort bei uns am Martin-August-Gymnasium: »Wenn Grinsinger noch fröhlich grinst, Gefahr schon um die Ecke linst.«

Leider grinst die Grinsinger ziemlich oft.

Als sie heute zur Tür hereingestampft kam, ihren üblichen Automatenkaffee in der einen Hand und einen Packen Blätter in der anderen, wurde es schlagartig nadelfallstill in der Klasse. Wir werden immer nadelfallstill, wenn die Grinsinger in Sichtung kommt, weil sie sofort »hart durchgreift«, sobald sie auch nur das geringste Anzeichen eines schülerschen Respektmangels wittert. Aber heute wurden wir anders still. Wir wurden still wie Vögel, kurz bevor ein Gewitter losbricht. Und wie die Grinsinger den Blätterpacken aufs Lehrerpult knallte, einen übertrieben langen Schlürfer von ihrem Automatenkaffee nahm und sich dann erst zu uns drehte mit diesem seltsamen Grinsen im Gesicht, war klar: Das Gewitter stand direkt über uns. Sogar dem Ferdi war das klar. (Der Ferdi ist Klassenschlechtester, steht in so ziemlich jedem Fach auf der Kippe, sogar in Sport, weil er ständig schwänzt, und er ist etwas schwer von Kapee. Was nicht so schlimm wäre, wenn er wenigstens Wert auf Körperhygiene legen würde. Was er aber nicht tut. Ihn umweht ständig der köstliche Geruch von ausgelatschtem Turnschuh in Dönerfritteuse.)

Die Grinsinger legte qualvoll sachte einen schweinchenrosa lackierten Zeigefinger auf den Blätterpacken und fragte leise: »Wissen Sie, was das ist?« (Die Grinsinger siezt uns, obwohl wir erst in der achten Klasse sind. Kein vernünftiger Lehrer siezt seine Schüler schon in der achten Klasse.)

»Wissen Sie, was das ist?«, fragte sie noch einmal, noch leiser.

Wir ahnten es. Es konnte nur die Katastrophenex der letzten Stunde sein. Die korrigierte Katastrophenex* der letzten Stunde.

»Das hier«, sagte die Grinsinger und pikste schweinchenrosa in den Blätterstapel, »das hier hat mir sehr große Freude bereitet.« Sie funkelte uns über die Ränder ihrer Brille hinweg an. »Und nicht nur mir.«

Aber bevor uns die Grinsinger eröffnen konnte, wem das Lateindesaster der letzten Stunde denn noch so eine schier unbändige Freude bereitet hatte, klopfte es an der Tür und die Muhbalk streckte ihren Kopf herein.

Die Muhbalk mag jeder. Was nicht automatisch bedeutet, dass jeder auch Englisch fantastisch findet. Aber über die Muhbalk ist man sich einig: Sie ist der gutmütigste Lehrermensch dieser Welt. Wenn sie uns ausfragen muss, beispielsweise, ist es ihr so unangenehm, dass sie sich erst mal minutenlang dafür entschuldigt. Und vor lauter Angst, dass wir eine Antwort nicht wissen könnten, zippelt sie dann nervös an ihrem goldenen Halskettchen. Wenn sie ausfragerisch an den Ferdi gerät, ist es besonders schlimm, dann zieht und zerrt sie an dem Kettchen, dass es fast abreißt und der Muhbalkhals hinterher dünne rote Striemchen aufweist. (Vor lauter Mitgefühl flüstert sie dem Ferdi sogar noch vor und denkt tatsächlich, dass wir es nicht mitbekommen. Was natürlich völlig absurd ist, weil wir sie erstens flüstern hören, zweitens der Ferdi sich zur Muhbalk vorbeugt, damit das Vorgesagte besser an seine zugeschmalzte Ohrmuschel dringen kann, und er drittens dann auch noch die Muhbalk ungeduldig auffordert, doch bitte etwas deutlicher zu sprechen. Dass die Muhbalk trotzdem so ein Mitgefühl für ihn aufbringt, zeigt, wie unerschütterlich ihr Lehrerwille ist.) Nur wenn die Muhbalk ausfragerisch an den Timo gerät, hat das Kettchen Ruhe. Dann schließt die Muhbalk ihre Augen, lehnt sich im Stuhl zurück und formt mit frommen Lippen stumm die Vokabeln mit, die ihr der Timo laut und deutlich in friedlicher Konjugation runterbetet. Zum Glück gibt es den Timo. Oder vielmehr die Timomama, die aus Australien kommt und den Timo und seine Schwestern zweisprachig erzieht. Aber wir anderen hängen uns natürlich auch rein und lernen Englischvokabeln, was das Zeug hält, damit die Muhbalk unseretwegen keinen Herzinfarkt kriegt. Ja, wir fressen der Muhbalk aus der Hand. Weil sie uns mag. Von der Grinsinger kann man weder das eine noch das andere behaupten. Weder fressen wir ihr aus der Hand, noch würde irgendjemand klaren Verstandes behaupten, die Grinsinger würde auch nur einen ihrer Schüler mögen. Ich bin nicht sicher, ob es überhaupt jemanden gibt, den die Grinsinger mag. Die Muhbalk mag sie jedenfalls auch nicht.

Als die Muhbalk den Kopf in unser Klassenzimmer gestreckt hat, hat das Grinsingergesicht wie wild zu zucken angefangen. Wie ein Saturday Night Fever hat es vor sich hin gezuckt. »Ja bitte«, hat die Grinsinger gedehnt gefragt und es war mehr als deutlich, dass sie die Muhbalk am liebsten in ihren Automatenkaffee gestippt hätte. Die Muhbalk hat natürlich sofort angefangen, an ihrem Kettchen zu fingern, und hat gesagt, sie würde nur ganz kurz stören wollen, wegen des Wettbewerbs.

Da hat das Grinsingergesicht noch mehr gezuckt. Und die Grinsinger hat wieder einen sehr langen Schluck von ihrem Kaffee genommen. Was äußerst unangenehm für die Muhbalk war, weil sie wie ein dämlicher Fünftklässler in der Tür stehen und warten musste. Aber dann hat die Grinsinger mit ihrer Schweinchenhand eine gnädige Bewegung gemacht, die der Muhbalk gestattete, ein paar Schritte ins Klassenzimmer hineinzutrippeln. (Die Muhbalk ist Konrektorin, die Grinsinger hätte gar nichts anderes machen können, als sie reinzulassen.)

Die Muhbalk hat kurz die Augen geschlossen, als könnte sie sich die Grinsinger einfach wegdenken, dann hat sie Luft geholt und freudig gerufen: »Meine lieben Kinder!« (Aus irgendeinem Grund nennt sie uns ständig »meine lieben Kinder!«, auch wenn wir streng genommen natürlich keine Kinder mehr sind, ihre schon gleich gar nicht.)

»Meine lieben Kinder! Ich freue mich sehr, dass unsere Schule wieder an einem der großartigen Wettbewerbe teilnehmen darf, die die ortsansässige Hubert-Kanauer-AG regelmäßig auslobt.«

Die halbe Klasse hat den Basti angestarrt (die andere Hälfte hat die Unterbrechung genutzt, um schnell noch einen Blick ins Lateinbuch zu werfen). Der Basti ist der Sohn des Herrn Hubert Kanauer - und außerdem mein bester Freund und Sitznachbar. Der Basti ist rot angelaufen und hat konzentriert die Muhbalk angestarrt. Er kann es nämlich überhaupt nicht leiden, im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses zu stehen. Was aber nicht selten vorkommt, da sein Papa ein anerkannter und leidenschaftlicher Freund und Förderer unseres Gymnasiums ist und ungefähr so ziemlich alle Projekte und Wettbewerbe an unserer Schule überhaupt nur durch die großzügige Zuwendung des Herrn Hubert Kanauer zustande kommen.

»Der diesjährige Wettbewerb heißt Weltverbessern für Anfänger «, hat die Muhbalk weiter erzählt, »jeder, der mitmachen will, engagiert sich in einem kleinen Bereich seines alltäglichen Lebens, den er für verbesserungswürdig hält - und verbessert ihn.«

»Was ist denn so ein kleiner Bereich?«, hat die Vanessa eifrig gefragt, ohne den Blick von ihrem Collegeblock zu heben. Die Vanessa schreibt immer alles mit, was die Lehrer sagen.

»Das könnt ihr frei aussuchen. Jede Verbesserung, die nicht nur euch, sondern auch einem möglichst großen Kreis anderer hilft, gilt. Wenn ihr also der Meinung seid, die Fahrradständer unten vor dem Fahrradkeller sollten besser auf der linken Seite aufgestellt werden, damit es zukünftig keine Kollisionen mehr mit den Autofahrern gibt, dann begründet schriftlich, warum das passieren muss, kümmert euch darum, dass es passiert, dokumentiert die Umsetzung, am besten mit Fotos, und reicht alles bis zum ersten Juni im Sekretariat ein.«

»Dann weiß ich schon, was ich mach«, hat der Stiebereder gerufen, der den Basti schon seit der Fünften nicht verknusen kann und jedes Mal die Krise kriegt, wenn Hubert-Kanauer-Rampenlicht auf den Basti fällt. »Ich bau den Klopapierhalter bei mir zu Hause von links nach rechts. Dann komm ich da besser ran!«

Wahnsinnig witzig.

Aber die Muhbalk ist ruhig geblieben: »Ich bin zum Glück nicht darüber informiert, wie groß der Kreis derer ist, die von einer solchen Maßnahme profitieren würden, lieber Egon, aber um zu gewinnen, solltest du...
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Autor

Stepha Quitterer, 1982 in Niederbayern geboren, hat in Rio de Janeiro mit Straßenkindern gearbeitet, in Berlin und Kairo Politik und in München Regie studiert und war Regieassistentin am Deutschen Theater in Berlin. Seit 2015 lebt sie als freie Autorin mit ihrer Tochter in Berlin. Weltverbessern für Anfänger ist ihr erstes Jugendbuch.


stephaquitterer.com