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Orkan über Jamaika

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Dörlemann eBookerschienen am21.09.2023
Im Mittelpunkt des Romans steht die zehnjährige Emily Bas-Thornton. Sie lebt mit ihrer Familie auf Jamaika, doch als ein Orkan über die Insel hinwegfegt und das Wohnhaus der Familie davonträgt, beschließen die Eltern, ihre Kinder nach England heimzuschicken. John, Emily und die »Krümel« werden einem Schiff anvertraut, das jedoch gekapert wird. Die Kinder bleiben durch eine Verknüpfung unglücklicher Umstände an Bord des Schiffes mit den überaus freundlichen Piraten ... und erleben in der Folge zahlreiche Abenteuer, ehe sie an Bord eines Dampfers nach England gelangen. Richard Hughes erzählt in einem atemberaubenden Abenteuerroman, dass das Berüchtigte keineswegs so gefährlich und das Unschuldige so harmlos ist, wie es den Anschein macht.

RICHARD HUGHES, geboren 1900 in Surrey, England. Seine frühe Kindheit wurde durch den Tod zweier Geschwister und des Vaters geprägt, die Mutter arbeitete nach dem Tod des Vaters als Journalistin. Nach dem Ersten Weltkrieg ging Hughes nach Oxford, wo er zum Star der universitären Literaturszene avancierte. Bereits 1922 publizierte er einen Gedichtband. Eines seiner Theaterstücke wurde im gleichen Jahr im Londoner West End aufgeführt. Hughes' erster Roman, A High Wind in Jamaica, erschien 1928 und wurde in Großbritannien und in den USA ein Bestseller. In Bedrängnis folgte zehn Jahre später.
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Produkt

KlappentextIm Mittelpunkt des Romans steht die zehnjährige Emily Bas-Thornton. Sie lebt mit ihrer Familie auf Jamaika, doch als ein Orkan über die Insel hinwegfegt und das Wohnhaus der Familie davonträgt, beschließen die Eltern, ihre Kinder nach England heimzuschicken. John, Emily und die »Krümel« werden einem Schiff anvertraut, das jedoch gekapert wird. Die Kinder bleiben durch eine Verknüpfung unglücklicher Umstände an Bord des Schiffes mit den überaus freundlichen Piraten ... und erleben in der Folge zahlreiche Abenteuer, ehe sie an Bord eines Dampfers nach England gelangen. Richard Hughes erzählt in einem atemberaubenden Abenteuerroman, dass das Berüchtigte keineswegs so gefährlich und das Unschuldige so harmlos ist, wie es den Anschein macht.

RICHARD HUGHES, geboren 1900 in Surrey, England. Seine frühe Kindheit wurde durch den Tod zweier Geschwister und des Vaters geprägt, die Mutter arbeitete nach dem Tod des Vaters als Journalistin. Nach dem Ersten Weltkrieg ging Hughes nach Oxford, wo er zum Star der universitären Literaturszene avancierte. Bereits 1922 publizierte er einen Gedichtband. Eines seiner Theaterstücke wurde im gleichen Jahr im Londoner West End aufgeführt. Hughes' erster Roman, A High Wind in Jamaica, erschien 1928 und wurde in Großbritannien und in den USA ein Bestseller. In Bedrängnis folgte zehn Jahre später.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783038208983
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum21.09.2023
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1211 Kbytes
Artikel-Nr.12467877
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel Zwei

Das Wasser troff die ganze Nacht durch den Fußboden des Erdgeschosses auf die Schutzsuchenden darunter, richtete bei ihnen aber (vielleicht dank des Madeira) kein größeres Unheil an. Kurz nach der zweiten Windattacke hörte es allerdings auf zu regnen, und bei Dämmerungsanbruch kletterte Mr. Thornton ins Freie, um den Schaden zu begutachten.

Die Gegend war nicht wiederzuerkennen, so als hätte eine Flut alles überschwemmt. Man konnte, rein geografisch gesprochen, kaum mehr feststellen, wo man sich befand. Die Vegetation, nicht etwa die Geländeform, prägt den Charakter einer tropischen Landschaft, und die gesamte Vegetation hatte sich jetzt auf viele Meilen in eine breiige Masse verwandelt. Flüsse, die sich tief in die rote Erde fraßen, hatten den Boden umgepflügt. Das einzige lebendige Geschöpf weit und breit war eine Kuh, und ihr fehlten beide Hörner.

Von dem aus Holz erbauten Teil des Hauses stand so gut wie nichts mehr. Nachdem sie den Unterschlupf erreicht hatten, war eine Wand nach der anderen umgefallen. Das Mobiliar existierte nur noch als Kleinholz. Selbst vom geliebten massiven Mahagoni-Esstisch, dessen Beine wegen der Ameisen immer in ölgefüllten Glaswännchen geruht hatten, fehlte jede Spur. Einige herumliegende Bruchstücke mochten von ihm stammen, vielleicht aber auch nicht, es ließ sich nicht mehr feststellen.

Mr. Thornton kehrte in den Keller zurück und half seiner Frau heraus; sie war so verkrampft, dass sie sich kaum bewegen konnte. Sie knieten gemeinsam nieder und dankten Gott, dass ihnen nichts Schlimmeres zugestoßen war. Dann standen sie auf und blickten sich benommen um. Unfassbar, dass all das ein Luftstrom angerichtet hatte. Mr. Thornton streichelte die Luft (mit der Hand). Bei Windstille war sie so weich, so dünn, wie sollte man da glauben, dass ihr etwas ebenso Ungreifbares wie Bewegung diese Härte verliehen, dass dies sanfte Ätherphänomen letzte Nacht Fat Betsy mit der Raubgier eines Tigers und den reißenden Fängen eines Vogel Rok gepackt und vor seinen Augen zwei Felder weit geschleudert haben sollte?

Mrs. Thornton verstand seine Geste.

»Bedenke, welcher Herr auch diesem Element gebietet«, sagte sie.

Der Stall war beschädigt, wenn auch nicht restlos zerstört, und Mr. Thorntons Maultier zeigte so schwere Verletzungen, dass er einem Neger befehlen musste, ihm die Kehle durchzuschneiden. Der Buggy war total hinüber. Das einzige unbeschädigte Gebäude war eine Steinkammer, die auf der alten Zuckerplantage als Spital gedient hatte; also weckten sie die Kinder, die sich krank und maßlos unglücklich fühlten, und quartierten sich dort ein, wo die Neger überraschend tatkräftig und freundlich für ihre Bequemlichkeit sorgten, so gut es eben ging. Der Raum war gepflastert und lichtlos, aber stabil.

Die Kinder waren einige Tage übellaunig und schlecht aufeinander zu sprechen, doch sie akzeptierten ihre veränderten Lebensumstände, praktisch ohne sie zu bemerken. Tatsächlich bedarf es einer gewissen Erfahrung, um erkennen zu können, was eine Katastrophe ist und was nicht. Kinder besitzen kaum die Fähigkeit, zwischen einem Unglück und dem gewöhnlichen Verlauf ihres Lebens zu unterscheiden. Wäre Emily klar gewesen, dass sie einen Orkan erlebt hatte, hätte sie sich davon mehr beeindruckt gezeigt, denn diesem Wort wohnte ein romantischer Schrecken inne. Aber das kam ihr nie in den Sinn, und ein Gewittersturm, sei er auch noch so heftig, ist schließlich etwas ganz Alltägliches. Der bloße Umstand, dass er unermesslichen Schaden angerichtet hatte, das Erdbeben hingegen nicht den geringsten, berechtigte ihn absolut nicht, mit Letzterem in der Hierarchie der Naturkatastrophen zu konkurrieren: Ein Erdbeben ist eine Sache für sich. Wenn Emily schwieg, weil sie von einem schrecklichen Ereignis innerlich umgetrieben wurde, dann beschäftigte sie nicht der Orkan, sondern Tabbys Ende. Dies erschien ihr zeitweise unerträglich grausam. Es war ihre erste direkte Begegnung mit dem Tod - noch dazu mit einem gewaltsamen. Den Tod von Old Sam empfand sie nicht auf diese Weise, schließlich besteht ein riesiger Unterschied zwischen einem Neger und einer Lieblingskatze.

Das Kampieren im Spital besaß auch seinen Reiz: Es glich einem unendlichen Picknick, an dem ausnahmsweise auch ihre Eltern teilnahmen. Dadurch erlebten sie diese zum ersten Mal als vernünftige Menschen mit nachvollziehbaren Neigungen - wie zum Beispiel, beim Essen auf dem Fußboden zu sitzen.

Mrs. Thornton wäre überaus erstaunt gewesen, hätte man ihr gesagt, dass sie ihren Kindern bisher eigentlich nichts bedeutet hatte. Sie interessierte sich lebhaft für Psychologie (die Kunst der Geschwätzigkeit, wie Southey sie nennt). Sie steckte voller Theorien über Kindererziehung, die sie aus Zeitmangel nicht in die Praxis umsetzen konnte; dennoch glaubte sie, ein tiefes Verständnis für das Wesen ihrer Kinder zu besitzen und Mittelpunkt ihrer stürmischen Zuneigung zu sein. Tatsächlich aber war sie von Natur aus unfähig, ihre Kinder voneinander zu unterscheiden. Sie war ein pummeliges Persönchen - aus Cornwall, glaube ich. Als Baby war sie so winzig gewesen, dass man sie ständig auf einem Kissen herumtrug, aus Sorge, die plumpe Armbewegung eines Erwachsenen könnte sie verletzen. Mit zweieinhalb konnte sie bereits lesen. Ihre Lektüre war stets ernsthaft. Auch ihre Umgangsformen waren gut ausgebildet: ihre Conduite, so befanden ihre Anstandslehrerinnen, sei außerhalb der älteren Adelshäuser selten anzutreffen - trotz der Figur eines Polsterkissens könne sie eine Kutsche besteigen so wie ein Engel eine Wolke. Sie war ausgesprochen aufbrausend.

Mr. Bas-Thornton besaß ebenfalls alle erdenklichen Vorzüge, ausgenommen zwei: Er erfreute sich weder des Erstgeburtsrechts noch der Begabung, sein Auskommen zu finden. Eines von beiden hätte zu ihrer Existenzsicherung genügt.

Ebenso überrascht wie die Mutter wären zweifellos auch die Kinder gewesen, hätte man ihnen gesagt, wie wenig ihnen die Eltern im Grunde bedeuteten. Kinder verfügen selten über die Fähigkeit der quantitativen Selbstanalyse; unabhängig von den Tatsachen gilt für sie der Glaubenssatz, dass sie gleich stark und an erster Stelle Vater und Mutter lieben. Eigentlich gehörte die erste Stelle in ihren Herzen der Katze Tabby, an zweiter Stelle kam das eine oder andere der Geschwister, während sie von ihrer Mutter höchstens einmal pro Woche Notiz nahmen. Ihren Vater liebten sie etwas mehr, teilweise wohl wegen der Zeremonie des abendlichen Heimreitens in seinen Steigbügeln.

Jamaika überdauerte und erblühte neu aus seinem unerschöpflich fruchtbaren Schoß. Mr. und Mrs. Thornton überdauerten und versuchten mit Geduld und unter Tränen, alles wieder aufzubauen, soweit es sich wieder aufbauen ließ. Aber der Gefahr, in der ihre geliebten Kleinen geschwebt hatten, durfte man sie kein zweites Mal aussetzen. Der Himmel hatte eine Warnung gesandt. Die Kinder mussten fort.

Außerdem waren sie nicht nur an Leib und Leben gefährdet.

»Diese entsetzliche Nacht!«, sagte Mrs. Thornton einmal, als sie ihren Plan berieten, die Kinder nach Hause und auf eine Schule in England zu schicken. »Meine Güte, wie müssen die armen Würmchen gelitten haben! Als Kind fürchtet man sich doch noch viel mehr! Und dabei sind sie so tapfer gewesen, so britisch.«

»Ich glaube nicht, dass sie sich der Gefahr bewusst waren.« (Aus ihm sprach der pure Widerspruchsgeist; er durfte kaum erwarten, ernst genommen zu werden.)

»Ich befürchte wirklich, sie könnten durch den Schock dauerhaft seelischen Schaden genommen haben. Ist dir aufgefallen, dass sie nie darüber sprechen? In England wären sie zumindest vor solchen Gefahren sicher.«

Die Kinder, die das neue Leben ganz selbstverständlich akzeptierten, genossen es weidlich. Auf einer Bahnreise steigen die meisten Kinder am liebsten an möglichst vielen Stationen um.

Auch den Wiederaufbau von Ferndale verfolgten sie mit höchstem Interesse. Denn einen Vorteil haben diese Streichholzschachtelhäuser: So leicht sie einstürzen, so leicht sind sie auch wieder aufgebaut; und als einmal der Anfang gemacht war, schritten die Arbeiten rasch voran. Mr. Thornton leitete den Bautrupp persönlich und brachte diverse selbst erfundene mechanische Gerätschaften zum Einsatz, und schon bald nahte der Tag, da steckte er den hübschen Kopf durch das schnell schrumpfende Loch im neuen Dach und kommandierte lautstark die zwei schwarzen Zimmerleute, die in karierten Hemden, Arme und Beine ausgestreckt, auf dem Dach lagen, Schindel um Schindel festnagelten und ihn dabei quasi einmauerten wie das Opfer in einer Gruselgeschichte. Zuletzt musste er den Kopf doch einziehen, und dort, wo er sich eben noch befunden hatte, wurden die letzten Schindeln eingepasst.

Eine Stunde später sahen die Kinder Ferndale zum letzten Mal.

Die Mitteilung, dass sie nach England reisen würden, hatten sie als eine isolierte Tatsache hingenommen: eigentlich aufregend, aber ohne kausalen Zusammenhang - denn mit dem Tod der Katze konnte es wohl kaum etwas zu tun haben, und sonst war in letzter Zeit ja nichts Wichtiges passiert.

Die erste Etappe ihrer Reise ging zu Land nach Montego Bay, und das Bemerkenswerte dabei war, dass den geborgten Kutschwagen nicht zwei Pferde oder zwei Maultiere zogen, sondern ein Pferd und ein Maultier. Jedes Mal, wenn das Pferd schneller laufen wollte, schlief der Maulesel an der Deichsel ein, und weckte der Kutscher ihn dann auf, galoppierte das Tier los, was wiederum das Pferd ärgerte. Sie wären ohnehin nur langsam vorangekommen, denn sämtliche Wege waren fortgespült.

John konnte sich als...

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Autor

RICHARD HUGHES, geboren 1900 in Surrey, England. Seine frühe Kindheit wurde durch den Tod zweier Geschwister und des Vaters geprägt, die Mutter arbeitete nach dem Tod des Vaters als Journalistin. Nach dem Ersten Weltkrieg ging Hughes nach Oxford, wo er zum Star der universitären Literaturszene avancierte. Bereits 1922 publizierte er einen Gedichtband. Eines seiner Theaterstücke wurde im gleichen Jahr im Londoner West End aufgeführt. Hughes' erster Roman, A High Wind in Jamaica, erschien 1928 und wurde in Großbritannien und in den USA ein Bestseller. In Bedrängnis folgte zehn Jahre später.