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Der Fluch des Hasen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
264 Seiten
Deutsch
CulturBooks Verlagerschienen am01.09.2023
Auf der Shortlist für den International Booker Prize »Jemand, der Stephen King oder Haruki Murakami liebt, ist mit dieser Erzählerin ganz blendend bedient.« Denis Scheck »Wir tun immer so, als wäre alles vollkommen normal. Aber das Leben ist nicht normal.« Bora Chung »Cooler, genial-verrückter K-Horror!« Ed Park »Diese zehn Geschichten sprengen unsere Vorstellungskraft: Sie sind atemberaubend, wild und verrückt, eine verblüffender als die andere.« Publishers Weekly Bora Chungs »Der Fluch des Hasen« entzieht sich jeder literarischen Schublade und verwischt auf einfallsreiche Weise die Grenzen zwischen den Genres, ob magischer Realismus, literarischer Horror, Phantastik oder Speculative Fiction. Es ist der faszinierende Auftritt eines Stars der koreanischen Literatur: fesselnde, unheimliche, hochintelligente Fabeln, die uns mit skurrilem Humor und (manchmal wortwörtlichem) Biss die sehr realen Schrecken und Grausamkeiten unserer modernen Gesellschaften vor Augen führen.

Bora Chung, geboren 1976 in Seoul, ist Autorin von mehreren Romanen und Kurzgeschichtensammlungen. Sie übersetzt zeitgenössische Literatur aus dem Russischen und Polnischen ins Koreanische und ist Mitglied der »Science Fiction Writers Union of Korea«. »Der Fluch des Hasen« stand auf der Shortlist für den International Booker Prize und wurde in 16 Sprachen übersetzt. Ki-Hyang Lee, geboren in Seoul, studierte Germanistik, Pädagogik und Japanologie in Seoul, Würzburg und München. Sie lebt in München und arbeitet als Dozentin an der Universität und ist Übersetzerin und Verlegerin des Märchenwald Verlags. Unter ihren zahlreichen Übersetzungswerken finden sich Han Kangs »Die Vegetarierin« und Cho Nam-Joos »Kim Jiyoung, geboren 1982«.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextAuf der Shortlist für den International Booker Prize »Jemand, der Stephen King oder Haruki Murakami liebt, ist mit dieser Erzählerin ganz blendend bedient.« Denis Scheck »Wir tun immer so, als wäre alles vollkommen normal. Aber das Leben ist nicht normal.« Bora Chung »Cooler, genial-verrückter K-Horror!« Ed Park »Diese zehn Geschichten sprengen unsere Vorstellungskraft: Sie sind atemberaubend, wild und verrückt, eine verblüffender als die andere.« Publishers Weekly Bora Chungs »Der Fluch des Hasen« entzieht sich jeder literarischen Schublade und verwischt auf einfallsreiche Weise die Grenzen zwischen den Genres, ob magischer Realismus, literarischer Horror, Phantastik oder Speculative Fiction. Es ist der faszinierende Auftritt eines Stars der koreanischen Literatur: fesselnde, unheimliche, hochintelligente Fabeln, die uns mit skurrilem Humor und (manchmal wortwörtlichem) Biss die sehr realen Schrecken und Grausamkeiten unserer modernen Gesellschaften vor Augen führen.

Bora Chung, geboren 1976 in Seoul, ist Autorin von mehreren Romanen und Kurzgeschichtensammlungen. Sie übersetzt zeitgenössische Literatur aus dem Russischen und Polnischen ins Koreanische und ist Mitglied der »Science Fiction Writers Union of Korea«. »Der Fluch des Hasen« stand auf der Shortlist für den International Booker Prize und wurde in 16 Sprachen übersetzt. Ki-Hyang Lee, geboren in Seoul, studierte Germanistik, Pädagogik und Japanologie in Seoul, Würzburg und München. Sie lebt in München und arbeitet als Dozentin an der Universität und ist Übersetzerin und Verlegerin des Märchenwald Verlags. Unter ihren zahlreichen Übersetzungswerken finden sich Han Kangs »Die Vegetarierin« und Cho Nam-Joos »Kim Jiyoung, geboren 1982«.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783959882385
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.09.2023
Seiten264 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.12402499
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Der Fluch des Hasen

»Gegenstände, die dafür bestimmt sind, mit einem Fluch belegt zu werden, sollten besonders hübsch sein«, pflegte mein Großvater zu sagen.

 

Und die Lampe war ausgesprochen niedlich. Sie hatte die Form eines Hasen, der unter einem Baum sitzt. Der Baum wirkte etwas plump, aber der Hase war mit großer Sorgfalt ausgestaltet. Die Spitzen der Ohren und das Schwänzchen waren ebenso tiefschwarz wie seine Augen, sodass sich der Körper schneeweiß dagegen abhob. Er bestand aus einem harten Material, aber das rosa Schnäuzchen und das Fell waren ganz fein und sorgfältig gearbeitet, um den Anschein von Weichheit zu vermitteln. Schaltete man die Lampe an, erstrahlte der Körper des Tiers hell, und man glaubte für einen Augenblick, der Hase wäre lebendig und würde jeden Moment mit den Ohren zucken oder das Näschen rümpfen.

Jeder Gegenstand hat seine Geschichte. Da stellt dieser hier keine Ausnahme dar, ganz besonders, weil er verflucht ist. In seinem Schaukelstuhl neben der Hasenlampe sitzend, erzählt mir mein Großvater dieselbe Geschichte, die er mir schon so oft erzählt hat.

 

Die Lampe war für einen seiner Freunde gemacht worden.

Dinge für den Eigengebrauch zu verfluchen, ist verboten, erst recht, wenn sie aus der Familienproduktion stammen. Dieses ungeschriebene Gesetz wird in unserer Familie, die aus der Anfertigung verfluchter Gegenstände ein Geschäft gemacht hat, von Generation zu Generation weitergegeben. Dieser Hase war jedoch die einzige Ausnahme.

»Die Familie meines Freundes betrieb eine Schnapsbrennerei«, beginnt mein Großvater auch dieses Mal. Und schließt wie immer die Frage an: »Weißt du, was eine Schnapsbrennerei ist?«

Natürlich weiß ich das. Schließlich habe ich die Geschichte schon hundertmal gehört, aber mein Großvater gibt mir nie die Gelegenheit, ihm zu antworten.

»Aus heutiger Sicht würde man sie einfach nur als eine Destille bezeichnen, doch damals war sie die größte Brennerei in der Gegend. Heutzutage findet man kein Familienunternehmen mehr, das einen solchen Schnaps herstellen kann. Aber das Unternehmen der Familie meines Freundes war so groß wie eine Fabrik, und die meisten Leute aus dem Dorf arbeiteten dort. In unserer Gegend genoss die Familie hohes Ansehen.«

Mein Großvater erinnert sich nicht daran, wie der Sohn einer so angesehenen Familie und er, in dessen Haus man sich mit der Herstellung unheilbringender Objekte beschäftigte, Freunde geworden sind. »Ich weiß es wirklich nicht mehr«, hat er mir mehrfach versichert. Die Familie meines Großvaters, also mit anderen Worten meine, bestand offiziell aus »Schmieden«. Und in der Tat fertigten wir landwirtschaftliches Gerät und allerlei Utensilien aus Metall oder reparierten sie, doch in der Nachbarschaft wusste auch noch das kleinste Kind, worin unsere eigentliche Profession bestand.

Jeder, der einer Beschäftigung im Umfeld dessen nachging, was man heutzutage wohlmeinend als »Okkultismus« bezeichnet - also Schamanismus, Wahrsagerei, Thanatologie -, wurde damals wie der niederste Pöbel behandelt. Diese Ausgrenzung war vollkommen ungerecht, aber leider Tatsache. Der Familie meines Großvaters, meiner Familie, wurden die einfachsten Gesten der Höflichkeit versagt. Die Leute wussten nicht, wie sie uns einordnen sollten. Wir waren weder Schamanen für Geisteraustreibungen, noch sagten wir die Zukunft voraus, und auch mit dem Geschäft eines Leichenbestatters hatten wir absolut nichts zu tun. Wir bewegten uns im Dunstkreis des Okkulten, aber niemand wagte auszusprechen, was wir taten. Unser metallverarbeitender Betrieb und die Reparatur und Herstellung von Ackergeräten ließ sich keiner Branche zuordnen. Dafür hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass wir jeden verfluchen würden, der uns in die Quere käme. Meine Familie hätte niemals einen Fluch über jemanden verhängt, den wir persönlich kannten, aber unsere Nachbarn wussten nichts von diesem ungeschriebenen Familiengesetz. Selbst wenn, hätte sie das nicht gekümmert. Jedenfalls versuchten sie, uns so gut es ging zu meiden.

»Aber meinen Freund schien das alles nicht zu scheren«, erklärte mein Großvater bei jeder Gelegenheit. Diesen Freund kümmerten weder die Gerüchte, die in der Stadt kursierten, noch das Geflüster der Leute oder die halb ängstlichen, halb neugierigen Blicke der Nachbarn. Der Junge aus der Schnapsbrennerei sah in den Kindern aus der Nachbarschaft von Haus aus seine Freunde, und es hätte für ihn keinen Grund gegeben, nicht mit einem von ihnen zu spielen, schon gar nicht wegen des Berufs der Eltern. Und da der Sohn der reichen, geachteten Schnapsbrenner-Familie meinen Großvater als Freund betrachtete, brachte das auch die anderen Kinder dazu, ihn zu akzeptieren.

»Seine Eltern hatten einen wachen Geist«, wurde mein Großvater nicht müde zu betonen. »Nie benutzten sie ihr Geld oder ihre Macht als Ausrede dafür, andere schroff zu behandeln. Sie verneigten sich so tief wie jeder sonst auch, wenn sie die Nachbarn grüßten, und sie waren immer die Ersten, die bei frohen ebenso wie bei widrigen Familienereignissen in der Nachbarschaft ihre Hilfe anboten.«

Heutzutage würde man diese Familie vielleicht als innovative Unternehmer bezeichnen. Über den anfänglichen Ansatz hinaus, für die Nachbarn einen Ballon Schnaps zu brennen, standardisierten sie das Produktionsverfahren, modernisierten den Herstellungsprozess und bauten ihr Vertriebsnetz sukzessive landesweit aus. Dann kam es zum Krieg in Korea, und die Familie floh in den Süden. Als sie nach den Kampfhandlungen zurückkehrte, lagen ihre Fabrik und die umliegenden Häuser in Trümmern. Aber die Familie ließ sich nicht entmutigen. Mehr als je zuvor war sie entschlossen, dies als Chance zu nutzen, noch einmal von vorne anzufangen, mit Anlagen auf dem neuesten Stand der Technik und einem ausgefeilten Produktionsprozess. Der Freund meines Großvaters verstand den Ehrgeiz seiner Eltern und nahm das Familienunternehmen ernst.

»Wir dachten, er würde an der Universität Wirtschaftswissenschaften belegen, damit er eines Tages die Firma führen konnte, aber stattdessen studierte er Maschinenbau. Er sagte, er würde herausfinden, wie man Reiswein mit dem Geschmack einer handgemachten Herstellung aus lang gedämpftem Reis industriell produzieren konnte. Als erst neunzehnjähriger Junge, der gerade mal sein Abitur in der Tasche hatte, war er voller Tatendrang, das ganze Land mit dem Geschmack der hausgemachten Spirituosen zu erobern!«

Doch dann kam der Grüne Plan der Regierung und torpedierte sein Vorhaben. Im Mittelpunkt stand die Absicht der Staatsführung, Koreas Reisversorgung zu gewährleisten, und so wurde die Verwendung von Reis zur Alkoholherstellung verboten. Die traditionelle Methode - einer Mischung aus langsam gedämpftem und gemälztem Reis Wasser beizugeben und der Fermentierung ihren Lauf zu lassen - wurde durch den Einsatz von Ethanol ersetzt, einem industriell hergestellten Alkohol, der den Markt überschwemmte. Um diese abscheuliche Lösung genießbar zu machen, vermischten Getränkefirmen das hochprozentige Ethanol mit Wasser und künstlichen Aromastoffen.

Der Freund meines Großvaters war am Boden zerstört. Aber er gab nicht auf. Er war der letzte mehrerer Generationen von begnadeten Schnapsbrennern, die auf diesem Gebiet viel Wissen angehäuft hatten. Er akzeptierte die Haltung der Regierung, Reis zu einem kostbaren Gut zu erklären, da es wichtiger war, ihn zu essen, als zu trinken. So forschte er, soweit es die nationalen Regularien zuließen, an Produktionsmethoden, die sich an den traditionellen Verfahren orientierten und die alte geschmackliche Qualität hervorbringen konnten - Verhältnis der Zutaten, Alkoholanteil, Temperatur beim Fermentierungsprozess, Destillationsweise.

An diesem Punkt der Geschichte macht mein Großvater stets eine dramatische Pause, bevor er mich anstarrt und fragt: »Also, was, glaubst du, was dann passiert ist? Kannst du erraten, ob er Erfolg hatte oder scheiterte?«

Ich habe die Geschichte schon so oft gehört. Ich kenne die Antwort. Doch wie immer schüttele ich nur lächelnd den Kopf.

»Er hatte Erfolg. Er war ein kluger und ausdauernder Junge.« Daraufhin lächelt mein Großvater wehmütig. »Doch dann verlor er alles.«

 

Der Freund meines Großvaters richtete sein ganzes Augenmerk darauf, wohlschmeckenden, hochwertigen Alkohol zu entwickeln. Dabei übersah er, dass in der neuen Ordnung der Nachkriegszeit Kontaktpflege zu höheren Regierungsbeamten durch Einladungen, gelegentliche Schmiergeldzahlungen, Netzwerken oder Hintertreppengeschäfte wichtiger waren, als Produktqualität oder technische Ausstattung.

Zudem gab es ein sehr viel größeres Unternehmen, das den sich verändernden Spirituosenmarkt im Visier hatte. Ein Unternehmen, das ausgezeichnete Beziehungen zu Politikerkreisen unterhielt und über jahrelange Erfahrung mit geschäftlich motivierten Veranstaltungsprogrammen verfügte. Diese Firma besaß die Unverfrorenheit, ihre Mischung aus Alkohol und künstlichen Aromastoffen als »Volksgetränk« mit dem »Geschmack alter Tradition« zu bewerben. Die Verantwortlichen schalteten seriös klingende Anzeigen in Zeitungen und im Fernsehen, während sie gleichzeitig eine Verleumdungskampagne betrieben. Sie verbreiteten die Lüge, die Firma des Freundes meines Großvaters würde für industrielle Zwecke hergestellten Alkohol in ihre Getränke mischen. Sie behaupteten, dass jeder, der davon trinke, blind und lahm würde oder sogar einer Vergiftung erläge.

Daraufhin gingen die Umsätze in den Keller, und der Freund meines...

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