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Phoenix: Himmelsbrand

tolino mediaerschienen am01.07.2023
Sie schaute über die Schulter zurück und wandte sich ein letztes Mal Rom zu. Es brannte ebenso lichterloh wie ihr Herz. Octavia hoffte, dass die Stadt überlebte, dass sie wie sie aus ihrer eigenen Asche auferstehen würde. Dann drehte sie sich um, fächerte ihre Schwingen auf und flog dem Sternenhimmel entgegen. Um die Menschen von der Schreckensherrschaft der Saiwalo zu befreien, hat Tavi alles geopfert - ihre Liebe, ihre Familie und auch sich selbst unzählige Male. Ganz auf sich allein gestellt, kehrt sie nach Hamburg zurück. Doch in Hamburg, wo einst das Experiment zu Teslas Lebzeiten begann, steht Tavi schon kurze Zeit später mit alten und neuen Verbündeten den Saiwalo Auge in Auge gegenüber. Hat ihre Rebellion eine Chance auf Erfolg oder werden sie für immer vom Angesicht der Erde gefegt? Der epische Abschluss der preisgekrönten Teslapunk-Trilogie von Ann-Kathrin Karschnick. Ehemals Phoenix-Kinder der Glut.

Ann-Kathrin Karschnick ist Autorin für unter anderem Phantastik, aber eigentlich ist sie nur eine Autorin, die verzweifelt versucht, den Stimmen in ihrem Kopf Geschichten zu geben. 2014 gewann sie neben dem Hombuch-Preis als beste deutschsprachige Autorin auch den Deutschen Phantastikpreis mit dem Roman Phoenix - Aschegeboren (Tochter der Asche). Ihr Markenzeichen ist das grüne Kleid. Egal, ob Lesung, Convention oder Messe: Ohne das grüne Kleid ist sie nicht unterwegs.
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Produkt

KlappentextSie schaute über die Schulter zurück und wandte sich ein letztes Mal Rom zu. Es brannte ebenso lichterloh wie ihr Herz. Octavia hoffte, dass die Stadt überlebte, dass sie wie sie aus ihrer eigenen Asche auferstehen würde. Dann drehte sie sich um, fächerte ihre Schwingen auf und flog dem Sternenhimmel entgegen. Um die Menschen von der Schreckensherrschaft der Saiwalo zu befreien, hat Tavi alles geopfert - ihre Liebe, ihre Familie und auch sich selbst unzählige Male. Ganz auf sich allein gestellt, kehrt sie nach Hamburg zurück. Doch in Hamburg, wo einst das Experiment zu Teslas Lebzeiten begann, steht Tavi schon kurze Zeit später mit alten und neuen Verbündeten den Saiwalo Auge in Auge gegenüber. Hat ihre Rebellion eine Chance auf Erfolg oder werden sie für immer vom Angesicht der Erde gefegt? Der epische Abschluss der preisgekrönten Teslapunk-Trilogie von Ann-Kathrin Karschnick. Ehemals Phoenix-Kinder der Glut.

Ann-Kathrin Karschnick ist Autorin für unter anderem Phantastik, aber eigentlich ist sie nur eine Autorin, die verzweifelt versucht, den Stimmen in ihrem Kopf Geschichten zu geben. 2014 gewann sie neben dem Hombuch-Preis als beste deutschsprachige Autorin auch den Deutschen Phantastikpreis mit dem Roman Phoenix - Aschegeboren (Tochter der Asche). Ihr Markenzeichen ist das grüne Kleid. Egal, ob Lesung, Convention oder Messe: Ohne das grüne Kleid ist sie nicht unterwegs.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757967062
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Seiten466 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse994
Artikel-Nr.12501800
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolog

Tavi

 

18. Juli 64 - Ihr Name war Claudia Octavia. Seit zwei Jahren glaubte jeder, sie wäre tot. Die Verbannung auf eine Insel hatte Nero nicht gereicht. Nein, seine Geliebte hatte ihren Kopf gefordert - bekommen hatte sie den einer verunstalteten Sklavin und die gekauften Lügen ihrer Aufpasser.

Claudia Octavia hatte überlebt und sich ihren Weg zurück nach Rom erkämpft. Anderthalb Tage lebte sie bereits auf der Straße in ihrer Heimatstadt. Die Kaiserin der Straße. Sie hatte Nero bereits ausfindig gemacht und ihm eine Nachricht zukommen lassen, um sie zu treffen.

Octavia wartete seit der Abenddämmerung am Fuße des Caelius Hügels, nahe dem Macellum Augusti. Die Nacht hatte längst das Treiben auf dem beliebten Marktplatz beendet und die Läden geschlossen. Der Markt war in der Blütezeit von Neros Herrschaft entstanden und lag im Süden von Rom.

Der bloße Gedanke an ihn setzte bereits ihr Herz in Flammen. Es war ihr Ehemann gewesen, der sie verbannt, und der ihren guten Namen beschmutzt hatte. Aus der Stadt, der sie ihr Leben und ihre Liebe gewidmet, für die sie alles getan hatte und von der sie bedingungslos zurückgeliebt worden war.

Wind kam auf, streichelte ihre nackten, dreckigen Füße, wallte den armseligen, grauen Umhang auf, der ihren Körper nur leicht bedeckte. Eine Kaiserin in Sklavenkleidung. Die stärker werdende Windböe schien ihr brennendes Herz weiter anzufachen. Noch war sie allein. Aber das würde sie nicht mehr lange sein.

Nero befand sich auf dem Weg zu ihr. Ihre Finger zitterten vor Aufregung, also ballte sie die Hände zu Fäusten. Sie wollte ihm keine Gefühlsregung opfern, wollte ihm kein Zeichen der Schwäche zeigen. Das war er ihr nicht wert. Ein Treffen. So viel schuldete er ihr. Die Wut über seinen Verrat loderte seit dem Tag in ihr, an dem er sie für geächtet erklärt hatte. Octavia schloss die Augen und atmete durch. Eine wolfsgraue Katze schlich über den Platz, an ihr vorbei und maunzte, als hieße sie Octavia in ihrer Heimatstadt willkommen.

Dann vernahm sie die wohlbekannten Geräusche. Das Trommeln der Hufe auf den Straßen und das Schnalzen der Peitschen. Sie schnaubte. Natürlich kam er nicht alleine - er ließ sich bringen. Er, der sich täglich über den Straßenverkehr Roms beschwert hatte.

Einige Meter vor ihr kam der Wagen zum Stehen. Vier Soldaten stiegen herab, gaben den Blick frei auf den Mann, auf den sie so lange gewartet hatte. Doch es war nicht Nero, der als Letzter ausstieg. Octavia sog die kalte Nachtluft ein.

»Helius«, sagte sie. Es gab zwei Arten von Hass, die sie in ihrem bisherigen Leben verspürte hatte. Zum einen gab es da eine mit Mitleid gepaarte Abscheu, die sie seit drei Jahren ihrem Mann gegenüber geschürt hatte. Er hatte sich von seiner Geliebten beeinflussen lassen und war zu schwach, um selbst eine Entscheidung zu treffen.

Und zum anderen gab es die hasserfüllte Verachtung, die sie für Helius empfand. Diese suchte sie in den einsamen, frostigen Nächten auf ihrer Flucht heim, quälte sie, verwandelte ihr Herz in ein Flammenmeer, hatte sie aber auch gewärmt. Helius war es gewesen, der sie auf die Insel begleitet hatte. Während der Überfahrt hatte er ihr grauenvolle Dinge angetan. Dinge, für die sie ihn in Rom längst an den Senat verraten und hätte hinrichten lassen. Hitze stieg in ihr auf, ließ ihre Wangen glühen.

»Octavia, Ihr seid schön wie eh und je.« Sein Blick glitt abfällig über ihr lumpiges Erscheinungsbild.

Hoch erhobenen Hauptes trat sie ihm entgegen. »Erspart mir Eure Scheinheiligkeit«, zischte sie. »Wo ist mein Mann?«

»Ihr seid seit Jahren nicht mehr seine Frau. Die Scheidung wurde mit dem Tage Eurer Verbannung rechtskräftig. Und seit Eurem Tod spricht kein Mensch mehr in Rom von Claudia Octavia. Was mich zu der Frage führt: Wie kommt es, dass Ihr hier seid?« Zwei der Soldaten richteten ohne einen Befehl jeweils ihre Armbrust auf sie, die anderen beiden zogen ihre Schwerter und umrundeten sie. Erneut kamen Windböen auf. Eine Erfrischung in der hochsommerlichen Hitze. Octavias Inneres kühlte es jedoch nicht ab.

»Das geht Euch nichts an. Bringt mich umgehend zu Nero«, fauchte sie. Niemand verwehrte Claudia Octavia ihre Rache.

»Ich fürchte, das ist unmöglich. Kaiser Nero hält sich derzeit in seiner Sommerresidenz in Antium auf. Ich verblieb als sein Stellvertreter in Rom. Ihr werdet mit mir vorliebnehmen.« Helius deutete eine Verbeugung an, grinste dabei allerdings so schmierig, dass Octavia angeekelt zurückwich.

»Diese Angelegenheit bedarf des Kaisers persönliche Stellungnahme.« Sie würde mit Nero sprechen. Und wenn sie dafür zu Fuß nach Antium reisen musste.

»Sollte es Euer Gesuch betreffen, erneut in die Stadt Rom aufgenommen zu werden, muss ich dies zu meinem Bedauern ...« Er hielt kurz inne, sah sie mitleidig an. »...ablehnen.«

»Als Mitglied der kaiserlichen Familie steht es mir zu, wieder in meine Heimatstadt zurückzukehren.« Ihre Stimme überschlug sich vor Zorn. Octavia atmete durch, um ihre Kontrolle darüber zurückzuerlangen. Unbedachtheit wäre in solch einem Augenblick ihr Untergang. »Und Ihr, Helius, seid der letzte, der mir dieses Recht verwehren darf.« Octavia spürte den warmen Stahl auf ihrer Haut, als sie ihre Finger unter das Gewand schob und den Griff des Messers umfasste.

Helius nickte bei ihren Worten und senkte den Kopf. Im nächsten Moment hob er die Hand. Octavia zog die Klinge, wollte es dem Verräter, ihrem Schänder in den Leib rammen.

Doch ein metallisches Klicken übertönte jedes Geräusch in ihrer Umgebung. Die Nacht zerplatzte vor Octavias Augen. Sternschnuppen hagelten auf die Erde nieder, schwarze Löcher tanzten um kleiner werdende farbenfrohe Sternbilder herum, saugten nach und nach das Leben aus ihrem Körper. Mit aller Kraft hielt sie die Waffe umklammert, wollte damit nach Helius werfen. Stattdessen taumelte sie, wankte mehrere Schritte, sank auf die Knie und landete mitten in einem Beet auf dem Marktplatz.

Über ihr fegte der rote Umhang ihres Schänders die Dunkelheit ihrer Gedanken beiseite. Er kniete sich über sie und packte ihren Hals.

Das Atmen fiel ihr schwer. Octavia riss die Augen auf, vertrieb für einen Moment die schwarzen Löcher. An ihre Stelle rückten Knöpfe. Eine ganze Knopfreihe.

Sie stahlen ihr die kostbare Atemluft, quälten sie beinahe mehr als die Pein in ihrem Hals. Octavia hob den Arm, etwas drückte sie auf die Erde.

Der Versuch, sich zu wehren, versiegte in einem weiteren Sturm aus Schmerzen. Octavia wollte schreien. Aus ihrer Kehle drang kein Laut. Seine Finger drückten auf ihre Kehle und verhinderten, dass sie atmete. Die Dunkelheit zog sich mit jedem schwächer werdenden Herzschlag enger um die Knöpfe in ihrem Blickfeld und nahm ihr die Sicht.

Die Erde unter ihr lockte sie an, so zart, so warm. Für einen Moment ausruhen, dachte Octavia, dann würde sie ihre Rache einfordern, würde ihrem Schänder entgegentreten und ihn vernichten. Doch selbst die wütenden Flammen in ihrem Herzen konnten die schwarzen Löcher nicht vertreiben. Das letzte, was Claudia Octavia zu Lebzeiten sah, war ein einzelner, verrutschter Knopf, der sie für immer verfolgen würde.

 

*

 

Helius lächelte. »Unsere Arbeit ist getan. Lasst sie liegen. Morgen wird sie gefunden. Dann wird man sie für eine verstoßene Sklavin halten. Niemand wird genauer hinsehen. Niemand wird uns verdächtigen.«

Kurze Zeit später war der Marktplatz wie leergefegt. Sie war tot. Octavia lag in ihrem eigenen Blut und die Welt um sie herum hatte sie verlassen. Die wolfsgraue Katze tauchte auf, schleckte an ihrer Wunde. Ein Funke auf Octavias Herz verscheuchte das Tier. Der Funke breitete sich aus, entflammte und wurde zu einem Feuer. Innerhalb eines Wimpernschlags leckten die Flammen über ihren Körper. Ein Reigen aus Feuerzungen wog in der sanften Abendbrise hin und her. Doch dann gierten die Flammen nach dem trockenen Holz des Baumes, zu dessen Füßen sie lag, fraßen sich daran empor, als ob ein tanzender Feuerteufel durch Rom fliegen wollte.

Ein letzter Schrei löste sich aus ihrer verstorbenen Kehle, dann zerfiel Octavia zu Asche. Die Minuten vergingen, Funken flogen zu den leeren Gebäuden des Macellum Augusti, steckten sie in Brand. Einem Drachenschlund gleich sprangen die Flammenzungen von einem Bauwerk zum nächsten und entzündeten sie, bis die halbe Stadt in einem flackernden Rot schimmerte.

Inmitten des Feuers wirbelte der Wind über den Markt, fegte Octavias Asche fort und legte ein Ei frei. Das ovale Objekt flimmerte orangerot, die Schale schimmerte fast durchsichtig und auf der oberen Rundung prangte eine glühende Feder. Dann knackte es. Momente später stand Octavia erneut auf dem Marktplatz - nackt, von Flammen eingeschlossen und verwirrt.

Ein ureigener Instinkt riet ihr, vor dem heißen Element zu fliehen, doch zugleich wusste sie, dass es nicht ihr Feind war. Geradezu zischend unterhielt es sich mit Octavia. Tränen stiegen ihr in die Augen, denn vor ihr stand Rom in Flammen. Menschen schrien, Häuser brachen zusammen.

Ein Ort des Todes, dachte sie und fiel auf die Knie. Konnte sie für den Tod dieser Stadt - ihrer Stadt - verantwortlich sein?

Der Brand zog sich bis zum Horizont, vernichtete alles, was sie an ihre Familie erinnerte, was ihr jemals etwas bedeutet hatte. Octavia wandte sich zum Nachthimmel. Am liebsten wollte sie verschwinden und der Schuld entfliehen, die sie niederdrückte.

Sie hatte Rom entzündet. Ihre Heimat. Sie hatte nichts mehr. Nicht einmal ihr Leben.

Ein schmerzhaftes Kribbeln schoss durch ihren Rücken, ließ sie nach vorne kippen. Nur für die...
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