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Journalistisches Schreiben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
281 Seiten
Deutsch
Reclam Verlagerschienen am08.09.2023Originalausgabe
Früher mussten Radio oder Fernseher zur richtigen Zeit eingeschaltet werden, um von wichtigen Ereignissen zu erfahren. Im Zeitalter grenzenloser Vernetzung prasseln neue Nachrichten heute im Sekundentakt auf uns ein und buhlen um Aufmerksamkeit - sei es über Infoscreens in U-Bahnstationen oder Push-Nachrichten auf dem Smartphone. Doch Meldungen werden häufig nicht danach ausgewählt, ob sie wichtig oder interessant sind, sondern nach der Aussicht auf Klicks, Likes und Shares. Wie aber können Journalistinnen und Journalisten die Öffentlichkeit nicht nur korrekt über ein wichtiges Ereignis informieren, sondern ein Publikum für ihre Nachricht gewinnen und auch komplexe Zusammenhänge erklären?   In dieser umfassenden Einführung legt Alexander Mäder die Grundlagen journalistischen Schreibens offen. Anhand von zahlreichen Praxisbeispielen veranschaulicht er, wie journalistisches Schreiben gelingt - von der Quellenrecherche über die Faktensicherung bis hin zum stilistischen Feinschliff. Er gewährt Einblick in die Arbeitsweise von Redaktionen, gibt Textstrategien an die Hand und öffnet den Blick für die Vielzahl an Möglichkeiten journalistischen Schreibens.

Alexander Mäder, geb. 1972, ist Professor für digitalen Nachrichtenjournalismus an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM). Zuvor war er Chefredakteur des Magazins Bild der Wissenschaft und hat das Wissenschaftsressort der Stuttgarter Zeitung geleitet. Bei Reclam erschien von ihm zuletzt Astrophysik. 100 Seiten .
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR19,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextFrüher mussten Radio oder Fernseher zur richtigen Zeit eingeschaltet werden, um von wichtigen Ereignissen zu erfahren. Im Zeitalter grenzenloser Vernetzung prasseln neue Nachrichten heute im Sekundentakt auf uns ein und buhlen um Aufmerksamkeit - sei es über Infoscreens in U-Bahnstationen oder Push-Nachrichten auf dem Smartphone. Doch Meldungen werden häufig nicht danach ausgewählt, ob sie wichtig oder interessant sind, sondern nach der Aussicht auf Klicks, Likes und Shares. Wie aber können Journalistinnen und Journalisten die Öffentlichkeit nicht nur korrekt über ein wichtiges Ereignis informieren, sondern ein Publikum für ihre Nachricht gewinnen und auch komplexe Zusammenhänge erklären?   In dieser umfassenden Einführung legt Alexander Mäder die Grundlagen journalistischen Schreibens offen. Anhand von zahlreichen Praxisbeispielen veranschaulicht er, wie journalistisches Schreiben gelingt - von der Quellenrecherche über die Faktensicherung bis hin zum stilistischen Feinschliff. Er gewährt Einblick in die Arbeitsweise von Redaktionen, gibt Textstrategien an die Hand und öffnet den Blick für die Vielzahl an Möglichkeiten journalistischen Schreibens.

Alexander Mäder, geb. 1972, ist Professor für digitalen Nachrichtenjournalismus an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM). Zuvor war er Chefredakteur des Magazins Bild der Wissenschaft und hat das Wissenschaftsressort der Stuttgarter Zeitung geleitet. Bei Reclam erschien von ihm zuletzt Astrophysik. 100 Seiten .
Details
Weitere ISBN/GTIN9783159621654
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum08.09.2023
AuflageOriginalausgabe
Seiten281 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4119 Kbytes
Artikel-Nr.12371597
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Einleitung: Wozu Journalismus?
Partei ergreifen für das Publikum
Auswege aus der Abwärtsspirale
Bedienungsanleitung für das Buch

Berichten
Grundlagen: Die Neuigkeit bekanntgeben
Die Botschaft einer Meldung
Der Stil einer Meldung
Die Auswahl einer Meldung

Herausforderungen: Die Fakten zusammentragen
Welche Fragen muss ich beantworten?
Wie zitiere ich richtig?
Wie überprüfe ich meinen Artikel?

Möglichkeiten: Die Zusammenhänge erklären
Im Auftrag des Publikums auswählen
Die Fakten unabhängig prüfen
Verantwortung übernehmen

Erzählen
Grundlagen: Augen öffnen
Viel zeigen und wenig interpretieren
Farbenfrohe Adjektive und luftige Metaphern
Interviews und ihre Autorisierung

Herausforderungen: Distanz wahren
Die Nahaufnahme
Die Totale
Die Überleitungen

Möglichkeiten: Komplexität zulassen
Vorsicht beim Verdichten von Szenen
Vorsicht beim Auswählen der Details
Vorsicht bei der Vogelperspektive

Kommentieren
Grundlagen: Eine Diskussion anregen
Laut und leise kommentieren
Wert- und Sachaussagen unterscheiden
Analysieren und argumentieren

Herausforderungen: Einen Standpunkt verteidigen
Die Rezension
Die Analyse
Das Diskussionsforum

Möglichkeiten: Eine Brücke bauen
Mit Gegenmeinungen umgehen
Mit Unsicherheiten umgehen
Mit Fehlern umgehen

Schluss: Journalistisches Marketing
Einladende Titel und Teaser
Bereichernde Bildunterschriften
Häppchen für Social Media

Literaturempfehlungen
Literaturhinweise
Abbildungsnachweis
Glossar
Register
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Leseprobe

Die Botschaft einer Meldung

Das Wichtigste einer Nachricht steht im ersten Satz. So haben wir es in der Einleitung zu diesem Kapitel besprochen: Sie haben nur wenig Zeit, Ihr Publikum für das Thema zu interessieren und die wichtigsten Daten zu nennen, also fallen Sie gleich mit der Tür ins Haus. Nehmen wir an, die Landesregierung plant, die Bildungsausgaben zu ändern, und hat zu einer Pressekonferenz (im Fachjargon: zu einer PK) eingeladen, auf der sie ihre Pläne erläutern will. Wenn Sie Ihre Nachricht beginnen, müssen Sie nicht erst in das Thema einführen und etwa schreiben:


Bildung ist eine wichtige Aufgabe für das Bundesland XY: Fast ein Viertel der Ausgaben entfällt auf diesen Bereich.


Denn das ist nicht die Neuigkeit. Sie beginnen auch nicht mit dem Anlass Ihrer Nachricht, denn eine Pressekonferenz gehört zum Alltagsgeschäft in der Politik und ist für sich genommen nicht spannend:


Auf einer Pressekonferenz in der Landeshauptstadt hat die Ministerpräsidentin â¦


Vielmehr schreiben Sie gleich, was die Ministerpräsidentin auf der Pressekonferenz ankündigt: dass das Land seine Ausgaben für die Schulen noch im laufenden Jahr deutlich erhöhen möchte. Das ist die Neuigkeit und damit das Thema Ihres Artikels. Anschließend erläutern Sie, dass die Informationen aus einer Pressekonferenz in der Landeshauptstadt stammen und wie die Ministerpräsidentin sie begründet: dass die Erhöhung aus ihrer Sicht nötig sei, um Defizite auszugleichen, die in der letzten PISA-Studie deutlich geworden seien. Damit haben Sie alle Fakten, um die W-Fragen zu beantworten:


Wer? Die Ministerpräsidentin des Landes XY.


Was? Sie will die Bildungsausgaben deutlich erhöhen.


Wann will sie das tun? Noch in diesem Jahr.


Wann und wo hat sie das gesagt? Auf einer Pressekonferenz in der Landeshauptstadt - vermutlich vor wenigen Stunden, denn solche Nachrichten werden üblicherweise sofort veröffentlicht, auch wenn das nicht jedes Mal ausdrücklich erwähnt wird.


Warum? Um Defizite auszugleichen, die mit der PISA-Studie sichtbar geworden sind.



Doch das ist noch nicht alles. Sie möchten Ihr Publikum präzise informieren, daher interessiert Sie auch die Frage, wie sehr die Bildungsausgaben angehoben werden. Und Sie möchten Ihr Publikum neutral informieren, also achten Sie darauf, dass die Sache mit den PISA-Defiziten nicht als Ihre eigene Behauptung missverstanden werden kann. Verbessern wir also diese beiden Punkte:


Was? Sie will die Bildungsausgaben von 21 auf 24 Milliarden Euro im Jahr erhöhen.


Warum? Um Defizite auszugleichen, die aus Sicht der Ministerpräsidentin mit der PISA-Studie sichtbar geworden sind.



Wenn Sie die Fakten so gedrängt präsentieren, fordern Sie Ihr Publikum heraus: Es muss hellwach sein und von Anfang an gut zuhören. Kommen Sie Ihrem Publikum daher entgegen und achten Sie darauf, es nicht zu überfordern: Formulieren Sie den ersten Satz so, dass Ihr Publikum sofort weiß, worum es geht. Wenn Sie in Ihrer Meldung gleich am Anfang schreiben, dass das Land künftig 24 Milliarden Euro für Bildung ausgeben möchte, verfehlen Sie womöglich dieses Ziel. Nur wenige aus Ihrem Publikum werden wissen, ob das mehr oder weniger ist als bisher - es sei denn, Sie schreiben für ein Magazin für Lehrkräfte. Auch die Information, dass der Bildungsetat um drei Milliarden Euro erhöht werden soll, ist nicht viel besser. Drei Milliarden Euro sind zwar viel Geld, aber machen sie einen großen Unterschied im Bildungshaushalt des Landes?



Im Juni 2009 hat die Stuttgarter Zeitung zuletzt ihr Layout umgestellt. Ein mediales Produkt in dieser Weise überarbeitet herauszubringen nennt man einen Relaunch. Die Titelseite gilt als Schaufenster der Zeitung: Sie soll einerseits einen Überblick über die wichtigsten Nachrichten geben, andererseits die Vielfalt der Themen im Blatt widerspiegeln. Der ausführliche Kommentar in der rechten Spalte ist nach dem Relaunch der Stuttgarter Zeitung geblieben, die Karikatur erscheint aber nicht mehr zwei-, sondern nur noch einspaltig. Die größte Änderung ist die Einführung eines Titelbilds, das aber nicht den Aufmacher begleitet, also die wichtigste Meldung des Tages mit der auffälligsten Überschrift, sondern ein Highlight auf den hinteren Seiten der Zeitung bewirbt. Im Redaktionsalltag wird dieses Format Bildteaser genannt.



Suchen wir also nach Alternativen. Wenn Sie im ersten Satz schreiben, dass die Bildungsausgaben von 21 auf 24 Milliarden Euro steigen, ist das schon besser zu verstehen. Manche Leserinnen und Leser werden im Kopf überschlagen, dass es sich um einen Anstieg von ungefähr 15 Prozent handelt - und diese Prozentzahl könnten auch Sie verwenden: »Das Land XY will seine Bildungsausgaben noch in diesem Jahr um 15 Prozent erhöhen« wäre ein guter Einstiegssatz.

Eine letzte Möglichkeit wäre, die Veränderung erst einmal als »deutliche Erhöhung« einzuordnen. Damit würden wir mit einer Regel brechen, die wir gerade erst besprochen haben, denn eigentlich ziehen Journalistinnen und Journalisten präzise Angaben (»von 21 auf 24 Milliarden Euro« oder »Anstieg um 15 Prozent«) den vagen Angaben (»deutliche Erhöhung«) vor. Doch wenn Sie Ihr Publikum so einschätzen, dass es mit Haushaltszahlen gar nicht vertraut ist, dann könnte dieser Einstieg gerade der richtige sein. Packen wir alles zusammen in den ersten Absatz der Meldung:


Das Land XY wird seine Ausgaben für Schulen noch im laufenden Jahr deutlich steigern: von 21 auf 24 Milliarden Euro. Das sei nötig, um Defizite auszugleichen, die in der PISA-Studie hervorgetreten seien, sagt die Ministerpräsidentin auf einer Pressekonferenz in der Landeshauptstadt.


An diesem Beispiel sehen Sie, dass die journalistische Praxis kein stures Befolgen von Regeln ist, sondern ein ständiges Abwägen, welche sprachlichen Werkzeuge am besten geeignet sind, um möglichst viele Menschen gut zu informieren. Und Sie bemerken vielleicht auch, dass diese Meldung noch nicht umfassend informiert: Sie gibt in knapper Form wieder, was die Ministerpräsidentin sagen wollte, aber sie lässt eine naheliegende Frage offen: Man wüsste gerne, woher das Geld kommen soll. Weil Sie auf der Pressekonferenz nachgehakt haben, können Sie Ihren Leserinnen und Lesern immerhin diese Information übermitteln:


Das Land XY wird seine Ausgaben für Schulen noch im laufenden Jahr deutlich steigern. Das sei nötig, um Defizite auszugleichen, die in der PISA-Studie hervorgetreten seien, sagt die Ministerpräsidentin auf einer Pressekonferenz in der Landeshauptstadt. Sie werde den Etat des Bildungsministeriums von 21 auf 24 Milliarden Euro erhöhen und im Gegenzug Mittel in anderen Bereichen kürzen. Welche das sein werden, müsse sie noch mit den zuständigen Ministerinnen und Ministern besprechen.


Oft gehen Journalistinnen und Journalisten noch einen Schritt weiter, um das Publikum für ihre Nachricht zu gewinnen: Sie brechen sogar mit der Regel, dass die Botschaft im ersten Satz stehen sollte, und stellen einen einführenden Satz voran, der die Bedeutung der Nachricht herausstreicht. Das tut zum Beispiel meine frühere Kollegin Ricarda Stiller in einem Artikel, den sie im Juni 2015 in der Stuttgarter Zeitung veröffentlicht hat. Lassen Sie uns diesen Text anschauen und besprechen, welche Möglichkeiten Sie als Autor:in haben, einen solchen Artikel zu gestalten. Er beginnt so:


Das könnte die Schmuckindustrie revolutionieren: Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik in Freiburg können durch ein neuartiges Verfahren nun bis zu 600 Diamanten gleichzeitig hergestellt werden. In einem sogenannten Plasmareaktor wachsen Schmucksteine in feinster Qualität - so rein, wie sie in der Natur im Grunde nicht vorkommen. Christoph Nebel, der Leiter der Abteilung Halbleitersensorik am Fraunhofer-Institut, sagt: »Auf lange Sicht könnte der Diamant tatsächlich deutlich an Wert verlieren, wenn man ihn künftig vielleicht sogar tonnenweise herstellen kann.«


In dem Artikel beschreibt die Autorin ein neues Verfahren, mit dem künstliche Diamanten hergestellt werden - vor allem für technische Anwendungen. Ein eher trockenes Thema. Man erfährt zum Beispiel, dass Methangas den Kohlenstoff liefert, aus dem die Diamanten langsam wachsen. Nach zwei Wochen sind sie einen oder zwei Millimeter groß. Doch gleich mit dem ersten Satz deutet Ricarda Stiller einen Aspekt an, mit dem vermutlich mehr Leserinnen und Leser etwas anfangen können: die möglicherweise dramatischen Auswirkungen auf die Schmuckindustrie.

Damit seien zwei Fragen verbunden, erzählt mir Ricarda Stiller, als wir uns über diesen Abschnitt des Buchs unterhalten. Werde auch ich mir bald einen...
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Autor

Alexander Mäder, geb. 1972, ist Professor für digitalen Nachrichtenjournalismus an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM). Zuvor war er Chefredakteur des Magazins Bild der Wissenschaft und hat das Wissenschaftsressort der Stuttgarter Zeitung geleitet. Bei Reclam erschien von ihm zuletzt Astrophysik. 100 Seiten .