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Durchs irre Germanistan

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Europa Verlagerschienen am30.08.20235. Auflage
War Deutschland nicht eben noch das beliebteste Land der Welt, beneideter Exportweltmeister und begehrter Investitionsstandort mit einer funktionierenden Verwaltung und bestens ausgebildeten Fachkräften? Der Dreiklang aus Demokratie, Marktwirtschaft und Arbeitsdisziplin hat 'Made in Germany' zum Weltkulturerbe gemacht. Trotz aller Krisen galten die 16 Merkel-Jahre als goldene Epoche von Wachstum und pragmatischer Staatsführung, doch zwei Jahre später zeigt sich das wahre Erbe der Ex-Kanzlerin: verteidigungsunfähige Bundeswehr, verfehlte Energiepolitik, Stagnation bei Integration, Digitalisierung, Bildung oder Wohnungsbau. Im Land fehlt es buchstäblich an allem, besonders die tragende Mitte der Gesellschaft ist betroffen. Die Autoren resümieren mit viel Humor und Liebe zum Detail, was in diesem merkwürdigen Land vorgeht und viele ratlos oder wütend zurücklässt: einen größenwahnsinnigen Moralismus, realitätsferne Illusionen, Angst vor der Freiheit, dazu eine Vollkasko-Mentalität und eine Wohlstandsverwahrlosung mit einer kräftigen Portion Geschichtsvergessenheit, die sich als 'Lehre aus der Geschichte' tarnt.

Henryk M. Broder, Jahrgang 1946, geboren in Katowice/Polen, machte Abitur und Führerschein in Köln. Anschließend war er Autor für verschiedene Zeitungen (u. a Frankfurter Rundschau, taz und Zeit), Zeitschriften und Magazine (u. a. Konkret, Pardon, Wiener). 15 Jahre schrieb er vor allem Kolumnen für den Spiegel und den Tagesspiegel, seit 2011 ist er für Die Welt, Welt am Sonntag und Welt Online tätig. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter die Bestseller Hurra, wir kapitulieren! (2006), Die letzten Tag Europas - Wie wir eine gute Idee versenken (2013) und Das ist ja irre! Mein deutsches Tagebuch. (2015). Henryk M. Broder ist Mitbegründer und Autor des Autorenblogs 'Die Achse des Guten' und lebt in Berlin-Charlottenburg. Reinhard Mohr, Jahrgang 1955, studierte Soziologie mit Diplom-Abschluss an der Johann-Wolfgang- Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Von 1979 bis 1982 war er dort AStA-Vorsitzender, später Redakteur der Sponti-Zeitschrift Pflasterstrand. Er arbeitete u. a. für die taz und die FAZ, war von 1996 bis 2004 Redakteur des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, dann Autor des Stern. Daneben schrieb er Kabaretttexte für Michael Quast und Matthias Beltz sowie mehrere Bücher, darunter Zaungäste (1992), Das Deutschlandgefühl (2005), Meide Deinen Nächsten (2010) und Bin ich jetzt reaktionär? Bekenntnisse eines Altlinken (2013). Im Europaverlag erschien 2021 Deutschland zwischen Größenwahn und Selbstverleugnung. Reinhard Mohr lebt in Berlin Prenzlauer Berg und schreibt als freier Journalist vor allem für Welt am Sonntag und NZZ.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR15,99

Produkt

KlappentextWar Deutschland nicht eben noch das beliebteste Land der Welt, beneideter Exportweltmeister und begehrter Investitionsstandort mit einer funktionierenden Verwaltung und bestens ausgebildeten Fachkräften? Der Dreiklang aus Demokratie, Marktwirtschaft und Arbeitsdisziplin hat 'Made in Germany' zum Weltkulturerbe gemacht. Trotz aller Krisen galten die 16 Merkel-Jahre als goldene Epoche von Wachstum und pragmatischer Staatsführung, doch zwei Jahre später zeigt sich das wahre Erbe der Ex-Kanzlerin: verteidigungsunfähige Bundeswehr, verfehlte Energiepolitik, Stagnation bei Integration, Digitalisierung, Bildung oder Wohnungsbau. Im Land fehlt es buchstäblich an allem, besonders die tragende Mitte der Gesellschaft ist betroffen. Die Autoren resümieren mit viel Humor und Liebe zum Detail, was in diesem merkwürdigen Land vorgeht und viele ratlos oder wütend zurücklässt: einen größenwahnsinnigen Moralismus, realitätsferne Illusionen, Angst vor der Freiheit, dazu eine Vollkasko-Mentalität und eine Wohlstandsverwahrlosung mit einer kräftigen Portion Geschichtsvergessenheit, die sich als 'Lehre aus der Geschichte' tarnt.

Henryk M. Broder, Jahrgang 1946, geboren in Katowice/Polen, machte Abitur und Führerschein in Köln. Anschließend war er Autor für verschiedene Zeitungen (u. a Frankfurter Rundschau, taz und Zeit), Zeitschriften und Magazine (u. a. Konkret, Pardon, Wiener). 15 Jahre schrieb er vor allem Kolumnen für den Spiegel und den Tagesspiegel, seit 2011 ist er für Die Welt, Welt am Sonntag und Welt Online tätig. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter die Bestseller Hurra, wir kapitulieren! (2006), Die letzten Tag Europas - Wie wir eine gute Idee versenken (2013) und Das ist ja irre! Mein deutsches Tagebuch. (2015). Henryk M. Broder ist Mitbegründer und Autor des Autorenblogs 'Die Achse des Guten' und lebt in Berlin-Charlottenburg. Reinhard Mohr, Jahrgang 1955, studierte Soziologie mit Diplom-Abschluss an der Johann-Wolfgang- Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Von 1979 bis 1982 war er dort AStA-Vorsitzender, später Redakteur der Sponti-Zeitschrift Pflasterstrand. Er arbeitete u. a. für die taz und die FAZ, war von 1996 bis 2004 Redakteur des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, dann Autor des Stern. Daneben schrieb er Kabaretttexte für Michael Quast und Matthias Beltz sowie mehrere Bücher, darunter Zaungäste (1992), Das Deutschlandgefühl (2005), Meide Deinen Nächsten (2010) und Bin ich jetzt reaktionär? Bekenntnisse eines Altlinken (2013). Im Europaverlag erschien 2021 Deutschland zwischen Größenwahn und Selbstverleugnung. Reinhard Mohr lebt in Berlin Prenzlauer Berg und schreibt als freier Journalist vor allem für Welt am Sonntag und NZZ.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783958905948
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum30.08.2023
Auflage5. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2966 Kbytes
Artikel-Nr.12321935
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


KAPITEL 2
Moralismus als neue
Gratis-Tugend -
die gute Absicht zählt

Der Aktivismus - ein neues Berufsbild

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen Zeit und Muße haben, sich nicht nur Tag für Tag fachgerecht zu empören, sondern auch noch Schilder, Plakate und Transparente, ja ganze Protestinstallationen zu basteln, um damit vors Kanzleramt, zum Lützi, in den Hambi und den Danni zu ziehen, zur Weltklimakonferenz nach Sharm-el-Sheik oder ins Lausitzer Kohlerevier. Abends sitzen sie dann in den Talkshows - als Betroffene, Klimaexperten, Mitarbeiter von Thinktanks oder Vertreter von NGOs, jenen Nichtregierungsorganisationen, die zugleich Teil der Regierung sind: als Berater, Lobbyisten und Influencer. Sie werden als Fachleute interviewt, publizieren Studien, die in den Medien wie unabhängige wissenschaftliche Forschungsergebnisse behandelt werden, und kommentieren die Weltlage fast wie Peter Scholl-Latour, wenn er über Schiiten, Aleviten und Sunniten dozierte. Sie sind überall, nennen sich »Aktivisten« und heißen Luisa, Carla oder Sina. Die Älteren haben Doktortitel und schreiben Bestseller über den Weltuntergang. Oder sie entscheiden sich wie Maja Göpel, die Inge Meysel der deutschen »Nachhaltigkeitswissenschaften«, für glaubensstarke Rettungsbreviere mit Titeln wie Wir können auch anders. Wer heute kein Aktivist ist, dem ist nicht zu helfen, denn der Aktivist verbindet souverän Mission mit Passion, Untergangsangst mit besten Aufstiegschancen.

Trotz aller Bemühungen sind sie jedoch keine Aufrührer, Staatsfeinde und Revolutionäre, gar »langhaarige Affen«, die man nach »drüben« schicken sollte, in die »Ostzone« wie 1968, als es noch keine Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes gab. So konnten sich Medien und Öffentlichkeit auch ohne Twitter und Facebook nach Herzenslust austoben gegen die sogenannten »Studenten«, jenes »kommunistische Pack«, das zu »vergasen« - populärer Originalton dieser Zeit - man leider zu Führers Zeiten vergessen hatte. Rudi Dutschke, der berühmteste Student, überlebte schwer verletzt ein Pistolenattentat, an dessen Folgen er elf Jahre später starb.

Da ist der Aktivist von heute deutlich besser dran. Führende Kräfte in Staat und Gesellschaft überbieten sich geradezu darin, ihre Sympathie und Bewunderung für die jungen Menschen zu bekunden, die sich um die Zukunft sorgen. Ein Hauch von Ablasshandel weht durchs Land: Die tun wenigstens was. Selbstverständlich teilt man die großen Ziele der Aktivisten und finanziert viele Tausend NGOs regierungsamtlich mit dreistelligen Millionenbeträgen aus dem Bundeshaushalt - Natur- und Umweltschutzverbände, Kämpfer für Nachhaltigkeit, Flüchtlinge und gesunde Ernährung, gegen rechts, Rassismus, Diskriminierung, Transphobie und Queerfeindlichkeit.

Eigentlich will der Aktivist keinen Streit, aber er kann nicht anders. Das macht ihm keine gute Laune - und das sieht man ihm an. Ihr auch. Hedonismus, Humor und die Fähigkeit zu Ironie sind stark unterrepräsentiert. Dafür ist die Lage viel zu ernst. Zu diskutieren gibt es auch nicht viel. »Die Wissenschaft« sagt, was zu tun ist. Da gibt es keine Zweifel. Skepsis, die Grundtugend der europäischen Aufklärung, stammt von alten, dazu noch toten weißen Männern wie Descartes und Voltaire, Kant und Schopenhauer, Börne und Heine. Das führt also nur in die Irre.

So ist der Weg der Aktivisten in wichtige Staatsämter vorgezeichnet. Exemplarisch dafür der einstige Aktivist und Mitbegründer von Attac Deutschland, Sven Giegold, ein grüner Hardliner, Typ Apparatschik, der über seine langjährige Mitgliedschaft im Europaparlament nun als Staatssekretär in Robert Habecks Wirtschaftsministerium angekommen ist, die »Graichen-Affäre« durch konsequentes Schweigen schadlos überstanden hat und jetzt erst recht den Deutschen windkraft- und wärmepumpenmäßig ordentlich einheizt. Wer da nicht pariert, kriegt es mit Aktivisten zu tun. So schließt sich der Kreis, nachhaltigkeitsmäßig.

Dass der Einbau einer Wärmepumpe samt der Verlegung einer Erdwärmesonde, neuer Heizungsrohre und Kabel in der grünen Bundesparteizentrale, einem Altbau, fast vier Jahre gedauert und fünf Millionen Euro verschlungen hat, zeigt nur die Entschlossenheit, den eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen, koste es, was es wolle.
Der Fluch der blauen Kaffeetasse

Das Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg ist ein äußerst unwirtlicher Ort mit einer sozialdemokratisch inspirierten Beton-Brachialästhetik aus den Siebzigerjahren, die Don Alphonso auf dem Hintergrund seiner bayerisch-italienischen Schönheitsvorstellungen umstandslos als Großstadtslum bezeichnen würde. Die Berliner allerdings nennen den Platz liebevoll Kotti, denn Kiez ist Kiez, und zu Hause ist es doch am schönsten. Dass der Kotti auch offiziell ein »Kriminalitätsschwerpunkt« ist, weshalb man dort nach langem Hin und Her für 3,24 Millionen Euro eine hochmoderne Polizeiwache installiert hat, gehört zur lokalen Folklore ebenso wie die Proteste bei der Eröffnung. Etablierte Drogendealer in dritter Generation, autonome Alt-Revolutionäre und Antifa-Aktivisten fühlen sich in ihrem angestammten Habitat von der Anwesenheit der Ordnungskräfte belästigt, und selbst der Bericht der rbb-Abendschau vermittelte den Eindruck, dass die wahre Kriminalitätsgefahr von der Polizei ausgeht und nicht von den »Anwohnenden«, die nur ungestört ihren Geschäften nachgehen wollen.

Und tatsächlich, die Kritiker können sich bestätigt fühlen durch ein Ereignis, das als Kaffeetassen-Gate in die jüngere Geschichte Kreuzbergs eingehen wird. Es sind zwar nur drei Polizisten, die gleichzeitig Wache schieben, aber selbst die brauchen manchmal eine Kaffeepause. Zwar liegt Ercan Yasaroglus »Café Kotti« direkt nebenan, aber am Ende geht doch nichts über deutschen Filterkaffee auf der Warmhalteplatte. Alsbald stellte man fest, dass es keine Tassen gab. Die waren im 3,24-Millionen-Etat nicht vorgesehen. gesehen. Hier nun half die Gewerkschaft der Polizei aus und lieferte Tassen mit dem GdP-Wappen frei Haus. Rechts und links davon verlief eine feine blaue Linie. Eigentlich ganz hübsch.

Nun aber erhob sich Protest in den Social Media, denn die dünne blaue Linie gilt in den USA, wo sie »thin blue line« heißt, als »umstritten«, was heute schon einem Schuldspruch gleichkommt. Sie soll ein Zeichen für die Verteidigung der Sicherheitsinteressen der Bürger sein, also für »Law and Order«, Gesetz und Ordnung - reaktionäres Zeug also. Aber schlimmer noch: Die Thin blue line tauchte auf Fahnen der Kapitol-Stürmer vom 6. Januar 2021 auf. Das war´s dann.

Umgehend schaltete sich die Polizeiführung ein. Nach einer »entsprechenden Sensibilisierung seitens der Leitung der Direktion 5 (City)« habe man die Kaffeetassen »durch ein Mitglied der GdP vorsorglich aus der Nebenwache entfernen« lassen. Eine Polizeisprecherin ergänzte: »Die Thin blue line löst in Bevölkerungsgruppen bedrohliche Gefühle aus, auch die Zuschreibung von rassistischen und extremistischen Haltungen.«

Damit war das Schicksal der faschistoiden Kaffeetasse besiegelt, sie wurde durch ein gelbes Modell ersetzt. Und wieder einmal zeigt sich, dass man im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland im Zweifel bis zum letzten Teeservice gehen muss. Wir haben die Lektion aus der Geschichte gelernt: Wehret den Anfängen!
Frau Käßmann hat zu allem eine Meinung

Es gibt eine Frage, die ich mir jeden Tag aufs Neue stelle: Wenn es in diesem Land an Facharbeitern mangelt, die Wärmepumpen einbauen, kaputte Toiletten reparieren und Klimaanlagen installieren könnten, wo kommen dann die vielen Experten her, die sich zu der russischen »Spezialoperation« äußern - wie sie sich angebahnt hat, warum Putin am 24. Februar 2022 den Marschbefehl gab, weshalb EU und NATO eine Mitverantwortung für das Geschehen tragen und vor allem: wie der Konflikt gelöst oder wenigstens »eingedämmt« werden könnte - indem keine Waffen an die Ukraine geliefert werden, weil sie den Krieg verlängern. Das ist etwa so logisch und hilfreich, als würde man einer Frau, die gerade vergewaltigt wird, raten, sich nicht zu wehren, um die Angelegenheit nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Auf Russland und die Ukraine bezogen, sagen die Experten, beide Seiten müssten zu Kompromissen bereit sein: Russland, indem es sich auf die Grenzen von vor dem 24.2.2022 zurückzieht, die Ukraine, indem sie auf einen Beitritt zur EU und zur NATO verzichtet, sich für »neutral« erklärt und keine »Reparationen« von Russland fordert,...
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Henryk M. Broder, Jahrgang 1946, geboren in Katowice/Polen, machte Abitur und Führerschein in Köln. Anschließend war er Autor für verschiedene Zeitungen (u. a Frankfurter Rundschau, taz und Zeit), Zeitschriften und Magazine (u. a. Konkret, Pardon, Wiener). 15 Jahre schrieb er vor allem Kolumnen für den Spiegel und den Tagesspiegel, seit 2011 ist er für Die Welt, Welt am Sonntag und Welt Online tätig. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter die Bestseller Hurra, wir kapitulieren! (2006), Die letzten Tag Europas ¿ Wie wir eine gute Idee versenken (2013) und Das ist ja irre! Mein deutsches Tagebuch. (2015). Henryk M. Broder ist Mitbegründer und Autor des Autorenblogs ¿Die Achse des Guten¿ und lebt in Berlin-Charlottenburg.

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