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Die Rose im Sand

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Dörlemann eBookerschienen am04.10.2023
Mrs Paxton flieht vor ihrem Unglück Hals über Kopf in eine verlassene Rettungsstation in den Dünen. Dort, umgeben von Strand, Meer und Herbststürmen gibt sie sich ihrer stillen Melancholie und Trauer hin, die in einer mürrischen Einsamkeit mündet. Bis eines Tages ein kleines Wunder der Natur sie ins Leben zurückholt. Der Senator aus Johnson vertritt vehement die Interessen seiner Wähler im Kapitol. Doch sein Unbehagen wird größer und größer... und er kippt im letzten Moment seine siegreiche Abstimmung, um einem Mörder eine Chance zu geben. Susan Glaspells Stories erzählen von Wendungen im Leben, in denen ihre Protagonisten den Mut zur Umkehr finden. Ihre Themen sind universell, sie handeln von Individualität und sozialer Konformität, den Kompromissen der Ehe, den Enttäuschungen und Hoffnungen des Alterns.

SUSAN GLASPELL, geboren 1876 in Davenport, Iowa, studierte Philosophie an der Drake University und arbeitete als Reporterin für verschiedene Zeitungen in Des Moines. Ihre Kurzgeschichten erschienen u. a. im Harper's Magazine, ihr Debütroman, The Glory of the Conquered (1909) wurde von der Kritik gefeiert. Gemeinsam mit ihrem Mann gründete sie die Provincetown Players, für die sie zahlreiche Theaterstücke schrieb. 1931 erhielt sie den Pulitzer-Preis für ihr Theaterstück Alison's House. Susan Glaspell starb 1948 in Provincetown.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextMrs Paxton flieht vor ihrem Unglück Hals über Kopf in eine verlassene Rettungsstation in den Dünen. Dort, umgeben von Strand, Meer und Herbststürmen gibt sie sich ihrer stillen Melancholie und Trauer hin, die in einer mürrischen Einsamkeit mündet. Bis eines Tages ein kleines Wunder der Natur sie ins Leben zurückholt. Der Senator aus Johnson vertritt vehement die Interessen seiner Wähler im Kapitol. Doch sein Unbehagen wird größer und größer... und er kippt im letzten Moment seine siegreiche Abstimmung, um einem Mörder eine Chance zu geben. Susan Glaspells Stories erzählen von Wendungen im Leben, in denen ihre Protagonisten den Mut zur Umkehr finden. Ihre Themen sind universell, sie handeln von Individualität und sozialer Konformität, den Kompromissen der Ehe, den Enttäuschungen und Hoffnungen des Alterns.

SUSAN GLASPELL, geboren 1876 in Davenport, Iowa, studierte Philosophie an der Drake University und arbeitete als Reporterin für verschiedene Zeitungen in Des Moines. Ihre Kurzgeschichten erschienen u. a. im Harper's Magazine, ihr Debütroman, The Glory of the Conquered (1909) wurde von der Kritik gefeiert. Gemeinsam mit ihrem Mann gründete sie die Provincetown Players, für die sie zahlreiche Theaterstücke schrieb. 1931 erhielt sie den Pulitzer-Preis für ihr Theaterstück Alison's House. Susan Glaspell starb 1948 in Provincetown.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783038209003
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum04.10.2023
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1371 Kbytes
Artikel-Nr.12497358
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Das Gnadengesuch

Senator Harrison beendete sein Plädoyer und setzte sich. Applaus gab es nicht, aber er hatte auch keinen erwartet. Schon fragte Senator Dorman: »Herr Präsident?«, auf den vollen Galerien entstand Unruhe und unter den Senatoren ungeduldiges Stühlerücken. Auf dem Pressebalkon ordneten die Reporter ihre Blätter und prüften mit ernstem Blick ihre Bleistiftspitzen. Dorman war der beste Redner im Senat und gehörte zur populären Partei. Dies würde die große Rede der Sitzungsperiode werden, und nach einer Flut von Eisenbahn- und Versicherungsvorlagen war das eine ermunternde Aussicht.

»Ich möchte Ihnen erläutern«, begann er, »wieso ich mich für diesen Beschluss zur Empfehlung einer Begnadigung für Alfred Williams eingesetzt habe. Dass jedem Lebewesen eine Chance gegeben wird, ist eines der großen Gesetze des Universums. In dem uns vorliegenden Fall wurde dieses Gesetz gebrochen. Jedoch läuft das nicht auf die Frage einer zweiten Chance hinaus. Der Junge, von dem hier die Rede ist, hat nicht einmal eine erste erhalten.«

Senator Harrison schwang seinen Sessel halb herum und schaute hinaus auf die Grünpflanzen, die auf dem Gelände des Kapitols wieder zeigten, was in ihnen steckte. Auch ohne zuzuhören, wusste er in groben Zügen, was Senator Dorman zu sagen hatte, und er war der ganzen Angelegenheit ein wenig überdrüssig. Er hoffte, dass sie heute Abend auf die eine oder andere Weise damit zum Ende kommen und sich etwas anderem zuwenden würden. Er hatte sein Mögliches getan, und für alles Weitere waren nun die anderen verantwortlich. Er meinte, dass sie angesichts der geschlossenen Gegenwehr aus Johnson County, dem Tatort des Verbrechens, ziemlich viel auf sich nahmen, um die Begnadigung zu erwirken. Eine Gemeinde sollte ihre eigenen Verbrechen doch wohl am besten selbst beurteilen, und als Senator für Johnson County hatte er entsprechend versucht, sie davon zu überzeugen.

Ihm war bewusst, dass sein Argument gegen den Jungen überzeugend war. Im Grunde gefiel ihm die Haltung, die er eingenommen hatte. Er wirkte wie die fleischgewordene, empörte Rechtsprechung, die versucht, sich der Flut der Gefühle entgegenzustemmen. Er gefiel sich in dem Gedanken, weit über die Gegenwart und den Einzelfall hinauszudenken und als Wächter der Zukunft und des Ganzen aufzutreten. Die Reporter würden in ihrem Bericht über den heutigen Abend geschraubt über den rührenden Appell von Senator Dorman sprechen und dann leidenschaftslos die logische Argumentation des Oppositionsführers nachvollziehen. Aus der Logik gewann das Ich mehr Befriedigung als aus der Beredsamkeit. Ein wenig war er sogar stolz auf seine Unbeliebtheit. Sie wirkte wie ein Opfer.

Er fragte sich, wieso Senator Dorman sich der Sache dermaßen verschrieben hatte. Während der gesamten Sitzungsperiode hatte der Senator aus Maxwell im Namen dieses Jungen, mit dem ihn nicht das Geringste verband, alle persönlichen Interessen hintangestellt. Wahrscheinlich handelte es sich, so seine Vermutung, um ein soziologisches und psychologisches Experiment. Senator Dorman hatte dem Gouverneur versprochen, der Vormund des Jungen zu werden, falls er freikäme. Der Senator aus Johnson folgerte, dass sein wortgewandter Kollege als studierter Sozialwissenschaftler herausfinden wollte, was er aus ihm machen könne. Anzunehmen, dass das Interesse lediglich persönliches Mitgefühl sei, wäre wohl unehrenhaft.

»Ich muss mich mit der Geschichte nicht aufhalten«, sprach der Senator aus Maxwell, »Sie sind bereits alle damit vertraut. Es heißt, es handle sich dabei um das furchtbarste Verbrechen im Bundesstaat. Das gebe ich gern zu und bitte Sie aber, einen Augenblick die Umstände zu betrachten, die dazu geführt haben.

Bei der Geburt des Jungen strengte seine Mutter die Scheidung gegen seinen Vater an, die sie auch erhielt. Als Alfred drei Monate alt war, heiratete sie erneut. Schon als Baby lehrte sie ihn, seinen Vater zu hassen. Immer, wenn etwas schieflief, erklärte sie ihm, sein Vater sei schuld. Seine ersten Eindrücke waren, dass sein Vater für alles Übel im Universum verantwortlich war.

Sieben Jahre lang ging das so weiter, dann starb seine Mutter. Sein Stiefvater wollte ihn nicht. Er zog nach Missouri, da würde ihm der Junge bloß ein kostspieliger Klotz am Bein sein. Er unternahm keinerlei Anstrengungen, ihm ein Zuhause zu finden; er erklärte ihm auch nichts, sondern ging einfach fort und ließ ihn zurück. Im Alter von sieben Jahren stand der Junge allein in der Welt, nachdem er eines gelernt hatte - seinen Vater zu hassen. Er blieb noch einige Tage im leeren Haus, dann kamen die neuen Bewohner und setzten ihn vor die Tür. Es mag ihm durchaus merkwürdig vorgekommen sein, dass er in eine Welt hinausgeschickt wurde, in der kein Platz für ihn war.

Die Nachbarn, die er um Asyl bat, rieten ihm, sich an seinen Vater zu wenden, anstatt Fremde zu belästigen. Er wisse nicht, wo sein Vater sei, erklärte er. Sie sagten es ihm, und er lief los - eine Strecke von fünfzig Meilen. Bitte denken Sie daran, meine Herren, er war erst sieben Jahre alt. In diesem Alter schlägt der durchschnittliche Junge sein drittes Lesebuch auf und spielt mit Murmeln und Kreiseln.

Als er zum Haus seines Vaters kam, machte man ihm auf der Stelle klar, dass er dort nicht erwünscht war. Der Mann hatte wieder geheiratet, es gab andere Kinder, für Alfred hatte er keinen Platz. Er wies ihn ab; doch die Nachbarn protestierten, und er musste ihn aufnehmen. Vier Jahre lang wohnte er in diesem Haus, in das er ungebeten eingezogen und in dem er nie willkommen gewesen war.

Die ganze Familie war ihm feind. Der Vater befriedigte seinen Abscheu gegen die tote Mutter des Knaben, indem er ihren Sohn verprügelte, seine Frau dazu brachte, ihn zu misshandeln, und die übrigen Kinder, ihn zu verachten. Undenkbar, dass solche Zustände möglich sind. Der einzige Beweis für ihre Existenz ist, dass es sie gibt.

Das Verbrechen muss ich nicht im Einzelnen beschreiben. Nach einem Streit mit seiner Stiefmutter wegen verschütteter Milch wurde er an jenem Abend von seinem Vater verprügelt. Wie immer ging er zum Schlafen in die Scheune; aber das Heu ließ ihm keine Luft, sein Kopf pochte, er konnte nicht einschlafen. Mitten in der Nacht stand er auf, ging zum Haus hinüber und tötete sowohl Vater als auch Stiefmutter.

Selbstverständlich vermag ich nicht zu sagen, welche Gedanken dem Jungen durch den Kopf rasten, als er im stickigen Heu lag und das heiße Blut gegen seine Schläfen pochte. Ich kann nicht sagen, ob er klaren Verstands oder wahnsinnig war, als er zum Haus hinüberging, um das furchtbare Verbrechen auszuführen. Ich behaupte nicht einmal, dass es nicht geschehen wäre, hätte es einen Menschen gegeben, der ihm eine kühlende Hand auf die heiße Stirn gelegt und einige beruhigende, liebevolle Worte gesprochen hätte, um seine quälende Einsamkeit und sein Leid zu lindern. Ich möchte nur, dass Sie eines bedenken: Er war damals elf Jahre alt und hatte keinen einzigen Freund auf der ganzen Welt. Mitgefühl war ihm unbekannt; alles, was er kannte, war Ungerechtigkeit.«

Immer noch betrachtete Senator Harrison die knospenden Gewächse auf dem Gelände, folgte jedoch vage der Geschichte. Er wusste, wann der Senator aus Maxwell die Fakten aufgezählt hätte und sein Plädoyer beginnen würde. Ihm war bewusst, dass es kraftvoller war als erwartet - mehr Logik und weniger leere Ermahnung. Er sprach über das Leben des Knaben in der Besserungsanstalt und im Strafvollzug nach Begehen des Verbrechens - und wie er sich durch Freundlichkeit hatte entfalten können, über seine geistigen Errungenschaften, die Briefe, die er schreiben konnte, die Bücher, die er gelesen hatte, die Hoffnungen, die er nährte. Es war bekannt, dass er in den zwölf Jahren, die er dort verbracht hatte, kein einziges Mal unfreundlich oder gemein gehandelt hatte; er reagierte auf Zuneigung - hungerte danach. Das war keineswegs ein Bericht über einen Degenerierten, erklärte der Senator aus Maxwell.

Dem Senator aus Johnson ging eine Menge durch den Kopf. Er versuchte, sich zu erinnern, wer das Buch Du an seiner Statt geschrieben hatte. Er hatte es einmal gelesen und ärgerte sich, dass er sich keine Namen merken konnte. Als Nächstes fragte er sich, wieso die Philosophen nicht mehr über die Ungleichheit zu sagen hatten, dass Menschen, die nie Probleme gehabt hatten, über Menschen richteten, die ausschließlich Probleme hatten. Außerdem überlegte er, dass abstrakte Regeln nicht immer passgenau auf konkrete Fälle anzuwenden waren und dass es ohnehin schwierig war, dem Leben mit Regeln beizukommen.

Dann fragte er sich, wie es dem jungen Alfred Williams ergangen wäre, wäre er an Charles Harrisons Stelle geboren worden; und dann stellte er sich den umgekehrten Fall vor. Wie es wohl Charles Harrison ergangen wäre, wäre er an Alfred Williams Stelle geboren. Ob die Idee zum Mord wohl in Alfred Williams Herz entstanden wäre, wäre er in die Lage von Charles Harrison hineingeboren worden, und ob es für Charles Harrison ein Ding der Möglichkeit gewesen wäre, seinen Vater zu ermorden, wäre er in Alfred Williams Situation geboren worden. So gesehen war es nicht leicht einzuschätzen, wie viel davon dem Jungen selber zuzuschreiben war und wie viel dem Platz, den die Welt für ihn bereitgehalten hatte. Und wenn es eher dem für ihn bereitgehaltenen Platz als dem Jungen zuzuschreiben war, wieso lag die Schuld dann nicht eher bei denen, die ihm diesen Platz bereitet hatten, als bei dem, der ihn einnahm? Das Ganze war sehr verwirrend.

»Dieser Laufbursche hier«, sagte der Senator aus Maxwell und hob den kleinen Kerl auf den Tisch, »ist erst elf Jahre alt und...

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SUSAN GLASPELL, geboren 1876 in Davenport, Iowa, studierte Philosophie an der Drake University und arbeitete als Reporterin für verschiedene Zeitungen in Des Moines. Ihre Kurzgeschichten erschienen u. a. im Harper's Magazine, ihr Debütroman, The Glory of the Conquered (1909) wurde von der Kritik gefeiert. Gemeinsam mit ihrem Mann gründete sie die Provincetown Players, für die sie zahlreiche Theaterstücke schrieb. 1931 erhielt sie den Pulitzer-Preis für ihr Theaterstück Alison's House. Susan Glaspell starb 1948 in Provincetown.