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Franz Marc. In fünf Jahren zur Unsterblichkeit

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
200 Seiten
Deutsch
Südverlagerschienen am02.08.20231. Auflage
- Ikone der Moderne: der auf tragische Weise früh aus dem Leben gerissene Ausnahmekünstler Franz Marc, der mit Kandinsky zusammen als 'Blauer Reiter' unsterblich wurde. - Spannende Einblicke in die deutsche Kunst- und Literaturszene des Expressionismus am Vorabend des Ersten Weltkrieges. - Sorgfältig recherchiert und lebendig erzählt, mit hintergrundreichem Anhang. Neujahrsmorgen 1910: Franz Marc zerstört ein Gemälde, an dem er monatelang gearbeitet hat, das seinem kritischen Blick aber nicht standhält. Wie sehr er darum ringt, das Pferd nicht bloß abzubilden, sondern über eine neuartige Farbgebung die Welt gleichsam aus den Augen des Tieres zu zeigen! Doch Marcs Kunst ist dem Publikum unverständlich, sein unverwechselbarer Stil zu modern. Kaum einer versteht, dass es dem begnadeten Maler darum geht, hinter die Fassade zu schauen, um dort das Wahrhaftige zu erblicken. So sind die erhofften Erfolge bislang ausgeblieben, es steht nicht gut um Marc. Da lernt er August Macke kennen und über ihn einen zahlungskräftigen Mäzen. Zudem findet Marc Anschluss an den Künstlerkreis um Wassily Kandinsky. Mit dem Russen begründet er den 'Blauen Reiter', mit dem die beiden die Kunst erneuern. Ein wichtiger Weggefährte Marcs wird Paul Klee, eine besondere Verbindung entsteht mit der Dichterin Else Lasker-Schüler. In der freien Landschaft Oberbayerns findet der naturverbundene Marc seine bevorzugten Sujets. Immer häufiger sind seine blauen Pferde, roten Rehe und gelben Kühe in namhaften Ausstellungen zu sehen. Ein Lebenstraum erfüllt sich gar, als der Maler und seine Frau Maria eine Villa südlich von München erstehen. Doch ihr Glück währt nicht lange: Im August 1914 wird Marc zum Kriegsdienst eingezogen ...

Reinhard Lindenhahn, Jg. 1952, Studium in Tübingen. 38 Jahre Tätigkeit im gymnasialen Schuldienst, langjährige Ausbildung von Lehrkräften im Fach Deutsch, mehrjähriger Lehrauftrag für Didaktik und Methodik im Fach Deutsch an der Universität Konstanz. Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

Klappentext- Ikone der Moderne: der auf tragische Weise früh aus dem Leben gerissene Ausnahmekünstler Franz Marc, der mit Kandinsky zusammen als 'Blauer Reiter' unsterblich wurde. - Spannende Einblicke in die deutsche Kunst- und Literaturszene des Expressionismus am Vorabend des Ersten Weltkrieges. - Sorgfältig recherchiert und lebendig erzählt, mit hintergrundreichem Anhang. Neujahrsmorgen 1910: Franz Marc zerstört ein Gemälde, an dem er monatelang gearbeitet hat, das seinem kritischen Blick aber nicht standhält. Wie sehr er darum ringt, das Pferd nicht bloß abzubilden, sondern über eine neuartige Farbgebung die Welt gleichsam aus den Augen des Tieres zu zeigen! Doch Marcs Kunst ist dem Publikum unverständlich, sein unverwechselbarer Stil zu modern. Kaum einer versteht, dass es dem begnadeten Maler darum geht, hinter die Fassade zu schauen, um dort das Wahrhaftige zu erblicken. So sind die erhofften Erfolge bislang ausgeblieben, es steht nicht gut um Marc. Da lernt er August Macke kennen und über ihn einen zahlungskräftigen Mäzen. Zudem findet Marc Anschluss an den Künstlerkreis um Wassily Kandinsky. Mit dem Russen begründet er den 'Blauen Reiter', mit dem die beiden die Kunst erneuern. Ein wichtiger Weggefährte Marcs wird Paul Klee, eine besondere Verbindung entsteht mit der Dichterin Else Lasker-Schüler. In der freien Landschaft Oberbayerns findet der naturverbundene Marc seine bevorzugten Sujets. Immer häufiger sind seine blauen Pferde, roten Rehe und gelben Kühe in namhaften Ausstellungen zu sehen. Ein Lebenstraum erfüllt sich gar, als der Maler und seine Frau Maria eine Villa südlich von München erstehen. Doch ihr Glück währt nicht lange: Im August 1914 wird Marc zum Kriegsdienst eingezogen ...

Reinhard Lindenhahn, Jg. 1952, Studium in Tübingen. 38 Jahre Tätigkeit im gymnasialen Schuldienst, langjährige Ausbildung von Lehrkräften im Fach Deutsch, mehrjähriger Lehrauftrag für Didaktik und Methodik im Fach Deutsch an der Universität Konstanz. Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783878009900
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum02.08.2023
Auflage1. Auflage
Seiten200 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3804 Kbytes
Artikel-Nr.12360381
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



I.

Kunst, Natur und die Neue Künstlervereinigung München

München und Murnau, Januar bis Ende 1909

»Stelle dir vor, Gabriele, man bietet mir an, den Vorsitz der Neuen Künstlervereinigung München zu übernehmen!«

Wassily Kandinsky warf entrüstet einen Brief zu Boden, den er gerade mit wachsender Verstimmung gelesen hatte. Seine Lebensgefährtin, die Malerin Gabriele Münter, hielt überrascht in ihren Bemühungen inne, Kandinskys Wohnung in München wohnlicher zu gestalten, weil sie im Lauf des Jahres bei ihm einziehen wollte.

»Wie bitte? Sag das noch einmal!«, Gabriele Münter setzte das Bild ab, das sie gerade hatte aufhängen wollen, und wandte sich konsterniert Kandinsky zu. »Das kann doch wohl nur ein Scherz sein, nachdem Marianne und Alexej uns nicht einmal davon in Kenntnis gesetzt haben, dass sie planen, eine solche Vereinigung zu gründen. Außerdem ist diese Neue Künstlervereinigung, N.K.V.M., wie sie sie nennen, doch von Anfang an zum Scheitern verurteilt.«

»Eben darum«, mutmaßte Kandinsky, »eben darum brauchen sie ein Zugpferd. Marianne von Werefkin hat seit Jahren kaum mehr etwas gemalt, weil sie Alexej hörig ist - trotz allem, was er ihr angetan hat. Das muss man sich erst einmal vorstellen! ­Jawlensky kommt als mittelloser Offizier zu ihr, sie gibt ihm ­Malunterricht, verliebt sich in ihn, hält ihn aus; er aber lebt auf Kosten ihres Wohlstands, missbraucht ihre minderjährige Zofe, hat dann mit dieser ein Verhältnis, und mit sechzehn Jahren bekommt das Mädchen ein Kind von ihm. Und trotzdem geht die Beziehung als ménage à trois weiter.«

»Vielleicht hätte ich nichts dagegen sagen sollen, schließlich waren wir mit den beiden befreundet«, wandte Gabriele Münter ein.

»Eine echte Freundschaft muss so etwas aushalten können. Du hast dieses Verhältnis zu Recht kritisiert. Und von einem bekannten Maler wie Alexej Jawlensky kann man erwarten, dass seine Lebensführung nicht die ganze Kunstszene in Misskredit bringt.« Kandinsky stockte plötzlich und überlegte. »Möglicherweise ist
es aber auch ein wenig anders: Wir wissen ja beide, dass Adolf Erbslöh und Oscar Wittenstein einen völlig anderen Stil verfolgen als wir vier. Möglicherweise haben auch diese beiden die Gründung der Neuen Künstlervereinigung München angestoßen und ­Marianne und Alexej überredet mitzumachen - weil Marianne sehr wohlhabend und Alexej berühmt ist«, schloss Kandinsky, der sich wieder etwas beruhigt hatte.

Er nahm den Brief vom Boden auf und las ihn ein zweites Mal, als wollte er zwischen den Zeilen etwas Verbindliches entdecken.

Gabriele Münter stellte eine wertvolle Vase mal hierhin, mal dorthin, betrachtete ihr Werk aus der Distanz und meinte dann: »Vielleicht wollen die beiden sich auf diese Art unsere Freundschaft erhalten, ja sie vertiefen, und bedauern, wie alles gekommen ist. Und nun brauchen sie künstlerisch Verstärkung gegen die Richtung der Erbslöh-Anhänger. Überlege gut, Wassily, bevor du den Vorsitz ablehnst; vielleicht wäre das gar keine schlechte Lösung, auch mit Blick auf künftige Ausstellungen. Und vor allem: Du warst es doch, der 1908 im rosafarbenen Salon von Marianne einen derartigen Verbund zeitgenössischer Künstler angeregt ­hatte. Im Grunde konnten und können sie dich gar nicht übergehen. Möglicherweise ist ihnen genau das klar geworden.«

Kandinsky nickte: »Du kannst recht haben, Gabriele, denn so, wie das klingt, muss die Neue Künstlervereinigung München ein Manuskript zur Vereinsgründung entwerfen, also eine Art ­Satzung, womit alle vier überfordert sein dürften. Bei alledem ist Alexej ja im Grunde ein guter Kerl, ein charmanter Plauderer und ein begnadeter Maler, dessen Freundschaft ich ungern für immer verlieren würde â¦«

»Zumal«, ergänzte Gabriele Münter, »ich in Murnau ja (auf dein Drängen hin) ganz in der Nähe der beiden im August das Haus kaufen werde, wo wir beide dann zumindest in den Sommermonaten wohnen werden. Die Gegend ist herrlich und es wäre sehr schade, wenn es Probleme zwischen uns und Marianne mit Alexej gäbe, die uns die schönen Wochen im Sommer trüben würden. Aber jetzt ist erst Anfang Januar, wir haben also noch ein paar Tage Zeit, uns zu entscheiden.«

Kandinsky war insgeheim froh, dass Gabriele die Situation entspannt hatte, und er überlegte, was dieses neue Jahr 1909 wohl bringen würde und ob er eigentlich gerne in Murnau leben würde. Hier in München ließ es sich doch sehr gut aushalten.

Er schaute seiner Lebensgefährtin zu, wie sie gut gelaunt verschiedene Gegenstände arrangierte und dabei sehr darauf bedacht war, alles sauber und ordentlich zu halten. Dabei wurde ihm klar, dass Gabriele und er eigentlich gar nicht in das Bild passten, das sich der Durchschnittsbürger von einem Malerpaar machte. Kandinsky war wohlhabend und legte in der Tat größten Wert darauf, immer sehr korrekt gekleidet zu sein: Anzug, Hemd mit Stehkragen und Krawatte oder Schleife waren für ihn selbstverständlich. Selbst wenn er später, bei Spaziergängen um Murnau, bayrische Tracht trug und in Lederhose, Tirolerhut und mit Pfeife im Mund unterwegs war, hatte er eine Krawatte umgebunden. Und selbstverständlich vervollständigte der obligatorische Spazierstock sein Auftreten. Nur wenn Kandinsky malte, machte er kleidungsmäßig eine Ausnahme, dabei duldete er aber lediglich Gabriele in seinem Atelier. Noch lieber war es ihm jedoch, wenn er alleine war. Auch Gabriele Münter passte - anders als etwa Marianne von Werefkin - nicht in das gängige Bild einer Künstler-Boheme. Sie machte einen beinahe unscheinbaren, bürgerlichen Eindruck, war stets einfach und dezent, aber durchaus geschmackvoll gekleidet. Mit ihren feinen Gesichtszügen wirkte sie wie eine schüchterne Tochter aus gutem Hause. Kaum jemand hätte hinter ihr eine der ­führenden Frauengestalten der zeitgenössischen Kunstszene vermutet. Gabriele wusste, was sie wollte. Sie sah hinter einer Künstlergemeinschaft durchaus das Potenzial, Geschichte zu schreiben, und war sich gleichzeitig bewusst, dass dies für einzelne Maler fast unmöglich sein würde.

So kamen beide nach langen Gesprächen und Überlegungen letztendlich zu dem Ergebnis, dass Kandinsky das Angebot annehmen und der neu gegründeten Künstlervereinigung vorstehen sollte, die Ende Januar 1909 schließlich gegründet wurde. Ihr Ziel war es, so die Satzung, »Kunstausstellungen in Deutschland und im Ausland zu veranstalten und diese durch Vorträge, Publikationen und ähnliche Mittel zu unterstützen«. Als Mitglieder waren neben Marianne von Werefkin, Alexej Jawlensky, Gabriele Münter, den Malern Adolf Erbslöh und Alexander Kanoldt auch der Dichter und Maler Alfred Kubin sowie der Komponist Thomas von Hartmann und der Tänzer Alexander Sacharoff vertreten.

Kandinsky war, wie er selbst vorhergesehen hatte, wesentlich an der programmatischen Ausrichtung des Vereins beteiligt, die Freundschaft mit Marianne von Werefkin und Alexej Jawlensky wurde erneuert und vertieft, und man verbrachte viele Sommertage gemeinsam im »Russenhaus«, wie das von Münter erworbene Gebäude in Murnau bald schon genannt wurde. Die Gespräche über Kunst nahmen dabei naturgemäß einen breiten Raum ein.

»Ein Bild muss aus innerer Notwendigkeit heraus entstehen!«, forderte Kandinsky gerade apodiktisch. »Es darf sich nicht an äußere Vorgaben wie etwa Motive aus der Natur halten.«

»Dann könntest du aber nie Porträts malen«, entgegnete Jawlensky, der eben in diesem Genre ein Meister war und die Porträtmalerei revolutioniert hatte.

Kandinsky widersprach: »Das meine ich auch nicht, Alexej! Es kommt beim Malen eben nur in erster Linie auf das malende Subjekt an, nicht so sehr auf das gemalte Objekt. Wenn du den Tänzer Alexander Sacharoff abbildest, dann wird das Gemälde zu einem Meisterwerk, weil du den Porträtierten erkennbar aus einer Stimmung heraus auf eine völlig neuartige Weise darstellst, nämlich durch eine noch nie dagewesene Form- und Farbgebung.«

Hier wandte Marianne von Werefkin ein, dass dies letztendlich bedeute, das Gegenständliche durch Subjektives zu überformen und ihm dadurch letztendlich die Daseinsberechtigung zu nehmen. »Und wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt«, so fügte sie hinzu, »dann landen wir automatisch bei der völligen Ab­­straktion - was, wohlgemerkt, kein Fehler sein muss. Ich meine nur, dass so gegenständliche Kunst, wie sie beispielsweise deine Gabriele oder Paula Modersohn-Becker schaffen, durchaus ein Lebensrecht hat.«

Kandinsky machte eine abwehrende Handbewegung und schüttelte den Kopf: »Selbstverständlich hat jede gute Kunst ihr Lebensrecht, und ich würde es nie wagen, dieses den Bildern meiner Gabriele abzusprechen.« Hierbei tätschelte er ihr, die neben ihm saß, verschmitzt die Hand, und sie streckte ihm ansatzweise die Zunge heraus. Er fuhr fort: »Es gibt aber zwei Realitäten: die äußere und die innere. Bislang haben sich die Maler bemüht, die äußere Realität darzustellen, mitunter sogar zu kopieren. Und ein Gemälde galt oft als umso besser, je mehr es der Natur entsprach - nehmt einmal den Naturmaler Jean Bloë Niestlé.«

»Du sprichst zum Beispiel von der Formel des Dichters Arno Holz: Kunst = Natur - x , der zufolge Kunst immer defizitär sein muss«, warf die literarisch sehr gebildete Marianne von Werefkin ein.

»Wenn du so willst, ja«, bestätigte Kandinsky, »wobei ich persönlich die Formel ändern würde, denn ich bin der Meinung, sie stimmt nicht. Ich könnte zwei alternative Versionen gelten lassen: Kunst = Natur + x und Kunst = x - Natur . Man...

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Autor

Reinhard Lindenhahn, Jg. 1952, Studium in Tübingen. 38 Jahre Tätigkeit im gymnasialen Schuldienst, langjährige Ausbildung von Lehrkräften im Fach Deutsch, mehrjähriger Lehrauftrag für Didaktik und Methodik im Fach Deutsch an der Universität Konstanz. Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen.