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Phoenix

Aschegeboren
tolino mediaerschienen am01.07.2023
»Das Experiment hatte alles verändert ...« Stromwaffen, Magnetschwebebahnen, Faradey'sche Kleidung, aber auch Phoenixe, Hexen, Dämonen: All das findet man im Europa des Jahres 2033. Nach einem fehlgeschlagenen Experiment im Jahr 1913 und diversen Kriegen mit Amerika lag der Kontinent in Trümmern. Mit der Hilfe des damals führenden Wissenschaftlers Nikola Tesla bauten die Saiwalo, eine überirdische Macht, Europa langsam wieder auf. 120 Jahre später erschüttert eine Mordserie Hamburg, die sich niemand erklären kann. Leon, ein Ermittler und treuer Anhänger der Saiwalo, wird auf die Fälle angesetzt und trifft bei seinen Ermittlungen auf die rätselhafte Tavi. Schnell wird klar, dass sie nicht die Mörderin ist, aber etwas mit den Morden zu tun hat. Wer ist sie und kann er sich auf sie verlassen? Gewinner des »Deutschen Phantastik Preises 2014« in der Kategorie »Bester Deutschsprachiger Roman«

Ann-Kathrin Karschnick ist Autorin für unter anderem Phantastik, aber eigentlich ist sie nur eine Autorin, die verzweifelt versucht, den Stimmen in ihrem Kopf Geschichten zu geben. 2014 gewann sie neben dem Hombuch-Preis als beste deutschsprachige Autorin auch den Deutschen Phantastikpreis mit dem Roman Phoenix - Aschegeboren (Tochter der Asche). Ihr Markenzeichen ist das grüne Kleid. Egal, ob Lesung, Convention oder Messe: Ohne das grüne Kleid ist sie nicht unterwegs.
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Produkt

Klappentext»Das Experiment hatte alles verändert ...« Stromwaffen, Magnetschwebebahnen, Faradey'sche Kleidung, aber auch Phoenixe, Hexen, Dämonen: All das findet man im Europa des Jahres 2033. Nach einem fehlgeschlagenen Experiment im Jahr 1913 und diversen Kriegen mit Amerika lag der Kontinent in Trümmern. Mit der Hilfe des damals führenden Wissenschaftlers Nikola Tesla bauten die Saiwalo, eine überirdische Macht, Europa langsam wieder auf. 120 Jahre später erschüttert eine Mordserie Hamburg, die sich niemand erklären kann. Leon, ein Ermittler und treuer Anhänger der Saiwalo, wird auf die Fälle angesetzt und trifft bei seinen Ermittlungen auf die rätselhafte Tavi. Schnell wird klar, dass sie nicht die Mörderin ist, aber etwas mit den Morden zu tun hat. Wer ist sie und kann er sich auf sie verlassen? Gewinner des »Deutschen Phantastik Preises 2014« in der Kategorie »Bester Deutschsprachiger Roman«

Ann-Kathrin Karschnick ist Autorin für unter anderem Phantastik, aber eigentlich ist sie nur eine Autorin, die verzweifelt versucht, den Stimmen in ihrem Kopf Geschichten zu geben. 2014 gewann sie neben dem Hombuch-Preis als beste deutschsprachige Autorin auch den Deutschen Phantastikpreis mit dem Roman Phoenix - Aschegeboren (Tochter der Asche). Ihr Markenzeichen ist das grüne Kleid. Egal, ob Lesung, Convention oder Messe: Ohne das grüne Kleid ist sie nicht unterwegs.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757955496
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Seiten296 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse879
Artikel-Nr.12274231
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Die Flucht

Tavi

 

Das Experiment hatte alles verändert, dachte Tavi bitter und warf einen gehetzten Blick um die Hausecke. Der Straßenzug war leer â zu leer. Dunkle Wolken hingen einer Drohung gleich über der Stadt und drückten auf die trübe Stimmung Hamburgs.

Ein Surren ließ sie aufhorchen, als auch schon zwei scheibenförmige Flugobjekte mit einem mörderischen Tempo um die Kurve rasten. Scheiße, schoss es ihr durch den Kopf. Zwei Drohnen waren dicht hinter ihr.

Tavi rannte, dass ihre graublonden Haare ihr in den Nacken und auf die flache Stirn peitschten. Hektisch blickte sie sich nach einem Versteck um, eine schmale Gasse schien ihre Rettung zu sein. Erleichterung strömte mit frischem Adrenalin durch ihre Adern, als sie an einem baufälligen Altherrenhaus vorbeilief und um die Ecke bog. Mit den Händen stoppte sie den Aufprall an der linken Mauer der Gasse, dennoch ratschte sie derart hart über die zerfurchten Wände, dass sie sich die Fingerspitzen aufriss. Mit der Zunge fuhr sie sich nervös über die Lippen. Ein weiterer Blick über die Schulter bestätigte ihre Vermutung: Die Drohnen waren zu breit, um ihr direkt zu folgen.

Sie schwebten unschlüssig vor dem Eingang auf und ab. Tavi schnaubte abfällig, während sie weiterrannte. Das Levitationsfeld der Maschinen beschränkte sich auf die Unterseite der Maschinen. Sobald sie sich auf die Seite drehten, fielen sie vom Himmel wie mit einem Stein beschwerte Vögel. Vor Tavis innerem Auge blitzten Bilder verschiedener Drohnen-Baureihen auf. In den letzten zehn Jahren hatte die Kontinentalarmee deutliche technologische Fortschritte gemacht: schneller, wendiger und kleiner. Die neuen Baureihen wurden bevorzugt in den Randgebieten Europas eingesetzt. Angeblich um dort den Einmarsch der Amerikaner zu verhindern, aber Tavi wusste den wahren Grund: Mit den neuen Drohnen wurden die Flüchtlinge aufgehalten, die versuchten aus Europa zu entkommen. Der einzige Grund, warum die Drohnen noch nicht europaweit eingesetzt wurden, war die permanente Materialknappheit.

Tavi sah über die Schulter und fluchte. Dafür traf diese Drohnenbaureihe ihre Entscheidungen schneller. Sie stiegen bereits parallel zur Hauswand des Herrenhauses auf. Innerhalb einer Sekunde verdüsterte sich Tavis Stimmung wie ein Himmel kurz vor einem heftigen Unwetter.

»Drecksdinger. Ihr könnt mich mal!«

Bevor die Drohnen das Dach erreicht hatten, entdeckte Tavi einen Durchgang. Eine zerschlissene Stoffdecke hing vor einem Halbbogen, der den Eingang zu dem Haus links von ihr verdeckte. Obwohl sie ahnte, dass sie vermutlich irgendeine Familie beim Abendbrot aufschreckte, rannte sie weiter. Ihre Schuhe klatschten auf den quadratisch gemusterten Boden, hallten von den leeren Wänden wider. Trotz der gebrochenen Fliesen stolperte Tavi dank ihres ausgeprägten Gleichgewichtssinns nicht.

Der Treppenaufgang in dem Mehrfamilienhaus wirkte intakt. Sie stockte. Das gibt es selten, dachte Tavi überrascht. Wer diese Unterkunft für sich beansprucht, hat Glück. Ihre eigenen Unterkünfte der letzten Jahrzehnte kamen ihr in den Sinn. Meistens landete sie in alten Häusern oder verlassenen Fabriken, in denen niemand leben wollte.

Tavi schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich darauf, die Drohnen abzuschütteln. Mit etwas Glück war ihre Flucht ins Haus unentdeckt geblieben, dennoch musste sie so schnell wie möglich verschwinden. Riefen die blöden Metallwächter erst einmal nach Verstärkung, wären sie das geringste Übel. Schließlich stattete die Kontinentalarmee sie im Gegensatz zu den Gyrokoptern eher schwach mit Munition aus.

Ihre zarten Finger umklammerten das kalte Metallgeländer, während sie in die oberen Stockwerke flüchtete.

Wenn die Gyrokopter eintrafen, würde es selbst für Tavi schwer werden, unerkannt zu entkommen. Dabei habe ich nur einem Mann helfen wollen, schoss es ihr grimmig durch den Kopf. Verdammtes Helfersyndrom!, ärgerte sie sich über sich selbst.

Der Geruch von Fäkalien drang an ihre empfindliche Nase. Angewidert zog sie sie kraus, musste aber dennoch einatmen, denn ihre Lungen hungerten nach Luft, auch wenn sie noch so ekelhaft roch.

In einem Stockwerk brannte Licht. Wie vermutet raste sie an Familien vorbei, die in diesem Haus lebten. Verschwommen nahm sie im Augenwinkel gut ein Dutzend Kinder wahr, die auf dem Fußboden der weitläufigen, halb zerstörten Etage saßen.

Sie rannte um einen Pfeiler herum, der einsam ins nächste Stockwerk ragte. Tavi fühlte geradezu die drückende Last des Gebäudes, dessen Gewicht sich nur auf wenige Säulen verteilte. Ein Erdbeben hätte wahrscheinlich ausgereicht und die Mauern zum Einsturz gebracht. Ein Stich fuhr Tavi durch das Herz. In Hamburg gab es durch die Kriege mit Amerika zu wenig Wohnraum. Die bestehenden Häuser waren unter den Einwohnern von staatlicher Seite aufgeteilt worden, waren in Staatseigentum übergegangen, dennoch kontrollierte niemand die Baufälligkeit der Häuser - ganz im Gegenteil. Weil die Saiwalo, wie sich ihre geisterhafte Regierung nannte, selbst keine Wohnräume benötigten, vernachlässigten sie diese für die Menschen schändlich. Zumindest vermutete Tavi das. Klugerweise tischten die Saiwalo den Bewohnern Lügen über den Wiederaufbau auf, sobald die Bedrohung aus Amerika besiegt wäre.

Tavi linste aus dem Fenster zu ihrer Rechten, an dem die Drohnen gerade vorbeiflogen. Die halbrunde Schweißnaht in der Mitte der Maschine wirkte wie ein selbstgefälliges Grinsen. Tavis Blick richtete sich nach unten. Sie befand sich im zweiten Stock, was nicht hoch genug für einen Kampf war. Sie musste auf das Dach, in ihr Element. Dort bestand eine Chance gegen die Maschinen. Das Holz der Stufen knirschte unter ihren Schritten, nur ganz leise, aber es ließ sie aufhorchen. Ihr Instinkt riet ihr, vorsichtig zu sein, denn falls die Treppe nachgab, würden ihr nur Augenblicke für eine Reaktion bleiben. Schweiß trat ihr auf die Stirn, als das Knacken mit jedem Schritt grausamer in ihren Ohren dröhnte.

Leicht außer Atem erreichte sie die Tür zum Dach, falls man es so nennen konnte. Tavi bemerkte eine einfach gezimmerte Treppe, die auf das Flachdach führte. Auf ihrem Rücken, in der Nähe ihrer Schulterblätter kribbelte es.

Tavi erreichte die letzte Stufe. Gierig sog sie die frische Luft in ihre Lunge. Von diesem Punkt aus überblickte sie einen Teil der Stadt. Aus den Stromfabriken stieg heller Rauch auf, vernebelte den Himmel und die untergehende Sonne. Die engmaschigen Begrenzungszäune der Bezirke ragten als einzige über die Dächer der Stadt hinaus.

Sehnsüchtig seufzte Tavi. Hamburg, der Hafen, die Pferdekutschen in den Straßen und ihre einmaligen Bauwerke â alles vernichtet oder heruntergekommen.

Tavi wandte den Kopf nach hinten. Die Drohnen waren nur wenige Meter entfernt und aus ihren Seiten fuhr ein mechanischer Arm heraus. Sie wusste nur allzu gut, was an dessen Ende saß â eine T4, eine automatische Kanone, die gebündelte Stromkugeln erzeugte und gezielt in jede Richtung schoss. Ihr Herzschlag setzte aus, als sich die Spule auf sie richtete. Einen Augenblick lang starrte sie regungslos auf das kupferne Ende, wollte mit ihrem Blick die Flugbahn der Kugeln beeinflussen. Doch ihre Erfahrung brüllte ihr etwas anderes entgegen. Das Surren, das beim Laden der Waffe ertönte, holte sie aus ihren Gedanken zurück. Mit einem Hechtsprung rettete sie sich hinter den verrosteten Unterbau eines Vogelschlags. Stromkugeln schlugen um sie herum ein, brachten die Mauern des Hauses zum Schwanken. Staub bröckelte auf sie nieder, verschleierte ihre Sicht, während sie angespannt die Schüsse zählte.

Siebzehn.

Achtzehn.

Neunzehn.

Zwanzig.

Sogar die Reserve verschossen, dachte sie mit einem Schmunzeln. Jetzt blieb nur noch ein einziger bewaffneter Gegner.

»Ergib dich«, sagte die mechanische Stimme durch den Kommunikator.

»Na klar, sobald ihr angefangen habt, uns nicht mehr zu jagen und zu töten, nur weil es euch gefällt!«, brummte sie zurück.

Wütend dachte sie an all die Vertrauten, die sie schon an die Saiwalo verloren hatte. Freunde, Familie, Geliebte. Tavi wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, um die Bilder verschwinden zu lassen. Diese Art von Erinnerungen konnte sie in diesem Moment nicht gebrauchen.

Sie lugte über den Unterbau. Sofort schoss die zweite Drohne. Tavi duckte sich wieder und verschwand zwischen den Stäben aus kaltem Metall, die sie wie ein Faraday´scher Käfig vor den Einschlägen der Stromkugeln schützten. Ein besseres Versteck vor den Drohnen konnte sie nicht finden. Egal wie oft sie auf Tavi schossen, hier war sie sicher. Doch die zweite Maschine verschoss nicht alles.

»Gut, dann nach alter Manier«, sagte sie.

Sie atmete zweimal tief durch und rollte zur Seite.

Ihre Finger pressten sich in den abgelagerten Dreck und federten ihren Körper aus der Drehung nach oben. Dank der immensen Kraft ihrer Arme schleuderte sie sich beinahe einen Meter nach oben. Die leergeschossene Drohne schwebte in der Luft und drehte sich unkontrolliert, als ob sie fliehen wollte. Doch Tavis Finger schlossen sich um das grobschlächtige Metall des Außenrings. Der darauffolgende Elektrostoß kam nicht unerwartet, dennoch verzog sie das Gesicht bei dem feinen Schmerz, der sie für den Bruchteil eines Wimpernschlags lähmte. Hitze brannte sich durch ihre Haut, versengte ihre Hand.

Zusammen mit der Drohne krachte sie auf das Dach. Es gelang ihr in letzter Sekunde, die Maschine so zu drehen, dass diese mit der schlecht verarbeiteten Schweißnaht auf der Seite aufschlug. Dutzende Einzelteile sprangen ihr entgegen, als die Drohne mit einem...
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