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Das Geständnis

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
312 Seiten
Deutsch
Septime Verlagerschienen am17.04.2023
Der Schriftsteller Mizuno hat erneut eine Geschichte über einen perfekten Mord geschrieben. Wie auch zuvor in seinem Schaffen ist die Figur des Opfers die Kopie einer realen Person. In diesem Fall ist es ein ihm gut bekannter Schriftstellerkollege. Als Mizuno kurz nach der Abgabe des Manuskripts bemerkt, dass sich auf den letzten Kapiteln der wahre Name seines Kollegen ins Buch geschlichen hat, bemüht er sich darum, das noch zu korrigieren. Doch es ist bereits zu spät. Immer mehr steigert er sich in die Vorstellung hinein, dass ein wirklicher, an seinem Buch modellierter Mord stattfinden könnte, der ihn unausweichlich zum Hauptverdächtigen machen würde. Und so begibt er sich schon vorbeugend auf die verzweifelte Suche nach einem Alibi, lernt eine deutsche Prostituierte kennen, die er so lange verfolgt, bis sie bereit ist, ihn zu sich zu lassen. Doch bald stellt sich die Frage, ob der Jäger nicht das Opfer ist. Zu dubios wirken die Geschehnisse rund um Mizuno, sodass seine Glaubwürdigkeit als Erzähler stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Als er in weiterer Folge versucht, dem Schattenmann zu entwischen, der vom Verlag beauftragt zu sein scheint, den Fortschritt des nächsten Romans zu überwachen, und der im Roman ermordete Schriftstellerkollege tatsächlich sein Leben verliert, überschlagen sich die Ereignisse. Während die auf Das Geständnis folgenden Romane Jun'ichiro Tanizakis (Insel der Puppen und Treibsand) zu seinen berühmtesten wurden, wurde Das Geständnis nach dem Erscheinen als Fortsetzungsroman im Jahre 1928 in einer Zeitung, erst 1999 in Japan in Buchform veröffentlicht. Dieser metafiktionale, psychologische Kriminalroman ist ein perfektes Beispiel der großen Erzählkunst Tanizakis, der zu den wichtigsten und meistgelesenen japanischen Schriftstellern des zwanzigsten Jahrhunderts zählt.

JUN'ICHIR? TANIZAKI wurde 1886 in Tokio geboren. Sein erstes veröffentlichtes Werk, ein einaktiges Theaterstück, erschien 1910 in einer Literaturzeitschrift, die er mitbegründet hatte. Bis zum großen Erdbeben (1923) lebte er im Großraum Tokio, danach zog er in die Kyoto-Osaka-Gegend und begann, sich mit Japans Geschichte zu beschäftigen. Seine größten Werke, für die er zahlreiche Preise erhielt, entstanden alle nach 1923, darunter Die geheime Geschichte des Fürsten von Musashi, Die Makioka Schwestern, Der Schlüssel und Tagebuch eines alten Narren. Der Autor starb 1965 in Kanagawa
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR15,99

Produkt

KlappentextDer Schriftsteller Mizuno hat erneut eine Geschichte über einen perfekten Mord geschrieben. Wie auch zuvor in seinem Schaffen ist die Figur des Opfers die Kopie einer realen Person. In diesem Fall ist es ein ihm gut bekannter Schriftstellerkollege. Als Mizuno kurz nach der Abgabe des Manuskripts bemerkt, dass sich auf den letzten Kapiteln der wahre Name seines Kollegen ins Buch geschlichen hat, bemüht er sich darum, das noch zu korrigieren. Doch es ist bereits zu spät. Immer mehr steigert er sich in die Vorstellung hinein, dass ein wirklicher, an seinem Buch modellierter Mord stattfinden könnte, der ihn unausweichlich zum Hauptverdächtigen machen würde. Und so begibt er sich schon vorbeugend auf die verzweifelte Suche nach einem Alibi, lernt eine deutsche Prostituierte kennen, die er so lange verfolgt, bis sie bereit ist, ihn zu sich zu lassen. Doch bald stellt sich die Frage, ob der Jäger nicht das Opfer ist. Zu dubios wirken die Geschehnisse rund um Mizuno, sodass seine Glaubwürdigkeit als Erzähler stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Als er in weiterer Folge versucht, dem Schattenmann zu entwischen, der vom Verlag beauftragt zu sein scheint, den Fortschritt des nächsten Romans zu überwachen, und der im Roman ermordete Schriftstellerkollege tatsächlich sein Leben verliert, überschlagen sich die Ereignisse. Während die auf Das Geständnis folgenden Romane Jun'ichiro Tanizakis (Insel der Puppen und Treibsand) zu seinen berühmtesten wurden, wurde Das Geständnis nach dem Erscheinen als Fortsetzungsroman im Jahre 1928 in einer Zeitung, erst 1999 in Japan in Buchform veröffentlicht. Dieser metafiktionale, psychologische Kriminalroman ist ein perfektes Beispiel der großen Erzählkunst Tanizakis, der zu den wichtigsten und meistgelesenen japanischen Schriftstellern des zwanzigsten Jahrhunderts zählt.

JUN'ICHIR? TANIZAKI wurde 1886 in Tokio geboren. Sein erstes veröffentlichtes Werk, ein einaktiges Theaterstück, erschien 1910 in einer Literaturzeitschrift, die er mitbegründet hatte. Bis zum großen Erdbeben (1923) lebte er im Großraum Tokio, danach zog er in die Kyoto-Osaka-Gegend und begann, sich mit Japans Geschichte zu beschäftigen. Seine größten Werke, für die er zahlreiche Preise erhielt, entstanden alle nach 1923, darunter Die geheime Geschichte des Fürsten von Musashi, Die Makioka Schwestern, Der Schlüssel und Tagebuch eines alten Narren. Der Autor starb 1965 in Kanagawa
Details
Weitere ISBN/GTIN9783903061934
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum17.04.2023
Seiten312 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse619 Kbytes
Artikel-Nr.12138339
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


 

1

 

Wie üblich wachte der notorische Langschläfer Mizuno auch an diesem Morgen gegen zehn Uhr auf. Während er im Bett liegend eine Air Ship rauchte und die Zimmerdecke anstarrte, schoss ihm plötzlich etwas durch den Kopf: »Moment mal! Habe ich da etwa seinen echten Namen verwendet?«

Unwillkürlich sprach er die Worte laut aus, und obwohl niemand da war, der ihn hätte hören können, blickte er sich unruhig um - nicht, weil ihm etwas herausgerutscht war, das niemand hören durfte, sondern weil ihm die Angewohnheit, laut Selbstgespräche zu führen, in letzter Zeit oft wie ein Vorzeichen dafür schien, dass er im Begriff war, verrückt zu werden, was ihm ziemlich unbehaglich war. Gleichwohl hatte sich diese Angewohnheit nicht erst kürzlich eingeschlichen. Tatsächlich begleitete sie ihn bereits seit seinen Zwanzigern, doch neuerdings nahm sie besonders ausgeprägte Formen an. Sein Geist war von morgens bis abends abwesend, und er konnte sich nicht lange auf einen Gedanken konzentrieren, ohne dass es ihn anstrengte. Es schweiften nicht nur seine Gedanken einer nach dem anderen auf den absurdesten Irrwegen ab. Dazwischen verkehrten die verschiedensten wilden Fantasien - allerlei völlig zusammenhangslose Ideen, so abrupt wie der Schatten eines Vogels auf dem Papier einer Schiebetür -, und ehe er sichs versah, strömten sie in Form von Worten aus ihm heraus. War der Strom einmal versiegt, verlor er manchmal völlig die Fassung und brüllte, als schimpfte er mit sich selbst: »Du Narr!«

Dies war jedoch wieder nur der Wahn, der aus ihm sprach. »Ich muss mir das irgendwie abgewöhnen!«

Unzählige Male hatte er bereits versucht, seinen Geist im Zaum zu halten, aber in den meisten Fällen hatte seine Beherrschung keine fünf Minuten Bestand. Im Nu waren sämtliche Kontrollversuche wieder vergessen, und sein Kopf erschuf und zerstörte wie von selbst ein Gedankenbild nach dem nächsten. Sein eigener Verstand gehörte ihm nicht mehr. Anstelle eines Kopfes saß auf seinen Schultern eher so etwas wie ein Wassertank, der obendrein durch übel riechende Ablagerungen verschmutzt war. Lediglich an der Oberfläche floss Wasser und tropfte als Monolog heraus. So jedenfalls kam es ihm vor.

Ist man einmal zu einem Menschen ohne Kontrolle über seinen eigenen Geist geworden - einem Menschen, der nur tatenlos zusehen kann, wie sein Gehirn zu einer Art Filmprojektor wird (zu einem automatischen noch dazu), der eigenmächtig Filme abspielt, in denen alle möglichen bösen Geister und Ungeheuer ihr Unwesen treiben -, hat man jeglichen Wert als Mensch verloren. Nein, es war nicht bloß ein Vorzeichen; er war schon auf halbem Weg ins Irrenhaus. Dabei war ihm durchaus bewusst, dass sein einsames Leben ohne echte Freunde vermutlich die größte Ursache für diese Angewohnheit war. Mit anderen Worten: Da er niemanden zum Reden hatte und keine Gelegenheit, sich zu äußern, verspürte irgendetwas tief in ihm ein Gefühl von Einsamkeit, auch wenn er sich einredete, überhaupt nicht einsam zu sein. Als er noch eine Frau gehabt hatte, damals, vor ein paar Jahren, hatte er jedenfalls nicht so oft mit sich selbst gesprochen. Sie war zwar die Art von Frau gewesen, die auf alles, was man ihr sagte, bloß mit einem gemurmelten »Hm« antwortete, und an deren Gesicht man sich später nicht mehr erinnern konnte, aber als sie noch an seiner Seite gewesen war, dürfte sie wenigstens ein paarmal am Tag mit ihm gesprochen haben. Auch wenn er selbst kaum geredet hatte, so müsste zumindest sie ab und zu etwas gesagt haben. Nun jedoch war in seinem Zimmer keinerlei menschliche Stimme zu vernehmen, weder seine eigene noch die eines anderen. Also redete er in dem Wunsch, eine solche Stimme zu hören, mit sich selbst. Das belegten auch seine gelegentlichen Stöhnlaute, die er immer nur dann von sich gab, wenn gerade niemand zugegen war.

»Und selbst wenn ich ihn verwendet habe, wen soll das schon interessieren?«, wiederholte er, als der lange, schmale Turm aus Zigarettenasche in sich zusammenstürzte und ihm auf die Lippen rieselte. Er verzog das Gesicht, drückte die erst zur Hälfte aufgerauchte Zigarette in dem Teeschälchen neben seinem Kissen aus und zog sich beschämt die Bettdecke über den Kopf. Dann starrte er lange Zeit mit weit geöffneten Augen ins Dunkel, ohne an etwas Bestimmtes zu denken.

Bei dem Namen aus seinen Selbstgesprächen handelte es sich um einen Namen aus dem Manuskript, das er einige Tage zuvor fertiggestellt hatte. Die Geschichte, die er vor etwa drei Wochen zu schreiben begonnen hatte und die in der Aprilausgabe der Zeitschrift Das Volk erscheinen sollte, hatte er vorgestern - gerade noch rechtzeitig vor Redaktionsschluss - dem Boten übergeben. Da er auf diese Arbeit, deren Stoff er sich speziell für eine solche Gelegenheit aufgespart hatte, besonders stolz war, sehnte er das Erscheinen der Ausgabe bereits in ungeduldiger Erwartung herbei. Sogar bei ihm, der er schon seit über fünfzehn Jahren als Schriftsteller seinen Lebensunterhalt verdiente, kam das hin und wieder noch vor â¦ Er dachte gerade genüsslich an die eine oder andere Stelle zurück, als ihm plötzlich auffiel, dass er ohne Zweifel zwei-, vielleicht dreimal versehentlich den echten Namen einer Person verwendet hatte, auf der eine der Figuren basierte.

»Kodama, Kojima, Kodama, Kojima â¦«, plapperte er zum dritten Mal unter der Decke und starrte in die Dunkelheit.

Einmal hatte er seine erste Jugendliebe als Vorlage für eine Figur genommen und versehentlich ihren echten Namen verwendet, doch glücklicherweise war ihm dies noch während der Schreibphase aufgefallen, sodass er den Schnitzer ausbessern konnte, bevor die Geschichte in Druck ging. Er wollte sich gar nicht vorstellen, welch Unheil er sich damit hätte einhandeln können, und ließ bei der Namensgebung seiner Figuren seither größte Vorsicht walten. Hätte er jedoch zum Beispiel aus Kojima einen vollkommen anderen Namen gemacht, mit vollkommen anderem Klang und anderen Schriftzeichen, hätte er sich gar nicht erst die Mühe machen brauchen, eine Person aus dem echten Leben als Vorlage zu verwenden. Es hätte ihm schlicht kein Gefühl von Realität vermittelt. In den seltenen Fällen, in denen es sich um eine wichtige Figur handelte, galt dies umso mehr, wobei es auch entsprechend mehr Unannehmlichkeiten für die Vorlage mit sich brachte. Die beste Methode war also, sich einen Namen auszudenken, der dem echten ein Stück weit ähnelte und ausreichte, um in ihm das Bild der Person zu erzeugen. Da so auch die allgemeine Leserschaft ohne Weiteres erkennen konnte, um wen es sich handelte, gab sich Mizuno hierbei ziemliche Mühe. Fiel ein Name einmal zu ähnlich aus, hielt er sich stets eine Fluchtmöglichkeit offen, indem er Dinge wie das Alter oder die Gesichtszüge zumindest ein wenig abänderte. Er musste zugeben, dass ihm anfangs durchaus der Gedanke gekommen war, ihm könnte aufgrund des Zeitdrucks der eine oder andere Schnitzer unterlaufen, aber schließlich war er doch bei Kodama geblieben, und da er, nachdem er allmählich in Schwung gekommen war, in den letzten Tagen vor Redaktionsschluss fast jede Nacht durchgearbeitet und den Stift nur so über das Papier hatte eilen lassen, war aus Kodama irgendwann unbemerkt Kojima geworden.

Wie bei Mizunos Werken üblich, lag der Geschichte im Großen und Ganzen eine satanistische, unmoralische Idee zugrunde: Ein Mann beginnt sich zu fragen, ob er es wohl schaffe, einen anderen Mann umzubringen, und zwar egal wen, ohne dabei auch nur die geringste Spur zu hinterlassen. Er wählt die für dieses Unterfangen ideale Person aus und ermordet sie, ohne dass die Öffentlichkeit je erfährt, wer der Täter ist. Der Mörder war dem Autor selbst nachempfunden, als Vorlage für das Opfer hatte Kojima gedient.

Die Hauptfigur war ein Schriftsteller mit einem ähnlichen Werdegang wie Mizuno. Noch nie hatte er aufrichtige Liebe für einen anderen Menschen als sich selbst empfunden. Für ihn war die Welt nichts als blanker Unsinn. Diese Lebensanschauung durchströmte all seine Werke, und da sein künstlerisches Talent allmählich nachzulassen begann, beschloss er schließlich, sie auch auf sein Leben anzuwenden. Dies hatte zweierlei Gründe: Zum einen war er nun einmal so, wie er war, weshalb er keine engen Freunde hatte und ein trübsinniges, einsames Leben führte. Würde er nun auch noch die Lust am Schreiben verlieren, würde es ihm endgültig zu einsam und langweilig werden. Zum anderen fragte er sich, ob er überhaupt so etwas wie ein Gewissen hatte. (Der Gedanke an sich war Indiz genug dafür, dass er bereits vollkommen wahnsinnig geworden war, aber er selbst erkannte das nicht.) In seinen Augen waren Gewissensbisse eine Art Nervenschwäche, das menschliche Nervensystem so empfindlich, dass es bereits beim geringsten Gebrauch des Verstandes, beim winzigsten ungewöhnlichen Reiz sofort ermüdete und erkrankte, und das beschränkte sich nicht bloß auf das Verüben unmoralischer Taten. Also dachte er, um ohne schlechtes Gewissen eine böse Tat begehen zu können, müsse er einerseits, so gut es ging, versuchen, seine Nerven zu überlisten, und andererseits probieren, sie allmählich an das Begehen von Missetaten zu gewöhnen und somit zu betäuben. Und da »seine Nerven zu überlisten« bedeutete, sie »auf vernünftige Weise zu leiten«, war dies mitnichten etwas, vor dem er sich fürchten musste. Er musste ihnen schlicht eintrichtern, er sei ein tapferer Held, der seinen Überzeugungen treu blieb. Wenn er auf diese Weise, die Regungen seiner Nerven stets im Blick, eine kleine Übeltat nach der anderen beginge, würde er schließlich jedes noch so gewagte Vorhaben mit Gelassenheit ausführen können. Er schmiedete also diesen Plan und begann still und heimlich, ihn in die Tat umzusetzen. Zunächst versuchte er, die Leute zu...
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Autor

JUN'ICHIRO TANIZAKI
wurde 1886 in Tokio geboren. Sein erstes veröffentlichtes Werk, ein einaktiges Theaterstück, erschien 1910 in einer Literaturzeitschrift, die er mitbegründet hatte. Bis zum großen Erdbeben (1923) lebte er im Großraum Tokio, danach zog er in die Kyoto-Osaka-Gegend und begann, sich mit Japans Geschichte zu beschäftigen. Seine größten Werke, für die er zahlreiche Preise erhielt, entstanden alle nach 1923, darunter Die geheime Geschichte des Fürsten von Musashi, Die Makioka Schwestern, Der Schlüssel und Tagebuch eines alten Narren. Der Autor starb 1965 in Kanagawa