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Die Gezeiten von Cramond

tolino mediaerschienen am01.07.2023
Drei Generationen von Frauen, jede mit ihren Geheimnissen, doch mit einer gemeinsamen Leidenschaft: Teekannen. Bei der alleinerziehenden Alice geht gerade alles schief. Ihr Job als Teekannenkeramikerin wird ins Ausland verlagert, während ihre rebellische Tochter Cathy mitten in der Pubertät steckt und immer fordernder nach ihrem Vater fragt - eine Person, über die Alice niemals spricht. Da kommt Tante Trudys Hilferuf aus dem schottischen Cramond gerade recht. Dort angekommen findet Alice ihre geliebte Gezeiteninsel und Strände wieder - und Trudys schlechtlaufendes Geschäft 'Lady Teapot'. Als auch noch Alices erste Liebe Gabriel vor der Tür steht scheint das Chaos perfekt. Wird es Alice gelingen sich erfolgreich gegen die Gezeiten ihres Lebens zu behaupten?

Esther Destratis' Wurzeln reichen weit. Ihr Pass ist italienisch, geboren und aufgewachsen ist sie in Lörrach, dem lebhaften Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Schon als Kind schrieb Esther gerne Geschichten. Die Ideen für Esthers Bücher kommen meistens während des Reisens und in ganz unverhofften Momenten. Esther lebt mit ihrem Mann, einer kleinen Tochter, zwei Katzen und einer Schildkröte in Bremgarten (AG), in der Nähe von Zürich.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,99

Produkt

KlappentextDrei Generationen von Frauen, jede mit ihren Geheimnissen, doch mit einer gemeinsamen Leidenschaft: Teekannen. Bei der alleinerziehenden Alice geht gerade alles schief. Ihr Job als Teekannenkeramikerin wird ins Ausland verlagert, während ihre rebellische Tochter Cathy mitten in der Pubertät steckt und immer fordernder nach ihrem Vater fragt - eine Person, über die Alice niemals spricht. Da kommt Tante Trudys Hilferuf aus dem schottischen Cramond gerade recht. Dort angekommen findet Alice ihre geliebte Gezeiteninsel und Strände wieder - und Trudys schlechtlaufendes Geschäft 'Lady Teapot'. Als auch noch Alices erste Liebe Gabriel vor der Tür steht scheint das Chaos perfekt. Wird es Alice gelingen sich erfolgreich gegen die Gezeiten ihres Lebens zu behaupten?

Esther Destratis' Wurzeln reichen weit. Ihr Pass ist italienisch, geboren und aufgewachsen ist sie in Lörrach, dem lebhaften Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Schon als Kind schrieb Esther gerne Geschichten. Die Ideen für Esthers Bücher kommen meistens während des Reisens und in ganz unverhofften Momenten. Esther lebt mit ihrem Mann, einer kleinen Tochter, zwei Katzen und einer Schildkröte in Bremgarten (AG), in der Nähe von Zürich.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757954918
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Seiten316 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1368
Artikel-Nr.12315834
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe






Prolog








Alice

Cramond

Sommer 1993



»Tante Trudy?«, hallte Alices Stimme durch den Raum. Sie schaute auf ihre Fingerkuppen. Die Haut war noch nicht schrumpelig, also durfte sie sicherlich noch eine Weile in der Badewanne bleiben und vom Fenster aus die Boote beobachten, die den Fluss Almond entlang Richtung Firth of Forth hinunterschipperten und den Menschen zuschauen, die am Kai entlang spazierten, spielten oder mit ihren Hunden Gassi gingen. Die hölzernen Dielenböden des Cottage knarzten unter Tante Trudys Füßen, die vermutlich in ihren dunkelgrün-karierten Pantoffeln steckten. Sachte klopfte sie an der Tür, bevor sie sie öffnete.

»Hast du mich gerufen, mein Schatz?«, fragte sie, »soll ich dir dabei helfen, aus der Wanne zu steigen? Sehen deine Finger bereits wie Rosinen aus?«

Wie zum Gegenbeweis streckte ihr Alice ihre Hände entgegen: »Nein, ich möchte gerne noch ein bisschen bleiben, das Wasser ist einfach herrlich! Ich habe mich gefragt, ob ich noch etwas mehr Badeschaum haben darf? Er ist leider schon zerfallen.«

Tante Trudy lächelte: »Natürlich darfst du das, meine kleine Meerjungfrau!«

Sie öffnete das Schränkchen unterhalb des Waschbeckens, holte die dunkelblaue Flasche Badezusatz mit dem goldenen Deckel hervor und schraubte ihn auf.

»Auch für mich kann es niemals genug Schaum geben!«

Alice ließ einen kräftigen Strahl warmes Wasser in die Wanne einlaufen, während Tante Trudy mehrere Kappen mit der bläulich-schimmernden Flüssigseife füllte und dazugab. Im Nu reichte der Schaum über den Badewannenrand hinaus, kitzelte an Alices Haut und knisterte so wundervoll. Der Duft nach exotischen Gewürzen schien in jede Ecke des kleinen Badezimmers zu dringen und sich mit dem Dampf zu vermengen. So musste sich Kleopatra gefühlt haben, wenn sie in Eselsmilch badete!

Alice lachte vergnügt und tauchte ab. Es gibt wirklich nichts Besseres, als die Sommer bei Tante Trudy zu verbringen!, dachte sie und freute sich, dass die Schulferien gerade erst begonnen hatten. Manchester mit seinen wolkenverhangenen und verregneten Tagen war so weit weg. Genauso wie ihre Eltern, die den Sommer auf Kuba verbringen würden, um für ihren neuesten Reiseführer zu recherchieren. Aber was war schon die Karibik gegen Cramond, Alices liebsten Ort auf der ganzen Welt?

Sie tauchte wieder auf.

»Wenn wir schon dabei sind, kann ich dir die Haare kämmen. Sie sind ja so lang geworden! Was sagst du dazu?«, fragte Tante Trudy, griff nach einem Kamm mit breiten Zinken und setzte sich auf den Badewannenrand.

»Oh, ja, das wäre toll!«, freute sich Alice, »darf ich dir später beim Töpfern von neuen Teekannen helfen? Das macht immer großen Spaß!«

»Heute ist Sonntag, es wird nicht gearbeitet«, erklärte Tante Trudy und fuhr vorsichtig durch Alices weizenblondes Haar, »aber wenn du möchtest, kannst du morgen wieder ins Lady Teapot mitkommen und mir ein wenig zur Hand gehen. Ich erwarte eine neue Lieferung Tee, die in die Regale geräumt werden muss. Und die Teekannen in der Auslage müssten mal wieder abgestaubt werden.«

»Ja, natürlich möchte ich das!«

»Das ist meine Nichte Alice. Immer nett, immer hilfsbereit. Und mit fast zehn Jahren beinahe schon eine kleine Lady ...«

»Wie lange dauert es denn noch, bis ich endlich groß bin?«, fragte Alice und sah an ihrem Körper hinunter. Die Brust flach wie eine Flunder. Die Beine staksig. Wie Froschschenkel pflegte Dad zu sagen. Alice versteckte ihre knubbeligen Knie unter dem Schaum. »Ich möchte auch roten Lippenstift tragen, so wie du. Und Schuhe mit hohen Absätzen. Und Büstenhalter. Und ...«

»Glaube mir«, unterbrach sie Tante Trudy freundlich, aber bestimmt und löste einen hartnäckigen Knoten aus Alices Haar, »das wird noch früh genug kommen. Für alles gibt es die richtige Zeit. Genieße deine Kindheit, deine Jugend, so lange du sie hast. Ehe du dich versiehst, wirst du erwachsen sein und dich den Herausforderungen der Großen stellen müssen. Dann wirst du dich nach Momenten wie diesem hier zurücksehnen.«

Alice betrachtete ungläubig das Gesicht ihrer Tante. Sie trug ihre ein wenig zu groß geratene, graue Hornbrille, ihre braunen Haare waren modisch hochtoupiert. Alice fand sie wunderschön. Sie konnte gar nicht begreifen, weshalb Trudy keine eigene Familie hatte.

»Ehrlich?«

»Ja, ehrlich«, antwortete Tante Trudy, griff sanft nach Alices Hand und betrachtete sie: »Jetzt ist es aber wirklich Zeit, aus der Wanne zu steigen, meine Hübsche. Trockne dich gut ab, zieh dich an und komm dann bitte ins Wohnzimmer. Es gibt Zitronentee und Scones. Schon bald setzt die Ebbe ein, dann können wir zur Cramond Island spazieren. Ich stelle schon einmal den Wasserkocher an.«

Als Alice wieder alleine war, zog sie der Wanne mit etwas Wehmut den Stöpsel und beobachtete, wie das Wasser gurgelnd und strudelnd den Abfluss hinunterlief.

Wenn doch nur die Jahre bis zum Erwachsensein genauso schnell verrinnen könnten, dachte sie, während sie in ihr Sommerkleid schlüpfte, noch über zehn Jahre bis ich zwanzig bin, die Zeit wird niemals vorbeigehen!

Mit einem Handtuch wischte sie die Feuchtigkeit vom beschlagenen Spiegel und öffnete die rechte Schublade, wo Tante Trudy ihre Kosmetik verwahrte.

Sie suchte sich einen besonders knalligen Lippenstift aus und schminkte sich damit die Lippen. Dann stopfte sie sich den Ausschnitt mit etwas Toilettenpapier aus.

»Es ist zwecklos«, seufzte sie leise, »das macht mich noch lange nicht zur Frau.«

»Alice, wo bleibst du?«, rief ihre Tante.

»Ich komme!«, antwortete sie und beeilte sich, ihr kleines Experiment wieder rückgängig zu machen.

Kaum hatte sie die Badezimmertür geöffnet, lud sie der Duft von frischen Leckereien und der Klang klassischer Musik ins Wohnzimmer ein.

Alice erkannte Trois Gymnopédies von Erik Satie. Ihre Tante liebte dieses Stück.

Tante Trudy hatte ihr schönstes Teeservice aufgetischt, das mit den handbemalten Rosen. Die hausgemachte Himbeermarmelade, die sahnige Clotted Cream und das Gebäck ließen Alices Magen laut knurren und ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen. Baden machte sie immer so hungrig! Alice bewunderte gerade das Dekor ihrer Tasse, das eine sich öffnende Knospe darstellte, als sich ihre Tante dazugesellte.

»Den Zitronentee müssen wir noch kurz ziehen lassen, dann können wir ihn trinken. Aber nicht zu lange, sonst wird er bitter«, sagte sie und stellte die bauchige Kanne mit dem eleganten Henkel und der geschwungenen Tülle auf der Mitte des Tisches ab.

»Irgendwann möchte ich so wie du sein«, sagte Alice aus einem inneren Impuls heraus, »ich will alles über Tee und Teekannen wissen. Ich möchte eines Tages auch so einen schönen Laden wie das Lady Teapot haben.«

Tante Trudys Augen wurden glänzend. Verstohlen tupfte sie sich eine Träne von den Augen und lächelte Alice glücklich an.

»Dann sei fleißig, lerne alles, was es zu lernen gibt und eines Tages, wenn ich alt und grau bin ... Dann wird alles, was ich heute habe, dir gehören. Das Cottage, der Garten, die Werkstatt und das Lady Teapot.«

Alice stand auf und umschlang ihre Tante mit inniger Liebe: »Aber ich möchte nicht, dass du gebrechlich wirst. Das würde bedeuten, dass du irgendwann stirbst! Das will ich nicht!«

Allein der Gedanke daran, dass Tante Trudy oder ihre Eltern eines Tages nicht mehr da sein würden, raubte Alice beinahe den Verstand.

Trudy drückte sie an sich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

»Das ist nun einmal der Lauf der Dinge, meine Liebe, du kannst dir nicht wünschen, erwachsen zu werden und gleichzeitig wollen, dass die Zeit für die Menschen um dich herum anhält. Das ist unabänderlich, genauso wie das Meer dem Rhythmus der Gezeiten unterworfen ist. Das Leben wird allerhand Überraschungen für dich bereithalten. Manchmal wirst du problemlos auf dem von der Ebbe freigelegten Meeresboden gehen und dabei vielleicht sogar die schönsten Muscheln einsammeln können. Doch manchmal wird die Flut über dich hereinbrechen, und wenn du es zulässt, wenn du nicht kämpfst, dann wirst du in den tosenden Wellen untergehen und vom Wasser verschluckt werden.«

Alice sah in die dunkelbraunen Augen ihrer Tante, unfähig etwas darauf zu entgegnen.

Tante Trudy schmiegte ihre Hand an Alices Wange.

»Hab keine Angst, Liebes, solange deine Eltern und ich hier sind, werden wir niemals zulassen, dass dich jemand oder etwas überrumpelt. Doch es wird der Tag kommen, an dem du ganz alleine durch die Gewässer des Lebens wirst schwimmen und vielleicht sogar für jemand anderen wirst sorgen müssen. Verstehst du das?«

»Ja, das verstehe ich«, hauchte Alice beeindruckt. Tante Trudy ist ja so weise!

»Du bist ein kluges Mädchen. Sei unbesorgt, bis dahin warten noch unendlich viele Sommertage, Spaziergänge auf Cramond Island und Tea Times auf uns. Nimm bitte wieder Platz, sonst werden die Scones noch kalt und warm sind sie doch am besten!«

Alice tat wie geheißen und beobachtete, wie Tante...


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