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Die Stille tiefen Wassers

Du endest, wo ich beginne
tolino mediaerschienen am01.07.2023
Bei einem Ausflug in das städtische Nachtleben gerät Hailee Borrows völlig unschuldig mitten in eine Schießerei. Sie selbst bleibt unverletzt, wird für einen anderen, ihr unbekannten Beteiligten jedoch zur Lebensretterin. Erst später erfährt sie, wen genau sie vor dem Tod bewahrt hat. Allen Warnungen zum Trotz sieht Hailee ihre Begegnung mit diesem berüchtigten Verbrecher als Wink des Schicksals. Denn auch ihr eigenes Leben ist gefährlicher, als sie ihre Umwelt wissen lässt. Findet sie im Untergrund endlich Hilfe oder zieht der Kontakt zur Mafia sie weiter in die Tiefe?

Judith Kleiner stammt aus Oberösterreich und hat sich nach ihrem Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaften in Wien in eine ländlichere Gegend zurückgezogen. Die Umsetzung ihres langgehegten Traumes, ein Buch zu veröffentlichen, verdankt sie zum Teil ihrer Findlingskatze Mia. Sie weckte in ihr den Wunsch, mehr Zeit bei ihr zu Hause verbringen zu können. Nebenberuflich nutzt sie nun jede freie Minute für ihre kreativen Projekte. Instagram und TikTok: @judith.kleiner.autorin
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR12,99
BuchGebunden
EUR23,99

Produkt

KlappentextBei einem Ausflug in das städtische Nachtleben gerät Hailee Borrows völlig unschuldig mitten in eine Schießerei. Sie selbst bleibt unverletzt, wird für einen anderen, ihr unbekannten Beteiligten jedoch zur Lebensretterin. Erst später erfährt sie, wen genau sie vor dem Tod bewahrt hat. Allen Warnungen zum Trotz sieht Hailee ihre Begegnung mit diesem berüchtigten Verbrecher als Wink des Schicksals. Denn auch ihr eigenes Leben ist gefährlicher, als sie ihre Umwelt wissen lässt. Findet sie im Untergrund endlich Hilfe oder zieht der Kontakt zur Mafia sie weiter in die Tiefe?

Judith Kleiner stammt aus Oberösterreich und hat sich nach ihrem Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaften in Wien in eine ländlichere Gegend zurückgezogen. Die Umsetzung ihres langgehegten Traumes, ein Buch zu veröffentlichen, verdankt sie zum Teil ihrer Findlingskatze Mia. Sie weckte in ihr den Wunsch, mehr Zeit bei ihr zu Hause verbringen zu können. Nebenberuflich nutzt sie nun jede freie Minute für ihre kreativen Projekte. Instagram und TikTok: @judith.kleiner.autorin
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757966225
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Seiten124 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse749
Artikel-Nr.12501784
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


 

Kapitel 1: Vor dem Club

 

»Willst du noch einen Drink?«

Lee starrte auf das Glas, das vor ihr auf der Bar stand. Die letzten Eiswürfel lösten sich wieder in ihre ursprüngliche Form auf. Das Wasser bebte im Beat der dröhnenden Musik. Mit ihrem Daumen fuhr sie über die nasse Außenseite des Glases.

»Nein, vielen Dank. Dein verzweifelter Versuch, mich ins Bett zu kriegen, führt ja doch nirgendwo hin«, murmelte sie mit dem bezauberndsten Lächeln, das sie aufzubringen vermochte, und schüttelte dann gespielt bedauernd den Kopf. Die Musik in dem Club war zu laut, um überhaupt ein anständiges Gespräch führen zu können.

Jeff, der fünfzigjährige, schmierige Typ, der seit einer halben Stunde versuchte, bei Lee Eindruck zu schinden, nickte ihr leicht enttäuscht zu. Er hatte nicht gehört, was sie genau gesagt hatte, begriffen hatte er nur, dass sie keinen weiteren Drink nehmen würde. Er wusste, dass er sie nicht rumkriegen würde, solange sie bei klarem Verstand war.

Immer noch lächelte sie ihm zu. Seine aufdringliche Art nervte sie zunehmend.

»Willst du tanzen?«, rief er.

Ach Jeff, dachte Lee, mach dich doch nicht völlig zum Idioten!
Sie schüttelte erneut ihren Kopf und deutete auf ihre Armbanduhr.

»Ich muss bald wieder los.«

»Komm schon! Nur ein kleines Tänzchen!«, schrie Jeff sie durch den Lärm hindurch an und vollführte dabei einige alberne Tanzbewegungen.

Dieses Mal war ihr Lachen echt. Sie lachte nicht nur über den dämlichen Tanz, den Jeff aufführte, sondern auch über ihn. Er war eigentlich kein unattraktiver Mann, aber sein enges Shirt, der moderne Haarschnitt mit den vereinzelt grauen Strähnen und sein Aftershave, das er in solchen Unmengen aufgetragen hatte, dass man es auch im Gestank des Clubs noch wahrnehmen konnte, ließen ihn für Lee etwas zu verzweifelt erscheinen. Er war über zwanzig Jahre älter als sie, vermutlich geschieden und höchstwahrscheinlich gab es irgendwo auch Kinder. Fotos hatte sie bisher nur von seinem ehemaligen Boot, seinem ehemaligen Haus und seinem Auto gesehen. Vielleicht hatte ihn seine Frau verlassen, weil er nur gearbeitet hatte, vielleicht hatte er auch eine Affäre gehabt, die inzwischen ebenfalls in die Brüche gegangen war. Alles an ihm schrie danach, dringend wieder einmal jemanden flachlegen zu wollen. Seine armselige Darbietung beeindruckte sie nicht. Er tat ihr fast leid, aber nur fast. Jeder hatte sein Päckchen in dieser Welt zu tragen. Seines war nicht schwerer als ihr eigenes.

Jeff war heute hierhergekommen, um eine Frau abzuschleppen. Es mangelte nicht an Auswahl. Doch mit Lee hatte er sich an diesem Abend eindeutig die Falsche ausgesucht. Selten hatte sie die Gelegenheit, ihre Nächte in solch einer Umgebung zu verbringen.

Die grellen Lichtkegel der Scheinwerfer rasten durch den hohen, ansonsten düsteren Raum, der immer wieder von blendendem Stroboskoplicht erhellt wurde. Die Tanzenden gaben sich dem Rhythmus des pulsierenden Basses hin, der einem durch die Organe und Knochen hallte. Aufgedonnerte Gestalten rieben ihre spärlich bedeckten Körper an denen der anderen. Kaum jemand war hier nüchtern und kaum jemand hatte seine Nüchternheit nur dem Alkohol geopfert. Der chemische Geruch von Amphetaminen und der Gestank von Schweiß hingen beißend in der Luft. Der Club wirkte bei genauem Hinsehen schäbig, der dunkle PVC-Boden und das schwarz lackierte Holz der Bar waren verklebt. Was konkret sie klebrig machte, wollte man besser nicht wissen. Auch die samtigen Bezüge der Barhocker hatten ihre Glanzzeiten hinter sich.

Das Personal hinter der Theke war aufgekratzt und nicht nüchterner als die Gäste. Die hübschen Barkeeper und Kellnerinnen flirteten wie wild, um zusätzliches Trinkgeld zu ergattern. Die Frauen ließen sich von den Männern begaffen und belabern. Es wurden plumpe Anmachen und bösartige Körbe verteilt. Immer das gleiche Schauspiel, das gleiche Verhalten und das gleiche Ergebnis.

Lee gefiel es hier, denn sie wusste, dass sie hier nicht dazugehörte. Erst kürzlich hatte sie wieder damit begonnen, auszugehen, und genoss es, sich in den überfüllten Clubs als Außenseiterin zu fühlen. Wenn sie ausging, dann immer allein. Jedes Mal bestellte sie sich einen Wodka-Tonic an der Bar und wartete. Obwohl sie auch in Lumpen schön gewesen wäre, trug sie teure Designerkleider. Das Anziehendste an ihr schien jedoch ihr Gleichmut zu sein. Sie beobachtete die Menschen um sich herum, beteiligte sich aber nur unfreiwillig an ihren banalen Ritualen.

Meist vergingen nur wenige Minuten, bis sich jemand zu ihr an die Bar setzte und sie mit den ewig gleichen Sprüchen bombardierte. Manche starrten sie unverhohlen an und schienen darauf zu hoffen, dass ihre Blicke sie zu einem Striptease animieren könnten. Andere redeten wild drauf los, hatten offensichtlich keine Hemmungen, ihren Drogenkonsum verbal zur Schau zu stellen.

Lee ließ sich die Langeweile, die sie bei den Unterhaltungen empfand, nicht anmerken. Mit einigen ihrer Verehrer unterhielt sie sich geduldig und charmant. Andere wies sie höflich, aber direkt ab. Ihre Art, mit Männern umzugehen, war nur ein weiterer Hinweis darauf, dass sie hier völlig fehl am Platz war. Nach Hause ging sie ebenfalls immer allein. Sie wollte niemanden kennenlernen und mit keinem Fremden ins Bett gehen. Für sie waren diese kurzen Ausflüge ein Ausbrechen aus ihrem Alltag. Sie wollte sich in den zuckend tanzenden Menschenmassen verlieren, in ihrem Lärm untergehen. Manchmal genoss sie die Aufmerksamkeit der Kerle, das Gefühl, für einen kurzen Zeitraum der Mittelpunkt eines Universums zu sein. Es war ausschließlich Begierde, die all diese Männer empfanden. Sie fanden sie attraktiv, wollten mit ihr ins Bett, das wusste sie genau. Doch diese Begierde verlieh ihr Macht und dieses Gefühl war unbezahlbar.

Für ihre Abende außer Haus schlüpfte sie in enge Kleider, die ihre körperlichen Vorzüge fast überquellen ließen, föhnte sich das lange Haar voluminös zurecht und verpasste ihrem Gesicht einen neuen Anstrich, der all die schönen Details zur Geltung brachte. Wann immer sie ausging, sah sie umwerfend aus. Die Leute starrten sie an, wenn sie einen Raum betrat. Sie konnte die Blicke spüren und genoss das Schauspiel der Balztänze, die die Männer um sie veranstalteten, ohne irgendwelche Konsequenzen fürchten zu müssen.

Bei ihren Ausflügen trank sie maximal zwei Drinks, bevor sie sich wieder verabschiedete. Sie tanzte nicht, tauschte keine Nummern aus und ließ sich von niemandem anfassen. Diese Nächte dienten der Selbsterhaltung, der Bestätigung. Wenn die Männer begriffen, dass sie nie wirklich eine Chance bei Lee gehabt hatten, war ihre Frustrationsgrenze schnell erreicht. Mit einer Ausrede entschuldigte sie sich daher meist frühzeitig, sodass die Sitzengelassenen weiterhin glauben konnten, sie hätten sie noch rumbekommen, wenn sie nicht vorzeitig hätte aufbrechen müssen.

Sie selbst kehrte am Ende dieser Abende nach Hause zurück und stellte sich unter die Dusche, wusch sich ihre Maske ab, zog sich einen ihrer seidenen Schlafanzüge an und vergrub sich allein in ihrem gigantischen Bett. Die Abstecher in die Außenwelt brachten sie sich selbst etwas näher.

Jeffs Balztanz hatte sie an diesem Abend besonders ermüdet. Sie verabschiedete sich von ihrem Verehrer, der sichtlich angepisst war, dennoch aber die Drinks bezahlte. Als sie sich schon entfernen wollte, fasste Jeff sie am Arm und zog sie wieder zu sich. Sie musste ihre Fäuste auf seine Brust legen, um etwas Abstand zwischen sich und ihn zu bringen.

»Wie wär´s? Sehen wir uns morgen wieder?«, rief er und lehnte sich dabei aufdringlich nach vorne.

Lee grinste einen Moment unschuldig in Jeffs dummes Gesicht, bevor sie entschlossen den Absatz ihres High Heels mit all ihrer Kraft in die Stelle seines Turnschuhs bohrte, an der sie seine große Zehe vermutete. Erschrocken stolperte Jeff einen Schritt zurück und ließ sie dabei los.

Schnell verschwand sie aus seiner Reichweite und bahnte sich ihren Weg durch die tanzende Masse. Sie liebte dieses Gefühl, sich zu behaupten und sich zielgerichtet durch die wilde Menschenmenge zu schieben und dabei Leute anzurempeln, die sie entweder ignorierten oder irritiert ansahen. Sie war der menschgewordene Widerstand, unbarmherzig und unumstößlich. Ein Baum, der inmitten eines sturmgebeutelten Waldes völlig reglos dastand. Sie blieb still, dort wo Chaos herrschte.

Als sie endlich draußen in der kühlen Nachtluft ankam, hämmerte der Bass immer noch durch ihre Gliedmaßen und in ihren Ohren. Beim Verlassen solcher Partys hatte sie stets das Gefühl, wie ein Stein auf den Boden der Realität zu prallen. Das Nachtleben glich einer fantastischen Seifenblase, die nur aus Trinken, Tanzen, Feiern und Flirten bestand. Der frischen Luft außerhalb der abgeschotteten Räume eines Nachtclubs oder einer Bar konnte diese aber nicht standhalten.

Kleine Gruppen von Menschen standen ebenfalls draußen, rauchten, tranken oder kotzten sich bereits die Schuhe voll. Autos rasten an der Straße entlang, manche bogen zu dem Club ab und entließen die völlig überdrehten Insassen ihrem nächtlichen Schicksal. Einige Junkies und Obdachlose tummelten sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite unter einer gigantischen Autobahnbrücke und verfluchten aus sicherer Entfernung die Feierwütigen, die noch nicht so tief wie sie selbst abgestürzt waren. Während sie sich an ihre Einkaufswägen klammerten, kramten nur wenige Meter weiter junge, hübsche Frauen Geldscheine aus ihren Handtaschen, um den Dealern an der Ecke ein paar Gramm reinsten Spaßes abzukaufen.

Lee beobachtete einen Moment lang dieses merkwürdige...
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