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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
168 Seiten
Deutsch
Verlag Theater der Zeiterschienen am03.07.2023
Wie wollen wir zukünftig leben und arbeiten? Welche Voraussetzungen braucht die Gestaltung sozialer Strukturen jenseits ökonomischer Verwertbarkeit? Orte der Kunst und der Bildung ermöglichen die modellhafte Erforschung und Erprobung von Verfahren, Strukturen und Institutionen und sind damit Impulsgeber für unser Zusammenleben. Sie tragen einen wichtigen Teil dazu bei, um unsere Demokratie in ihrer Komplexität zu erhalten und fortzudenken. Expertinnen und Experten aus verschiedenen sozialen Feldern untersuchen von der Norm abweichende Praxisformen, verorten sie historisch und denken soziale Gegenwart aus einer möglichen Zukunft heraus. Mit Beiträgen u. a. von Armen Avanessian, Augusto Corrieri, Simone Hain, Isabell Lorey und Joshua Wicke.

Regina Guhl ist Dramaturgin und Professorin für Dramaturgie am Studiengang Schauspiel der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Mirko Winkel ist Künstler, Kurator und Leiter eines transdisziplinären Labors am Geographischen Institut der Universität Bern. Dorothea Hilliger ist Professorin an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, die sie als Präsidentin innerhalb der letzten drei Jahre interimsmäßig leitete.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextWie wollen wir zukünftig leben und arbeiten? Welche Voraussetzungen braucht die Gestaltung sozialer Strukturen jenseits ökonomischer Verwertbarkeit? Orte der Kunst und der Bildung ermöglichen die modellhafte Erforschung und Erprobung von Verfahren, Strukturen und Institutionen und sind damit Impulsgeber für unser Zusammenleben. Sie tragen einen wichtigen Teil dazu bei, um unsere Demokratie in ihrer Komplexität zu erhalten und fortzudenken. Expertinnen und Experten aus verschiedenen sozialen Feldern untersuchen von der Norm abweichende Praxisformen, verorten sie historisch und denken soziale Gegenwart aus einer möglichen Zukunft heraus. Mit Beiträgen u. a. von Armen Avanessian, Augusto Corrieri, Simone Hain, Isabell Lorey und Joshua Wicke.

Regina Guhl ist Dramaturgin und Professorin für Dramaturgie am Studiengang Schauspiel der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Mirko Winkel ist Künstler, Kurator und Leiter eines transdisziplinären Labors am Geographischen Institut der Universität Bern. Dorothea Hilliger ist Professorin an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, die sie als Präsidentin innerhalb der letzten drei Jahre interimsmäßig leitete.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783957494740
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum03.07.2023
Seiten168 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4165 Kbytes
Artikel-Nr.12109063
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Vorwort / Seite 9

Einleitung / Seite 11

Rausgehen ist Einsteigen
von Martin Schick / Seite 21

In unmittelbaren Kontakt treten
von Doreen Yuguchi / Seite 26

Wechsel/Wirkung
von Berthold Schneider / Seite 33

Something might escape the plan
von Augusto Corrieri, Joshua Wicke / Seite 37

Das Kommune in der präsentischen Demokratie
von Isabell Lorey / Seite 53

Politische Zukunftsschule
von Armen Avanessian / Seite 70

Von marxistisch informierter Spielzeugkritik zur Katastrophenwerkstatt
von Claudia Hummel / Seite 75

Die neue künstlerische Hochschule
von Simone Hain / Seite 83

Feindliche Übernahme - durch sich selbst?
von Jochen Gimmel / Seite 92

Die Neuen Auftraggeber
von Lena Ziese / Seite 109

Über eine andere Art des gemeinsamen Aufenthalts
von Philipp Furtenbach / Seite 117

Einen ungeraden Weg finden
von Gabriele Stötzer / Seite 126

Alle Brücken abbrechen - in die Dorfkneipe gehen - Bier trinken - abwarten
von Thomas Heise / Seite 137

Das Premium-Getränkekollektiv
von Uwe Lübbermann / Seite 146
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Leseprobe

Einleitung

In einer demokratischen Gesellschaft ist die Kunst in all ihren Spielarten und Ausformungen ein zentraler Ort für Dialog und Kritik, für Begegnung, Erfindung und Verwandlung, für Erkenntnis und das Entwickeln von Fragen, für die Erforschung und Neuentdeckung von scheinbar Bekanntem. All dies findet täglich statt in der Arbeit von Künstler*innen, in den unterschiedlichen Medien der Kunst und in vielen der ihr gewidmeten Institutionen.

Angesichts aktueller Krisen ist die Diskussion um die Relevanz der Kunst und der Praxis von Kunstschaffenden neu entfacht. Die vorliegende Publikation hat es sich zur Aufgabe gemacht, deren besonderen Stellenwert anhand vielfältiger Beispiele und Argumentationslinien herauszuarbeiten. Denn Kunst stellt neben anderen Feldern wie Politik oder Ökonomie einen ganz eigenen Praxisraum der sozialen Welt dar, der das Potential hat, unserem Sein und Handeln Sinn und Bedeutung zu verleihen und Wege des sozialen Miteinanders zu erkunden.1 Über das Faktische hinaus schafft Kunst eine sinnhafte Organisation von Wirklichkeit, in deren Zusammenhang soziale Gebilde und demokratisch orientiertes Verhalten erst möglich werden. Das Praktizieren von Kunst in einer funktionierenden Demokratie geht über die Reflexion gesellschaftlicher Prozesse weit hinaus, was ihr gerade heute, da die Demokratie selbst beständigen Herausforderungen ausgesetzt ist, eine besondere Relevanz verleiht.

Tragischerweise und in pervertierter Form lässt sich die Bedeutung von Kunst dieser Tage wieder an den offenbar gezielten Zerstörungen und Plünderungen von Theatern und Museen in der Ukraine durch russisches Militär ablesen. Im Ausmaß der Erschütterung selbstverständlich nicht mit den Schäden durch Krieg zu vergleichen, haben die Künste auch in der Coronakrise massive Einschränkungen und dauerhaft wirksame Verluste hinnehmen müssen - trotz aller Beteuerungen ihrer Relevanz und trotz staatlicher Unterstützungsmaßnahmen. Doch die an Institutionen gebundene und durch sie legitimierte Kunst ist nur ein Teil der künstlerischen Praxen. Kunst und Kultur sterben nicht im Krieg und nicht in der Pandemie, auch wenn ihre Institutionen zerstört oder heruntergespart werden. Sie orientieren sich um und finden, oftmals unter überaus schwierigen Bedingungen, neue Wege der Wirksamkeit.

Angesichts verschiedenartiger Bedrohung, aber auch, um das Potential der Künste im Allgemeinen wie im Detail ermessen zu können, müssen wir als demokratisch verfasste Gesellschaft den spezifischen Beitrag von Kunstschaffenden ernst nehmen und mit allem, was wir haben, sichtbar machen, um so seine Wirksamkeit zu erhöhen. Dieses Buch will hierzu beitragen, indem es die Bedeutung künstlerischer Prozesse an verschiedenen Beispielen ausbuchstabiert. Die Anlage ist eine multiperspektivische. Sie stellt Biografielinien und ungewöhnliche Solidargemeinschaften ebenso vor wie alternative Organisationsformen in Kunst, Bildung, Wissenschaft und Gesellschaft.

Im ersten Teil mit dem Titel Ortswechsel werden Handlungsräume und Institutionen in den Blick genommen, wo Perspektivwechsel und Umnutzungen erprobt wurden. So beschreibt es Martin Schick in seinem Text Rausgehen ist Einsteigen (S. 21) als grundlegendes Prinzip seiner Arbeit, immer wieder neue Kontexte aufzusuchen oder sie gar selbst aufzubauen. Ursprünglich aus dem Schauspiel kommend, begleitet er heute institutionelle Transformationsprojekte als performative Praxis. Er hat somit die Rolle des Künstlers auf Kunst und Kultur schaffende Strukturen ausgeweitet und erläutert, wie er Umstände zum Ausgangs- und Mittelpunkt seiner Arbeiten macht.

Doreen Yuguchis berufliche Praxis ist ebenfalls von einem mehrfachen Wechsel der Rahmenbedingungen gekennzeichnet. In ihrem Text In unmittelbaren Kontakt treten - Interaktionen am Lebensrand (S. 26) schildert sie den Transfer von der bildenden Kunst mit Schwerpunkt Performance hin zu einer neuen, therapeutisch ausgerichteten Ausbildung und Arbeit. Zwischenstationen auf dem Weg waren künstlerische Arbeiten im Gefängnis- und im Hospizkontext. Im Zentrum des Beitrags steht die Frage nach Bezügen zwischen diesen sehr unterschiedlichen Arbeitsfeldern.

Berthold Schneider berichtet in Wechsel/Wirkung (S. 33) davon, wie er als Intendant der Oper Wuppertal sein Chefbüro mit Uwe Schneidewind, dem Präsidenten des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, tauschte - mit allen damit verbundenen Konsequenzen. Als routinierte Leitungsmenschen suchten beide einen Perspektivwechsel auf ihre eigene Arbeitspraxis und setzten sich den täglichen Abläufen der jeweils anderen Institution aus.

In Something might escape the plan. A dialogue on post-theatre and background dramaturgies (S. 37) reflektieren der Dramaturg Joshua Wicke und der Künstler, Forscher und Schriftsteller Augusto Corrieri die Leere des entleerten Theaterraumes, den Zustand des Aussetzens und der Nicht-Aktivität. Für ihr gemeinsames Nachdenken wählten sie die klassische Form des Briefwechsels.

Im dritten Teil des Buches folgen die Herausgeber*innen unter dem Stichwort Praxisformen den Biografien von Menschen, die, ausgehend von ihrem künstlerisch geprägten Denken und Handeln, Wege und Methoden gesellschaftlich wirksamer Intervention gefunden haben. Den Auftakt bildet der Text Die Neuen Auftraggeber (S. 109) von Lena Ziese. Das Konzept der Neuen Auftraggeber wurde von dem Belgier François Hers 1990 entwickelt und ist in Frankreich und Belgien fest etablierter Bestandteil staatlicher Kunstförderung. Bürger*innen vergeben an Künstler*innen Aufträge, die mit ihrem konkreten Lebensumfeld zu tun haben und auf dort drängende Fragen Antworten geben können. Seit 2017 beteiligt sich Deutschland mit Pilotprojekten an dem inzwischen internationalen Netzwerk. Lena Ziese beleuchtet den Beginn des Projektes in Brandenburg, wo sie ihre vielfältigen Erfahrungen als Künstlerin, Kuratorin und Lehrende für Freie Kunst und Kunstpädagogik eingebracht hat.

Der Künstler Philipp Furtenbach spricht Über eine andere Art des gemeinsamen Aufenthalts (S. 117). Die Interventionen des Kollektivs AO& sind darauf ausgelegt, an abseitigen Orten besondere Situationen der Begegnung zu schaffen. Furtenbach erzählt von Arbeiten, die in bestimmten Landschaften, in Bergdörfern, in Restaurants und in Hotels neue Methoden der Kommunikation testen. Sie zielen insbesondere darauf ab, bestehende Konventionen in sozialer Praxis und Kunst aufzubrechen.

Gabriele Stötzer berichtet von ihrem Weg in der DDR, auf dem sie als Anhängerin des Sozialismus zur Systemkritikerin wurde. Nicht genehmigte künstlerische Aktionen führten zu ihrer Inhaftierung und beendeten zwangsweise ihr Kunstpädagogikstudium. Sie arbeitete fortan im Untergrund als Performancekünstlerin. Mit Aktivismus vertraut, stellte sie sich 1989 gemeinsam mit anderen Frauen der Staatssicherheit entgegen, um Akten von Dissident*innen vor der Vernichtung zu bewahren. Der vorliegende Text Einen ungeraden Weg finden (S. 126) basiert auf einem Gespräch mit der Künstlerin.

Der Regisseur, Autor und Filmemacher Thomas Heise äußert sich über seine Arbeit als Dokumentarfilmer. Er beschreibt die besondere Form der Annäherung an seine Protagonist*innen, die er in ihrem jeweiligen Umfeld aufsucht: in einer Dorfkneipe, einem Jugendzentrum, welches zum Treffpunkt von Neonazis wurde, oder in einem Gefängnis. Unter dem Titel Alle Brücken abbrechen - in die Dorfkneipe gehen - Bier trinken - abwarten (S. 137) beschreibt Heise sein Arbeitsprinzip. Er bleibt am jeweiligen Ort so lange, bis sich eine Annäherung ergibt. Die Besonderheit seiner Arbeit besteht in der Unvoreingenommenheit, mit der er seinen Protagonist*innen begegnet.

Der Teil Praxisformen findet seinen Abschluss mit dem Text von Uwe Lübbermann. Unter dem Titel Das Premium-Getränkekollektiv. Ein Ergebnis, das viel klüger ist, als du es alleine jemals hättest hinkriegen können (S. 146) beschreibt er die Entwicklung eines von ihm gegründeten konsensdemokratischen Getränkeunternehmens, in dem er als zentraler Moderator mitwirkt. Er legt besonderen Fokus auf die Chancen und Herausforderungen, die mit Entscheidungsprozessen einhergehen, und erläutert, wie gesellschaftliche Krisen wie eine Pandemie auf solche alternativen Wirtschaftsmodelle wirken.

Zwischen dem ersten und dem dritten Teil findet der wissenschaftliche Blick seinen Platz, der nach Relevanz und Tragfähigkeit neuer Entwürfe für Kunst, Pädagogik und Politik fragt. In diesem Teil unter der Überschrift Zeitsprünge erfolgt auch die historische Reflexion von Praxisformen, die sich durch ihr unbedingtes Beharren auf der Kraft demokratischer Verhandlungsformen auszeichneten und in ihrer künstlerischen Ausprägung Experiment und Modell gleichermaßen werden konnten. So bezieht sich die Politikwissenschaftlerin Isabell Lorey auf Das Kommune in der präsentischen Demokratie (S. 53). Lorey spürt deren...
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Autor

Regina Guhl ist Dramaturgin und Professorin für Dramaturgie am Studiengang Schauspiel der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.

Mirko Winkel ist Künstler, Kurator und Leiter eines transdisziplinären Labors am Geographischen Institut der Universität Bern.

Dorothea Hilliger ist Professorin an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, die sie als Präsidentin innerhalb der letzten drei Jahre interimsmäßig leitete.
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