Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Kaiser Karl der Vierte

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
552 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am21.09.2023
Wer nach Prag reist, erlebt - mit Karlsbrücke, Veitsdom und Universität - die Goldene Stadt Karls IV. Der Herrscher aus dem Hause Luxemburg regierte von hier aus ein Reich, das sich von Südfrankreich und Oberitalien bis nach Norddeutschland erstreckte. Olaf B. Rader erzählt auf der Grundlage neu erschlossener Quellen anschaulich das Leben des kunstsinnigen Kaisers, der im Bewusstsein göttlicher Erwählung seine Macht ebenso klug wie rücksichtslos ausbaute und in seiner Grabinschrift als «Beben der Welt» verewigt wurde. Das dramatische 14. Jahrhundert - eine Zeit der wirtschaftlichen und kulturellen Blüte sowie tiefer Krisen wie der Großen Pest, Überschwemmungen und der beginnenden Kleinen Eiszeit - war das Jahrhundert Karls IV. (1316 - 1378). Der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und König von Böhmen baute die Macht seiner Dynastie mit Kriegen und diplomatischem Geschick zielstrebig aus und erließ mit der Goldenen Bulle das wichtigste Grundgesetz des Reichs, das bis zu dessen Auflösung 1806 in Kraft blieb. In Prag gründete er die erste Universität und beschäftigte mit den Parlern die besten Baumeister und Bildhauer der damaligen Zeit. Dass dieser fromme, Reliquien sammelnde, auf Recht und Gesetz bedachte Kaiser von der Ausplünderung und Verfolgung der Juden profitierte, ja dazu aufrief, hat viele Historiker irritiert. Olaf B. Rader zeichnet in seinem glänzend geschriebenen Buch ein neues Bild des mächtigsten spätmittelalterlichen Kaisers, der Deutschland und Europa nachhaltiger geprägt hat, als uns heute bewusst ist.

Olaf B. Rader lehrte als Professor Kulturgeschichte des Mittelalters und gibt bei den Monumenta Germaniae Historica an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Quellen aus der Zeit Kaiser Karls IV. heraus.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR38,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR28,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR28,99

Produkt

KlappentextWer nach Prag reist, erlebt - mit Karlsbrücke, Veitsdom und Universität - die Goldene Stadt Karls IV. Der Herrscher aus dem Hause Luxemburg regierte von hier aus ein Reich, das sich von Südfrankreich und Oberitalien bis nach Norddeutschland erstreckte. Olaf B. Rader erzählt auf der Grundlage neu erschlossener Quellen anschaulich das Leben des kunstsinnigen Kaisers, der im Bewusstsein göttlicher Erwählung seine Macht ebenso klug wie rücksichtslos ausbaute und in seiner Grabinschrift als «Beben der Welt» verewigt wurde. Das dramatische 14. Jahrhundert - eine Zeit der wirtschaftlichen und kulturellen Blüte sowie tiefer Krisen wie der Großen Pest, Überschwemmungen und der beginnenden Kleinen Eiszeit - war das Jahrhundert Karls IV. (1316 - 1378). Der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und König von Böhmen baute die Macht seiner Dynastie mit Kriegen und diplomatischem Geschick zielstrebig aus und erließ mit der Goldenen Bulle das wichtigste Grundgesetz des Reichs, das bis zu dessen Auflösung 1806 in Kraft blieb. In Prag gründete er die erste Universität und beschäftigte mit den Parlern die besten Baumeister und Bildhauer der damaligen Zeit. Dass dieser fromme, Reliquien sammelnde, auf Recht und Gesetz bedachte Kaiser von der Ausplünderung und Verfolgung der Juden profitierte, ja dazu aufrief, hat viele Historiker irritiert. Olaf B. Rader zeichnet in seinem glänzend geschriebenen Buch ein neues Bild des mächtigsten spätmittelalterlichen Kaisers, der Deutschland und Europa nachhaltiger geprägt hat, als uns heute bewusst ist.

Olaf B. Rader lehrte als Professor Kulturgeschichte des Mittelalters und gibt bei den Monumenta Germaniae Historica an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Quellen aus der Zeit Kaiser Karls IV. heraus.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406804298
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum21.09.2023
Seiten552 Seiten
SpracheDeutsch
Illustrationenmit 38 Abbildungen, 2 Karten und 1 Stammtafel
Artikel-Nr.12257645
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



PROLOG
DER FLUCH
DER WENZELSKRONE



«Die in der Wenzelskapelle des Veitsdomes zu Prag aufbewahrten Krönungskleinodien sind die Symbole der Treue Böhmens und Mährens zum Reich.»

Emil Hácha anlässlich der Auslieferung
der Insignien 1941


«Symbole der Treue» und die sieben Schlüssel


MITTWOCH, 19. NOVEMBER 1941, PRAG, KATHEDRALE ST. VEIT. Heydrichs Haltung offenbarte Hochmut, unverhohlenen Hochmut. Sein ganzes Auftreten sollte demütigen und erniedrigen, und zwar nicht nur einen Teil der Anwesenden, sondern die Bevölkerung eines ganzen Landes. Beschlagene Stiefel knallten auf dem Kalksteinboden der Kathedrale des heiligen Veit in Prag. Der Nachhall hielt sich lange in den hohen Gewölben. Männer in langen Uniformmänteln aus Filz und Leder eilten am 19. November 1941, im dritten Kriegsjahr, durch die wichtigste Kirche des Landes. Allen voran SS-Obergruppenführer und General der Polizei Reinhard Heydrich (1904-1942), der neue starke Mann in Böhmen und Mähren. Doch ihr Ziel war nicht der Altar, ihr Wunsch nicht das Gebet. An einer kleinen, mit Eisenbändern beschlagenen Tür in der Nähe der Goldenen Pforte warteten sie ungeduldig darauf, dass eine Reihe von Schlüsseln ihr Werk vollendete. Emil Hácha (1872-1945), der tschechische Protektoratspräsident, und dessen Begleitung dürften äußerst nervös gewesen sein, denn der neue Statthalter im sogenannten Protektorat Böhmen und Mähren hatte sich seit seinem Amtsantritt auf der Prager Burg den Ruf erworben, ein herrischer und brutaler Mann zu sein, der ungern wartete. Endlich waren die Tür der Seitenkapelle und die sieben übereinanderliegenden Schlösser der Tür zu den Gemächern darüber geöffnet, die das Allerheiligste der Tschechen schützten: die Krone des heiligen Wenzel, des Landespatrons Böhmens. Da lag sie nun, die Königskrone, das seit Jahrhunderten wirkmächtige Symbol des böhmischen Königreiches und später des ganzen Staates, vor dem Statthalter des Großdeutschen Reiches, dem «stellvertretenden Reichsprotektor in Böhmen und Mähren», wie seine offizielle Funktion lautete.[1]

Nicht einmal Adolf Hitler hatte nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Prag im Frühjahr 1939 die Krone zu Gesicht bekommen. Er konnte zwar die Kronkammer öffnen lassen, doch sie war leer. Die Kronjuwelen befanden sich zu diesem Zeitpunkt in einem geheimen Safe des tschechoslowakischen Staatspräsidenten. Anderthalb Jahre später erzwang Heydrich erneut die Öffnung der Prager Wenzelskapelle und der Schatzkammer - diesmal mit allen darin befindlichen Kronschätzen der alten böhmischen Monarchie. Die Besichtigung der Krönungsinsignien galt jedoch nicht einer Sehenswürdigkeit der böhmischen Hauptstadt, sondern die ganze Aktion war als Symbol der Unterwerfung der Tschechen im Protektorat unter die deutsche Herrschaft inszeniert worden. Schon bei seinem Amtsantritt am 28. September 1941 hatte Heydrich den Ausnahmezustand verhängen und sechs Standgerichtsurteile vollstrecken lassen; bis Ende November wurden über vierhundert angebliche Saboteure hingerichtet. Tausende Tschechen, darunter viele Juden, wurden verhaftet, und ein Großteil von ihnen wurde der Gestapo zur Einweisung in Konzentrationslager übergeben, Zwangsarbeit und Deportationen folgten.


«Symbole der Treue»: SS-Obergruppenführer und General der Polizei Reinhard Heydrich und Protektoratspräsident Emil Hácha betrachten 1941 nach der erzwungenen Öffnung der Schatzkammer die böhmischen Krönungsinsignien, darunter die aus der Zeit Karls IV. stammende Wenzelskrone.


Welch hohe symbolische Bedeutung die Auslieferung der Krone an die Deutschen hatte, geht aus den Worten hervor, die Emil Hácha beim Betreten der Krönungskammer am 19. November an Heydrich richtete und die am nächsten Tag auf der ersten Seite unter der Schlagzeile «Symbolischer Akt auf der Prager Burg» der deutschsprachigen Presse zu entnehmen waren: «Herr Reichsprotektor! Am 15. März 1939 habe ich dem Führer und Reichskanzler Adolf Hitler die Länder Böhmen und Mähren in den Schutz des Großdeutschen Reiches gegeben; der Führer hat sie als Protektorat Böhmen und Mähren dem Reiche eingefügt. Die in der Wenzelskapelle des Veitsdomes zu Prag aufbewahrten Krönungskleinodien sind die Symbole der Treue Böhmens und Mährens zum Reich. Am 15. März 1939 hat das Reich - von dem einst die Würde der böhmischen Könige herkam - auch den Schutz dieser Insignien und damit die Schlüsselgewalt übernommen. Herr Reichsprotektor, ich übergebe Ihnen als dem Beauftragten des Führers im Protektorat die in meinem Besitz befindlichen vier Schlüssel zur Krönungskammer.»[2]

Heydrich erwiderte ganz im Stile eines Lehnsherrn, der den Vasallen in die Pflicht nimmt: «Herr Staatspräsident! Als Beauftragter des Führers im Protektorat übernehme ich die mir dargereichten Schlüssel und damit den Schutz der Insignien. Wie die Krönungskleinodien als Symbol der Treue Böhmens und Mährens zum Reiche gelten, sind Sie, Herr Staatspräsident, heute der vom Führer anerkannte Garant der Verbundenheit und Treue des Protektorats zum Reiche. So gebe ich Ihnen von den in meinem Besitz befindlichen sieben Schlüsseln drei Schlüssel in Ihre Obhut zurück. Sehen Sie darin Vertrauen und Verpflichtung zugleich. Ich bitte Sie, Herr Staatspräsident, mit mir die Krönungskammer zu öffnen und zu betreten.»[3]

Neben dem Bericht über die Auslieferung der Schlüssel hatte Heydrich auf derselben Zeitungsseite noch einen selbst verfassten Kommentar drucken lassen, in dem er die Legende des heiligen Wenzel für die «geschichtliche Notwendigkeit» der Unterstellung Böhmens und Mährens unter das Reich bemühte. Denn, so Heydrichs Begründung: «Die Wenzelstradition birgt die Erkenntnis, daß Böhmen und Mähren groß nur mit dem Reich und stets schwach ohne das Reich sein wird.» Auch die Bedeutung der Schlüsselübergabe wird kommentiert: «So wird das zunächst Aeußerliche dieses feierlichen Aktes in der Krönungskapelle zur verbindlichen Richtschnur für die Bevölkerung Böhmens und Mährens im Geiste wahrer Wenzelstradition.» Alles an diesen Vergleichen war schief - wie so oft bei politischer Indienstnahme historischer Begebenheiten.[4]

Ob Reinhard Heydrich auch von dem Todesfluch gewusst hat? Die Krone des heiligen Wenzel würde binnen eines Jahres jeden mit dem Tode bestrafen, der sie widerrechtlich trägt. So zumindest behauptet eine noch heute in Tschechien bekannte Legende, die aber möglicherweise erst nach dem Attentat in Umlauf kam. Ob es stimmt, dass sich Heydrich nach der Öffnung der Kammer, übermütig das Schicksal herausfordernd, die Krone auf den Kopf gesetzt hat, oder nicht: Sechseinhalb Monate später war er jedenfalls tot. Ein Attentat tschechischer Widerstandskämpfer mitten in Prag verletzte ihn am 26. Mai 1942 schwer und beendete kurz darauf das Leben des berüchtigten «Schlächters von Prag». Der Anschlag löste eine Reihe von Racheakten der Deutschen aus, denen Tausende Tschechen zum Opfer fielen. Der vermeintliche Fluch der Wenzelskrone hatte sich erfüllt und das «Symbol der Treue» seinen zwiespältigen Charakter offenbart.[5]

Von all diesem dramatischen Geschehen konnte Jahrhunderte zuvor der ehemalige Auftraggeber und zugleich prominenteste Träger dieser Krone, Kaiser Karl IV., nichts geahnt haben. Er hatte sie für seine Krönung zum böhmischen König 1347 anfertigen lassen und bestimmt, dass sie auch bei der Krönung aller ihm nachfolgenden böhmischen Könige verwendet werden sollte. Die etwa zweieinhalb Kilo schwere Krone, aus hochkarätigem Gold geschmiedet und mit roten und blauen Edelsteinen besetzt, endet an allen vier Seiten, die von zwei Bögen verbunden werden, in jeweils einer großen Lilie. Am Kreuzungspunkt der beiden Bögen, also an der höchsten Stelle, ist ein goldenes Kreuz angebracht, das gleichsam in seinem Herzen einen byzantinischen Saphir mit einer eingeschnittenen Kreuzigungsszene umschließt. Eine Inschrift auf dem Rand des Kreuzes meldet: «Hic est spina de corona Domini - hier ist ein Dorn von der Krone des Herrn». Die materielle Erinnerung an die Marterkrone Jesu in dem Königsdiadem lud sie von Anfang an mit einer höheren symbolischen Bedeutung auf; auch ihr schon zum Herstellungszeitpunkt etwas altertümliches Aussehen sollte an lang zurückliegende Traditionen anknüpfen.[6]

Der sudetendeutsche Historiker Josef Pfitzner (1901-1945), Professor an der Deutschen Universität Prag, veröffentlichte 1938, im Jahr des Münchener Abkommens,...
mehr

Autor

Olaf B. Rader lehrte als Professor Kulturgeschichte des Mittelalters und gibt bei den Monumenta Germaniae Historica an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Quellen aus der Zeit Kaiser Karls IV. heraus.