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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Czernin Verlagerschienen am09.10.20231. Auflage
Der österreichische Verhaltensforscher Konrad Lorenz war einer der einflussreichsten und zugleich umstrittensten Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Vor genau 50 Jahren erhielt der »Vater der Graugänse« den Medizinnobelpreis - trotz seiner NS-Vergangenheit. Daneben war Lorenz, der wie kaum ein anderer Forscher sein eigenes Fach verkörperte, einer der Gru?nderväter der Umweltschutzbewegung in Österreich und Deutschland. Konrad Lorenz war ein Mann der Widerspru?che. Charismatisch und unterhaltsam, zugleich mahnender Prediger wider die »acht Todsu?nden der zivilisierten Menschheit«. Mit seinen äußerst erfolgreichen Bu?chern weckte er die Emotionen der Leser, begeisterte die Massen und polarisierte mit seinen Analogien zwischen menschlichem und tierischem Verhalten. In ihrer facettenreichen Biografie u?ber den Mann, der mit den Tieren sprach, skizzieren Klaus Taschwer und Benedikt Föger ein differenziertes Bild des Verhaltensforschers. Mit neuen Erkenntnissen, bisher unveröffentlichtem Material und spannenden Einsichten zeigen sie, warum Lorenz und sein Werk bis heute fu?r Kontroversen sorgen.

Klaus Taschwer studierte Soziologie und Politikwissenschaften an der Universität Wien, ist Wissenschaftsjournalist bei der Tageszeitung Der Standard und Buchautor. Benedikt Föger ist Verleger und Autor in Wien, Studium der Biologie und Germanistik in Wien. Bruno-Kreisky-Preis fu?r verlegerische Leistungen 2004. Österreichisches Ehrenkreuz fu?r Wissenschaft und Kunst I. Klasse 2022.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR32,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR29,99

Produkt

KlappentextDer österreichische Verhaltensforscher Konrad Lorenz war einer der einflussreichsten und zugleich umstrittensten Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Vor genau 50 Jahren erhielt der »Vater der Graugänse« den Medizinnobelpreis - trotz seiner NS-Vergangenheit. Daneben war Lorenz, der wie kaum ein anderer Forscher sein eigenes Fach verkörperte, einer der Gru?nderväter der Umweltschutzbewegung in Österreich und Deutschland. Konrad Lorenz war ein Mann der Widerspru?che. Charismatisch und unterhaltsam, zugleich mahnender Prediger wider die »acht Todsu?nden der zivilisierten Menschheit«. Mit seinen äußerst erfolgreichen Bu?chern weckte er die Emotionen der Leser, begeisterte die Massen und polarisierte mit seinen Analogien zwischen menschlichem und tierischem Verhalten. In ihrer facettenreichen Biografie u?ber den Mann, der mit den Tieren sprach, skizzieren Klaus Taschwer und Benedikt Föger ein differenziertes Bild des Verhaltensforschers. Mit neuen Erkenntnissen, bisher unveröffentlichtem Material und spannenden Einsichten zeigen sie, warum Lorenz und sein Werk bis heute fu?r Kontroversen sorgen.

Klaus Taschwer studierte Soziologie und Politikwissenschaften an der Universität Wien, ist Wissenschaftsjournalist bei der Tageszeitung Der Standard und Buchautor. Benedikt Föger ist Verleger und Autor in Wien, Studium der Biologie und Germanistik in Wien. Bruno-Kreisky-Preis fu?r verlegerische Leistungen 2004. Österreichisches Ehrenkreuz fu?r Wissenschaft und Kunst I. Klasse 2022.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783707608182
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum09.10.2023
Auflage1. Auflage
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse7769 Kbytes
Artikel-Nr.12527224
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

EINE UNGEWÖHNLICHE FAMILIE

1903 war ein gutes Jahr im Leben des Adolf Lorenz. Der Mediziner war in diesem Jahr auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt und endgültig zu einem internationalen Star seiner Profession aufgestiegen. Seine revolutionären Behandlungsmethoden wurden nicht nur in der Reichs- und Residenzhauptstadt Wien geschätzt, wo er seine Ordination hatte, sondern weit darüber hinaus. Aber auch abseits seiner medizinischen Karriere trugen sich für den 49-Jährigen erfreuliche Dinge zu: Im Sommer 1903 weilte der Orthopäde gerade in Chicago, um die Nachuntersuchung bei einer im Vorjahr von ihm operierten Millionärstochter vorzunehmen. Völlig unerwartet erreichten ihn private Neuigkeiten, übermittelt von seinem Schwager aus Wien: Emma, seine Frau, erwarte ein zweites Kind. Die Überraschung war deshalb so groß, weil die Familie zunächst jahrelang auf diesen Augenblick gewartet und dann jede Hoffnung aufgegeben hatte: Der erstgeborene Sohn war mit 18 Jahren schon ein junger Mann und die werdende Mutter war bereits 42 Jahre alt.

In die Freude über das mögliche zweite Kind mischte sich schnell berechtigte Sorge. Dem Mediziner war das Risiko einer so späten Schwangerschaft bewusst. Nach einiger Überlegung sah er dennoch keinen Grund, seinen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten abzubrechen und heimzureisen. Die Dinge sollten ihren natürlichen Lauf nehmen, seine Anwesenheit würde ohnehin nichts helfen. Wenn es wegen des fortgeschrittenen Alters seiner Frau zu einer Frühgeburt kommen würde, war sein Entschluss klar, wie Adolf Lorenz in seiner Autobiografie festhielt:

»Man sorge für das neugeborene Kind in gleicher Weise wie für jedes andere normale Kind; kein Brutofen, keine sonstigen, außerordentlichen Maßregeln! Das Neugeborene muss imstande sein, das extrauterine Leben zu ertragen, oder es stirbt besser. Ohne ein gewisses Maß an Lebenskraft sollten vorzeitig geborene Kinder das Leben lieber nicht versuchen wollen.«14

Zugleich war er stolz, mit beinahe 50 Jahren noch einmal Vater zu werden. Er nannte das werdende Kind später scherzhaft den »Amerikaner« und erklärte seine wiedererwachte Manneskraft mit den wohltuenden Wirkungen einer vorangegangenen Reise in die USA. Sein Sohn hatte später noch eine andere Erklärung: Die monatelange Abwesenheit von den Röntgenapparaten und deren Strahlung, die der Fruchtbarkeit nicht gerade förderlich waren, könnte zur glücklichen Zeugung des Nachzüglers geführt haben, vermutete dieser mehr als 80 Jahre später.15 Die Erklärung ist nicht völlig abwegig, auch wenn die Röntgenstrahlen erst Ende 1895 entdeckt worden waren. Den weltweit allerersten Artikel über die Erfindung Röntgens verfasste übrigens ein Schwager von Adolf Lorenz, nämlich der Physiker Ernst Lecher, der in der Zeitung seines Vaters Zacharias Konrad Lecher darüber berichtete.

Die Befürchtungen von Komplikationen und einer Frühgeburt verdichteten sich knapp vor der Geburt. Emma Lorenz erlitt eine Embolie, die aber glücklicherweise folgenlos blieb. Die Geburt fand dann im Sanatorium Löw im neunten Wiener Gemeindebezirk unter Aufsicht des damals berühmten Professors Rudolf Chrobak statt. Die Geburtsklinik in Wiens erstem Privatkrankenhaus galt als die beste der gesamten k.-u.-k.-Monarchie, und Chrobak war nicht nur der Geburtshelfer für den Nachwuchs der Familie Lorenz, sondern auch den des Kaiserhauses. Ohne größere Probleme kam am 7. November 1903 unter den misstrauischen Augen seiner Umgebung ein 3,5 kg schwerer Bub zur Welt, der angeblich gründlich auf alle möglichen angeborenen Fehler untersucht wurde und sich nach eingehender Prüfung als kerngesund herausstellte.16 Römisch-katholisch getauft wurde er am 26. Dezember 1903 in der Votivkirche und erhielt dabei die Vornamen Konrad Zacharias Johann Albert (Konrad damals übrigens noch mit C).
Pater familias mit Rauschebart: Adolf Lorenz stammte aus einfachen Verhältnissen und brachte es um 1900 zum Starmediziner.
Was war das für ein Elternhaus, in das der kleine Konrad hineingeboren wurde? Und in welcher Welt lebten seine Eltern? Vater Adolf, mit seinem inzwischen bereits ergrauten langen Bart, war ein Vertreter des k. u. k. Großbürgertums mit einer allerdings untypischen Herkunft. Adolf Lorenz trug den Titel eines Universitätsprofessors, war vom Kaiser mit dem Ehrentitel Hofrat ausgezeichnet worden und hatte als prominenter Arzt Zugang zu den höchsten Wiener Kreisen. Er war, wie es auf den ersten Blick schien, der geborene Grandseigneur. Sein Verhalten ließ ihn manchmal als Emporkömmling erscheinen, der er auch war und worauf er sogar ein wenig stolz zu sein schien. Seine polternde Art und seine mangelnden Tischmanieren allerdings waren wohl mehr Koketterie als wirkliches Unvermögen: Adolf Lorenz stammte aus sehr einfachen Verhältnissen und hatte sich durch Fleiß und Talent bis ganz nach oben gearbeitet.

Der Vater des 1854 geborenen Adolf Lorenz war Sattlermeister und Gastwirt in Weidenau im damaligen Österreichisch-Schlesien gewesen, die Mutter eine Bauerstochter. Durch Vermittlung seines Onkels Gregor, der Pater und später Abt im Benediktiner-Stift St. Paul im Kärntner Lavanttal war, konnte Adolf Lorenz das dortige Stiftsgymnasium besuchen, musste sich aber schon als Teenager den Lebensunterhalt durch Nachhilfe selbst finanzieren. Fern der Heimat und weitgehend auf sich allein gestellt, wollte er nach der Matura - also dem österreichischen Abitur - Medizin studieren, obwohl er völlig mittellos war. Durch selbstbewusste Vorsprachen beim Unterrichtsministerium, bei Professoren und bei Universitätsbehörden gelang es ihm, die Zulassung zum Studium in Wien zu erlangen. Sogar ein kleines Stipendium wurde ihm gewährt. Finanziell hielt er sich außerdem als Hauslehrer bei angesehenen Wiener Familien über Wasser. Hier erhielt Adolf Lorenz erstmals Einblick in die Welt des Geldes und des Adels, der er auch so gerne angehören wollte - hatte ihm doch seine Mutter schon als kleinem Jungen eingetrichtert: »Adolfla, du musst a großer Herr werden!« Schon nach der ersten erfolgreich abgelegten Prüfung wurde er von seinem Professor Carl Langer zum Demonstrator am Zweiten Anatomischen Institut der Universität Wien bestellt, eine Position, die auch sein jüngerer Sohn Konrad 50 Jahre später innehaben sollte. Um Geld zu verdienen, gab er zu dieser Zeit einigen Philosophiestudenten eine private Einführung in die Grundlagen der Anatomie. Einer dieser Studenten war ein gewisser Tomás G. Masaryk, der zum Begründer und ersten Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik werden sollte.17

Nach seiner Promotion im Jahr 1880 lehnte Lorenz ein Angebot seines vorgesetzten Professors ab, eine Assistentenstelle an dessen Institut anzunehmen, und absolvierte stattdessen eine chirurgische Spezialausbildung. Bald darauf wurde er Assistent an der Wiener Ersten Chirurgischen Klinik. Adolf Lorenz war auf dem besten Weg, ein Chirurg wie seine Vorbilder Ferdinand Hebra oder Theodor Billroth zu werden. Bereits 1889 wurde er zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt, was zwar keine finanziellen Vorteile mit sich brachte, ihn aber eben doch als Professor auswies. Auch das familiäre Glück war längst gesichert: 1884 hatte er seine Assistentin Emma Lecher geheiratet, ein »Mädchen aus gutem Hause«, das Lorenz bei seiner Tätigkeit als Hauslehrer in Wien kennengelernt hatte. Ihr Vater war einer der bekanntesten Journalisten Wiens, der bereits erwähnte Zacharias Konrad Lecher.

Obwohl Adolf sich angeblich sofort in Emma verliebte, stellte er sie nur als Arzthelferin ein und getraute sich erst sieben Jahre später, um ihre Hand anzuhalten. Nach Ansicht des älteren Sohnes Albert überwand Adolf Lorenz während des endlos langen Brautstandes nie so ganz seine Schüchternheit gegenüber seiner Angebeteten.18 Und obwohl der erfolgreiche Mediziner mit seiner stattlichen Erscheinung und seinen blitzenden Augen als Frauenschwarm galt und diesem Ruf angeblich auch gerecht wurde, führten die beiden eine glückliche und harmonische Ehe, der bereits ein Jahr nach der Heirat Sohn Albert entsprang. Emmas einzige Sorge war, was aus dem kleinen Albert werden würde, wenn sie überraschend sterben sollte. »Nach zwei Wochen hast Du eine Stiefmutter, wahrscheinlich eine achtzehnjährige; sie muss nur sagen, wie schön und gescheit der Papa ist«, soll sie gejammert haben.19

Emma Lorenz sorgte nicht nur gewissenhaft für die leiblichen Bedürfnisse ihres Mannes, der einen empfindlichen Magen hatte und meist einer Schonkost bedurfte. Sie kümmerte sich auch um die finanziellen Angelegenheiten der gut gehenden Arztpraxis.20 Doch es gab ein Problem: Adolf Lorenz hatte über die Jahre eine Allergie gegen das damals bei Operationen unumgängliche Desinfektionsmittel Karbolsäure entwickelt. Die Hände des Mediziners waren übersät von Blasen und offenen Wunden. Alkohol wurde als mögliche Alternative gesehen, galt aber...
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Autor

Klaus Taschwer studierte Soziologie und Politikwissenschaften an der Universität Wien, ist Wissenschaftsjournalist bei der Tageszeitung Der Standard und Buchautor.

Benedikt Föger ist Verleger und Autor in Wien, Studium der Biologie und Germanistik in Wien. Bruno-Kreisky-Preis für verlegerische Leistungen 2004. Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse 2022.