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An den Ufern des Orowango - Gustavs und Kulus abenteuerliche Reise zum Kongo

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Ueberreuter Verlagerschienen am15.08.20231. Auflage
Eine Erzählung über eine außergewöhnliche Freundschaft und ein Einblick in die Wurzeln des Rassismus - für Jugendliche ab 12 Jahren 1895: Der 14-jährige Gustav träumt von großen Abenteuern. Doch sein Leben auf dem Hof seines Onkels gestaltet sich eher trist. Das ändert sich schlagartig, als ein Zirkus ins Dorf kommt, der mit 'garantiert echten Kannibalen aus dem Urwald' wirbt. Gustav freundet sich mit dem gleichaltrigen Kulu an, der sich aus dem Zirkus befreien kann. Nach einem Zwischenfall mit Gustavs Onkel beschließen die beiden zu fliehen: in Kulus Heimat, den Kongo. Eine abenteuerliche, aber auch gefahrenvolle Reise beginnt ... Ein spannend erzählter Roman zur Zeit des deutschen Kolonialismus - mit geschichtlicher Einordnung und Erklärung wesentlicher Begriffe

Frank M. Reifenberg wuchs in einem kleinen Dorf im Westerwald auf und hatte damals selbst schon Probleme mit etwas zuviel Wahrheit. Zunächst wurde er Buchhändler, arbeitete als Texter in Public-Relations-Agenturen und zum Jahrtausendwechsel wagte einem Neustart. Er besuchte die Internationale Filmschule in Köln und absolvierte dort die Ausbildung zum Drehbuchautor. Seitdem schreibt er Drehbücher und Konzepte für Film und Fernsehen, Romane und Erzählungen. Heute lebt und arbeitet er in Köln. Seine 13% zu viel Wahrheit kommen ihm jetzt zugute.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextEine Erzählung über eine außergewöhnliche Freundschaft und ein Einblick in die Wurzeln des Rassismus - für Jugendliche ab 12 Jahren 1895: Der 14-jährige Gustav träumt von großen Abenteuern. Doch sein Leben auf dem Hof seines Onkels gestaltet sich eher trist. Das ändert sich schlagartig, als ein Zirkus ins Dorf kommt, der mit 'garantiert echten Kannibalen aus dem Urwald' wirbt. Gustav freundet sich mit dem gleichaltrigen Kulu an, der sich aus dem Zirkus befreien kann. Nach einem Zwischenfall mit Gustavs Onkel beschließen die beiden zu fliehen: in Kulus Heimat, den Kongo. Eine abenteuerliche, aber auch gefahrenvolle Reise beginnt ... Ein spannend erzählter Roman zur Zeit des deutschen Kolonialismus - mit geschichtlicher Einordnung und Erklärung wesentlicher Begriffe

Frank M. Reifenberg wuchs in einem kleinen Dorf im Westerwald auf und hatte damals selbst schon Probleme mit etwas zuviel Wahrheit. Zunächst wurde er Buchhändler, arbeitete als Texter in Public-Relations-Agenturen und zum Jahrtausendwechsel wagte einem Neustart. Er besuchte die Internationale Filmschule in Köln und absolvierte dort die Ausbildung zum Drehbuchautor. Seitdem schreibt er Drehbücher und Konzepte für Film und Fernsehen, Romane und Erzählungen. Heute lebt und arbeitet er in Köln. Seine 13% zu viel Wahrheit kommen ihm jetzt zugute.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783764193218
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.08.2023
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse5422 Kbytes
Artikel-Nr.12251321
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Gustav war im wohl ungefährlichsten und langweiligsten Ort der ganzen Welt aufgewachsen: In Bokkelsen passierte nie etwas. Man regte sich auf, wenn der Fuchs im Gänsestall wütete oder eine Kuh am Milzbrand verendete. Einmal hatte jemand den Klingelbeutel in der Kirche mitgehen lassen, ihn dann aber aus Angst vor Gottes Zorn zwei Tage später heimlich zurückgebracht.

Doch dann veränderte ein unerwartetes Ereignis Gustavs Leben schlagartig. Und das nur, weil er an jenem schönen Tag im späten Frühling im Laden der buckeligen Erna den Korb vergaß, in dem er der Frau vierzig Eier von den Altsteierischen Hennen aus dem Hühnerstall seines Onkels gebracht hatte. Das gehörte jeden Freitag zu seinen Aufgaben.

Gustav war klar, wie die Strafe aussehen würde, wenn er ohne den Korb nach Hause kam. Der Onkel wartete geradezu auf jede Gelegenheit, um seinen Neffen mit einem Seil, in das er an einem Ende einen Knoten geschlungen hatte, zu verprügeln. Also lief Gustav noch einmal zurück in den Laden. Und da sah er ihn, als er wieder aus dem Geschäft trat: den Mann auf dem Hochrad.

Auf dem Kopf trug der Mann einen Turban. Er war in bunte Gewänder gekleidet, mit Glöckchen und silbernen Quasten an den Schäften der Stiefel. Hoch über den Köpfen der Leute durchquerte er auf seinem Hochrad sitzend das Dorf. Dabei verteilte er Handzettel und warf den Mägden, die aus den Häusern strömten und ihre Fäuste in die Hüften stemmten, freche Blicke zu, sodass diese erröteten und kicherten.

Hinter ihm tanzten Clowns und eine Dame mit Bart über die staubige Dorfstraße, ein anderer, dicker Mann pustete in die Tuba, ein dritter schlug eine Trommel, dass es einem in den Ohren dröhnte. Zwei Ochsen zogen einen Wagen, dessen Ladung allerdings von einem ehemals sicher prunkvollen, aber inzwischen häufig geflickten, rot schimmernden Samtvorhang verhüllt wurde. Darin saßen bestimmt wilde Tiere, die vor den Augen des neugierigen Volkes am Straßenrand geschützt werden mussten.

Und schließlich thronte ein Mann in einer Uniform, die jedem Gardeoffizier alle Ehre gemacht hätte, hoch oben im Nacken eines grauen Kolosses - einem echten und lebenden Elefanten. In einer Hand hielt der Mann ein Schnupftuch, in der anderen ein Zepter, als sei er der Kaiser Wilhelm persönlich.

»Kommen Sie und staunen Sie«, rief der Uniformierte immer wieder. »Hier treffen Sie auf Löwenbändiger, den tanzenden Elefanten Elmonstro, die Schlangenlady! Das alles und noch viel mehr bewundern die wertesten Herrschaften im weltsensationellen Circus Corelli. So etwas hat die Welt noch nicht gesehen, so etwas hat Bokkelsen noch nicht gesehen!«

Der Tuba-Spieler quetschte einen Tusch aus seiner Tuba, der Trommler trommelte einen Wirbel, die Clowns jauchzten und schlugen Purzelbäume.

»Und wenn Sie davon noch nicht genug haben, erleben Sie etwas, das Sie in der Nacht um den wohlverdienten Schlaf bringen wird. Exklusiv und nur bei Corelli: die Vorführung der großen Kongo-Neger-Truppe, echte Kannibalen aus den Tiefen des afrikanischen Dschungels. Mitsamt dem weltbesten Bogenschützen, der es mit Wilhelm Tell jederzeit aufnimmt.«

Als das Wort Kongo fiel, durchzuckte es Gustav: Boma, Kongo, westliches Afrika, der Ort, von dem vor fast drei Jahren eine Postkarte abgeschickt worden war an ihn, Gustav Kröger, adressiert, mit einer bunten Briefmarke darauf. Leider war diese Postkarte das einzige und zugleich letzte Lebenszeichen seines Vaters gewesen, der im Auftrag eines Fabrikanten die gefährliche Reise von Hamburg aus angetreten hatte. Er sollte dabei helfen, die Kupfer-Vorkommen im westlichen Afrika zu erschließen und war dann auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Im Jahr darauf war Gustavs Mutter an der Schwindsucht gestorben und Gustavs Onkel Friedereich Sörensen zu seinem Vormund ernannt worden.

Gustav kam nicht dazu, bei diesem Gedanken zu verweilen, denn nun ertönte ein besonders lauter Tusch. Ein Mädchen in einem eng geschnürten Korsett zog blitzschnell an einem Seil hinten an dem Wagen.

Ein mannshoher Käfig kam zum Vorschein.

»Ach du gütiger Herr Jesus!«, rief die Frau vom Bäcker und fiel in Ohnmacht. Ein paar der jüngeren Mädchen hielten sich die Hände vor die Augen, um gleich darauf zwischen den Fingern hindurchzuschauen, und Jonte und Fiete feuerten auch schon die ersten Steine auf das Gefährt ab.

Keine Tiger, keine Löwen, nicht einmal ein paar dressierte Pudel schauten aus dem Käfig hinab auf den Weg. Stattdessen blinzelten vierzehn müde Augenpaare, weil ihnen plötzlich die grelle Sommersonne hineinstach.

»Kongo«, flüsterte Gustav und auch ihm fiel die Kinnlade herunter.

Die Gestalten rührten sich nicht, fast mochte man meinen, dass sie aus Marmor gemeißelt waren, aus pechschwarzem Marmor, von dem sich nur die wenigen Fetzen der Tierfelle abhoben, die ihre Scham bedeckten. Ein oder zwei trugen Federbüsche auf dem Kopf, ein Mann saß in der Mitte auf einem hölzernen Thron und verbarg sein Gesicht hinter einer aus Holz geschnitzten Maske, die Gustav kurz Angst einflößte.

Er hatte noch nie einen Menschen gesehen, der keine schneeweiße Haut wie die Bewohner von Bokkelsen hatte. Für einen Augenblick dachte Gustav, dass jemand die vierzehn angemalt haben musste, vielleicht mit der Schuhwichse, die Herrn von Mörbeeks Reitstiefel immer so vornehm schwarz glänzen ließ.

In dessen Bibliothek gab es Reiseberichte mit Fotografien von solchen Menschen, wie sie vor Strohhütten standen, Männer mit Schilden und Lanzen oder Frauen, die nackte Babys auf dem Arm hielten. Eine solche Fotografie war jedoch ganz etwas anderes als diese lebenden Wesen, die Gustav und die anderen Dorfbewohner nun anstarrten.

Gustavs Blick wanderte langsam von dem Mann auf dem Thron, der der Häuptling dieser Kannibalen zu sein schien, zu einem Jungen zu dessen Rechten, der ungefähr in Gustavs Alter war und dessen Anblick ihn fesselte. Er stellte sich vor, wie es wohl sein mochte, wenn er in einem Käfig durch ein fremdes Dorf gefahren würde. Ein schöner Gedanke war das nicht.

Die Stirn des Jungen auf dem Wagen umspannte ein Band mit Federn und seine Haut im Gesicht und am ganzen Körper war mit einem goldenen Puder eingestäubt, der in der Sonne schimmerte. Die hohen Wangenknochen und das gereckte Kinn verliehen ihm einen entschlossenen Ausdruck. Grimmig und stolz schaute er von dem Wagen hinab. Er hatte sich einen Bogen um die Brust gelegt und hielt ein Bündel Pfeile in der Hand.

Für einen kleinen Moment trafen sich seine und Gustavs Blicke. Gustav lief ein Schauer über den Rücken und im nächsten Augenblick schämte er sich. Seine Mutter hatte ihn früher oft ermahnt, dass er andere Leute nicht so unverschämt anstarren sollte. »Außerdem siehst du dann aus wie ein dämlicher Ochs vorm Berg«, klangen ihm ihre Worte noch im Ohr.

Der Wagen rollte an ihm vorbei und der Blickkontakt brach ab. Schreiend folgten die Dorfkinder der eigentümlichen Prozession. Nur Gustav blieb zurück.

Fiete sprang an dem Käfig hinauf und rüttelte an den Stäben. Einer der Zirkusleute riss ihn hinunter, ein anderer warf das rote Tuch wieder über die menschliche Fracht. »Das muss reichen«, schallte der Ruf des Zirkusdirektors durch die Straße. »Mehr gibt s nur für das zahlende Publikum«, fügte er hinzu und fast so schnell, wie diese aufregende Truppe erschienen war, machte sie sich wieder aus dem Staub.

Gustav stand da mit dem Eier-Korb und dachte an den Jungen mit dem Bogen und den Pfeilen. Sein Blick war so grimmig gewesen. Ob es eine gute Idee war, gerade diesem Jungen eine tödliche Waffe in die Hand zu geben?

»Jungchen, was machst du denn noch hier?«, hörte er da hinter sich die Stimme der buckligen Erna. Also nahm er die Beine in die Hand und machte sich auf den Rückweg zum Hof des Onkels. Dem fiel natürlich irgendein Grund für eine Tracht Prügel ein, die er seinem Neffen und Mündel verabreichte, um ihn dann ohne Abendbrot in seine Kammer über dem Kuhstall zu schicken.

An Schlaf war für Gustav allerdings zunächst nicht zu denken, und als die Müdigkeit ihn doch endlich übermannte, warf er sich auf seinem Strohsack in wilden Träumen hin und her - von Elefanten und Kannibalen und von dem großen Fluss Kongo und dem Urwald, in dem sein Vater verschollen war.

Gustav wachte am nächsten Tag auf, bevor der Hahn krähte und die Kühe ungeduldig schrien, weil die Milch in ihren Eutern drückte. Geschlafen hatte er nur ein paar Stunden.

Während er die Kühe molk, erzählte er ihnen haarklein, was er am Vortag gesehen hatte. Sie waren die einzigen Wesen auf dem Bauernhof, die ihm geduldig zuhörten und ihm nicht eine hinter die Ohren gaben oder mit ihm schimpften, dass er seine Zeit nicht mit dummen Geschichten verbringen sollte. So machte es...
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Frank M. Reifenberg wuchs in einem kleinen Dorf im Westerwald auf und hatte damals selbst schon Probleme mit etwas zuviel Wahrheit. Zunächst wurde er Buchhändler, arbeitete als Texter in Public-Relations-Agenturen und zum Jahrtausendwechsel wagte einem Neustart. Er besuchte die Internationale Filmschule in Köln und absolvierte dort die Ausbildung zum Drehbuchautor. Seitdem schreibt er Drehbücher und Konzepte für Film und Fernsehen, Romane und Erzählungen. Heute lebt und arbeitet er in Köln. Seine 13% zu viel Wahrheit kommen ihm jetzt zugute.