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Ernstfall

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am24.08.20231. Auflage
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine steht die deutsche Regierung unter maximalem Druck. Falsche Entscheidungen können zu einer unkontrollierbaren Eskalation des Krieges führen, auch zu Not und Unruhen im eigenen Land. Der preisgekrönte Journalist Stephan Lamby hat Olaf Scholz, Annalena Baerbock, Robert Habeck, Christian Lindner, Wolfgang Schmidt und andere in den dramatischen Monaten aus der Nähe beobachtet. Sein hochspannender Bericht liefert exklusive Einblicke in die Regierungszentrale während der schwersten internationalen Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine müssen der Kanzler und seine Kabinettsmitglieder permanent Überzeugungen über Bord werfen: Waffen, Kohlekraft, Schulden. Wladimir Putin zwingt ihnen eine fremde, unbeabsichtigte Politik auf. Wie hält man so etwas aus? Was tut die Regierung, um den Krieg zu beenden? Wie kann Deutschland im globalen Kräftemessen bestehen? Von Beginn der Regierungszeit im Dezember 2021 war Stephan Lamby mit den wichtigsten Entscheidungsträgern unterwegs, in Washington, in den Hauptstädten Europas und asiatischen Mega-Cities, in der Sahelzone und am Arabischen Golf, auch in der deutschen Provinz. Und natürlich in Berlin. Er sah, wie Olaf Scholz und seine Regierung wegweisende Beschlüsse trafen und wie ihnen schwerwiegende Fehler unterliefen. Lambys investigative Reportage ist eine einzigartige Schilderung der weltgeschichtlichen Ereignisse - aus dem Inneren des deutschen Machtzentrums.

Stephan Lamby ist Dokumentarfilmer und Buchautor. Seit vielen Jahren bildet er mit seinen ARD-Dokumentationen die deutsche und internationale Politik ab, darunter "Nervöse Republik", "Labyrinth der Macht" und "Im Wahn". Er wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis, dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis, dem STERN-Preis und als Journalist des Jahres.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextSeit dem russischen Überfall auf die Ukraine steht die deutsche Regierung unter maximalem Druck. Falsche Entscheidungen können zu einer unkontrollierbaren Eskalation des Krieges führen, auch zu Not und Unruhen im eigenen Land. Der preisgekrönte Journalist Stephan Lamby hat Olaf Scholz, Annalena Baerbock, Robert Habeck, Christian Lindner, Wolfgang Schmidt und andere in den dramatischen Monaten aus der Nähe beobachtet. Sein hochspannender Bericht liefert exklusive Einblicke in die Regierungszentrale während der schwersten internationalen Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine müssen der Kanzler und seine Kabinettsmitglieder permanent Überzeugungen über Bord werfen: Waffen, Kohlekraft, Schulden. Wladimir Putin zwingt ihnen eine fremde, unbeabsichtigte Politik auf. Wie hält man so etwas aus? Was tut die Regierung, um den Krieg zu beenden? Wie kann Deutschland im globalen Kräftemessen bestehen? Von Beginn der Regierungszeit im Dezember 2021 war Stephan Lamby mit den wichtigsten Entscheidungsträgern unterwegs, in Washington, in den Hauptstädten Europas und asiatischen Mega-Cities, in der Sahelzone und am Arabischen Golf, auch in der deutschen Provinz. Und natürlich in Berlin. Er sah, wie Olaf Scholz und seine Regierung wegweisende Beschlüsse trafen und wie ihnen schwerwiegende Fehler unterliefen. Lambys investigative Reportage ist eine einzigartige Schilderung der weltgeschichtlichen Ereignisse - aus dem Inneren des deutschen Machtzentrums.

Stephan Lamby ist Dokumentarfilmer und Buchautor. Seit vielen Jahren bildet er mit seinen ARD-Dokumentationen die deutsche und internationale Politik ab, darunter "Nervöse Republik", "Labyrinth der Macht" und "Im Wahn". Er wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis, dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis, dem STERN-Preis und als Journalist des Jahres.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406807770
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum24.08.2023
Auflage1. Auflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse578 Kbytes
Artikel-Nr.12166525
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1
PROLOG


Da unten funkeln ein paar Lichter. Es ist nicht auszumachen, ob es sich um ein Ölfeld handelt oder um eine Militäranlage. Vielleicht ist es auch nur ein Dorf, in dem sich die Menschen gerade für die Nacht fertig machen. Einzelheiten sind nicht zu erkennen, wir fliegen zu hoch, mehr als 12.000 Meter.

Wie denken wohl die Menschen auf der Arabischen Halbinsel über uns, wenn sie den Kopf nach oben richten? Was vermuten sie, wer oder was sich hinter dem hellen, sich bewegenden Punkt am sternenklaren Himmel verbirgt? Halten sie uns für ein Flugzeug oder für einen Satelliten, vielleicht sogar für einen Spionagesatelliten?

Die Lichter in der Wüste werden kleiner, irgendwann verschwinden sie.

Zwei Tage lang ist Olaf Scholz durch drei Golfstaaten gehetzt, rastlos von einem Ort zum anderen. Er war in prachtvollen Palästen, hat die Hände mächtiger Regenten geschüttelt und fast nichts von den Ländern gesehen. Für mehr fehlte die Zeit.

Jetzt ist er auf dem Rückweg nach Berlin und sitzt in dem geräumigen Besprechungsraum des Regierungsfliegers «Konrad Adenauer». Die Anspannung fällt allmählich von ihm ab, es gibt hier oben keine Anschlusstermine, keine Mitarbeiterin schaut mahnend auf die Uhr, keine Videoschalte, kein Anruf von Emmanuel Macron, Joe Biden oder Saskia Esken.

Scholz ist todmüde, drei Tage zuvor war er noch in New York, acht Zeitzonen weiter westlich. Vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen hielt er eine Rede gegen den russischen Angriffskrieg. Gegen den neuen Imperialismus. Gegen Diktaturen. Mit ungewohntem Pathos sprach er in den Saal, er stehe in der Pflicht, «die Menschenrechte überall und zu jeder Zeit zu achten und zu verteidigen». Dabei hielt er die UN-Charta in die Höhe.

Er will sich nicht schlafen legen, sondern erst noch eine Weile sprechen. Zu viel hat sich ereignet. Während wir durch die Golfregion reisten, ließ der russische Präsident in vier von seinen Soldaten besetzten Regionen der Ukraine Scheinabstimmungen durchführen, um diese Gebiete Russland einzuverleiben. Ein ungeheurer Vorgang. Dann drohte er mit dem Einsatz von Atomwaffen. Zur Verteidigung der territorialen Integrität Russlands würde er «von allen uns zur Verfügung stehenden Waffensystemen Gebrauch machen.» Geht es klarer?

Das ist nichts, was ein Bundeskanzler leicht als Finte abtun kann. Ob Putin blufft, will ich von ihm wissen. Er weiß es nicht, er kann es nicht wissen. Aber er muss die Drohung ernst nehmen.

Der Krieg führt Olaf Scholz in geografische und gedankliche Regionen, in die er sich sonst vermutlich nicht begeben würde. Alles steht Kopf. Gerade war er zu Besuch bei Mohammed bin Salman. Nach allem, was man weiß, gab der saudische Kronprinz vor vier Jahren persönlich die Ermordung eines Gegners in Auftrag. Der Journalist Jamal Khashoggi hatte wiederholt seine Regierung kritisiert, worauf er von einem Killerkommando getötet und zersägt worden war.

Olaf Scholz kennt diese Geschichte. Dennoch reist er zu dem brutalen Herrscher, voller Respekt und diplomatischer Hochachtung. Trotz seiner engagierten Ansprache in New York, die Menschenrechte überall zu achten. Der Konflikt mit dem Despoten in Russland treibt den Kanzler in die Arme anderer Despoten.

Dass die Herrscher vom Golf den politischen Handelsreisenden aus Berlin spüren lassen, dass sie ihn nur für einen unter Druck geratenen Bittsteller halten, macht die Sache nicht leichter. Ganz falsch liegen sie mit ihrer Einschätzung nicht: Deutschland steckt in der Klemme. In diese Lage hat sich das Land seit vielen Jahren hineinmanövriert. Die Begegnung zwischen Scholz und bin Salman ist in mehrfacher Hinsicht verstörend. Mehr dazu später.

Putins Krieg ist nicht nur ein Angriff auf die Ukraine und die Friedensordnung Europas. Der Krieg ist auch ein Angriff auf die Selbstsicherheit, mit der wir Deutsche uns seit langem unser Leben eingerichtet haben. Das ist in vielen Gesprächen zu spüren, nicht nur im Berliner Regierungsviertel, sondern überall im Land.

Ich spüre diese Verunsicherung genauso. Bei mir hat sie eine besondere Ausprägung. Daher möchte ich an den Anfang dieses Buches eine kurze biografische Notiz stellen.

Von Kindesbeinen an bin ich mit Politik in Berührung gekommen, ich bin in Bonn, der alten Hauptstadt, aufgewachsen. Inmitten von Ministerien und Behörden, umgeben von Debatten. Politik gab es gleich vor der Haustür. Mehr bundesrepublikanische Prägung ist kaum möglich.

In diesem Zentrum westdeutscher Macht, im Herzen des rheinischen Kapitalismus, waren die Gewissheiten nur scheinbar festgefügt. Die Glaubensgrundsätze der Parteien, von Regierung und Parlament wurden in den 1970er und 1980er Jahren lautstark in Frage gestellt. Die Hofgartenwiese war oft Schauplatz von Massendemonstrationen. Man ging gegen Atomkraft auf die Straße, gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen, gegen die eigene Regierung sowieso.

Auf einer dieser Demonstrationen war auch ein junger Mann namens Olaf Scholz. Er protestierte gegen die Nato und vertrat die Ansicht, «dass Aufrüstung und Kriegsgefahr notwendige Begleiterscheinungen des Imperialismus sind und dass deshalb eine dauerhafte Friedenssicherung nur möglich ist, wenn das kapitalistische Gesellschaftssystem vom Sozialismus abgelöst wird». Das war auch die offizielle Position der Jungsozialisten, deren stellvertretender Vorsitzender Scholz damals war.

In meiner Heimatstadt prallten zwei gegensätzliche Politikentwürfe aufeinander. Nach langen, hochemotionalen Diskussionen in Familie, Schule und Freundeskreis festigten sich Standpunkte: für oder gegen Nachrüstung, für oder gegen Wehrdienst, für oder gegen Atomkraft.

In diesem Spannungsfeld sortierten sich die Menschen meiner Generation ein. Das weltanschauliche Fundament, auch meines, hat sich seitdem kaum verändert.

Der russische Krieg ist der größtmögliche Schock. Er katapultiert unser Denken weit in die Vergangenheit zurück. Dummerweise ist noch nicht klar, ob wir in die Zeit des Kalten Krieges oder noch weiter in die Zeit des Ersten Weltkrieges geschleudert werden. Sicher ist, dass das Freund-Feind-Denken, von dem wir glaubten, es längst überwunden zu haben, zurück ist. Auch die Bereitschaft, militärische Gewalt als Mittel der Politik zu akzeptieren, ist wieder da, und sei es als Gegen-Gewalt. Das ganze Land macht im Schnelldurchgang einen Selbsterfahrungskurs durch.

Am sichtbarsten und folgenschwersten wird die weltanschauliche Verankerung der Regierungsmitglieder in Berlin erschüttert. Ein Beispiel: Als Olaf Scholz nach dem russischen Überfall seine Zeitenwende-Rede hielt, gab es in seinem Kabinett nur einen einzigen Mann, der in seiner Jugend den Wehrdienst geleistet hat; ein zweiter Minister holte ihn Jahre später nach. Die anderen, darunter der Kanzler und sein Vizekanzler, haben verweigert oder wurden vom Wehrdienst befreit. Auch der Parteichef und der Fraktionschef der SPD haben sich der Bundeswehr entzogen.

Ich kenne ihre Situation, wohl auch ihre Beweggründe. Mit 19 Jahren war ich zunächst Bundeswehrsoldat, ein Kanonier, nach ein paar Wochen habe ich ebenfalls verweigert. «Aus Gewissensgründen». Seitdem hat mich dieses Gewissen in Ruhe gelassen, aber wegen des russischen Angriffskrieges meldet es sich auf höchst unbequeme Art wieder.

Noch ärger muss es den Regierungsmitgliedern gehen. Sie haben sich für den größten verteidigungspolitischen Kursschwenk seit Gründung der Bundeswehr entschieden, sie rüsten massiv auf und liefern viele todbringende Waffen in ein Kriegsgebiet.

Dieses Kabinett ist mit guten Absichten gestartet. Die 17 Männer und Frauen haben ihr politisches Leben lang darauf hingearbeitet, an die Macht zu kommen und Entscheidungen gemäß ihren Überzeugungen zu treffen. Ihnen blieben jedoch nur ein paar Wochen. Dann mussten sie innerhalb kürzester Zeit umdenken. Und zwar gewaltig.

Ist ihnen das Umdenken zu verübeln? Sind sie ihrer großen Aufgabe gewachsen? Wohin lenken sie das Land? Mehren sie den «Nutzen des deutschen Volkes» und wenden «Schaden von ihm» ab, wie es ihr Amtseid verlangt? Nutzen sie das Potential, das in einer Dreierkoalition steckt, oder blockieren sie sich gegenseitig? Ergreifen sie die wenigen Chancen, die auch dieser Großkrise innewohnen?

Das sind Fragen, denen ich nachgehe. Man kann sie nur beantworten, wenn man sich die Bedingungen im Inneren wie im Äußeren ansieht, unter denen die Bundesregierung agiert.

Dieses Buch handelt von einer kleinen Gruppe deutscher Politikerinnen und Politiker unter maximalem Druck. Einer Regierung, die immer tiefer in diesen...
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Autor

Stephan Lamby ist Dokumentarfilmer und Buchautor. Seit vielen Jahren bildet er mit seinen ARD-Dokumentationen die deutsche und internationale Politik ab, darunter "Nervöse Republik", "Labyrinth der Macht" und "Im Wahn". Er wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis, dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis, dem STERN-Preis und als Journalist des Jahres.