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CAPREA - EIN TEIL DES SYSTEMS

Ein dystopischer Science-Fiction-Roman
Signum-Verlagerschienen am01.07.2023
Die Zukunft: Eine überbevölkerte Welt wird von einer totalitären Regierung beherrscht. Jean lebt mit seiner Familie in Caprea, einem der drei großen Länder des Kontinents Bestia. Gemeinsam mit den Ländern Ursus und Lupus werden Spiele veranstaltet, die den zynischen Zweck verfolgen, der Überbevölkerung entgegenzuwirken - diese Spiele fordern Tausende von Opfern, damit der Rest der Gesellschaft nicht unter katastrophalen Bedingungen leben muss. Doch schließlich formiert sich eine systemkritische Widerstandsvereinigung... CAPREA - EIN TEIL DES SYSTEMS ist der Debüt-Roman des deutschen Science-Fiction-Autors León Grösch (Jahrgang 1999).

León Grösch (Jahrgang 1999) ist ein deutscher Science-Fiction-Autor.
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Verfügbare Formate
Book on DemandKartoniert, Paperback
EUR16,99

Produkt

KlappentextDie Zukunft: Eine überbevölkerte Welt wird von einer totalitären Regierung beherrscht. Jean lebt mit seiner Familie in Caprea, einem der drei großen Länder des Kontinents Bestia. Gemeinsam mit den Ländern Ursus und Lupus werden Spiele veranstaltet, die den zynischen Zweck verfolgen, der Überbevölkerung entgegenzuwirken - diese Spiele fordern Tausende von Opfern, damit der Rest der Gesellschaft nicht unter katastrophalen Bedingungen leben muss. Doch schließlich formiert sich eine systemkritische Widerstandsvereinigung... CAPREA - EIN TEIL DES SYSTEMS ist der Debüt-Roman des deutschen Science-Fiction-Autors León Grösch (Jahrgang 1999).

León Grösch (Jahrgang 1999) ist ein deutscher Science-Fiction-Autor.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757958947
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Seiten311 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse510
Artikel-Nr.12370171
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

  Erstes Kapitel

 

 

»Ich fürchte den Tod. Die Ungewissheit mag vielleicht einer der unzähligen Punkte sein, weshalb ich meine Gedanken immer wieder in eine andere Richtung lenke, auch wenn ich am Ende des Tages doch nur wieder dort stehe, wo ich begonnen habe. Ich glaube nicht an ein Paradies, geschweige denn an eine Art Fegefeuer. Da steckt ein Wertesystem hinter, dass in meinen Augen keinen Sinn ergibt. Ein Mensch wird nach den Kriterien bewertet, die jener selbst aufstellt, dass erscheint mir mehr als Paradox.« Mit diesen Worten beginnt Jean sein Traumtagebuch.

Er trägt es immer bei sich, um seine Gedanken zu verschriftlichen, denn anders, als man vermuten würde, befinden sich nicht nur seine Tiefschlafträume darin, sondern auch seine Tagesträumereien. Immer, wenn er einen stillen Moment für sich hat und dem Trubel des Alltags entfliehen kann, verschanzt er sich in der Ecke eines Raumes oder hinter einem Busch in den Gärten der Stadt. Der heutige Auszug entstand in der örtlichen Bücherei, wo Jean ein Großteil seiner Tage verbringt. Auch, wenn er bisher nicht, wie seine Mitbürger, in Bücher eintauchen konnte, gefällt ihm der Gedanke ein Teil des großen Ganzen zu sein. Ein Teil des Getriebes, gar ein Teil, welches das System am Laufen hält. Das ist das, was er sein will, das ist das, was andere von ihm verlangen. Außerdem genießt er den Geruch von altem Papier, weshalb er stets zwischen den Geschichtsbüchern der drei Länder sitzt. Dort halten sich nämlich nur selten andere Menschen seines Alters auf, wenn es hochkommt, trifft er am Tag zwei bis drei ältere Damen oder Herren.

Manchmal schaut er über die Brüstung den anderen 20- bis 25jährigen zu, wie sie verstreut zwischen Philosophie und Wissenschaft umherirren. Es ist ein wenig so, als schaue man Ameisen zu, die sich auf den ersten Blick ohne Sinn und Verstand bewegen, aber bei genauerer Betrachtung ein höheres Ziel verfolgen. Obwohl Ameisen wahrscheinlich kein treffender Vergleich sind, dafür sind die Menschen in Caprea viel zu stur. Sie sehen nur ihr eigenes System und tun alles dafür, dass dieses in ihren Augen perfekte Konstrukt, nicht zusammenfällt. Hier wäscht die eine Hand zwar nicht die andere, hier arbeitet im Grunde jeder für sich, aber damit ihr Lebensstandard nicht sinkt, würden diese Menschen alles tun.

Es muss Jahre her sein, dass der letzte Mensch wirklicher Arbeit nachging, der er nicht freiwillig beiwohnt. Mittlerweile ist so gut wie jede Arbeit automatisiert. Alles läuft über ein unterirdisches System, das mit jedem Haus verbunden ist und die wichtigsten Notwendigkeiten direkt nach Hause liefert. Angefangen bei der Produktion, sei es die Landwirtschaft oder die Elektroherstellung, bis zur Auslieferung. Das macht die Idee von Geld unnütze, weshalb jeder Mitbürger ein monatliches Darlehn erhält, das beliebig genutzt werden kann, um sich Lebensmittel, Kleidung oder sonstige Spielerein zu besorgen. Jeder hat immer die gleichen Mittel und niemand muss in Armut leben. Sollte jedoch jemand den regen Wunsch verspüren doch zu arbeiten, gibt es selbstverständlich die Möglichkeit der, zum einen, individuellen Arbeit, sprich der Selbstständigkeit oder, zum anderen, den Beruf des Ordnungshüters. Dieser bringt einem noch ein zusätzliches Darlehn, beziehungsweise dient oftmals auch für viele als Beschäftigungstherapie, weshalb nicht wenige für die Regierung arbeiten möchten.

Man sagt Caprea sei das erste, der drei Länder, welches für die Spiele gestimmt habe. Praktisch ein Vorreiter in Sachen Modernisierung. Und das gilt nicht nur politisch, sondern auch technisch ist Caprea für seinen Fortschritt bekannt. Ursprünglich gab es nur Ursus und Lupus, als dann jedoch Menschen aus verschiedensten Städten der Länder rebellierten, entschloss man sich kurzerhand Caprea zu bauen. Das klingt simpel, wenn man es so beschreibt, aber im Kern ist es genau das. Schließlich war auf dem Festland kein Platz mehr, also musste das Meer herhalten.

Es dauerte Jahrzehnte, bis das schwimmende Land endlich bereit für seine Einwohner war, aber schlussendlich trug die harte Arbeit Früchte. Schon nunmehr als ein halbes Jahrhundert umschwimmt Caprea Lupus und Ursus. Es ist vergleichbar mit dem Lauf der Sonne. Bei Winteranbruch befindet sich das Land im Norden und im Sommer im Süden. Dadurch garantiert man einen warmen Sommer und T-Shirt-Wetter, aber auch weiße Schneeschichten in beheizter Unterwäsche. Aktuell befindet sich Caprea kurz vor dem südlichsten Punkt, weshalb sommerliche Outfits auf den Straßen dominieren.

Beim Bau von Caprea träumte man von idyllischen Landschaften, einer Oase des Lernens und von Intellekt. Offen gesagt wird der Intellekt tatsächlich oftmals in den Aufführungen bewiesen, jedoch sind die Landschaften in Jeans Augen nicht sonderlich vorzeigbar. Es handelt sich zum Großteil um platte Ebenen, auf denen in immer gleichen Abständen gleichgeformte Bäume platziert wurden. Das Wasser, was durch die ganze Stadt fließt, lockert das steife Bild etwas, aber dies dient auch weniger der Ästhetik als dem Zweck. Mithilfe der Strömungen werden Häuser mit Strom versorgt, also ist selbst diese Besonderheit im engeren Sinne keine Besonderheit mehr. Selbst die Häuser unterscheiden sich hier grundlegend. Ihre weiße bis teilweise beige Fassade und ihre geschwungenen Mauern haben nichts mit Kastengebäuden gemeinsam. Auch von der Höhe setzen sich diese Wohngebäude durch ihre maximal vier Etagen vom Rest ab. Generell gleicht die Stadt aufgrund ihrer Sepiafarbgebung einem Foto, das man bei seiner Großmutter im Keller findet,

Auf dem Festland unterscheidet sich das Leben im Grunde vollkommen. Natürlich kann dabei nicht die Rede von den anderen Kontinenten sein, schließlich stehen nur die obersten 19 in Kontakt zu ihnen, aber hier, auf dem Festland des Kontinents Bestia befinden sich, wie bereits gesagt, die beiden Länder Ursus und Lupus. Jean war weder in dem einen noch in dem anderen, aber die verstaubten Bücher im hintersten Regal sagen über Ursus, dass es der Ursprung der ersten Großstadt überhaupt sei. Angeblich gibt es kein Gebäude, dass weniger als 20 Stockwerke besäße. Umgerechnet auf ein ganzes Land, sollte das eine stolze Einwohnerzahl ergeben. In den grünen Büchern sind Bilder von Lupus zu sehen, auch wenn ihre Abbildungen nicht in Farbe gedruckt wurden. Die Menschen dort scheinen primitiver zu leben, fast wie Höhlenmenschen, mit dem Unterschied, dass sie nicht nur in Höhlen wohnen, sondern auch ganze Städte in den Bäumen errichteten.

Jedes Land arbeitet für sich autonom und verfolgt seine ganz eigenen Ziele. Ein eigenes Justizsystem, unabhängige Bildungssysteme und sogar die Sprachen unterschieden sich in ihren Feinheiten. In Ursus wird sich beispielsweise anders gegrüßt als in Caprea oder gar in Lupus. Lediglich das Spielsystem haben alle drei gemeinsam.

In jedem Land existieren drei Arenen, was im Gesamten neun Arenen in Bestia ergibt. Diese wurden gebaut, nachdem Caprea vollständig in Betrieb genommen wurde und ihr einziger Existenzgrund ist die Wahrung der Stabilität. So heißt es zumindest immer in offiziellen Ankündigungen, da sie eigentlich nur der Tötung dienen.

Als Anfang des Jahrhunderts die Bevölkerungszahl dermaßen anstieg, dass Hungersnot und Platzmangel die Tagesordnung regieren, musste eine Lösung gefunden werden. 19 Regierungsmitglieder der drei Länder, acht aus Ursus, sechs aus Lupus und fünf aus Caprea, kamen zusammen und gründeten die Liga zur Wahrung der Stabilität. Auch hier taucht dieser unpassende Begriff auf.

Rapide wurden die Arenen errichtet und jedem Menschen wurde eine Nummer zugeteilt, das heißt, sofern dieser sein 19. Lebensjahr erreicht. Die Regeln sind einfach. Einmal die Woche werden siebzig Nummern gezogen, zehn für jeden Tag der Woche. Jede Nummer repräsentiert einen Einwohner aus entweder Ursus, Lupus oder Caprea. An jedem Wochentag wechselt das Land. Montags und donnerstags finden die Spiele in Caprea statt, zumeist in der Hauptstadt Amaltheia, dienstags und freitags in Lupus und als Highlight die Mittwochsaufführung und die Wochenendshows in Ursus. Diese werden live ausgestrahlt für jeden sadistisch angehauchten Psychopaten zu verfolgen. Dazu muss erwähnt werden, dass der Terminus Aufführungen, der offiziell genutzte ist, aber auf das Wesentliche reduziert handelt es sich um Spiele, weshalb keiner dieses Wort im Alltag verwendet. Bei einer Aufführung oder auch Show erhalten die Kandidaten keine Rolle, es ist vergleichbarer mit Improvisationstheater, nur, dass sie wirklich um ihr Leben spielen und es kein Schauspiel ist. Die Angst und der Tod sind real. Das Wort Aufführung dient im groben also nur der Beschönigung, um nicht von Todesspielen sprechen zu müssen.

Wird deine Nummer gezogen, bringt man dich in eine Arena und du wirst gezwungen an den Spielen teilzunehmen. Das Problem allerdings ist, dass nicht nur du allein für dein Schicksal verantwortlich bist, da auch alle Nummern im Bereich von 500 über und unter dir als Zuschauer in die Arena geschickt werden. Dort treffen also von zehn Kandidaten, die eine Aufführung umfasst, jeweils tausend Zuschauer aufeinander. Wer einfach Mathematik beherrscht weiß, dass somit ein Stadion mit 10.000 Menschen gefüllt ist.

Die Chose nimmt hier jedoch noch kein Ende. Jeder dieser 10.000 Menschen ist gezwungen zu wetten. Sie wetten auf einen der zehn Kandidaten und werden dann in der Arena verteilt. Verliert ein Kandidat stirbt folglich nicht nur er, sondern auch die 1.000 Personen, die auf ihn gewettet haben. Einfache Mathematik zur Wahrung der Stabilität oder mit anderen Worten: Eine Art und Weise der Massenvernichtung.  

Das wahrlich interessante...
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